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Die Wahl fiel letztendlich auf ein Restaurant, welches vom Namen her eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein und Anspruch in den Raum wirft. "Heldenplatz" tauften die Besitzer ihr Restaurant an der nördlichen Grenze der Speicherstadt, nicht weit entfernt von der Deichtorhalle. Mit Spannung freute ich mich also darauf zu erfahren, ob hier denn wirklich auch etwas "Heldenhaftes" geboten wird.
Außenansicht
Wie so häufig in großen Metropolen präsentiert sich auch dieses Restaurant von außen noch recht unscheinbar und wird wohl leicht übersehen. Nach Durchschreiten der Eingangstür und eines großen Vorhangs, der die kalte Hamburger Abendluft gut draußen hält, zeigt sich auf den ersten Blick zunächst auch ein eher unauffälliges Interieur ohne auffälligen Eye-Catcher. Doch schon nach den ersten Minuten am Platz erschließt sich das gelungene Interieur und die Atmosphäre.
Interieur
Interieur
Die weiter nach in die Tiefe als in die Breite laufende Raumform hat man derart genutzt, dass sich die Plätze an langen Sofareihen angliedern, die sich jeweils an den Wänden befinden.
Die in roten Samt gekleideten Sitzmöglichkeiten bieten dabei einen auch über mehrere Stunden anhaltenden, bequemen Sitzkomfort.
Zu dieser entspannten Atmosphäre trägt auch die indirekte, warme Beleuchtung bei während die Wände durch verschiedene Bildern mit etwas Farbe versehen wird.
Auch wenn unser Zweiertisch vielleicht ein wenig zu klein war, änderte das nichts daran, dass wir uns über den gesamten Abend hinweg in einer angenehmen Atmosphäre wähnen konnten.
Um das Wohl der Gäste kümmerten sich an diesem Abend zwei Damen und ein älterer Herr die sich abwechselnd auch um uns persönlich kümmerten.
Bereits nach Eintritt wurden wir umgehend am Empfang begrüßt und nach Kontrolle der erfüllten 2G-Voraussetzungen konnte auch im gesamten Restaurant auf die Masken verzichtet werden.
Die erste positive Besonderheit wurde uns bereits bei der Getränkenachfrage offenbart. So bietet man im „Heldenplatz“ eine „Wasser-Flatrate“ an, bei der für 4€ pro Person unbegrenzt Wasser nachgeschenkt wird. Gerade für gute „Wassertrinker“ wie mich und meine Begleitung wären wir sonst bei zwei großen Wasserflaschen gelandet, die uns sicher mehr gekostet hätten.
Über den gesamten Abend hinweg agierte das Trio dabei auch stets aufmerksam, sodass unsere Wassergläser nie leerliefen. Zudem konnten sie mit unaufdringlicher Freundlichkeit und vor allem Offenheit für kulinarischen Plausch und Austausch glänzen.
Sehr positiv sei auch die Flexibilität und Gastfreundlichkeit gegenüber meiner individuellen Änderung des von mir gewählten Menüs zu erwähnen (dazu im nächsten Abschnitt mehr).
"Casual Fine Dining" ist natürlich ein inflationär genutzter Begriff in der Gastronomie der vergangenen Jahre geworden. Doch leider finde ich wahrlich kein besseres Wort, um die kulinarische Ausrichtung und auch Struktur der Speisekarte zu umschreiben. Eine Reduzierung auf 3 Vorspeisen und 2 Zwischengänge, 2 Hauptgänge und ebenfalls 2 Desserts entspricht schon einmal dem erhofften Fokus auf wenige, aber dafür qualitativ hochwertige und auserprobte Gerichte. Absolut glaubhaft steht da die Aussage, dass hier natürlich jede Komponente komplett selbstgemacht ist. Zudem wird natürlich die Möglichkeit eines Menüs in unterschiedlichem Umfang gewährt. So sollte es für uns jeweils ein Menü mit 4 Stationen sein, welches für 69 € zu erhalten war.
Sehr habe ich mich persönlich darüber gefreut, dass mir der individuelle Wunsch gewährt wurde, noch eine weitere, mich brennend interessierende Vorspeise genießen zu dürfen und dafür auf das Dessert zu verzichten. In der Karte stand eine solche Option nämlich nicht. Erstaunlicherweise wurde mein 4-Gang-Menü dadurch sogar um 7 € günstiger, obwohl das Dessert a la carte 3 weniger kostete als der von mir gewünschte Zwischengang. Ein weiterer Pluspunkt für die Gastfreundlichkeit.
Der kulinarische Auftakt kam in Form eines hausgemachten Brotes mit einem Kräuterschmand an unseren Tisch.
Hausgemachtes Brot und Kräuterschmand
Das Brot war schön warm, was auch der klugen Servierform auf warmen Steinen zu verdanken war. Rösche Kruste traf auf eine saftige, vielleicht ein kleines bisschen kompaktere Krume, was aber trotzdem insgesamt ein sehr schmackhaftes Backwerk ergab.
Auch der Schmand überzeugte mit angenehm luftiger Konsistenz und Frische und trumpfte geschmacklich mit einem tollen Aroma-Bouquet von Basilikum, Kerbel, Petersilie und Estragon auf. Diese Kräuter wurden sogar selbst in den Schaufenstern des Restaurants angepflanzt.
Nun kam die, soviel kann ich schon vorwegnehmen, einzige „negative“ Überraschung des Menüs. Aus uns nicht bekannten Gründen gab es zur Zeit unseres Besuches weder ein Amuse Gueule, noch die Süßen Abschlussgrüße der Petit Fours. Das hatten wir in einem Restaurant dieser Kategorie nicht erwartet, aber sollte für uns auch kein Grund für schlechte Stimmung der „Enttäuschung“ sein. Viel größer war doch die Vorfreude auf die Gänge des Menüs und dies sollte ja auch nicht unbegründet sein.
Somit ging es also direkt mit der ersten Vorspeise rund um den Kürbis los.
Kürbis - Tartelette: Kürbiskerne / Quitte / Chicorée (bitte anklichen für volle Bildgröße)
Schon dieser erste Gang offenbarte das gute Gespür der Küche, den Gaumen mit verschiedensten Texturen und Geschmacksrichtungen in gutem Verhältnis zu erfreuen.
So fand sich der Kürbis in jeweils aromatischen Formen als Creme, angenehm bissfest gegarte Röllchen und Scheibchen, sowie Kernen für den Crunch. Auch die lockeren und trotzdem schnittfesten Flans waren dabei eine tolle Darreichungsform. Die natürliche Süße des Kürbisses lockerte man mit einem etwas säuerlichen Quittengelee ebenso gekonnt auf, wie der knackige Chicorée dem Ganzen mit seinem bitteren Charakter eine weitere Ebene hinzufügte.
Waren die Bestandteile für sich schon handwerklich sehr gut, so stellte sich vor allem bei Genuss vieler Komponenten der runde Wohlgeschmack ein.
Genau aus diesem Grund war das Tartelette auch das Highlight dieses Auftakts. Hier fanden sich in knuspriger Hülle und auf einem feinen Kürbischutney die erwähnten Komponenten noch einmal im Mund zusammen und gingen in einem perfekten Arrangement auf.
Schön dieser Einstieg machte also absolut Lust auf mehr.
Im folgenden Zwischengang stand dann eine Artischockencremesuppe im Vordergrund, die zu einer Einlage aus einer Garnele, Zitronenzeste und Creme vom Zitronenalbedo, sowie Estragon angegossen wurde.
Einlage zur Artischockencremésuppe aus Garnele / Zitrus / Estragon
Artischockencremésuppe: Garnele / Zitrus / Estragon
Erneut bewies das Küchenteam zunächst ihr handwerklichen Können. Die Suppe war nicht nur wohl temperiert, sondern auch perfekt sämig und schaumig. Die knackige Garnele stand dieser sehr guten Zubereitungsqualität mit Knackigkeit und Saftigkeit ebenso in nichts nach.
Auch geschmacklich überzeugte erneut das Gesamtkonzept des Gerichts. Die aromatische Suppe war aromatisch, aber keineswegs zu herb. So blieb auch der Garnele genug Raum, um mit ihrem Eigengeschmack zu glänzen.
Für den im Gedächtnis bleibenden Kniff sorgte aber die Zitronenzeste bzw. Creme von dessen Albedo. Als diese zusammen mit der Suppe auf den Löffel fanden, ergab sich durch die zu starke Säure-Spitze ein erfrischender Schub und damit ein weiteres Highlight auch in diesem Gang
Nun gab es für mich den Zwischengang, für den ich auf das Dessert verzichtet hatte und ich sollte diese Wahl nicht bereuen, denn als Pilzliebhaber musste ich einfach das „Pilzküchlein“ mit Kräuterseitlingen und Parmesan verköstigen.
Pilzküchlein: Kräuterseitlinge / Parmesan
Das Küchlein bestand dabei aus mit Pilzen versehenen Hefeteig und wurde dieser geschmacklichen Erwartung bereits absolut gerecht. Auch die Konsistenz war mit ihrem weich-fluffigen und saftigen Charakter genau richtig gewählt, um somit die Parmesan-Sauce aufzusaugen. Dieser verstärkte die Betonung der Umami-Geschmacksrichtung in diesem Gang nämlich zusätzlich. Insgesamt erinnerte das ein wenig an ein eingeweichtes Brötchen, dass aber trotzdem nicht zu undefinierbarem Brei in sich zusammenfiel
Geschmacklich kam dabei auch der Parmesansauce wieder eine genau richtig akzentuierte Besonderheit bei. Etwas Limette verlieh ihr eine Säure, die auch diesen Umami-Gang gekonnt auffrischte.
Perfekt abgerundet wurde der Gang schlussendlich durch die gebratenen Kräuterseitlinge: mit seinem schönen Biss und der fleischigen Konsistenz schon von der Textur her eine perfekte Ergänzung zum Küchlein waren und auch aromatisch mit leichtem Röstaroma eine tragende Rolle einnahmen. Kein Dessert hätte diesen herzhaften und dabei doch komplett vegetarischen Genuss ersetzen sollen. ;-)
Im Fokus des nun mein persönliches Menü abschließenden Hauptganges stand eine Brust vom Miéral Schwarzfederhuhn.
Miéral Schwarzfederhuhn: Bete / Spitzkohl / Jus (bitte anklichen für volle Bildgröße)
Nach der Leistung in den bisherigen Gängen überraschte deren perfekte Zubereitung wahrlich nicht mehr. Saftig und zart ließ man ihr sogar einen noch leicht rosa Kern, wie man es sich bei Fleisch solcher Qualität absolut erlauben kann.
Der sautierte Spitzkohl lieferte ebenfalls die gewünschte Knackigkeit und auch ein Hühnerhautchip sorgte für einen passenden Crunch in diesem Hauptgang.
Mit kräftigen Geschmack umschmiegte das die hervorragende Sauce, die mit leicht klebriger Konsistenz auch aromatisch glänzte und damit das naturgemäß weniger kernige Geflügel trefflich hob.
Zuletzt zeigte sich Dank des rote Bete Pürees aber auch in diesem Gang wieder die für mich hängenbleibende, geschmackliche Überraschung. So fügte die geschmeidgie, sehr aromatische Creme mit seinem erdigen Geschmack noch eine weitere passende Aromenebene hinzu, die das Gericht zu etwas noch besonderem machte.
Nicht unerwähnt soll aber auch das Dessert sein, welches das Menü meiner Begleitung abschließen sollte. Dieses stand unter der Überschrift „Nougat“ ganz im Sinne der Verbindung von Schokolade und Nuss.
Nougat: Schokolade / Haselnuss (bitte anklichen für volle Bildgröße)
Wie mir meine Begleitung berichtete, gefielen bereits das kühlende Nougat-Parfait und eine luftige Nougatcreme mit feinem Geschmack, aber keineswegs zu starker Süße.
Die Schokolade fand sich in Form eines kleinen Brownies, der saftig aber keineswegs zu mächtig daherkam, sowie als Tupfer von Schokoladen-Ganache wieder, welche ebenfalls nicht zu schwer wog.
Mit Crunch und nussigem Aroma rundeten die gerösteten Haselnüsse auch diesen süßen Gang perfekt ab und bildeten somit ein Traum für jeden Schoko-Nuss-Liebhaber. Auch wenn sich der besondere Touch aus den herzhaften Gängen in diesem durchweg klassischen Bild dieses Mal nicht wiederfand, war doch auch das nicht nur handwerklich ein mehr als gelungener Abschluss.
So schließt sich also der Kreis dieser Rezension und ich kann abschließend für mich persönlich bewerten, ob sich das Restaurant seinen Namen "Heldenplatz" also tatkräftig verdient hat?
Das Ambiente präsentiert sich wie gesagt unauffällig, aber trotzdem bzw. gerade dadurch sehr angenehm und gemütlich, sodass auch über Stunden Entspannung aufrechterhalten werden kann.
Die "Helden" aus der Servicemannschaft wurden diesem Anspruch mit Freundlichkeit, Aufmerksamkeit und Offenheit für kulinarischen Austausch ebenfalls vollstens gerecht. Gastfreundlichkeit offenbarte sich hier auch im Umgang mit meinem individuellen Änderungswunsch und der für mich tollen „Wasser-Flatrate“
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Aber vor allem die kulinarische Leistung kann ebenfalls als nicht minder heldenhaft bezeichnet werden. Die Küchenbrigade spielte sich dabei tatsächlich mit jedem der 4 herzhaften Gänge dadurch in mein Gedächtnis, dass einerseits stets ein ausgewogenes Gesamtbild erzielt wurde, welches aber jedes Mal auch einen besonderen bzw. überraschenden Kniff enthielt: vom Tartelette beim Kürbisgang über die Zitrone bei der Artischockensuppe, gefolgt von der leichten Säure bei der Parmesansauce zum aromatischen rote Bete Püree beim krönenden Hauptgang.
Die Frische der Zutaten und das absolut gekonnte Handwerk bei allen durchgehend selbst zubereiteten Komponenten stand dabei sowieso nie zur Debatte.
So ist es am Ende also tatsächlich nur das überraschenderweise fehlende Amuse bzw. der Verzicht auf süße Grüße zum Abschluss, deren Grund sich uns nicht erschloss, die den kleinen halben Stern fallen lassen.
Seinen Preis war dieser Abend aber, vor allem auch angesichts der Wasser-Flatrate, mehr als wert und jedem kulinarisch begeisterten Mensch sei eine Einkehr bei diesen Helden in der Nähe der Speicherstadt und des Hamburger Zentrums definitiv empfohlen.