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Schon lange treibt es mich als Feldforscher für Regionalküchen (wenn ich nicht beim Griechen lande) um, was eigentlich die hessische Küche ausmacht, also außer „Grie Soß“. Meine Recherche nach Orten, die darüber Aufklärung bringen könnten, im südhessischen Darmstadt ergab schnell, dass ich beim Grohe einkehren müsse, einem Brauereiausschank mit jahrzehntelanger Tradition.
Auf meinem Darmstädter Weg mit der Straßenbahn vom Hauptbahnhof zum Mandanten bin ich schon oft an einem zusammengewürfelten Gebäudeensemble vorbeigefahren, an dem „Grohe“ prangt, für Ausschank, Brauerei, Biergarten, Verkauf.
Am letzten Donnerstag im August mit leicht abgekühlten Temperaturen eroberte ich mir an einem von zwei Fasstischen gegenüber dem Eingang einen Platz. Er wurde mir von der Bedienung durch ein erstes Bier bestätigt und so hatte ich einen hervorragenden Beobachtungsposten, um das quirlige Treiben im Grohe zu beobachten. Das Brauhaus war ausgebucht und nur der Biergarten bot für etliche Gäste ohne Reservierung noch Platz, wenn die leicht kühle Außentemperatur nicht abschreckte.
Das Publikum überwiegend im gesetzteren Alter und an einigen Tischen in größeren Gruppen angetreten. Was ich so mundartlich aufschnappte, ist der Grohe ein Refugium der Darmstädter Ureinwohner, die ansonsten das Straßenbild am Bahnhof oder am zentralen Luisenplatz nicht mehr dominieren. Neben mir am anderen Fass zwei Originale und damit etwas Volkstheater gratis.
Wer also eintauchen will ins Urtümliche bei ordentlichem Bier und schmackhafter Küche, dem sei der Grohe gerne empfohlen, aber bitte mit Reservierung.
Die Homepage (http://www.brauerei-grohe.de/) zeigt das Angebot des Ausschanks und der Alten Scheune im selbigen Ensemble mit alpenländischer Küche.
Im Grohe spürt man das allgemein erhöhte Preisniveau des Großraums Frankfurt nur in moderater Form, wobei ich zugegeben noch meine Einkehr in ein Bamberger Brauhaus (Keesmann) in Erinnerung habe. Ich gebe mal 3,5 Sterne.
Service:
Als ich mich an mein Fass gesetzt hatte und mir einen ersten Überblick verschaffte, hatte ich leichte Sorge, dass ich vielleicht auf verlorenem (Beobachtungs)Posten säße angesichts der vollbesetzten und brummenden Räume links und rechts von mir. Aber diesen Normalzustand hat die vierköpfige Crew im Griff. Ein Zapfer ist pausenlos und ohne den Hahn zu schließen am Werk. Ein Oberkellner und zwei Mädels schleppen alles vom Tresen und Küchenpass an die Tische. Zünftig in kleinkarierten blauweißen Oberteilen und Kellnerschürzen gewandet. Der Mann ist russischer Provenienz und zumindest eine der beiden jüngeren Frauen war dem Akzent nach selbiger Herkunft.
Der Oberkellner blickte zu mir rüber und rief fragend „ein Helles“, was ich im unerwarteten Glückszustand nickend bejahte. Und es kam recht flott. Das zweite Bier sollte ein Märzen sein, aber es kam wieder ein Helles. Ich nahm es hin und hatte schon angetrunken, als der Oberkellner es mir entschuldigend nehmen und durch ein Märzen ersetzen wollte. Ich schob das Märzen auf die nächste Order, wofür sich der Oberkellner brav bedankte. Auch die bezopfte Kellnerin entschuldigte sich für den Fehler! Wohlgemerkt unter Höchstlast arbeitend.
Die Speisewünsche wurden erfragt und noch einmal rückversichert. Vor- und Hauptspeise kamen nach jeweils angenehmer Wartezeit.
Ein freundlicher und eingespielter Service und unter Berücksichtigung der Arbeitssituation 3,75 Sterne auf meiner Skala wert.
Im Grohe werden drei eigene Standardbiere (Hell, Märzen, Weizen) ausgeschenkte. Für Hell und Märzen bezahlt man (umgerechnet auf 0,3 l) 2,64 und 2,76 €. Ein Craft-Bier gab es auch, ein Red Lager für 2,50 € für das 0,3-l-Glas. Nach dreimal 0,4 hatte ich nicht mehr so den richtigen Durst und kann es deswegen nicht beurteilen. Von Hell und Märzen gefiel mir das Märzen mit seinem malzig-bitteren Abgang besser.
Wasser gibt es auch und kommt auf 4,80 € für 0,75 l. Ja, selbst fünf offene Weine habe ich auf der Karte entdeckt, die bei 3,60 € beginnen und bei 5,00 € für das o,2-l-Glas enden.
Essen:
Auf der Homepage gibt es die Karten als Sammlung von herunterladbaren PDF-Dokumenten; sehr unkomfortabel. Im Ausschank zudem eine Pfifferlingskarte mit fünf Gerichten.
Was macht nun nach der Karte Hessische Küche aus? Grüne Soße gibt es bei den Schnitzelkreationen („Das Frankfurt“). Ansonsten spielen Handkäse und Kochkäse sowie unterschiedliche Würste eine große Rolle. Zudem Brauhausklassiker wie Fleischkäse, Wurstsalat, Sülze, Eisbein, Grillhaxe, Rippchen sowie Flammkuchen. Eine gute Auswahl, die die in rheinischen Brauhäusern an Vielfalt schlägt.
Ich entschied mich für „Das Käsige aus hiesiger Molkerei“, startend mit Odenwälder Handkäse mit Apfelmusik und Bauernbrot (7,50 €).
Es kamen auf einem großen tiefen Teller drei der typischen Rollenabschnitte vom Handkäse, den wir hier im Norden „Harzer“ nennen. Angemacht mit einer süßsauren Vinaigrette mit feinen Zwiebel- und Apfelstückchen. Dazu ein Salatbouquet, was farbenfroh, aber kulinarisch überflüssig war. Der Käse war leider noch nicht vollständig durchgereift, hatte also noch eine weiße Mitte mit der leicht bröseligen Konsistenz. Trotzdem mit der „Musik“ schmackhaft. Ergänzt um fünf halbe Scheiben eines frischen Roggenbrotes mit leichtem Kümmelaroma. Alles zusammengenommen mit der Butter eine gute Brotzeit für den mäßigen Hunger.
Dann das Schnitzel Odenwald mit geschmolzenem Kochkäse.
Kochkäse ist ähnlich Schmelzkäse eine Käsezubereitung, die in Vergessenheit geraten ist. Ich greife alle paar Wochen gerne zum Kochkäse für ein klassisches Abendbrot. Allerdings muss er Zimmertemperatur haben, um schmelzig gestrichen werden zu können. Hier war er auf das panierte Schnitzel gegeben worden, was ihn flüssig gemacht hatte, auch über den Schnitzelrand auf den Teller zu den Bratkartoffeln und dem Krautsalat hin verlaufend. Geschmacklich sehr kräftig und einem gratinierten Bergkäse nicht nachstehend. Also eine gute Schnitzelwahl.
Die Bratkartoffeln waren eher Röstkartoffeln vom Schnitt her und ohne Speck oder Zwiebeln gebraten. Besser der feine Krautsalat mit Kümmel.
Nach dem reichlichen Handkäse war ich mit dem Schnitzelgericht zur Sättigung gut bedient. Für sich betrachtet war der Teller nicht üppig beladen.
Das Essen war mir 3,5 Sterne wert.
Ambiente:
Darmstadt ist stark kriegszerstört gewesen und auch die Brauerei lag danieder. Das eher kleine Gebäudeensemble, das neben der Brauerei den Ausschank, die Scheune und den dazwischenliegenden Biergarten beherbergt, ist architektonisch ein Zweckbau. Lediglich eine Backsteinmauer vermittelt einen historischen Eindruck.
Der Ausschank besteht aus zwei Räumen. Eine Gaststube mit dem Tresen links vom Eingang und ein größerer Raum rechts vom Eingang, in dem auch geraucht werden darf, wenn der Biergarten geschlossen ist.
Eine kürzliche Renovierung wurde behutsam vorgenommen und ist für einen Erstbesucher nicht erkennbar. Holzboden, blanke Tische und eine dunkle Wandvertäfelung vermitteln vielmehr einen brauhaustypischen Eindruck, allerdings en miniature, denn die Gaststube hat nur um die zehn Tische.
Auf den Tischen hat man genug Platz, aber zwischen ihnen ist es eher eng und Begegnungsverkehr mit einem beladenen Kellner nur nach Verdünnisierung möglich.
Die Kassettendecke mit dunkler Balkenoptik ist auch neu und soll schallschluckend wirken. Jetzt wo ich das für meine Kritik gelesen habe, fällt mir auf, dass ich nichts über einen hohen Lärmpegel trotz der vielen fröhlich babbelnden Hessen notiert habe, so dass die Decke wohl ihre akustische Funktion erfüllt.
Die Toiletten liegen im Keller und sind großzügig und modern.
Sauberkeit:
Trotz des großen Andrangs wirkte alles ordentlich auf mich.