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Bereits im Vorfeld versuchte ich wieder alle Gastronomien soweit vorzuplanen das wir dann nicht vor verschlossenen Türen stehen. So bin ich im kleinen Städtchen Zwiesel auf das Spezialitätenrestaurant „Piroschka“ gestoßen. Da das Restaurant etwas abseits der Stadtmitte liegt war es uns bisher noch nicht aufgefallen. Eine Internet- oder Facebookseite sind ebenfalls nirgendwo zu finden, dafür überschlagen sich die positiven Bewertungen bei Google. Bei über 212 Google Rezensionen schneidet das Lokal mit unglaublichen 4,8 Punkten ab. Aber auch bei Restaurantguru und Tripadvisor Also sollte das Piroschka am Freitagabend unser erstes Ziel werden.
Piroschka Aushängeschild
Die telefonische Vorbestellung war kein Problem, und nachdem wir unsere Ferienwohnung in einem kleinen Nachbardorf von Zwiesel bezogen hatten, ging es mit dem fahrbaren Untersatz in die Stadt. Das Auto lässt man hier beim Piroschka am Straßenrand stehen, Platz ist dafür genügend.
in Bayern fährt man mit dem Auto direkt in die Kneipe
Bereits von außen macht das Lokal nicht unbedingt einen vertrauenswürdigen Eindruck. Die letzte Sanierung ist schon ein paar Jahre her, allerdings muss man vermerken das der Eingang liebevoll geschmückt ist. Auf einigen Tafeln stehen die Angebote der Woche, die Preise dahinter ließen uns schon draußen zum staunen bringen.
Eingang zum Piroschka
Nachdem wir die alte Holztür geöffnet hatten, stand man erst einmal in einem Flur, gradaus die alte, aber ordentliche und saubere Küche. Aus dieser begrüßte uns eine Dame welche gut und gerne Mitte siebzig ist. Wenn man sich aus den alten Märchen eine Babuschka vorstellt, hier ist sie. Mit jugoslawisch-ungarischen Akzent wies sie uns freundlich und lächelnd den Weg nach rechts, eine halbe Treppe runter ins Lokal. Hier mussten wir erst einmal kurz verharren. Waren wir richtig hier? Im Gastraum war die Zeit stehen geblieben, dazu gleich mehr. Unmittelbar neben der Treppe saß ein alter Herr, ebenfalls Mitte siebzig, welcher sich alsbald von seiner Zeitung erhob und uns freundlich unseren tisch zeigte. An meine telefonische Reservierung konnte er sich gut erinnern, dies scheint hier also nicht so Gang und Gäbe zu sein.
Blick in den Gastraum
Nachdem wir an unserem Tisch saßen, schauten wir uns erst einmal ungläubig um. Das Lokal war mit seinem Wirt in den tiefen 70-iger Jahren stehen geblieben. Die Tapete, die Vorhänge an den Fenstern aber auch der große, alte Röhrenfernseher brachten uns zum Lächeln.
der Platz des Wirtes mit "modernster" Technik Ist das noch Dekoration oder schon Museumsreif?
Die Tischdecken auf den Tischen waren sicher auch nicht viel jünger. Trotzdem war alles für dieses Alter sauber. Auf den rustikalen Holzstühlen waren Sitzkissen verteilt, auf den Bänken an den Wänden ebenfalls. Bilder, Urkunden und andere Zeitzeugen aus dem früheren Ostblock schmückten das Lokal ringsum. Die Herkunft des Wirtes lässt sich also schnell erahnen. Das Lokal war schon gut besucht, viele ältere Herrschaften tranken hier ihr Abendbierchen und nahmen ihr Abendbrot ein und diskutierten über die momentane Weltsituation. Ein Verein traf sich zur Vorstandssitzung und mittendrin wir sächsischen Touris. Wurden wir anfangs etwas beäugt, kam man aber schnell ins Gespräch. Die bayrische Gemütlichkeit halt. Das Einzige was uns hier wirklich gestört hat, war der Bratendunst aus der Küche.
Gaststube
Wie teilweise auch auf den Fotos zu erkennen waberten ab und an die Nebelschwaden durchs Lokal. Abluft war wohl in den 70-igern noch nicht so verbreitet. Die Konsequenz: nach dem Abend im Lokal gab es einen kompletten Klamottenwechsel und noch einmal eine Dusche. Mal ebend heimlich fix auf ein Bier hier her geht nicht, das riecht die holde Ehefrau zu Hause auf alle Fälle.
Zwischenzeitlich wurde uns vom Wirt die Speisekarte als auch die aktuelle Tageskarte gebracht. Gleichzeitig die Frage nach den Getränken. Eigentlich wünschte ich mir ein Zwieseler Dampfbräu vom Fass, der Wirt bedauerte, da aber durch die aktuelle Lage kein Kohlendioxid für die Schankanlage zur Verfügung steht, gab es nur Flaschenbier.
Pfefferbräu Zwieseler Export
So orderten wir als Getränke:
· 1x Flasche Pfefferbräu Zwieseler Export für 3,00 €
· 1x 0,4ér Glas Schwipp Schwapp für 4,00 €
· 1x 0,4ér Glas Miranda für 4,00 €
Während unser Wirt hinter dem Tresen verschwand, konnten wir also die Speisekarte in Betracht ziehen. Auch diese war, zumindest von den Preisen, vor langer Zeit stehen geblieben. Kein Gericht teurer als als 8 Euro. Die Tages- bzw Wochenkarte wurde vom Wirt handschriftlich erstellt. Gut, wer hier noch die gute alte deutsche Schrift lesen kann. Zur Auswahl standen allerhand bayrische als auch ungarische Spezialitäten. Die Auswahl fiel schwer letztendlich entschieden wir uns:
Als Vorspeise:
· 1x original ungarische Gulaschsuppe für 3,50 €
Als Hauptspeisen:
· 2x Leberkäse vom Grill mit Spiegelei, Kartoffelsalat für je 6,50 €
· 1x Grillteller Budapester Art, reichlich garniert mit Pommes Frites für 7,90 €
Nun mussten wir etwas warten, denn auch die anderen Tische wollten ja ihr Abendessen haben. Und wir erinnern uns, in Küche und am Tresen steht jeweils eine Person Ü 70. Wenn hinterm Tresen nichts zu tun war, entschwand der Wirt mit in die Küche, und half dort fleißig mit.
Nach knapp 20 Minuten kam dann meine große Terrine mit der original ungarischen Gulaschsuppe. Ja, das war wirklich seit langen mal wieder eine Gulaschsuppe wie „Mann“ sich wünscht. Große Fleischstücken, viel frische Paprika und ein paar Kartoffelstückchen, das ganze in einer angenehm scharfen Soße. Die Soße war ebenfalls von Fleischfetzen durchsetzt und dadurch schön dick. Wow, so eine Gulaschsuppe hatte ich schon lange nicht mehr. Eine Scheibe Toast oder Weißbrot fehlte mir allerdings um die Schärfe im Mund dann doch manchmal etwas zu neutralisieren.
original ungarische Gulaschsuppe
Während ich noch an meiner Gulaschsuppe löffelte und vor mich hin schwitzte, bekamen meine beiden Mädels ihren Leberkäse vom Grill. Zwei dicke Scheiben vom hausgebackenen Leberkäse, welcher auf beiden Seiten noch schön angebraten wurde, zierten den Teller. Obenauf ein richtiges Spiegelei. Das Eiweiß fest, das Eigelb noch schön flüssig. Das bringt nicht jeder. Dazu gab es reichlich hausgemachten bayrischen Kartoffelsalat. Hier scheiden sich ja wieder die Geister. Wir Sachsen mögen das ja eher mit Fleischsalat und Mayonnaise, der Bayer macht ebend eher einen Speckkartoffelsalat draus. Dieser war richtig schön „Schlotzig“ wie der Bayer so sagt. Angenehm mit Essig und Öl gewürzt, drinnen feste Kartoffeln und frische Zwiebel. Kleine Speckwürfelchen gaben dem Kartoffelsalat den Rest. Auch für uns Sachsen ist das doch mal ganz lecker. Die Salatbeilage, ein Blatt vom Blattsalat und ein Stückchen Tomate nehmen wir mit einem Lächeln auf.
Leberkäse vom Grill mit Spiegelei und Kartoffelsalat
Ich musste noch etwas auf meinen Grillteller warten. Knappe 20 Minuten nach meiner herzhaften ungarischen Gulaschsuppe stand mein Budapester Grillteller vor mir. So eine riesige Portion hatte ich für 7,90 € bei weitem nicht erwartet. Eine große Platte mit 2 Schweinesteaks, 2 Rindersteaks, einem Hähnchensteak und einem Grillwürstchen standen vor mir. Die Steaks waren gut gebraten. Zwar nicht unbedingt medium, aber noch lange nicht durch und trocken bzw. tot gebraten. Alle Steaks sehr gut gewürzt mit verschiedenen Kräutern und reichlich Knoblauch. Dazu eine ungarische, angenehm scharfe Soße, ähnlich einem Letsch. In dieser Soße kleine Chilistückchen und frischer Paprika. Zum Nehmen der Schärfe gab es dann noch einige Kleckse Sour Cream. Dazu mehr als reichlich richtig schön krosse und sehr herzhaft gewürzte Pommes Frites. Ein typischer ungarischer Teller. Und auch hier wurde mit einem Salatblatt und einem Stückchen Tomate versucht noch etwas grün rein zu bringen. Und ich war nun auch wirklich pappe satt.
Grillteller Budapester Art
Um dieses Essen zu verdauen fragten wir beim Wirt ob er uns denn noch einen guten, heimischen Verdauer empfehlen kann. Und na klar konnte er. Es gab noch einen richtig leckeren Obstler der heimischen Hieke Bärwurzerei aus Zwiesel, den Schützen-Liesel, ein feiner Obstbrand aus sonnengereiften Äpfeln und Birnen für je 2,50 € für 4 cl.
Schützen-Liesel, ein feiner Obstbrand aus sonnengereiften Äpfeln und Birnen der heimischen Bärwurzerei Hieke Zwiesel
Nun ging es ans zahlen. Aber statt eines Kassenzettels aus der Registrierkasse wurde hier unser Abend auf einem typischen Bestellzettel an unserem Tisch ausgerechnet.
handgeschriebener Bewirtungsbeleg
So gestärkt, satt und auf einer Zeitreise zurück in die 70-iger ging es zurück zur Ferienwohnung.
Unser Fazit: Wir ließen zu dritt unglaubliche 41,50 € im Spezialitätenrestaurant „Piroschka“ in Zwiesel. Wir gaben glatt 50 Euro, weil uns das persönlich eigentlich viel zu wenig war, und der Wirt war überglücklich. Auch wenn das Ambiente hier nicht einem 5-Sterne Restaurant entspricht und auch die Speisen vielleicht nicht dem eines Gourmetrestaurants entsprechen, schließe ich mich hier ausdrücklich den Google- und anderen Bewertungsportalen gern an und vergebe ausnahmslos 5 Punkte. Ein so herzlicher, freundlicher Wirt, der mit seiner Küchenfrau die Gastronomie als Lebensaufgabe sieht hat man nicht alle Tage wieder. Wenn wir wieder einmal in Zwiesel sind kommen wir auf alle Fälle wieder hier vorbei. Wechselsachen sind dann eingeplant.