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GastroGuide-User: Carsten1972
Carsten1972 hat Restaurant Friedrich in 49078 Osnabrück bewertet.
vor 3 Jahren
"Evolution (zu den Sternen!?)"

Geschrieben am 07.11.2021 | Aktualisiert am 07.11.2021
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Besucht am 05.11.2021 Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Ich hatte es ja schon verkündet hier bei GG, dass Friedrich ist nach sehr langer Schließung im und nach dem zweiten Lockdown wieder geöffnet. Die traditionelle Gliederung ist wieder restauriert. Im Furittsu werden weiterhin japanische Reisrollen auf hohem Niveau gerollt und tagsüber geht das Fritz Daily mit der angegliederten Vinothek wieder seiner Bestimmung nach, hungrige Osnabrücker über den Tag mit einer kleinen Karte zu verköstigen und mit Wein zu versorgen, Abends ist es wieder geschlossen. Im letzten Jahr kurz vor dem Lockdown hatte dort unsere abendliche Weinauswahl für die Weihnachtspräsente meines Arbeitgebers statt gefunden, weil das Friedrich noch im Umbau war. Frau Duesmann hatte aber schon damals weitere (Fort)Entwicklungen angekündigt. Die ließen dann länger auf sich warten, als wirklich alle dachten (der Arbeitskräfte Mangel zeigt hier seine Auswirkungen). Nun aber war es soweit, man hat wieder geöffnet und als treue Kunden von Gina Duesmann in Sachen Wein fuhr eine gut gelaunte Auswahl-Kommission von Bentheim und Rheine per Bahn nach Osnabrück, um die 2021 Präsent Weine auszuwählen. Das wird dann immer mit einem Essen aus der Küche von Lars Keiling verbunden. Gutes mit Bestem zu veredeln ist ein Garant für einen schönen Abend.

Nach einem kurzen Spaziergang vom Altstadt Bahnhof zur Lotter Straße 99 stand ich also das erste Mal seit dem Februar 2019 wieder vor der Tür des Restaurant Friedrich. Die beiden Damen unserer vierköpfigen Gruppe traten ein und Gina Duesmann begrüßte uns auf Herzlichste. Es wurde ordentlich umgebaut im Innenraum, und wie im Keilings in Bad Bentheim liegt nun wieder rechter Hand der fine dining Bereich des Friedrich und links das Bistro mit der etwas einfacheren Küche. Für unsere Auswahl Abende buchen wir immer einen Tisch im legereren Bistrobereich, denn mit dem dem, was anstand, würden wir im Fine Ding Bereich doch stören.

Bevor wir Platz nahmen, schaute ich verwundert in ein bekanntes Gesicht. Katy Rümmler Stolle war wieder mit Gina und Lars vereint. Nach einem Intermezzo in Halle/ Saale war sie zurück gekehrt. Jetzt fühlte ich mich zu Hause! Die beiden hatten zu Bentheimer Zeiten mit Lars Keiling und einem weiteren Koch ein zwei Sterne Restaurant zu viert gewuppt. Ein wirklich wunderschönes Wiedersehen. Auf dem Weg zum Tisch wurde dann auch die Neugier unserer Nebentische befriedigt, was es mit der Armada an Gläsern auf sich hatte. Gina Duesmann hatte eine Auswahl von ca. 10 Weinen weiß und rot und immer trocken getroffen, aus denen wir dann die finalen Zwei auswählen würden, die mein Arbeitgeber dann an seine Kunden und Geschäftspartner versenden würde. Eine außerordentliche Verantwortung lag also auf den 4 Schulterpaaren an unserem Tisch. Im Bistrobereich bietet Lars Keiling zwei Vorschlagsmenüs an, deren Bestandteile sich auch a la Carte ordern lassen. Meine hier beschriebene Wahl wird das von mir georderte Fünfgang-Menü Modern sein. Die Weinprobe startete mit dem ersten Küchengruß.

Ein schmackhaftes Baguette kam an den Tisch, begleitet von einer Kräutermousse aus Frischkäse. So wurde die Zeit mit den ersten beiden weißen Weinen überbrückt, bis Gang Nummer eins an den Tisch kam. Tatar vom Tunfisch mit Spicy Tomatenkaltschale/ Soja/ Erdnuss, so hatte Lars Keiling den Beginn des Menüs überschrieben.

Die Lichtverhältnisse im Bistro stellen dann auch ein Iphone 13 vor Herausforderungen, aber ich hoffe, man kann erkennen worum es ging. Der Thun selber war fein gewürfelt und recht naturell, doch das war kein Nachteil, weil sich drum herum fette Süd-Ost-Asiatische Aromen tummelten, süß, sauer, scharf war das Thema. Und Koriander setzte auch Akzente. Crunch brachten Erdnüsse auf den Teller. Sehr fette und durchdringende Aromen, die den frischen kühlen Fisch dringend als Gegengewicht brauchten. Gang zwei würde eine Suppe sein.

Karotten-Ingwersuppe mit Maishuhn-Crepes-Roulade. Die Suppe duftete verlockend über den Tisch. A part die Roulade aus Geflügel und Pfannkuchen und noch etwas gewürfelter und gekochter Karotte mit Biss. Dass beförderte ich dann sofort komplett in die Suppe. Als Eintopfliebhaber bin ich da schmerzfrei, auch wenn es den kulinarischen Feingeist etwas stören mag. Karotte und Ingwer in Kombination sind die natürlichen Bestandteile jeder Herbstsuppe, sehr gut heraus gearbeitet in der Suppe die Süße der Karotte in Kombination mit der Schärfe des Ingwers. Etwas willkommenen Biss brachten die Roulade und die Karottenwürfel. Auch Gang 2 war wohlige, gehobene bis feine Küche. Cannelloni von Meeresfischen & Garnele mit Ratatouille/ Pesto sollte auf die Suppe folgen.

Auf diesen folgenden Gang hatte ich mich am meisten gefreut. Die Meeresfrüchte und Fischgänge gehörten auch in Bad Bentheim immer zu meinen Favoriten in den Menüs von Lars Keiling. Ich wurde nicht enttäuscht. Die Cannelloni waren mit einer Farce gefüllt, in der ich sicher Lachs verortete und Garnele, aber ich bin mir sicher, dass dort noch mehr verarbeitet wurde. Angerichtet waren diese auf einem klassischen Ratatouille. Und oben drüber eine gebratene Garnele mit einem aromatischen Krustentierfonds. Mediterrane, italienische Aromen nach Asien und europäischer Winterküche. Feine Fahrt durch die Welt, dachte ich noch bei mir, als Gang 4 serviert wurde. Inzwischen waren wir bei den roten Weinen angelangt und zwischen den Gängen wurde verkostet und diskutiert.

Unser Auftrag wurde ernsthaft abgearbeitet und zu jedem Wein wurden Notizen hinterlegt, um am Ende des Abends eine fundierte Entscheidung fällen zu können. 

Es sei mir hier noch eine Anmerkung gestattet zu den wirklich bemerkenswerten Gläsern in denen Gina Duesmann die Weine servierte. Die Weine wurden in den mundgeblasenen Gläsern der Josephinen Hütte verkostet, ein Unternehmen, dass zu Zalto gehört. Ich habe selten Wein aus so vollendeten Gläsern getrunken. Auch die Auswahl der Gläser in denen das Friedrich nun seine Weine ausschenkt, zeigt sehr genau auf, in welche Richtung die Reise des Friedrich gehen soll. 3 von 5 Gängen waren serviert, und Frau Duesmann und Frau Rümmler Stolle servierten Gang 4 an unserem Tisch.

Knuspriger Schweinebauch mit Kartoffel-Bacon-Taschen/ Kürbis/ Pfeffersauce hatte die Küche diesen Gang überschrieben. Der aromatischer Höhepunkt des Menüs wurde serviert. Das war jetzt nicht komplex, sondern ein dicker Aromenschlag ins Kontor! Kürbis, Kartoffel, Bacon, Sauce, alles das schmiegte sich harmonisch intensiv um den fetten Bauch, der außen kross gegrillt war. So ein Gericht kann nichts anderes sein als Menüabschluss, denn danach geht nur noch Dessert, Käse oder ein die Geschmacksnerven beruhigendes Sorbet. Wir schlossen das Menü mit einer Käseauswahl Brot und Feigensenf

Das passte dann auch gut zu den druckvollen spanischen und italienischen Rotweinen, die den Abschluss unserer Selektion 2021 bildeten. Lars Keiling hat eindrucksvoll bewiesen, dass er in der Zeit seit der Schließung des Keilings in Bad Bentheim nichts verlernt hat. In sehr naher Zeit werde ich wieder einkehren und mich nach dem eintreten nach rechts wenden um das (noch) sternelose fine dining Angebt zu verkosten. Ich bin mir sicher, dass die professionellen Kollegen von Michelin und GM das auch recht schnell ebenso machen werden. 

Vom Service braucht man in einem Restaurant, in dem Gina Duesmann den Service leitet, nicht zu berichten, der findet einfach auf aller höchstem Level statt, ohne Fehler, ohne Tadel, so perfekt, dass man ihn gar nicht als Service wahrnimmt. Mit den Weinen waren wir dann auch durch.

und noch zwei mehr

Die Auswahl war wieder äußerst vielfältig und diskursiv. Die 4 Juroren waren sich am Ende einig, ein Weißer von der Saar sollte es sein, von der Ayler Kupp, eine Reserve. Ergänzt durch einen sehr klassischen spanischen Wein. Mehr kann ich leider nicht kundtun, da ich (leider) feststellen musste dass ein paar der Menschen, die meine Berichte hier lesen auch zum Kreis der Beschenkten meines Arbeitsgeber gehören.

Ein sehr schöner Abend beim Team um Lars Keiling und Gina Duesmann fand dann auch sein Ende, wir mussten den letzten Zug Richtung Rheine und Bad Bentheim erwischen. Besonders freut es mich, dass Katy Rümmler Stolle wieder zum Team gehört! Ich bin bald wieder da, ganz sicher. Und ich bin sehr sicher, dass in Osnabrück, bleibt alles so wie es sich jetzt präsentiert, ein Stern aufgehen wird. Und ich traue Lars Keiling weiterhin zu, dass es bei dem einen nicht bleiben muss! Wir verließen unseren Tisch und wandten uns dem Heimweg zu. Und ich glaube, dass alle Gläser heil geblieben sind. Wir dürfen wohl wieder kommen.........
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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