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Die stand nun an, am letzten Samstag des Juli 2021 sollte es ins IKO gehen. Weit im Osten von Osnabrück, gerät es definitiv zu Unrecht immer ein wenig ins Abseits bei der Betrachtung gehobener Osnabrücker Gastronomie. Ein befreundetes Paar aus Osnabrück hatte angefragt, ob wir Lust hätten, mit Ihnen dort einen Abend zu verbringen. Haben wir immer, und besonders mit diesem Ziel war es eine Freude zuzusagen. Endlich mal wieder in IKO, Mitten im Sommer, und endlich mal im schönen Hof draußen zu speisen. Das war unser Plan.
Aber wie so häufig geht nicht alles nach Plan. Den Wunsch draußen zu speisen, verhinderte das Wetter am 31. Juli 2021, es war zu wechselhaft über den Tag. Wir würden drinnen speisen müssen. Auch im IKO hatte der Lockdown Spuren hinterlassen. Für uns aber erfreuliche, denn die Töpferwerkstatt im IKO, in dem auch das Geschirr für das Restaurant entsteht, war in der Schließungszeit zum Gastraum umgebaut worden.
Im Gegensatz zu den vorhandenen Räumlichkeiten war es hier erheblich heller und gemütlicher. Während in den ursprünglichen Räumen eher dunkle Holz-Töne die Stimmung im Raum beherrschen, waren die Hölzer im neuen Raum heller, und durch Dachfenster fand viel Licht in den Raum. Fein, wir nahmen gerne Platz an unserem Vierertisch und der gezeigte große Tisch ist sicher mal ein guter Platz für ein GG-Runden Treffen.
Der Service begrüße uns und überreichte die Karten, in der das Speisen und Getränkeangebot in einer Mappe zusammen gefasst war. Mit den Karten fand ein erster kleiner Snack den Weg auf den Tisch. Papadams, indische Linsen-Cracker, mit einer Curry-Mango Creme, so begrüßte uns die Küche mit einem ersten Amuse Gueule.
Wasser wurde bestellt, der Frage nach einem Aperitif wurde positiv beantwortet und 4 Drinks fanden Weg an den Tisch. Mit den Aperitif wurde Brot serviert. Ein Merkmal der Küche im IKO ist ein Holzofen, der backen, braten, grillen und räuchern kann. Das Trumm von Ofen steht in der offenen Küche im Restaurant, die benötigten etlichen Kubikmeter Holz, mit dem er gefüttert werden muss, liegen unübersehbar im Innenhof. Aus diesem Ofen kommt ein äußerst gefälliges Sauerteigbrot.
Serviert wurde es mit einer gesalzenen Butter, sowie einer die ihre Aromen aus Algen bezog. Das noch warme Brot war wie immer ein wirklicher Genuss, ob mit oder ohne Butter. Die Küche unter Leitung von Thomas (Tom) Elstermeyer legte vor den Einstieg ins Menü noch einen weiteren Küchengruß.
Und mit diesem Teller gab sich dann ein erster Einblick in den Küchenstil des IKO. Man lässt sich nicht festlegen, bedient sich in Küchen aus aller Welt, hat aber eine Vorliebe für die asiatische und vor allem japanische Küche. Der Teller zeigte das exemplarisch. Auf einem Cracker eine regionale, im Haus ganz klassisch gebeizte Lachsforelle. Daneben japanische Tokayaki, gefüllte Teigkugeln, die ausgebacken werden. Feine Kombi von leicht zu kraftvoll. Die Vorfreude auf die georderten vollen sieben Gänge wuchs. Die Küche ließ Gang 1 servieren.
In Miso fermentierte Gurke mit Molke, Petersilie und Macadamia, kündigte die Karte einen perfekt auf den Hochsommer passenden Gang an. Ein Molkensud wurde am Tisch angegossen. Insgesamt ergab sich ein durch Umami und leichte Säure bestimmtes Gericht, in dem die Macadamia für den nötigen Kontrast durch Crunch sorgte.
A part wurde noch ein Teller serviert. In der kleinen Schale ein Schaum aus Gurke, verfeinert mit einem Granite (Dill). Dieser Teil von Gang 1 spaltete die Tischgemeinschaft, das Mundgefühl dieses Schaums war sehr ungewohnt. So stellt man es sich vor, wenn man Froschlaich kosten wollte, drückte es eine Dame am Tisch aus. Sehr ungewöhnlich, mich störte das aber nicht so sehr. Insgesamt aber sehr fein, dieser Gang, sehr asiatisch, besser noch japanisch ausgerichtet. Von Japan ging es nach Hause. Es sollte ein
Gang durch den Garten folgen, mit Erbse, Feta und Brokkoli, das war das Thema von Gang 2. Und dieser Gang wurde durch die Bank als einer der besten des Abends bewertet. Unten eine Mousse von Erbsen, oben auf frische, sehr naturbelassene Gemüse. Die nötige Tiefe brachte ein krümeliger Feta. So und nicht anders muss saisonale vegetarische Küche. Bei beiden Gängen war ich erheblich an die Küche von Daniel Schmidthaler in der alten Schule in der Feldberger Seenlandschaft erinnert, dass hätte auch von ihm kommen können. Damit sich aber kein Mangel an tierischen Eiweiß am Tisch einstellen würde, gab es nun Fisch.
Konfierter Ahrenhorster Waller mit Lauch, Wakamealgen und Beurre Blanc war Gang Nummer 3. Seit Jahren nun ist die Fischzucht aus Norddeutschland in vielen gehobenen Restaurants vertreten. Ich als Angler finde Waller allenfalls okay, mehr nicht. Aber der Fisch tut auch niemanden weh mit seiner sanften Aromatik. Interessant wurde der Teller für mich durch die Beilagen. Der gegrillte Lauch brachte nachdrücklich Geschmack auf den Teller, frische und jodige Aromen aus den Algen ergänzten das gut. Die Klammer war eine tadellose Beurre blanc, guter Fischteller, aber im Nachgang betrachtet eher einer der unauffälligeren Gänge im Menü. Auffälliger wurde es dann mit Gang 4.
Shawarma von Paco’s Reh mit Sellerie-Humus und Gewürz-Yuba. Nicht nur optisch war das sehr viel prägnanter, auch geschmacklich gab es hier einen echten Bumms auf die Zunge! Das geschmorte, fein zerteilte Fleisch unter einer Curry-„Folie“ war ein Genuss, ölig, intensiv, schrie es förmlich nach einem Stück vom Sauerteigbrot. Einfach lecker! Vor dem fünften Gang servierte die Küche noch einen Gruß.
Ein in Dashi mariniertes Wachtel-Ei, vermutlich im Onzen-Stil wachsweich und halbiert, angegossen wurde ein intensiver Dashi-Sud. Wohlige Aromen-starke Genussküche waren diese beiden Teller, auch in Gang 5 sollte es so sein. Vom Wald ging es in den Stall, hoffentlich einer mit Auslauf.
Peer’s Bentheimer Schwein im Iko gedryaged mit Tomatillo und Lippenstiftbaum war der zweite Gang mit Fleisch und Abschluss des herzhaften Teils des Menüs. Ein Stück Nacken (gegrillt) wurde serviert und ein Stück aus der Schulter (geschmort). Wir saßen direkt neben dem großen Reifeschrank des Restaurants, und er hatte seine Aufgabe aufs Feinste erfüllt. Butterzartes, aromen-reiches Schweinefleisch, die Rasse des Tiers sorgte für die nötige Fettigkeit. Zusammen mit der angegossenen Jus schlicht großartig. Der Rest auf dem Teller war da, wurde verspeist, war aber nur Nebendarsteller bei diesen beiden Stücken Schweinefleisch. Perfekte Reihung der Gerichte, so darf der herzhafte Teil eines Menüs gerne enden! Die vegetarische Alternative: Geräucherte Kartoffel mit Nussbutter-Hollandaise, Käsebruch und Zwiebel war auch verlockend, aber diesmal war ich wirklich froh, den Fleischgang erwählt zu haben. Ein kleiner Zwischengang sorgte dafür, dass sich die Geschmacksnerven wieder etwas beruhigten.
Ich weiß nicht mehr, was auf dem Tartelette war, ich glaube ein irgendein Beerenmus mit einem Eis. Mea culpa, ich war noch in Gedanken beim vorherigen Gang. Aber mit diesem Happs war es dann auch möglich, sich auf die beiden Desserts zu konzentrieren. Es ging los mit Gang 6.
Olivenöl und Blaubeeren mit Buchweizen und Ziegenmilch, so verkündete es die Karte für den Gang. Die Aromen fanden sich dann auch wieder im Dessert, prägnant war die Olive vertreten, ein schöner Kontrast zu den Beeren. Mit dem nächsten Gang schloss Tom Elstermeyer den siebenteiligen Rundgang durch seine Aromenwelt ab.
Bergamotten-Eiscreme mit Keksmilch, Johannisbeere und Schokolade mutete dann schon sehr klassisch an. Crumble, Süßes, Saures und Cremigkiet vereinte die Küche hier zu einem klassisch guten Dessert. Dann waren wir durch mit einem Menü auf einem faszinierend hohen Niveau. Ich war wirklich zufrieden als ich bei ein paar Petit fous (ohne Foto) und einem Espresso das Menü noch mal Revue passieren ließ.
Durch das Menü begleiteten uns 4 am Tisch die folgenden Weine. Mehr oder weniger kreuz und quer durch das Menü verkostet und ausgetrunken.
Weingut Leiner, Pfalz, Riesling, Setzer Göcklingen
Weingut Geil, Pfalz, Bechtheimer Weißburgunder S 2020
Weingut Judith Beck, Burgenland, Zweigelt 2017. Alle Weine unter 45 Euro die Flasche und überraschend überzeugend.
Ebenso überzeugend agierte der Service über den ganzen Abend. Unter der Leitung von Inga (immer noch wird konsequent auf Nachnamen verzichtet) leistete sich keine Aussetzer. Ein bisschen muss man mit der unkonventionellen Art hier im IKO klar kommen. Die direkte Art der Ansprache wird nicht allen Besuchern von fine dining Restaurants gefallen, ich habe aber damit keine Probleme. Ein anderer Kritikpunkt meiner Rezension von Ende 2018 hat sich erledigt, zwar wird immer noch Besteck aus Haushaltsauflösungen verwendet, aber zumindest wird bei Wunsch vor jedem Gang neu eingedeckt.
Kann ich also zum Fazit kommen. Was Tom Elstermeyer und sein Team hier dem Genießer bieten, ist schon auf einem beeindruckend hohen und sehr kreativen Niveau. Blickt man in die weitere Umgebung, und vergleicht andere besternte Küchen mit dem IKO, dann ist es etwas verwunderlich, dass man nicht schon höhere Ehren vergeben hat beim Guide Michelin. Vielleicht ist das Drumherum um die Küche doch noch etwas zu unkonventionell für die Prüfer. Mir aber gefällt es hier sehr. Das IKO bleibt weiterhin sehr weit oben in meiner regionalen Rangliste.