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Dass das Stuttgarter Publikum zwar treu, aber auch extrem anspruchsvoll ist, dürfte inzwischen bekannt sein. Schliesslich geht man auch ins Theater oder in die Oper, um sich was zu gönnen und um sich sehen zu lassen. Während der Vorstellung und auch drumherum. Das kulinarische und önologische Angebot der teatro Kulturgastronomie lässt auch nichts zu wünschen übrig. Im Ausschank sind hochwertige Weine der Region (z.B. ein Riesling von Graf Neipperg, 0,2 Liter zu 6,50 Euro) oder internationaler Güte (ein Glas des kräftigen roten Cote de Ventoux für 6,50 Euro), moderne Mischgetränke wie Lillet Wild Berry (6,50 Euro) oder einen Pink Hugo (ebenfalls für 6,50 Euro), nebst Kaffee, Softdrinks, Bier etc. So weit, so gut. Natürlich herrscht Selbstbedienung – und an den dicht umdrängten Theken vergisst der Besucher schon mal seine gute Kinderstube. Hier wird gedrängt, geschubst, manövriert. Fast würde man sich wünschen, es würden Nummern gezogen wie beim Arbeitsamt oder beim Finanzamt…
Wem der Sinn nach Habhaftem steht, das über eine schnöde Butterbrezel (2,00 Euro) hinaus geht, der kann durchaus vorbestellen (sogar online) und findet seine Bestellung dann in der Pause an einem Stehtischlein wieder. Es gibt so hübsche Kleinigkeiten wie Littmann Happen, Stuttgarter Leckerbissen Trio oder Akkord von Adria Lachs. Die dazu passenden Opern möge man sich dazu denken… Hier muss ich gestehen, dass ich über die immer passende Butterbrezel (hier sehr dünnarmig) oder einen kleinen Käseteller (um die 10 Euro) selten hinauskam.
Im Schauspielhaus nimmt man seine Errungenschaften entweder im Foyer ein oder – wie jetzt bei gutem Wetter – an Bierbänken vor der Tür, die laue Luft und den Ausblick auf den Eckensee geniessend. Im Opernhaus lockt ein feiner Anbau, der in hellem Carraramarmor ausgekleidet ist. Eigentlich stimmen nun alle Koordinaten für einen gelungenen Abend.
Ich schreibe jedoch diesen Text, um meine regelmässige Verärgerung über den Service loszuwerden. Die Damen und Herren hinter dem Tresen sind meist fachfremd, vermutlich extra angeheuerte Studenten unterschiedlichster Fachrichtung. Bei jeder Bestellung werde ich mit grossen Augen angekuckt. Liegt das an: a) gastronomischem Unverständnis? B) Sprachschwierigkeiten? C) allgemeiner Unlust? D) geschickter Verzögerungstaktik? Kurzum: es geht nicht voran. Jede Bestellung muss mehrfach ausformuliert und ausdiskutiert werden, während die Schlange hinter mir immer grösser wird. Flaschen der gängigsten Weine müssen erst mühsam und umständlich in der kurzen Pause entkorkt werden. Bei mehreren Bestellungen scheint es zu haken. Der Endpreis wird kompliziert aufaddiert. Das Wechselgeld wird unter grossen Schwierigkeiten zusammengesucht. Undsoweiterundsofort.
Mir ist klar, dass die Servicekräfte hier unter grossem Stress stehen und Nervenstärke beweisen müssen. Doch der Gast hat auch einen Anspruch auf reibungslosem Ablauf. Gestern lief im Schauspielhaus „Unendlicher Spass“, ein 4-Stunden-Stück. Bereits vor der Vorstellung lahmte der Service, duckte sich bei jeder Bestellung weg und schützte andere Arbeiten vor. Im Freundeskreis haben wir einen dicken zweistelligen Betrag konsumiert – mein Wunsch nach einem Bewirtungsbeleg von nur einer einzigen Bestellung (um meinen Besuch zu dokumentieren) wurde mit dem üblichen Unverständnis abgetan. Vier Servicekräfte blockierten sich gemeinsam, um der Kasse diesen kleinen Bon zu entlocken. Ich bin entsetzt und verärgert. In manchen Pausen ging es schon so schlecht voran, dass ich wieder abgebogen bin und dem Gong gefolgt bin, zurück in die Ränge. Demnächst bringe ich mein eigenes Vesper und meinen eigenen Drink mit.
PS.
Da ich mich schon in Rage geschrieben habe: das Weissweinschorle dieses Belegs (4,00 Euro) bestand zu 75% aus Wasser. Doch es wurde in ein formschönes, sauberes Glas gegossen.