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Schaut man in Google, heißt es da bei den Michelin-Testern 2018 „Sie mögen regionale Küche und auch asiatische Einflüsse hier und da? Die aus frischen, guten Produkten zubereiteten Gerichte nennen sich z. B. "Perlhuhnbrust mit Currynudeln und Kräutern" oder "Skrei auf Rote-Bete-Risotto mit Meerrettichschaum". Wirklich schön das gemütlich-elegante Ambiente und der Garten!“ und „Hoher Standard - unsere schönsten Adressen.“ Den Bib-Gourmand hat er auch, der Adler, aber da heißt ja nur, dass dort ein Drei-Gang-Menu für 37,-Euro zu haben ist. Also mal immer schön langsam mit die junge Pferde - sagt mir mein Inneres GG-Ich, zumal „keine Hunde, keine Kreditkarten“ sowie Google-Rezis wie "Exzellente Küche knapp unter Sterneniveau, guter Service." oder "Das Essen und der Service ist erste Sahne." sich mir schon des Öfteren als preisbedingte Kunden-Selbstrechtfertigung eines Schickimicki Restaurantbesuchs erwiesen hatten – ein paar Blüten auf dem Teller machen noch keine gute Küche. Doch selbst isst der Mann – erst dann kann ich auch mein Urteil über den Landgasthof Adler in Deuchelried, einem Ortsteil von Wangen im Allgäu fällen.
Wie befinden uns hier in einer der touristischen Ecken Deutschlands – das früher, d.h. bis 1972 eigenständige Dorf Deuchelried ist blitzsauber. Entlang der Dorfstraße sind die Gehöfte wie an einer Perlenkette – rund um den Kirchplatz befinden sich dann der Gasthof Hirsch und der Landgasthof Adler. Direkt neben diesen eine als Parkplatz gepflasterte Freifläche, die kurz vor 18:00 noch leer ist und mir an anderen Pflastersteinen erkennbar die Wahl der Qual eines Stellplatzes abnimmt.
Der Eingangsflur ist der typische mit braun-hellbraunen Kalksteinfliesen und Kacheln ausgelegte Eingangsbereich eines Schankgasthauses der Fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts- Am Ende ist sogar noch die frühere Durchreiche für die Abholer - da biegt der Gang nach rechts ab, links eine EIngangstür, hinter der ich Stimmen höre - und ich trete in eine komplett andere Welt- die eines noblen, großstädtischen Hotelrestaurants - eine durchdesignte aber doch hier richtig platziert empfundene Atmosphäre der Gastlichkeit - Weiß, Weiß nochmals weiß - sparsame braune Holzstöne der Stühle und Lampenschirme, viel silberne Dekostücke - passend zur Zeit (Oster)hasen - sehr gepflegt. Die beiden Damen vom Service, eine die Inhaberin Frau Ann-Kathrin Zöller und eine Mitarbeiterin in sehr schlichter aber eleganter wie praktischer Bluse und Hose begrüßen mich freundlich und zeigen mir in zwei Bereichen das Platzangebot für mich als Einzelperson. Ich suche mir einen Platz an einem Vierertisch am Fenster, der für zwei Personen eingedeckt ist. Gläser Besteck, weiße Stoffservietten - ein großes Glas mit einer einzelnen Rose, ein Kerzenständer mit einer weißen Kerze - stilvoll passend,
Der frühere Thekenbereich des Gasthausess ist vermutlich nach vorne zur Gaststube offen bzw. in den Gang zur Küche umgestellt und als Pass zu einem aktiven Arbeitsbereich für den Service geworden. Ich nehme den mir gezeigten Platz an einem Vierertisch am Fenster. In den Fensternischen sind große stilvolle Tischlampen dekoriert und geben neben dem zentralen Deckenlicht eine angenehme Wohlfühlatmosphäre. Frau Zöller bringt mir die aufgeschlagene Karte sowie eine Weinkarte. Die Speisekarte - im Wesentlichen zwei Seiten – wobei eine bereits für Vorspeisen bis Hauptgerichte reicht - während auf der ersten Seite ein wenn ich mich recht erinnere, u.a. ein Viergang-Menu zu 58,-€ präsentiert wird. Doch mich reizen die auf einer Tafel am Übergang zu einem leicht anders gestalteten Gastraum angebotenen Miesmuscheln im Kräutersud zu 12;-€ wie auch der Wildhasenrücken mit Kartoffel-Sellerie-Püree, Gemüsen und Pfifferlingen zu 23,80€ - während mir in der Karte bereits bei Rinderbäckchen mit gleicher Begleitung zu 22,80 wie der Wildhase oder eine gefüllte Wachtel das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen und den Appetit steigern.
Ich habe hinreichend Zeit mich zu entscheiden – das Menu ist mir in jedem Fall für den Abend einfach zu viel, Miesmuscheln müssen sein, und dann reizt mich zwar das Wild, aber da kommt es sehr auf die Qualität des Tieres an – war der Hase zu alt, kann der beste Koch daran nichts verbessern – die Wachtel naja, kommt darauf an, wie gezüchtet – aber die Leistung des Kochs kann ich am leichtesten bei den Rinderbäckchen beurteilen – so werden die Muscheln Vorspeise und die Backen der Hauptgang. Dazu gönne ich mir einen offenen Pfälzer Riesling von Pfaffmann – bodenständig und einfach, dazu noch ein Wasser medium – San Pellegrino wird dann serviert.
Vor den Getränken kommt ein Körbchen mit zweierlei Baguette und als Aufstrich dreierlei: Butter, eine Paprikafrischkäsecreme und Griebenschmalz. Gut, Schmalz ist eigentlich nicht so meins – aber dieses Griebenschmalz – ich kann nicht davon lassen, so würzig griebig hab ich bislang selten Schmalz bekommen – zusammen mit dem etwas dunkleren Brot, würde bei uns Kornstange heißen – das leicht warm ist oooh – einfach gut, dass man Kalorien international als Einheit abgeschafft hat! Nur etwas noch von der Paprikacreme –aber die Butter brauch ich nicht. Es wird Löffel und Gabel für die Miesmuscheln aufgedeckt und dann bringt mir sogar noch Brot nach, genial!
Gerade so habe ich meine Schmalzorgie beendet, einen Schluck vom angenehmen Riesling probiert, wird mir als Gruß aus der Küche eine kleine Tasse „orientalische Maissuppe“ gebracht. In der Gemüsebrühe finden sich ein paar Zuckermaiskörner, die Suppe ist ganz leicht sämig, hat eine leichte Note von vermutlich Ras el hanout – gibt eine angenehme Schärfe. Dazu auf einem Spieß eine gebratene Garnele. An sich nichts weltbewegendes, aber wie das Süppchen gemacht ist, zeigt Liebe zum Kochen.
Wenige Minuten später kommt die Schüssel mit den Miesmuscheln. Bereits der Anblick zeigt gute Ware, die hier auf den Tisch kommt – leckere Größe der Tierchen, sie schmecken fantastisch, die Portionsgröße ist fürs Abendbrot okay. Die Gemüsebrühe in der die Muscheln gekocht wurden, bildet eine gute Basis wurde mit Curry abgeschmeckt und würde als Suppe die Einzelportion abrunden.
Ich bitte um etwas Zeit bis zum Hauptgang – der Riesling vergnügt, SP löscht den Durst und es stellt sich ein wohliges Gefühl ein, die richtige Wahl getroffen zu haben. Beinahe schon zu früh kommt dann der Teller mit zwei schönen Scheiben vom Rinderbäckchen auf einem Bett des Kartoffelsellerie-Pürees, dazu in feine Würfel von etwas über einem halben cm Kantenlänge geschnitten und jeweils unterschiedlich im Gargrad Karotte, Kohlrabi, Zucchini, und ich meine eine Wurzel evtl. Pastinake zumindest nicht so stark wie Sellerie zu schmecken. Weiter sind Zwiebel, Frühlingszwiebeln und kleine frische Pfifferlinge angebraten – und kleine Koriander--Blätter. Die dunkle, gehaltvolle Rotweinsauce mit dem wirklich fein abgestimmten Kartoffel-Sellerie-püree, bei dem der Sellerieanteil wirklich hoch, aber sehr gekonnt eingesetzt wird. Die Konsistenz der quer zur Faser geschnittenen Rinderbäckchen ist butterzart, schmelzen auf der Zunge, füllen den Gaumen mit vollem Fleisch-Rotwein-Aromen, die vom Püree aufgesogen werden und abklingen. Eine gute Komposition – feine Küche. Sicher weg von Sternen, aber wunderbar real, von dem sich mancher Fernseh-Sterneträger sowohl an Küche wie auch Service sogar ein Beispiel nehmen könnte.
Eigentlich wohlgesättigt denke ich an den selbstlosen Einsatz von Borgfelder, der gnadenlos gegen sich selbst Zehngang-Menüs opfert – was sollen da schon zwei Gänge – also frage ich nach einem Dessert. Man bringt mir die Dessertkarte, von der mich die wie ich vermute aromen-reichste anlacht – Ziegenfrischkäse mit gepfeffertem Rhabarber und Basilikum 8,- €. Auch hier wie schon zu Beginn – es ist nichts weltbewegend Aufregendes, nur eine fantastische Kombination von unterschiedlichen Konsistenzen, Aromen und einfach ein Genuss. Ein fantastischer Abschluss