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Auch in den Folgejahren ist kein großer Handwerker aus mir geworden, auch wenn mir diverse Studentenjobs in dieser Hinsicht durchaus zuträglich waren. Aber jedem das Seine. Die Karlsruher „Werkbank“ hatte ich schon seit einiger Zeit auf meiner kulinarischen Agenda. Aber es war letztlich die Empfehlung von Küchenchef Marc Wendel aus der Kapeller Hopfestubb (Kapellen-Drusweiler), die uns an einem Donnerstagabend Ende August dort erstmals einkehren ließ.
Übrigens, in diesem Eck der Fächerstadt war ich vorher noch nie. Ein hübsches, von alter Bausubstanz dominiertes Wohnviertel mit grünen Einsprengseln erwartete uns als wir nach kurzer Fahrt mit der Straßenbahn an der Haltestelle Gottesauer Platz ausstiegen und die letzten 500 m zu Fuß absolvierten.
Als wir an diesem lauen Sommerabend nach unserer Einkehr wohlgesättigt auf zwei E-Rollern in Richtung Südstadt bretterten - dort hatte ich mein Auto geparkt – war ich seit langem mal wieder mit der von Baustellen übersäten, zweitgrößten Stadt Baden-Württembergs im Reinen. Dass dies natürlich auch auf unseren Besuch der Werkbank zurückzuführen war, lag auf der Hand bzw. vorher auf dem Teller.
Die Werkbank bereichert seit rund fünf Jahren mit frisch zubereiteter Hausmannskost die Karlsruher Gastroszene. Unter dem Motto „Einfach. Ehrlich. Köstlich.“ stehen Inhaber und Küchenchef Egemen Dogan (früher Chefkoch im „La Vie“ in Rulands Thermenhotel in Bad Herrenalb) zusammen mit seinem Team für eine schnörkellose, gerne auch saisonal inspirierte deutsche Küche. Ein bewusst reduziert gehaltenes Speiseprogramm lässt auf viel Haus- und Handgemachtes schließen.
Wir hatten an diesem Donnerstagabend vorsorglich reserviert. Die Möglichkeit, das Essen unter freiem Himmel einzunehmen, schlugen wir aus. Da gefiel es uns im Inneren des Lokals doch wesentlich besser als draußen auf dem Trottoir. Bevor das Team der Werkbank hier Einzug hielt wurde im Erdgeschoss des stattlichen Klinkerbaus in der Veilchenstraße Ecke Essenweinstraße angeblich griechisch gekocht.
Außenansicht
Davon war natürlich im Gastraum nichts zu mehr merken.
Eingangsbereich
Der in L-förmigem Grundriss geschnittene Ort der Speisung war geschmackvoll eingerichtet. Zwei alte, wieder in Schuss gebrachte Werkbänke fielen uns sofort ins Auge. Mit etwas erhöhten Barstühlen ausgestattet, wurden auch sie als zünftige Tafeln für die Verköstigung genutzt. Das Rätsel um den Namen des Restaurants war damit gelöst. Aber auch sonst dominierte hölzerne Rustikalität bei der Einrichtung.
Blick zum Tresen
Die aus großen Rundsieben gebastelten Wandleuchten sorgten für kulinarische Goldgräberstimmung. Einzig die mit quadratischen Paneelen verkleidete – wahrscheinlich abgehängte – Decke erinnerte mich doch arg an die Zahnarztpraxis meines Vertrauens. Ein Einrichtungsmakel, der bald beseitigt werden soll, wie mir die überaus freundlich agierende Bedienung versicherte.
Der Gastraum
Sie versorgte uns umgehend mit den Speisekarten und auch die obligatorische Flasche Mineralwasser (0,75l für städtische 6 Euro) – diesmal hieß die Marke „Selters“ – sprudelte zeitnah und recht „classic“ auf unserem Tisch. Ein helles Halbes aus bayrischen Landen (3,80 Euro) sollte später noch folgen.
Die beiden in Weiß (Essen) und Schwarz (Getränke) gehaltenen Karten waren rasch durchstöbert. Lachstatar, Ziegenkäse und gemischter Salat – Letzterer war in zwei Größen erhältlich – bestimmten das Vorspeisenprogramm. Vier vegetarische Gerichte, darunter Herzerwärmendes wie hausgemachte Käsespätzle, Rösti oder Maultaschen, ließen meine gerne auf Fleisch verzichtende Gattin aufhorchen. Eine Seite weiter machten mir fünf verschiedene Fleischspeisen die Entscheidung schwer.
„I beg your pardon“, aber an diesem Abend war es nicht der für faire 28,90 Euro angebotene „Roast-Braden“ vom heimischen Rinderfilet (mit Spätzle und Röstzwiebeln), der mich in den Karnivorenolymp hieven sollte. Auch der gesottene Kalbstafelspitz mit Meerrettich, grünem Apfel und Bouillonkartoffeln war dazu – meiner Ansicht nach – nicht in der Lage. Mit gebratener Kalbsleber konnte ich noch nie viel anfangen. Und die hausgemachten Fleischküchle mit Kartoffelstampf und Pommery-Senfsauce klangen zwar äußerst verlockend, verloren aber letztendlich im Eins-zu-Eins-Duell gegen das „Werkbankschnitzel“ (21,80 Euro).
Bei diesem handelte es sich um ein dünngeklopftes Wiener Original vom Kalbsrücken. Die Pommes-Beilage wurde problemlos durch Spätzle ersetzt. Eine Extraportion Rahmsoße (3 Euro) wurde noch hinzugeordert. Der Süffigkeit musste schließlich Genüge getan werden. Im Schnitzel-Preis inkludiert war noch ein kleiner Beilagensalat.
Meine Frau hatte sich da schon längst für die Käsespätzle mit Zwiebeln und Bergkäse (8,60 Euro) entschieden. Und zwar im aller badischsten Sinne. Einen kleinen gemischten Salat (4,50 Euro) hängte sie in frischer Absicht noch dran.
Ein Blick zur Theke erklärte mir dann auch den Zusammenhang zum anfangs erwähnten Pfälzer Küchenchef und Winzer Marc Wendel. Neben den in der Standardkarte angebotenen Kreszenzen aus dem Kraichgau, der Pfalz und dem Markgräflerland, waren es ein paar Weinempfehlungen aus Kapellen-Drusweiler – ein trockener Regent aus dem Barrique und ein grüner Silvaner –, die hier von zwei Tafeln grüßten und glasweise auf ihre Entdecker warteten. In Wendel Veritas! Mit diesem Weingut hätte ich in der Karlsruher Oststadt nicht unbedingt gerechnet.
Ausschankbereich
Schon die Art und Weise wie der Kraut- und Rübensalat geraspelt war, ließ keinerlei Convenience-Verdacht aufkommen. Auch das feinsäuerliche Dressing unserer Beilagensalate war geschmacklich gelungen und machte aus dem frischen Blattwerk eine einfache, aber delikate Angelegenheit.
so geht frischer Beilagensalat!
Ein guter Einstieg, der dem ersten Hunger knackig die Stirn bot. So konnte es gerne weitergehen.
....oder so!
Und wie es weiterging. Aus dramaturgischen Gründen sei zuerst der schlonzige Käsespätzle-Hügel meiner Frau erwähnt. Würzige Bergkäseraspel verdeckten die zarte Schmelzzwiebelhaube. Optisch war das zwar ein Stückweit entfernt von den Kasnocken „from Austria“ – da knusperten die kross gebratenen Zwiebelringe förmlich um die Wette – aber geschmacklich konnten sie mit den fluffigen Knöpfle aus unserem letzten Urlaub in Saalfelden durchaus mithalten. Und selbstverständlich waren sie hausgemacht.
Die Käsespätzle
Zeitgleich zu den servierten Spätzle, duftete mir mein mega-dünn geklopfter Kalbsteppich über den Tellerrand hinaus entgegen.
Die eine Hälfte des Wieners
Außen runzlig-krosses, innen welliges „Impaniergehabe“ und eine angenehme Würze waren weitere positive Eigenschaften dieses im Schmetterlingsschnitt zubereiteten Monolithen mitteleuropäischer Esskultur.
Das Werkbankschnitzel in Gänze
Allein dem Geruch nach elegisch gebuttertem Brötchenknusper aus rasch ausgewischter Eisenpfanne konnte ich mich nur schwer entziehen. Der in alter Figlmüller-Tradition sanft ausgeklopfte und deshalb herrlich mürbe Kalbsrücken schmolz förmlich auf der Zunge.
Schnitzel-Querschnitt 1
Selten habe ich ein besser zubereitetes Exemplar dieses Klassikers genießen dürfen.
Schnitzel-Querschnitt 2
Der begleitenden Preiselbeersauce hätte es gar nicht bedurft. Die beiden Zitronenschnitze waren mir indessen sehr willkommene Auffrischer. Und die 3 Euro extra für die schmackhafte Rahmsauce dankten mir nicht nur die à part gereichten Spätzle, sondern auch meine Frau, die gerne davon naschte.
Die Beilagenspätzle (ohne Käse)
Fazit:
Die Werkbank wird ihrem kulinarischen Motto in vollem Umfang gerecht. Die von uns genossenen Gerichte waren zwar einfach, aber handwerklich ehrlich zubereitet. Dass sie uns köstlich schmeckten muss an dieser Stelle gar nicht mehr hervorgehoben werden. Die verwendeten Zutaten erfuhren in Egemen Dogans Küche nicht nur eine sorgfältige Behandlung, sondern waren auch von beachtlicher Qualität. Mehr geht bei gutbürgerlicher Deutschkost eigentlich kaum. Weniger leider noch immer zu häufig. Empfehlung? Sieht jedenfalls ganz danach aus…