Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Ein denkwürdiges Wochenende geht zu Ende, ebenso wie die dunkle Zeit der bizarr frisierten, orangenen Nemesis der USA, wie die meisten Europäer habe ich den sich nun erwartet maximal unwürdig gestaltenden Abgang des Wahnsinnigen im Oval Office mit großer Erleichterung wahrgenommen.
Und so kann ich nun, was diese Bewertung angeht, „befreit aufspielen“ um eine gängige Sportreporter Floskel zu bemühen, denn das von mir verspeiste ist unweigerlich mit durchweg positiven persönlichen USA Erinnerungen verbunden. Aus einer Zeit, in der die Welt dort zumindest aus der Post-Trump Perspektive betrachtet noch in Ordnung war und Mr. Potus höchstens mit frivolen Details zu einer Affäre mit seiner Praktikantin für Skandale sorgte.
Da ich wusste, dass ich wieder unweigerlich ins Schwadronieren geraten würde, hätten sich nostalgisch verklärte Amerika-Erinnerungen für mich als Schreiber aber in etwa so angefühlt, wie schwärmerische textliche Deutschland-Bilder zur Zeit des dritten Reiches.
Nach dem Wahlsieg der Demokraten steht für mich aber fest, dass der Glaube an die guten Seiten Amerikas immer noch berechtigt ist, auch wenn Joe Biden die letzten vier Jahre natürlich nicht über Nacht ungeschehen machen kann.
Allerdings macht es mir wie angedeutet die Bewertung eines uramerikanischen Streetfood-Klassikers, der kulinarisch neben einigen anderen Dingen sinnbildlich für meine von mehreren USA Aufenthalten geprägten späten Teenager- und frühen Twen-Jahre steht, – unbeschwerte Zeiten voller Tatendrang, Neugier und Zuversicht – ungemein leichter.
Das ein Philadelphia Cheesesteak für mich ein durchaus emotionales Thema darstellt dürfte unterstreichen, dass ich diese Bonuskarte, die ich bei meiner Cheesesteak Premiere im Frühjahr 1990 in Georgia erhielt, zunächst einige Zeit stolz im Portmonee herumschleppte und sie bis heute mit anderen Devotionalien in einer „Dinge mit persönlicher Geschichte“-Schreibtischschublade aufbewahre:
Dass dieses, in gut gemacht außer Frage köstliche, Sandwich in Europa fast gänzlich unbekannt ist finde ich nach wie vor sehr bedauerlich und wenn ich Leuten seine Verbreitung in den Staaten näher bringen möchte, nenne ich es gerne das „Gyros Pita der USA“, was der Sache sicher gerecht wird, man bekommt es fast in jeder Region und jedem Kaff.
Wenn die Laune danach ist, schlägt „Häuptling Eigener Herd“ daher gelegentlich zu und wir basteln zuhause selbst eines, wobei es schwierig ist, Brot mit den richtigen Eigenschaften zu ergattern, dennoch sind die Ergebnisse meist sehr erfreulich, siehe auch: https://www.instagram.com/p/Bwbx3HbFfeE
„Erfreulich“ ist durchaus auch ein Stichwort für die geschmacklichen Eindrücke im Shaka Burgerhouse, es war der Tag des gelungenen Dinners im Hotel Zugspitze und bei einem ausgedehnten Einkaufsbummel meldete sich am späten Mittag dann doch der berühmte kleine Hunger und nach einer kleinen Speisekarten-Odyssee – ich klapperte gewohnt unentschlossen diverse Lokale ab – sollten wir schließlich in einem weiteren weißen Fleck auf meiner Garmisch-Gastro-Landkarte landen: dem Shaka Burgerhouse.
Stylische Hipster-Luftnummer oder gutes Essen in zeitgeistiger Aufmachung? Höchste Zeit dies zu beleuchten wie ich meine…
Kritik
Die Beine wurden doch spürbar schwerer, als wir an einem sonnigen, späten Samstagmittag nach ausgedehnter Unterstützung des örtlichen Einzelhandels direkt am Marienplatz auf das Shaka Burgerhouse stießen und uns spontan zu einer stärkenden Einkehr entschlossen.
Von außen betrachtet ein typischer Vertreter der Hipster-Gastronomie, das „Hang Loose“-Logo greift den Namen des Restaurants auf, denn der ikonische Surfer-Gruß mit hawaiianischen Wurzeln heißt eben schlicht „Shaka“ und steht positiv besetzt für „Cool!“ bzw. „Alles easy!“ etc.
Schiefertafeln preisen diverse sommerliche Cocktails an, die Tische wirken gepflegt und eine hübsche junge Dame wuselt im Service umher, wischt, macht, tut und bedient dabei freundlich lächelnd die anwesenden Gäste – das alles machte einen einladenden Eindruck.
Wir nahmen Platz und wurden alsbald freundlich gegrüßt, dass wir direkt geduzt wurden empfand ich mit Blick auf mein Baujahr in diesem Falls als persönlich nette Note, es kann mitunter ja auch wie eine abgeschmackte Gäste-Doktrin im Rahmen eines berufsjugendlichen Gastro-Konzeptes wirken.
Ich bejahte die Frage, ob wir noch etwas essen wollen und erhielten prompt die mehr oder weniger originellen Karten, die wie erwartet mit einem gerüttelt Maß Zielgruppen-affiner Prosa daherkommen:
Das Herzstück der Karte bildet wenig überraschend die Sektion Burger, die saisonal ergänzt wird: so ist im letzten Winter z.B. ein Raclette Burger mit entsprechendem geschmolzenen Käse im Angebot gewesen.
Zunächst aber galt es den Durst zu bekämpfen, für mich ein asketisches Tafelwasser mit Sprudel, der halbe Liter zu 2,90€, für Madame gab es einen ausdrücklich als „hausgemacht“ bezeichneten Eistee in der Himbeer-Variante, das Glas zu 4,20€.
Interessant bei letzterem war, dass man die Fruchtvariante (es gibt noch weitere Optionen…) damit herstellt, in dem man Fruchtmark oben auf die Schaumkrone gibt, das man mit dem – umweltfreundlichen! – Strohhalm unterrührt.
Ich probierte das mit frischer Minze ansprechend dekorierte und wie mein Wasser ungefragt mit viel Eis servierte Getränk und war sehr angetan, selten einen so wohlschmeckenden Eistee probiert, definitiv kein Fertigprodukt und auch dem Himbeermark merkte man an, dass man sich auch als gepflegte Cocktailbar versteht.
Nachdem ich die Burger-Abteilung durchforstet hatte konnte ich für einen kurzen Moment meinen Augen nicht trauen, ungläubig las ich den Karteneintrag gleich mehrfach, HALLELUJA, da steht doch tatsächlich das magische Wort, das bei mir so viele schöne Erinnerungen an den Südosten der USA hervorruft: „Philadelphia Cheesesteak“!
Wenn man sich die bedingt durch die Präsenz der amerikanischen Streitkräfte im Ort zahlreich vorhandenen US-Amerikaner aber vor Augen führt, überrascht das Angebot eines ur-amerikanischen Sandwich-Klassikers eigentlich nicht, dennoch für mich eine faustdicke Überraschung, auch im ähnlich ausgerichteten, nahen Restaurant Bungalow 7 gab es ihn nicht im Angebot.
Leicht argwöhnend, ob mir eine verhunzte Version dieser geliebten Trip-Down-Memory-Lane-Streetfood-Ikone nicht vielleicht den halben Tag versauen könnte, bestellte ich sie natürlich trotzdem, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und die Verlockung war zu groß .
Meine ständige Begleitung befürchtete nach einem üppigen Burger am Abend keinen Hunger mehr zu verspüren war somit happy mit ihrem Eistee mit Frucht-Tuning.
Während der Wartezeit auf mein Essen sah ich gleich mehrere Burger ihren Weg auf Tische finden und war positiv überrascht. Die Proportion von Patty, Bun und Toppings war perfekt, das Brioche glänzte appetitlich und mit Blick auf Größe und Üppigkeit scheinbar problemlos zu essen. Keine wahnsinnigen, überladenen Kreationen die man nur im Anakonda-Modus verschlingen kann und deren Belag nach dem ersten Bissen zur Hälfte auf dem Teller oder der Oberbekleidung landet.
Als nach ca. 20 Minuten mein mit Spannung erwarteter Imbiss serviert wurde war ich daher schon mit leicht gesteigerter Erwartung bei der Sache….
Philly Cheese Steak – 10,50€
(+ BBQ Sauce – 0,60€)
Ein - übrigens bereits in den frühen 30er Jahren von den Hot Dog Buden Besitzern Pat und Harry Olivieri dort erfundenes - Philadelphia Cheese Steak herzustellen ist so simpel wie im Detail herausfordernd. Es besteht in der Regel aus sehr dünn geschnittenem Ribeye-Steak, das mit Hilfe eines Spatels mit Zwiebeln und grüner Paprika vermengt auf einer Grillplatte (Griddle plate) gegart wird. Dazu gesellt sich Käse, den man auch mit unterheben kann oder auf der Platte angrillt und damit schmelzt, den gegarten Fleisch-Zwiebel-Paprika Mix darauf hebt, dann mit Hilfe des Spatels abhebt und mit dem Käse nach oben auf ein Hoagie-Roll gibt - diese Art Sandwich Brot ist in Deutschland wohl am ehesten durch die Franchise Kette Subway bekannt.
Ein typischer Vertreter sieht in den Vereinigten Staaten dann in etwa so aus:
Sehr verbreitet aber von mir stets gehasst ist auch der Gebrauch von Cheese-Wiz, diese obskure Schmelzkäsesauce von Kraft ist sicher ein Paradebeispiel dafür, warum die USA kulinarisch bisweilen nicht den besten Ruf genießen.
Dies war hier gottlob nicht der Fall, wie mir der Gaumen alsbald bestätigen sollte, setzt man hier auf die einzig wahre Option: mild-aromatischer Provolone dolce in idealer Dosierung, grundsätzlich war ich mit dem was ich sah, mehr als zufrieden, auch die Anrichtung mit dem separaten Dip gefiel mir in Sachen Geschirr und Aufmachung gut:
Ich teilte das Ganze mit dem Messer in zwei Teile und der Anschnitt offenbarte weich gegarte, aber noch mit leichtem Biss versehene grüne (wichtig für die leichte Bitterkeit!) Paprika und rote Zwiebel, allerdings auch, dass man das Fleisch nicht in hauchdünne Scheiben (man friert es dazu idealerweise leicht an) geschnitten hat sondern in etwa ein grobes Pfanngengyros produziert hat.
Das war dann leider etwas enttäuschend, weil ich es entscheidend für das Mundgefühl eines guten Philly Cheesesteaks erachte, was mich natürlich von einem beherzten ersten Bissen nicht abhalten sollte.
Und es sollte ein klitzekleiner Ratatouille-Moment folgen, da war ich wieder gedanklich mit knappen 15 Lenzen in der Filiale der Philly-Connection in der Nähe von Atlanta, Erinnerungen wurden wach.
Denn bis auf das dünne Schneiden des Fleisches hat man hier sehr viel richtig gemacht. Das Weizen-Brot hatte die ideale Konsistenz und sogar einen guten Eigengeschmack (in USA nimmt man auch gerne Kartoffel-Brot), das recht magere Steak war mir zwar einen Hauch zu durch, dennoch war es absolut zart, saftig, überzeugend im Eigengeschmack und in perfekter Menge vorhanden.
Das Ganze schmeckte auch ohne die separat bestellte BBQ Sauce überraschend gut, ich ließ Madame probieren und sie pflichtete bei: *nomnom* „mmh, sehr legga…“ hörte ich schmatzender Weise von der anderen Seite des Tisches, na dann.
Die Sauce hätte ich wie erwähnt kaum noch gebraucht, sie entstammte keiner amerikanischen Regional-Tradition sondern war ein gelungener, erstaunlich wenig convenience-lastig, sondern beinahe selbstgemacht anmutender Querschnitt durch die Welt der üblich verdächtigen Eindrücke von süßer Melasse, Rauch und den gängigen Gewürzen mit einem Hauch Cayenne im Abgang – für 60 Cent geradezu ein Geschenk und mit dem Sandwich köstlich.
Puh, danach war es trotz Serviette Zeit die Hände zu waschen, ich suchte die blitzsauberen Toiletten auf und konnte bei der Gelegenheit einen Blick auf die Bar und die Gasträume werfen, chic aber auch einen Hauch kühl wie ich meine.
Unser freundliches Service-Mädel - laut Bon ein Fräulein Simona - fragte während und nach dem Essen nach meinem Glücklichkeits-Level und freute sich über meine emotional vorgetragene Zufriedenheit sowie über entsprechendes Trinkgeld.
Beide haben wir es nicht bereut hier eine kleine Pause eingelegt zu haben und so machten wir uns gut gelaunt zurück auf den Weg in unser liebgewonnenes kleines Hotel, den Bib-Gourmand Abend schon fest im Visier, Urlaub kann ja so anstrengend sein….
Fazit
Die Eindrücke zeugen von einer ehrlichen jungen Burger-Küche, die Versprechen der Karte scheinen eingehalten zu werden. Ohne meine persönlichen, natürlich auch leicht „food-nerdigen“ Vergleichsmöglichkeiten in Sachen Fleischtextur bzw. –dicke bleibt ein geschmacklich beglückendes, weitreichend authentisches Philly Cheesesteak das ich aus eben diesem Grund aber mit einem Stern Abzug belege: 4 Sterne für ein leckeres Sandwich.
Die junge Dame im Service war freundlich routiniert bei der Sache, die Gäste immer im Blick, flink und angenehm im Umgang, fünf Sterne für eine tadellose Leistung in solcher Gastro-Kategorie.
Das Ambiente möchte ich mit drei Sternen bewerten, draußen recht laut durch die Haupt-Ortsdurchfahr in unmittelbarer Nähe, innen etwas ungemütlich für meinen Geschmack mir imposanter Bar - die Sauberkeit ohne Fehl, fünf Sterne.
Das PLV sehe ich auch mit Blick auf die ansonsten gerne zu Geldschneiderei missbrauchten Beigaben wie den Dips bei überdurchschnittlichen 4,5 Sternen.
P.S.
Mit Blick auf den Titel ist es ein schöner Zufall, dass Philadelphia in Pennsylvania liegt, dem Staat, der Biden in der Auszählung den Sieg einbrachte. Somit hat der Bundesstaat meine Erinnerungen an das popkulturell berühmteste Gericht seiner größten Stadt aus eigener Kraft wieder für mich persönlich über Nacht hoffähig gemacht und wurde seinem Motto „Virtue, liberty, and independence“ mehr als gerecht – lang lebe das Philly Cheesesteak! :-)