Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Überraschungen gibt es immer wieder, selbst in einer Gegend, von der man glaubt, dass man sich dort auskennt: Auf das kleine Ramenrestaurant in der Waldstraße war ich nämlich nur gestoßen, weil ich eine Adresse in der Nähe gegoogelt hatte.
Aber so klein, wie es schien, war es dann gar nicht. Die Front ist zwar schmal, aber der zweigeteilte Gastraum wird nach hinten ziemlich lang. Und bislang scheint man dort auch ganz gut ohne uns ausgekommen zu sein, denn als wir um die Mittagszeit durch die Tür lugten, war der Laden proppenvoll (als wir eine Stunde später gingen, war er das immer noch). Ein freundlicher junger Mann beantwortete unsere zwei Standardfragen - darf der Hund mit rein? Haben Sie noch einen Tisch für uns? - jeweils mit ja und geleitete uns in einen kleineren Raum jenseits der Theke.
Dort waren wir die ersten, aber nach höchstens 10 Minuten war dann auch alles besetzt.
Ein solchen Zuspruch an einem Montagmittag haben wir schon lange nicht mehr erlebt; gegönnt sei es ihnen, denn die erste Zeit nach der Öffnung Ende 2019 war natürlich übel.
Den vorderen Gastraum zu fotografieren, wäre nicht möglich gewesen, ohne dumm aufzufallen, außerdem hätte ich mir später die Finger wundretuschiert. Deswegen gibt es nur Bilder vom Hinterzimmer.
Dieses machte einen etwas provisorischen Eindruck, vielleicht hatte man angesichts der erfreulichen Nachfrage noch schnell einen Abstellraum zu einem japanischen Imbiss umgewidmet. Das dürfte aber dem durchweg jungen Publikum nichts ausmachen, und uns eigentlich auch nicht.
Die lustig aufgemachte Speisekarte hatte schon sehr viel bessere Zeiten gesehen und wäre auch ohne die C-Seuche im Hinterkopf ganz schön unappetitlich gewesen. Sie präsentiert japanische Küche mit einigen wenigen Anleihen aus anderen asiatischen Ländern. (Betrieben wird das Restaurant, wie könnte es auch anders sein, von Vietnamesen.)
Zum Glück ließ der Kellner uns Zeit, uns mit dem Angebot und seinen Kombinationsmöglichkeiten auseinanderzusetzen. Schließlich lief es auf Folgendes hinaus:
Maracuja-Limettenlimonade für uns beide (4,90 €). (Ich hätte lieber Limetten-Matcha gehabt, aber Matcha war aus, und das ist in einem japanischen Restaurant durchaus bemerkenswert.) Die Limette war echt, Maracuja, wie angekündigt, nur Nektar, und das schmeckte man. Etwas zu süß war die Limo auch, selbst meiner Frau.
Zufriedener waren wir mit unseren Vorspeisen, die wir uns jeweils teilten: Edamame (4,50 €),
eine mächtige Portion, die wir nur mit Mühe weggelutscht bekamen, bevor die Hauptspeisen angeliefert wurden,
und Hähnchen-Gyoza (6,00 €). Gyoza werden hier in zwei Varianten angeboten, gebraten und frittiert; serviert wurde dann eine dritte, nämlich gedämpft. Jedenfalls war der Boden nicht knusprig, wie wir das nach der Abbildung auf der Karte erwartet hatten.
Da die Teigtaschen aber offensichtlich aus eigener Küche stammten und wirklich schmackhaft waren, haben wir darüber gerne hinweggesehen.
Meine Frau wollte dann Karaage Don, frittierte Hähnchenstücke auf Reis (6,90 €; ich sehe gerade, dass sie auf der Karte noch mit 5,80 € ausgezeichnet waren). Meine Liebste hat ein inniges Verhältnis zu frittiertem Huhn und akzeptiert solches selbst von einschlägigen Fastfood-Ketten. Dieses hier war natürlich deutlich raffinierter, davon durfte ich mich anhand eines Probeexemplars überzeugen. Nicht zufrieden war sie allerdings mit dem Reis, der nicht klebrig genug war, um mit Stäbchen gegessen zu werden. Auch geschmacklich passte er nicht in ein japanischen Restaurant, allerdings darf man bei 6,90 € auch keine Wunderdinge erwarten. Der möglicherweise weniger gut betuchten studentischen Kundschaft dürfte es recht sein, wir würden eher ein paar Euro drauflegen und besseren Reis bekommen.
Nach dem Motto „When Min Ramen do as the Ramens do” (sorry, noch schlimmer als die Überschrift…) sollte es für mich natürlich eine der zahlreichen Suppen sein: Kara Miso Ramen (Scharfe Nudelsuppe auf Sojabohnenpaste, Hühnerbrühe, Chiliöl, Sojasprossen, Menma (fermentierte Bambussprossen), Mais, Ei, Lauchzwiebeln, Nori, und, nicht auf der Karte: Pak Choi). Einlage meiner Wahl war Hühnerchashu; es hätte die Suppe noch mit Schwein, Garnelen-Tempura oder Tofu gegeben. Es gibt sie in den Größen M (10,50 €) und L (13,50 €), ich nahm natürlich L, wäre mit M aber auch satt geworden.
Ich war deutlich zufriedener als mein liebes Gegenüber. Die Schärfe war auf den Punkt, der Magen wurde angenehm gewärmt, ohne dass die Nase über Gebühr tropfte. Das Huhn war zart und saftig, die Nudeln al dente (auch wenn das hier natürlich kein Qualitätskriterium ist), die Sprossen und das Pak Choi knackig und das Menma würzig. Das würde ich jederzeit wieder bestellen, wenn ich nicht zu neugierig auf all die anderen Sachen wäre, die das Haus zu bieten hat. Es muss ja nicht unbedingt was mit Reis sein. Die Papierservietten reichten gerade aus – der Verzehr japanischer Nudelsuppen mit Stäbchen und tiefen Löffeln geht leider nicht ganz ohne Fazialsauerei ab.
Danach ging es über eine spektakuläre Treppe zur durchschnittlich sauberen Toilette zum Zwecke gründlicher Hände- und Gesichtswäsche.
Hier sieht man uns sicher irgendwann wieder, auch wenn sich Spontanbesuche wie dieser angesichts der Beliebtheit des Restaurants eher nicht empfehlen. Aber man kann ja vorher anrufen.