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Bei unserem Eintreffen wurden wir herzlich begrüßt. Vermutlich hatte Carsten die Mannschaft schon vorgewarnt...
Wir wurden vom rustikalen Eingangsbereich ein paar Stufen hoch durch einen schmaleren Teil vorbei an Bar und Küche in den hinteren Bereich begleitet. Hier herrscht rund um ein Buffet eine gemütliche Atmosphäre, Zweier- und Vierertische im Wechsel. Carsten hatte natürlich den schönsten runden Tisch am Fenster reserviert. Zu früherer Stunde oder anderer Jahreszeit hätten wir hier auf das Bächlein schauen können, das nicht nur am, sondern nach meiner Erinnerung teilweise auch unter dem Haus plätschert. Die Garderobe wurde uns abgenommen, die Karten geöffnet präsentiert, ein Aperitif angeboten. Alles ohne Hetze, aber mit einem netten Lächeln. Ihre Freundlichkeit behielten die jungen Damen im Service konsequent und glaubhaft bei, obwohl ich hier und da nicht vollständig mit der Küchenleistung einverstanden war. Die gute Stimmung war auch ein Verdienst des Gastgebers, der uns zurückhaltend mit Souveränität und verstecktem Witz angenehm durch den Abend begleitete.
Bei unserem Eintreffen war das Restaurant schon gut gefüllt und blieb es lange. Als wir das Etablissement schließlich nach viereinhalb Stunden verließen, hatte sich die Crew schon an der großen Tafel am Eingang nieder gelassen und beratschlagte vermutlich, wie man uns denn endlich los werden könne...
Trotz des intensiven Vorglühens eines einzelnen Herrn starteten wir mit dem Hausaperitif, einem Armagnac d‘Orange auf Crèmant, schön herb-fruchtig. Zuvor hatte ich noch kurz den Floc de Gascogne verkostet, um mich für die ambitionierte französische Brasserie-Küche angemessen zu präparieren. Die Einrichtung der Toiletten teilweise auch recht authentisch, teilweise modern, aber natürlich tadellos sauber.
Zum Knabbern kam schnell Brot auf den Tisch
helles eher unspektakulär, das Dunkle mit Körnern gut und bei den gebackenen, gewürzten Brotchips aus Weißbrot bestand akute Sattessen-Gefahr. Erst recht mit der würzigen Oliven-Sardellen-Tapenade sowie einer recht süß geratenen Dattel-Frischkäse-Crème
Das 4-Gang-Menü mit Aperitif und Erfrischung las sich ansprechend und wäre mit 69,5€ preislich fair gewesen, aber die Karte enthielt einen verlockenden französischen Klassiker nach dem anderen.
Außerdem differierten die „Ladekapazitäten“ doch etwas. An den Nebenplätzen wurden u.a. Artischocke natur und in Variationen gereicht, Rote-Bete-Risotto, Marseiller Fischsuppe, Kartoffel-Canelloni mit Gemüsefüllung, Zander und Dorsch, schließlich Sorbets und Crème brulée.
Diese Genießer!
Ich jedenfalls beschied mich mit gratinierten Austern, Gänseleber, Taube, Boudin noir und einer kleinen Käseauswahl...
Nach diesem wahren Bestell-Marathon gefiel uns eine herzhafte Kohlrabi-Crème brulée als Amuse
recht gut. Schön wäre noch eine Karamellisierung à la minute gewesen, das mag aber am Samstagabend einfach nicht zu schaffen sein.
Gestärkt gingen wir an die Getränkeauswahl und Carsten ließ uns den Vortritt; lag da gar ein leicht mitleidiges Lächeln auf seine Lippen? Da saßen wir nun mit der kleinen, feinen Karte voller Franzosen. Wir behalfen uns zum Auftakt mit einem jungen Sancerre von der Domaine la Perrière, der schnell nach einer zweiten Flasche verlangte. Später wechselten wir von der Loire an die Rhone zu einem Chardonnay
und blieben dort auch zum Fleisch bei einem passend „abgehangenen“ Spätburgunder.
Meine Austern Rockefeller kamen dann überraschend nackig und kalt an den Tisch, aber nach einem Hinweis und wenigen Minuten gab es die guten Stücke von Monsieur Gillardeau dann doch mit nicht zu viel Sauce Hollandaise und vor allem noch knackigen Spinat.
Klassisch und geschmacklich stark. Guter Auftakt.
Bei der Gänseleber-Trilogie
überzeugte die recht feste Foie gras mit einem (mir bis dato unbekannten) Gläschen Sauternes (10,50€)
genauso wie die natur gebratenen Stücke. Als Beilagen Fleur de sel, Quittengelee und natürlich geröstetes Brioche. Dritte im Bunde eine Crème brulée, die ich aufgrund eines Missverständnisses als die bekannte süße Variante erwartete. Erst bei der Reklamation wurde klar, dass auch hier - eigentlich geschmacklich völlig eindeutig - Gänseleber im Spiel war. Trotzdem nicht ganz gelungen, mir schien der Küche das Salz ausgerutscht zu sein. Carsten hat sie geschmeckt. (Ich hatte nach dem Meckern unverdient eine zweite Portionen bekommen...)
War ich bei der Gans ganz allein gewesen, freuten sich gleich drei von vier frankophilen Schlemmermäulchen auf die Taube. Nur der Süße Fan blieb bei ihren vegetarischen Leisten. Vielleicht nicht die schlechteste Wahl. Zwar warnte unser Gastgeber vor Schrotkugeln der Münsterländer Jägerschaft. Wichtiger wäre ein Hinweis auf die gebackene Keule gewesen: Nichts als Knorpel und Sehnen - ungenießbar! Die Bruststücke waren besser. Kräftig geröstet, fest, aber nicht hart und geschmacklich immerhin ok. Ohne jede Einschränkung ist dagegen das intensive Mandeljus zu loben, ebenso die glasierten Feigen und vor allem das starke Erbspüree!
Nur die Erbscracker, oje, oje. Hart und zäh, kaum zu zerkauen, von Knusprigkeit keine Spur. Leider ein „lost plate“, der die Bewertung nach unten zieht.
Immerhin versöhnte mich die Boudin Noir. Die gut gewürzte Blutwurstvariante scharf und kross gebraten, innen noch schmelzig. Dass sich einige Knochensplitter zahngefährdend in die Wurst gemischt haben, war sicher nicht Schuld des Giverny. (Im Restaurant war ich noch nicht so entspannt.) Die zahlreichen, tadellosen Begleiter - Cidre-Senf-Sauce, Süßkartoffelpüree, Äpfel-Zwiebel-Marmelade, Karotten, Blumenkohl, Romanesco und ein schöner Bröselknusper - sorgten für farbenfrohen Betrieb auf dem Teller
und ein absolutes Wohlfühl-Mundgefühl. Ein Hauptgericht, das überzeugte? Ja, klar. Und nein, denn eigentlich war es eine Vorspeise, die auf Wunsch aber problemlos aufgestockt werden konnte.
Das war wohl ein Fehler gewesen, denn um ein Haar hätte ich die gute Käseauswahl
nicht mehr geschafft. Was schade gewesen wäre. Camembert, Fougerous (eine Brie-Marke) und Roquefort kamen gut temperiert und damit so richtig vollmundig auf die Schieferplatte. Die halbierten Trauben, die Walnüsse und der Feigensenf waren abschließend das, was stete Treffen mit vielen GG-Freunden werden sollten: Klassiker!