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Wichtiger sei hingegen noch einmal zu erwähnen, dass es sich hier nicht, in Erwartung der Cannabis-Legalisierung, um das bekannte "Weed", sondern stattdessen um ein Genussmittel dreht, dass schon seit Menschengedenken nicht elementarer sein könnte: dem Getreide. Diese im Namen des Betriebs klar gestellte Fokussierung und das V senden also gemeinsam die Botschaft: Hier erwarten den Gast rein vegane Speisen. Für die Beurteilung sollte also wieder in den Kategorien der gastronomischen "Start-Up"-Szene der jüngsten Gründergeneration und nicht in denen gestandener bzw. auf das Abendgeschäft ausgelegter Restaurantqualität gedacht werden. Aus diesem Grund basiert mein Bericht also auch auf einem kurzen Erstbesuch an einem späten Nachmittag im November.
Außenansicht.
Wie bei so vielen kleinen Lokalen in der Fleischhauerstraße dominiert auch das Außenbild des "V27" eine große Schaufensterscheibe, über der das Emblem des Bistros thront und durch die vorbeischlendernde, potentielle Gäste einen ersten Blick in den Innenraum werfen können. Gleichzeitig wird dieser, welchen man über den seitlich um die Ecke vom Fenster gelegenen Eingang betritt, dadurch im vorderen Bereich mit natürlichem Tageslicht durchflutet.
Innenansicht mit Blick zum Fenster.
Der Rest des sich nach hinten ziehenden, einzigen Gastraums wird dann in Form von zwei Deckenlampen-Strängen in nach meinem Empfinden gut gewählter Lichtfarbe und -intensität ausgeleuchtet. Für die Abendstunden gibt es aber natürlich auch für den am Schaufenster befindlichen Bereich moderne Deckenlampen.
Im Gegensatz dazu empfinde ich den großen Hochkant-Bildschirm als eher störend, da er einem mit seinem grellen, weißen LED-Licht ständig im Blick hängt, wenn man zur Theke hingewandt sitzt, welche den Kopf des Gastraums bildet. Das ist zwar natürlich modern und ermöglicht direkt einen Blick auf das Angebot, bewog mich aber klar dazu, dieser Seite des Raumes den Rücken zuzuwenden.
Innenansicht mit Blick zur Theke.
Auch darüber hinaus zeigt sich das Interieur in typisch modern reduzierter und geometrisch strukturierter Form mit weniger Deko. Graue Wandfarbe in Verbindung mit dem hellen Holz von Parkett, Tischen und Theke bilden einen gelungenen Kontrast für die Farbgebung des Gastraumes. Sitzgelegenheit bieten 4 Vierer-Tische, sowie eine längliche Bank am Schaufenster. Die Stühle gewähren mit ihrer Polsterung guten Sitzkomfort und haben definitiv eine Qualität über der eines Schnellimbiss.
Etwas aufgelockert wird die Atmosphäre mit einigen Pflanzentöpfen.
Selbstverständlich wird auch der Platz auf der Flaniermeile der Fleischhauerstraße für zwei Tische unter freiem Himmel genutzt.
Das ganze Ambiente passt also zu einer solch jungen Gastro-Neugründung im alternativen Bereich und ist für mich im Hinblick auf den Bistro-Charakter, den hellen großen Bildschirm ausgenommen, gelungen.
Zur Zeit meines Aufenthaltes kümmerten sich ein junger Mann um Gäste und Speisenzubereitung im "V27", welches sich an diesem Nachmittag jedoch nur auf mich beschränkte. Bereits der Kontakt zur Begrüßung offenbarte mir dabei, dass er wohl zu den Inhabern gehört, denn mit Begeisterung erklärte er mir das Speisenangebot und erläuterte mir auch sehr freundlich, kommunikativ und offenherzig die Optionen. Da fühlte ich mich sofort willkommen und entspannt. Die Bestellung läuft über die Theke, in der man sich auch von der Frische der Zutaten überzeugen kann, welche für mein Auge auch voll gegeben war. Serviert wurde mir dann meine Speise aber am Tisch. Der gute Ersteindruck bestätigte sich auch im weiteren Verlauf, in dem der Herr selbst nach meiner Zufriedenheit fragte und mir sehr gerne all meine neugierigen Fragen zu dieser erstmals von mir gegessenen Art orientalisch ausgerichteter Küche erklärte. Im Sinne eines Bistro-Service war das eine tolle Leistung, die nichts Anderes als volle Punkte verdient hat.
Wer in der Hoffnung auf Weizen-basierte Teigspezialitäten in Anlehnung an die italienische Küche oder die Kunst des deutschen Bäckerhandwerks hier einkehrt, der dürfte schon beim Blick auf das kurze Speisenangebot schnell enttäuscht werden. Hier soll der Weizen nicht die Sättigungsbeilage sein, sondern stattdessen die Hauptzutats-Rolle von Fleisch oder Fisch übernehmen. In der Speisekarte wird dabei stets von einer "gewürzten Weizenpaste" geschrieben, die man in 4 unterschiedlichen Formen dem Gast näherbringen und schmackhaft machen möchte.
Wie mir der zu dieser Zeit den Laden führende junge Herr erläuterte, handelt es sich im Grunde um die bekannten „Cigköfte“, die man mit ihrer typischen Form kennt (werden durch das Schließen einer Faust geformt) und die es ja ebenfalls schon in veganer Variante aus reiner Bulgurpaste in türkisch-orientalischen Gastros bekommt. Der Betreiber wollte diese Tradition hier eben in ein moderneres Gewand hüllen.
Selbstverständlich macht dabei der "Poke-Bowl"-Trend auch hier nicht halt und wird somit als "Wheat-Bowl" feilgeboten, wobei sich hier auch ein Seitan-Erzeugnis als "Veggie Döner Kebab" hinzuaddieren lässt.
Eine weitere Variante sind die "Rolls", bei denen der Weizen nun also auch als gefülltes Fladenbrot daherkommen darf. Selbstverständlich kann man auch diese Rolls mitsamt des Seitan-Döner-Kebabs sozusagen zum veganen Dürüm machen.
Zu Bowl und Rolls kann sich der Gast nach seinem eigenen Gusto eine Beilage aus 4 Toppings und einer Sauce selbst zusammenstellen, welche von Eisbergsalat über Kichererbsen bis hin zu Oliven, sowie Hummus, Olivenpaste und Granatapfelsauce reichen.
Das "Wheat Sushi" ähnelt eigentlich der Roll, denn hierbei werden im Prinzip gefüllte Teigschnecken serviert, die wohl mit einer Sushimatte gerollt werden. Neben der gewürzten Weizenpaste wurde laut Angebot hierbei noch eine Auberginenpaste für das "Sushi" verarbeitet. Die Begleitung sollte in Form von Eisbergsalat, Rucola, frischer Minze und Tomate zusammen mit Knoblauchsauce und Granatapfelsirup einen orientalischen Touch dazu liefern.
Der Preis bewegt sich bei den drei bereits genannten Variante übrigens in einer Spanne von 7,5 bis 9,5 € und unterstreicht damit die eher auf Snacks, ein leichtes Mittagsmahl oder nur eine Begleitung zum Cocktail-Treffen ausgelegte Richtung des gastronomischen Angebots.
Ganz ohne Weizen kommt zudem noch ein klassischer Coleslaw als Krautsalat mit Karotten in einer Sahnesauce daher, den man noch extra ordern könnte.
Wohl an die bekannte Form von Falafel angelehnt, lassen sich auch "Wheat Balls" im Umfang von 3 bis 15 Stück zusammen mit einer vegetabilen Begleitung mit Eisbergsalat, Rucola, Zwiebeln und Tomaten ordern. Diese weckten bei mir das größte Interesse, sodass ich mir 6 Stück für 6 € bestellte. Dazu hat man noch die Wahl aus einem neutralen oder mit Knoblauch aromatisierten Dressing auf Soja-Basis, wovon ich mich für letzteres entschied. Zudem folgte ich der Empfehlung des Betreibers, auch noch einen Granatapfelsirup zu wählen. Nach weniger als 10 Minuten durfte ich mich dann schon über diesen frisch zubereiteten Snack vor mir freuen.
"Wheat Balls" - gewürzte Bulgurgpaste in Kugelform mit Salat, Saucen und Fladenbrot.
Als Zugabe wurden noch 4 Ecken eines Fladenbrotes serviert, dass mich mit seiner Wärme, Saftigkeit und gleichzeitig etwas knusprigem Rand von seiner Frische und Qualität schon einmal überzeugte.
Nun aber zur Hauptsache: den „Wheat-Balls“ und ihrer Begleitung. Diese gefielen mir sogleich mit ihrer Konsistenz, die einerseits so fest war, dass sie nicht zerfielen und man auch etwas zum Kauen hatten, im Mund sich aber dann zu einer schönen, füllenden Cremigkeit entwickelten. Im Zusammenspiel mit dem durchweg knackigen Salat und Gemüse sorgte das für ein rundes Mundgefühl.
Zu meiner positiven Überraschung stand diesem Eindruck auch das Geschmacksbild in nichts nach. Dafür sorgten 3 „Hauptäste“, die eine gute Balance zueinander hatten: Säure, Süße und Würze. Dank der Erläuterungen des freundlichen Betreibers ließen sich diese auch klar zuordnen. So sorgte gerade der Granatapfelsirup durch seine Konzentration doch eher für den sauren und erfrischenden Teil, dem das ebenfalls aromatische Knoblauch-Soja-Dressing Cremigkeit beilieferte. Süße und Würze lag dann den Bällchen inne, deren Bindung im Übrigen durch das intensive Kneten des gegarten Bulgurs und dadurch dem herausarbeiten der Stärke rührt, die mit Tomatenmark noch saftiger werden. Letzteres sorgt zusammen mit ebenjener Stärke für den süßen Anteil, der durch die Zugabe von allerhand orientalischen Gewürzen einen belebenden, aber nicht scharfen Charakter erhält.
Die Idee hinter dieser Zusammenstellung und Zubereitung ging also voll auf und überraschte und erfreute mich zugleich.
Zusammengefasst verließ ich das "V27" auf der Fleischhauerstraße also mit folgenden Schlüssen.
Das Ambiente fügt sich klar in die Gestaltungsvorlieben junger Gastro-Start-Ups ein und wird somit von klaren Strukturen und wenig Deko geprägt, was mir immer etwas wie eine Renaissance der "Bauhaus-Schule" vorkommt. Dies erzeugt eine neuwertige und moderne Atmosphäre, in der man sich gut und schnell wohlfühlt, die einen aber auch nicht in ihren Bann zieht bzw. mit dem großen Bildschirm auch für mich eine kleine Fehlstelle aufweist und damit eher für den kürzeren Aufenthalt gemacht ist.
Auch im Bereich Service sorgte der junge Inhaber mit seiner lockeren und freundlichen Art und Weise und insbesondere mit seiner gelebten Freude zu seinem Konzept und Kommunikativität für einen komplett positiven Eindruck.
Als große positive Überraschung zeichnete sich das "V27" aber auch mit seiner eigenen Interpretation bei der Umsetzung der veganen Küche in einer orientalischen Richtung aus. Die Verarbeitung der Cigköfte-Bulgurpaste gefiel mir dabei in der von mir ausprobierten "Wheat-Ball"-Form sowohl in Geschmack und Konsistenz. Dabei spielte auch das begleitende Gemüse- und Blattwerk, Brot und dazu gereichte Dressing-/Soßenbegleitung mit Frische und Qualität eine wichtige Rolle.
Auch wenn es mengenmäßig nur eher ein Zwischengericht war, rechtfertigte diese Qualität den Preis von 6 € doch voll und ganz.
Nachdem mir also das "Nitsche" als gut und die "Erbse" eher weniger empfehlenswert in Erinnerung blieben, würde ich das "V27 - Home of Wheat" hinsichtlich des pflanzlichen Gastro-Angebots auf der Fleischhauerstraße und auch in der ganzen Lübecker Innenstadt aktuell sogar als meinen Favoriten einordnen und absolut jedem empfehlen, der Lust auf frische und handgemachte orientalische Würze in einer moderneren Form hat und ausprobieren will.