Der Zauberlehrling schafft eine einzigartige, verzaubernde Atmosphäre der Behaglichkeit und lädt mit seinem Restaurant, Raucherklub und exquisitem Weinkeller zum Geniessen und Verweilen ein. Eine gehobene deutsch-niedersächsische Küche mit Produkten aus der Region sorgt für das leibliche Wohl der Gäste.
Da wir, wie meist, mit Taxi anreisten, waren wir ein wenig vor 17:30 Uhr da. Unser Taxifahrer war ein so kleiner schmächtiger Syrer, dass er kaum das Lenkrad überragte. Er meinte, dass auf der Autobahn ihm begegnende immer an ein autonom fahrendes Fahrzeug glaubten.
Empfangen wurden wir nett und zum reservierten Tisch in einer Ecke neben einem bodentiefen Fenster geleitet, durch das die tief stehende Sonne ziemlich heftig herein knallte. Die beiden Damen fanden Platz auf einer Lederwandbank mit gut patinierter übermannshoher Rückenlehne. Gedeckt war stilvoll auf blankem Holz mit modisch sich nach oben verjüngenden Gläsern mit Zauberlehrling-Logo.
Eine Kerzenanzünderin war schnell zur Stelle. Am restlichen Abend bediente uns ein junger Mann, der einen hervorragenden Job machte, unaufdringlich und sehr aufmerksam. Er fragte, ob wir schon etwas trinken mögen oder noch warten wollten. Die beiden von der niedersächsisch-westfälischen Grenze trafen aber bald ein, so dass unser Servicemann seine Aperitif-Auswahl vorstellen konnte. Es gab etliches für uns Uninteressantes, aber auch einen deutschen Rosé-Winzersekt von Stilger. Meine Frau fragte aber dann, ob es auch Champagner gebe, was bejaht wurde Carsten und seine Frau schlossen sich eine wenig überrumpelt an, obwohl Carsten betonte, dass er deutsche Winzersekte eigentlich lieber möge. Nun denn – mitgefangen. Es kamen vier beschlagene Pol Roger (12,50) weiß in feinen Gläsern. Sehr typisch und ganz nach unserem Geschmack.
Die tadellosen schwarz eingebundenen Karten wurden uns aufgeschlagen gereicht. Es wurde klargestellt, dass nur 2 ½ Stunden Zeit seien wegen des Feuerwerks. Es wurde eine perfekte Punktlandung.
Knuspriges Brot in zwei Sorten kam mit Kräutercreme und Olivenöl. Als Amuse Gueule stellte man uns im Ring geformtes Kalbstatar, fein gehackt mit nicht zu scharfen Zwiebeln und Kerbel auf die Teller. Da meine Frau rohes Fleisch ebenso verschmäht wie rohen Fisch, hatte ich es zweimal. Toll. Es war harmonisch gewürzt, herber Kerbel, Schnittlauch und süße Zwiebel ergänzten sich perfekt. Salz- und Pfeffermühle blieben ungenutzt. Der „Sand“ aus glattblättriger Petersilie war mehr Gag als Geschmacksspender.
Fast alle wählten ein Drei-Gang-Menü, nur ich wollte vier. Mein vierter Gang wurde aber so geschickt eingebaut, dass es nicht störend war.
Nun folgte die Weinauswahlorgie aus der 50-seitigen Karte. Die Kalkulation ist fair, geht aber bis an 15.000 Euro heran. Roderick von Berlepsch ist großer Fan restsüßer Weine (Carsten nennt das immer fruchtsüß) und hat hier eine sehr große Bandbreite bis zum wohl ältesten Rheingauer Europas auf Flasche von 1727 (9999.-). Carsten hatte sich in seinen westfälischen Dickschädel (fängt das gleich hinter der Grenze an?)gesetzt, den Wein zu bezahlen und somit auch ganz undemokratisch auszusuchen. Trotz mehrfachen Einwandes von mir, dass meine Frau und ich mit einem frischen knarzigen Riesling immer glücklich seien, fand er eine Preislage unter 30 Euro wohl unwürdig. Er landete beim ersten Wein schließlich bei dem wohl bekannten Wegeler Geheimrat J Spätlese trocken (49.-), liebäugelte kurz mit dem von2000(zum selben Preis), bestellte aber wohl als Konzession an uns den 2014er. Damit kann man so gut wie nie etwas falsch machen.
Mein erster Gang bestand aus einer perfekt gegarten Garnele und einem pochierten 64-Grad-Ei. Die braune Krustentiersuppe (14.-) wurde erst am Tisch angegossen. Die Garnele streckte keck ihren Schwanz aus der Suppe und war somit trocken mit den Fingern zu fassen, um den endständigen Panzerrest auszusaugen. Der Krustentiergeschmack war sehr präsent. Die Würzung war fein, natürlich - wie ich später zu Hause merkte - mit dem unvermeidlichen Knoblauch.
Als zweite Speise bekam ich Backe und Tasche vom Thüringer Landschwein (14.-) auf Blumenkohl und Fenchel. Die Backe war butterzart und saftig auf einem hervorragenden dunklen Jus. Zwei sehr große Tortelloni mit sehr fleischiger Füllung ergänzten das kleine Bäckchen sehr schön. Das Gemüse brachte ein rahmige Note hinzu.
Meine Frau hatte die geräucherte Kartoffel mit Beluga-Linsen, Apfelkohl und Majoran (11.-). Der Teller wurde dekorativ mit einer kleinen rauchgefüllten Glaskuppel über der Kartoffel gebracht. Der Effekt war gut, geschmacklich hat es nichts gebracht. Ich denke, ich hatte die bessere Wahl.
Nun begann für Carsten wieder die sich selbst auferlegte Qual der Weinauswahl wieder, die schließlich zu einem Bürgergarten Riesling Spätlese von Müller-Catoir aus dem Jahre 2008 führte (42.-). Carsten betonte mehrfach, dass es doch toll sei, dass dieser Wein nach so vielen Jahren noch so frisch schmecke. Ich bin eben ein Banause und erkenne einfach nicht dass Riesling in der Flasche ebenso genussbringend altert, wie Bordeaux oder Barolo. Ich denke eher, dass dieser Wein 2008/2009 sicher ein Knüller war.
Als Hauptspeise hatten wir alle das Feersisch (norddeutsches Edelrind) Entrecote mit Kartoffelgratin, Kräuterseitlingen und Rotweinzwiebeln (29.-). Der Schnitt des Entrecote erzwingt ja leider eine recht flache Form, wenn man nicht in den Halbkilo-Bereich vordringen will. Das rettet man zum medium rare eigentlich nur mit Shaneys Beefer. Im Zauberlehrling müssen sie aber wohl auch über den Temperaturbereich oberhalb der 500 Grad verfügen, denn das Fleisch war gut der Vorbestellung entsprechend. Das Gratin war für alle vier in einer Rechteckschale zubereitet worden, und so bekam jeder einen Streifen wie ein Stück Butterkuchen auf den Teller. Geschmacklich war es ein wenig blass. Carsten und ich einigten uns auf Einsatz einer falschen Käsesorte. Ansonsten war es aber gut in Konsistenz und Geschmack. Die Seitlinge lagen als Scheiben auf dem Gratin, konnten so also ihr eigenes Aroma nicht zur Geltung bringen. Ausgezeichnet war das Häufchen Rotweinzwiebeln auf den Steaks. Süß und sauer hielten perfekt die Waage, und schlotzig waren sie auch.
Als vierten Gang zum Dessert wählte ich wieder den kalten Hund (10.-), wohl wissend, dass das Sättigungsgefühl danach überwältigend sein wird. Er kam diesmal in einer Variation mit Hibiskuseis, Müsli und ordentlich frisch zubereitetem Klebekrokant, der sich nur langsam wieder von den Zahninnenseiten löste. Man muss den Zauberlehrling dafür feiern, dass die Tradition des kalten Hundes hier hoch gehalten wird. Es ist immer wieder etwas Besonderes, nicht so stilvoll wie ein fachgerecht zubereitetes Crêpe Suzette, aber ebenso reizvoll.
Meine Frau nahm den Bienenstich (12.-) und dazu ein Glas von dem Stilger Rosé-Sekt brut. Der Bienstich war prima, der Sekt flach und eher nichtssagend . Später zu Hause hatten wir einen Rosé-Cava im Anbruch, und der war halb so teuer, aber doppelt so gut.
Um 19:58 Uhr hatten wir unsere Rechnungen bezahlt. Die beiden konnten bei nun wieder trockenem Wetter zum Feuerwerk, wir nach Hause.
Es war ein schöner Abend mit guter Verköstigung. Carsten drohte noch an, bei seinem nächsten Hannover-Besuch mit uns das Jante aufzusuchen. Ich sagte gleich, meine Frau werde das nicht tolerieren. Ich bin ja unkomplizierter und werde auch Schweinebauch mit Lakritzsoße oder andere abgedrehte Varianten verdrücken, obwohl ich angesagten Locations nicht so gern hinterher laufe. Wie ich Carsten nun kennen gelernt habe, bin ich sicher, dass er sich im Beef and Reef oder bei Stern (nach gezielter Vorbestellung und unter Vermeidung von Streit mit dem Chef) wohler fühlen würde.