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Das "Restaurant Vai" ist schon lange eine feste Größe der Lübecker Gastronomie in der berühmtesten Einkaufsstraße der Altstadtinsel, der Hüxstrasse (meist kurz nur „Hüx“).
Einen kleinen Ableger mit dem „Bistro Vai“ hat man zudem in der Mühlenstrasse etabliert.
Die hier gebotene Kulinarik soll auf jeden Fall der feineren Art sein und brachte dem Restaurant auch manche „Assiette“ im roten Guide ein.
Vor fast exakt drei Jahren wollte ich mir mal ein Bild von der tatsächlichen Qualität machen und stellte mir dabei aus der Karte mit Ankündigung ein individuelles Menü nach meinem Geschmack zusammen. Ein Wunsch, der mir auch gern erfüllt wurde.
Das Restaurant bietet ein modern eingerichtetes Ambiente, dass sich auch bis heute nicht verändert hat. Zudem hat man die Möglichkeit, im Innenhof Wind- und Lärm-geschützt sein Mahl auch an der frischen Luft zu genießen.
Die ein oder anderen Elemente, die das Interieur etwas „lebendiger“ wirken lassen, wären sicherlich wünschenswert, aber wie das bei den alten denkmalgeschützten Häusern im Zentrum eben so ist, ist das Platzangebot zur Einrichtung auch von vornherein deutlich begrenzt.
Der Innenhof.
Als Gedeck kam zunächst etwas Baguette mit gesalzener, aufgeschlagener Butter (beides in guter Qualität) mit einem kleinen Gruß aus der Küche auf den Tisch.
Dabei handelte es sich um etwas Creme von roter Bete, zu der sich ein paar Couscous-Perlen und ein Süsskartoffel-Chip gesellten.
Der Biss und die leichte Süße durch den Chip und Couscous passten gut zur Erdigkeit der rote-Bete-Creme, welche selber aber leider ein wenig wässrig daher kam und durchaus intensiver daherkommen können.
Umständlich war zudem die Tatsache, dass zum Gruß kein Löffel gereicht wurde, sodass die meiste Creme in der kleinen Schale verbleiben musste.
Baguette mit gesalzener, aufgeschlagener Butter + Amuse Bouche als Creme von roter Bete mit Couscous-Perlen und Süsskartoffel-Chip.
Das eigentliche Menü begann dann mit gebratenen Calamari, die von einem Ananas-Chutney begleitet wurden. Weitere Komponenten waren Pak Choi und kleine, krosse Knoblauch-Würfel. Etwas Bärlauch-Pesto sollte die Vorspeise abrunden.
Sowohl die Tuben als auch Fangarme der kleinen Tintenfische hatten eine tolle Konsistenz und waren keinesfalls zäh.
Die leicht süß-säuerlich angemachte Ananas verlieh ihnen einen asiatischen Touch zu dem auch der Pak Choi passte. Auch die Würze vom Knoblauch war ansprechend dosiert und die krossen Würfel gaben zudem noch etwas Biss hinzu.
Einzig das Bärlauch-Pesto trat geschmacklich im Prinzip gar nicht auf.
Calamari / Ananaschutney
Mediterran präsentierte sich nun das Carpaccio vom eigentlich aus den USA stammenden Rind. Für diesen Mittelmeer-Touch sorgten noch Rucola und gehobelter Parmesan.
Zudem befanden sich feine Scheiben vom Champignon und eine dünne geröstete Baguettescheibe auf dem Teller.
Das Fleisch war schön dünn und gleichmäßig geschnitten und fein mit etwas Pfeffer gewürzt. Ein Balsamico-Dressing rundete den Rucola schön ab.
Die knusprige Brotscheibe und Champignons stellten mit ihrer festen Konsistenz eine willkommene Abwechslung zum sehr zarten Rind.
Für meinen Geschmack war aber der Parmesan deutlich zu spärlich eingesetzt, womit, wie schon im ersten Gang, erneut eine erwartete Geschmacks-Komponente des Gerichtes verloren ging.
Carpaccio vom US-Beef / Rucola / Parmesan
Feiner ging es in der dritten Vorspeise mit den Jakobsmuscheln an Spargelfrikassee weiter.
Die Jakobsmuscheln waren leicht angebraten und somit innen noch glasig, wobei sie schon fast einen Tick zu roh waren und für meinen Geschmack noch deutlich mehr Röstaromen hätten vertragen können.
Der Spargel hatte hingegen einen perfekten Biss und fand in kleinen Tomaten, Zwiebeln und Karottenwürfeln passende Partner.
Etwas Thymian, Petersilie und vor allem der Krustentierschaum gaben eine leichte Würze, die zu den geschmacklich eher leiseren Jakobsmuscheln durchaus passte.
Wie gesagt: noch ein paar mehr Röstaromen bei den Muscheln und das Gericht hätte volle Punktzahl verdient gehabt..
Jacobsmuschel / Spargelfrikassee
Im 4. Gang schloss sich mit dem Coq au Vin nun der Fleisch-Hauptgang des individuellen Menüs an.
Begleitet wurde es von einem mit Safran verfeinertem Risotto, sowie etwas Frühlingszwiebeln, kleinen Champignons und roter Paprika.
Das Federvieh war durchweg schön saftig und das Risotto angenehm cremig.
Die Rotweinsauce hielt von der geschmacklichen Tiefe her genau das, was der Name des traditionellen, französischen Gerichtes verspricht. Auch beim Risotto war die angekündigte Note des Safrans durchaus zu schmecken.
Dieser Klassiker war also wirklich rundum sehr gut präsentiert und zubereitet.
Coq au Vin / Safran-Risotto
Den wahrlich kaiserlichen Abschluss sollte das Menü durch einen europäischen Hummer erhalten, der mit Kaiserschoten, Zwiebeln, Pak Choi, einem Trüffel-Kartoffelsalat und einer Beurre blanc ebenso edle Partner zur Seite bekam.
Der Hummer an sich konnte mit fleischiger und trotzdem zarter Konsistenz bereits überzeugen. Die knackigen Kaiserschoten, Zwiebeln und Pak Choi gaben etwas mehr Kauwiderstand.
Auch die Beurre blanc war schön sämig und mit ihrem leichten Weißwein-Aroma ebenfalls ein treffender Partner für den Hummer.
Die Kartoffeln waren nicht zu weich aber der Trüffel hätte hier (mal wieder) noch etwas stärker eingesetzt und somit besser geschmacklich durchkommen können. Trotzdem einkrönender Abschluss des Menüs.
Hummer / Kaiserschoten / Trüffel-Kartoffelsalat
Bedient wurde ich während dieses frühen Abends von zwei jungen Damen, die stets aufmerksam und höflich auftraten. Auch hinsichtlich meiner Fragen zu den gebotenen Speisen erkundigte sie sich gerne in der Küche. Sehr erfreulich fand ich auch, dass selbst der Küchenchef nach dem zweiten Gang zu mir an den Tisch trat und sich nach dem gewünschten Tempo der Speisenabfolge erkundigte und ein paar Worte zum Coq au Vin und dem Hummer verlor. Gerade mich als jemand, der immer sehr interessiert an der Zusammensetzung der angebotenen Speisen ist, freut dieser persönliche Kontakt immer sehr.
Insgesamt betrachtet bietet das Vai durchaus eine etwas gehobenere Gastronomie in angenehmer Atmosphäre.
Beim Service gab es für mich wie erwähnt nichts zu meckern.
Hinsichtlich der Kulinarik muss ich aber angesichts des auch durch die Preise verdeutlichten Anspruches auf einen paar Sterne verzichten, da vor allem bei den Vorspeisen bei bestimmten Komponente der Gerichte die geschmackliche Intensität fehlte und diese somit völlig untergingen.
Von der Grundidee her gefielen die Gänge, es fehlte halt häufig nur ein wenig, um es für meinen Eindruck vollkommen zu machen.
Mit einem Preis von 89€ für dieses individuelle 5-Gang-Menü muss ich da auch beim Preis-Leistungs-Verhältnis dementsprechend bewerten.
Trotzdem würde auch ich das Vai jedem durchaus empfehlen, der an einem schmackhaften und stilvollem Abend interessiert ist und dafür auch mal etwas mehr Geld ausgibt.
Ich hoffe sehr, dass dies auch heute noch Gültigkeit hat.