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Das Humberto liegt am Rande der Altstadt nahe dem Kino. Von außen wirkt es eher wie eine Eckkneipe und auf den ersten Blick auch nicht gerade sehr einladend. Da ich schon öfter dort vorbei gelaufen bin, riskierte ich hin und wieder mal einen Blick durch die Fenster und die im Aushang befindliche Speisekarte. Die Karte ließ mich schon lange mit dem Gedanken spielen dort aufzuschlagen, musste nur mein Fräulein erst überzeugen, da es dort hauptsächlich um Fleisch geht, und das meist äußerst pur und, ich sag mal, „männlich“ ;-)
Optisch konnte ich mich nicht für die Innenraumgestaltung begeistern. Sofern ich das von außen eben beurteilen konnte. Wirkt es doch sehr wild und durcheinander.
Dieser Eindruck bestätigte sich dann auch an diesem Samstag. Gemeinsam mit Schwesterchen und meinem Schwager hatten wir einen Tisch reserviert. Die beiden kamen mit dem Auto vom Land in die Stadt und parkten gegenüber im Parkhaus. Auch saßen sie schon am Tisch als wir über die zwei oder drei Stufen in die „Restobar“ traten. Und hier bestätigte sich mein erster Eindruck vom Inneren.
Wirkt erstmal so, als verfolge man kein Konzept aber die Einrichtung ist wohl bewusst so gestaltet…
Die Wände in knalligem Türkis gestrichen, die letzten 50 cm zur Decke hin dann wie die Decke auch in Gold bemalt. Das muss man erst mal verdauen. Rundherum viel Nippes, wie etwa die Kunstrasenteppiche auf den Fensterbänken, oder die wirren Lichtgirlanden an Fenster und Wänden. Dazu eine spartanische Beleuchtung an der Decke, bestehend aus diesen sauteuren Lichtschienensystemen von Erco. Immerhin gibt es eine Hängelampe hinten rechts, die aber auch äußerst unwirklich daher kommt. Vereinzelt gibt es in den Ecken noch Tischlampen… Insgesamt ein düsteres Ambiente, was es meinem Smartphone auch erschwerte anständige Bilder zu produzieren…
Vom ersten Schock mal erholt wurde dann schnell unsere nette Abendbegleitung begrüßt. Die zwei Damen im Service grüßten kurz, machten aber keine Anstalten und die Jacken abzunehmen. Platz genommen haben wir dann an eigentlich bequemen Stühlen mit Lederbezug. Lustiger Weise sind die Tische ebenfalls mit Leder bespannt. Sachen gibt’s… Auf dem Tisch gab es neben einer brennenden Kerze im Glas eine kleine Salzmühle und ein Schälchen mit gesalzenem Popcorn, wovon ich aber Abstand hielt. In einem weißen Blecheimerchen steckten Besteck und (billigste) Papierservietten, die schon bei der ersten Benutzung zerbröselten…
Man brachte uns dann schnell die Karten (die ich natürlich schon zuvor ausgiebig im www studiert hatte). Diese sind mal echt witzig und originell. Uralte LP-Hüllen dienen als Einband für die paar Seiten. Mir wurde eine Nitzer Ebb Platte gereicht (wer kennt sie noch, waren das Zeiten :-) ) Sehr befremdlich fand ich das rosa Stück mit dem fein rausgeputzten Soulsänger. Die Getränkekarte ist dann separat und konventionell gestaltet. Die paar wenigen Weine sind alle gut ausgewählt und neben den rheinhessischen vor Allem Weine aus Argentinien. Die Weine werden kurz aber vernünftig in der Karte beschrieben, so dass man eine gute Vorstellung bekommt was einen erwartet. Das gefällt mir sehr gut.
Wie schon erwähnt wählte ich mein Essen schon am PC. Im Humberto wird ganz und gar der Fleischeslust gefrönt. Daher ein kurzer Auszug von der HP des Humberto:
Fleisch ist das edelste Grundprodukt überhaupt! Deshalb ist der Respekt vor der Natur und dem Tier ein wesentlicher Grundpfeiler unserer Philosophie.
Unser Premiumbeef kommt per Direktimport aus Uruguay. Bei unseren Besuchen sind wir immer wieder überwältigt, wie glücklich die Kühe hier sind. Jedes der Rinder genießt einen Freiraum von einem Hektar Weideland und die Gauchos kümmern sich nach alter Tradition liebevoll um das Vieh. Man möchte sofort tauschen....!
Das Fleisch von weidegängigen Tieren schmeckt intensiver und aromatischer. Und es ist auch noch gesünder!( ……) Außerdem sind keine Futterzusatzstoffe, Hormone oder Antibiotika wie bei Getreidefütterung nötig.
Fest steht: Die Tiere haben ein gutes Leben geführt, hatten Platz und Auslauf und durften frisches Gras und wilde Kräuter in freier Natur fressen. Das schmeckt man und es ist gesünder – Viva la vaca!“
Wenn man da keinen Appetit bekommt… Weiter zitiere ich:
„Unser kulinarisches Prinzip kann man zu einer knappen Aussage zusammenfassen. Wir lieben die Einfachheit und konzentrieren uns am Liebsten auf den einen, ultimativen Gang: Fleisch. Für den perfekten Burger oder das perfekte Steak ist die Fleischqualität eine wichtige Voraussetzung. Die wirkliche Grillkunst besteht aber darin, mit wenigen Zutaten die göttlichen Fleisch- und Röstaromen herauszuarbeiten. Dazu muss man ein Auge für Marmorierung und Reifegrad haben und viel Sensibilität für das gute Stück mitbringen."
Des Weiteren sei erwähnt, dass Marcel Speidel, der Besitzer des Humberto, neben einem Steakhaus in Klein Winternheim (das Assador) auch noch eine Fleischboutique in der Mainzer Altstadt betreibt. Ja, das Ding nennt sich wirklich Fleischboutique! Das „Edelbeef“ - ein Eldorado für Karnivoren. (http://www.edel-beef.de/) Hier gibt es edelstes Fleisch aus der ganzen Welt. Hauptsächlich aus Uruguay, aber auch von ausgewählten Bioerzeugern aus Meck-Pom oder auch ganz regional aus Mainz (die Meenzer Muh) Auch wird von Fleischpäpsten wie Otto, Der Ludwig oder Lucki Maurer Fleisch bezogen und in Events dort „Beeftastings“ und Zerlegeaktionen angeboten. (Ein Beeftasting durfte ich schon mitmachen und es war seine 25€ mehr als wert). Das Highlight im Edelbeef ist der Reifeschrank oder besser gesagt die Reifekammer die mitten im Laden steht und dank der großen Fensterscheibe einen Blick auf mehrere Rinderrücken preisgibt. Diese hängen dann meist vier bis sechs Wochen ab. Natürlich könnte ich noch mehr über diesen Laden schreiben (auch gibt es dort geile Weine…), eigentlich wollte ich das nur erwähnen, da das Humberto von hier sein Fleisch bezieht, und eben auch das Dry Aged, welches an diesem Abend für mich sein sollte…
Die Karte. Wie gesagt. FLEISCH! In Form von Burgern (14 Varianten, das Fleisch wird hier frisch gewolft und nie eingefroren), Grass-Fed Beef (daher wohl auch die Rasenteppiche auf den Fensterbänken) und seit kurzem auch die dry aged Variante. Steaks gibt es als Roastbeef, Ribeye und Filet. Dazu ein paar Vorspeisen und Salate. Die Beilagen werden zu den Gerichten extra bestellt.
Wir bestellten dann bei dem freundlichen Mädel und ließen uns schnell noch erklären, was es mit den Pintxos auf sich hat. Das sind Häppchenspieße nach Art des Chefs. Das Stück zu 2€. Davon bestellten wir insgesamt sieben Stück in drei verschiedenen Varianten. Nach der Bestellung gab es kurz darauf die gewünschten Getränke. Meinem Durst geschuldet gab es vorweg ein Rothaus Pils (0,3 / 2,80€) welches ich irgendwie besser und nicht so dünn in Erinnerung hatte (mögen es mir die Schwaben hier verzeihen). Fräulein wählte auf meinen Ratschlag hin einen superben rheinhessichen Spätburgunder „alte Reben“ vom VDP-Weingut J. Neus aus Ingelheim (0,2/7,50€) Ein Spitzengewächs, vollmundig, weich und kraftvoll. Und ab Hof gerade mal für 13,90€ zu haben. Von dem Weingut ist in naher Zukunft noch einiges zu erwarten, nachdem es seit zwei Jahren unter neuer Leitung agiert. (Deren Ziel – in die Top Ten der deutschen Spätburgundererzeuger aufzusteigen). Dazu eine Flasche Rhodius Medium Mineralwasser (0,75/5,50€) mit einem Glas. Doch nun endlich zum Essen.
Pintxos (sprich pinschos) (je 2€)
Ich genehmigte mir drei Stück. Von jeder Art eine. Fräulein lehnte dankend ab. Laut Karte sollen es ja „Häppchen-Spieße“ sein. Gut. Auslegungssache. Es wurde serviert je eine Scheibe geröstetes Baguette unterschiedlich belegt. Und das Ganze mit einem Zahnstocher aufgespießt. Aber lecker war’s. Einmal belegt mit gebratener Chorizo, welche, dank des Fettes, vorzüglich schmeckte. Die Variante mit den kalten Shrimps (darf ich das so schreiben?) auf dem dünnen Kräuterquark hätte es nicht gebraucht, waren die Schalentiere kein besonders erlesenes Produkt. Dafür war die dritte Variante wieder der Brüller. Ein Mini-Rumpsteak auf pikanter soße mit einem Wachtelspiegelei on Top. Das war erste Sahne. Und das Fleisch innen sogar noch Rosa und saftig. Großes Kino! Allein die getrockneten Kräuter als Deko hätte es nicht gebraucht. 4*
Das Bier war alle, jetzt genehmigte ich mir auch einen Spätburgunder und orderte gleich noch ein Glas für das Wasser dazu. Dann ging es erst mal auf die Toilette. Diese haben schon einige Jahre auf dem Buckel, lediglich die Wandfliesen wurden erneuert. Die auf dem Boden sind von anno Tubak. Und geklebt hat der Boden auch. Ich tippe aber eher auf den übermäßigen Einsatz von Reinigungsmittel. Es war sauber, wirkte auf Grund des Alters aber nicht einladend, sofern eine Toilette einladend sein kann.
Zurück am Tisch konnte ich mir die Gäste mal betrachten, die bunter gemischt nicht sein könnten. Alle Altersklassen waren vertreten, da ein Männertisch, hier die junge Familie. An der Theke Barhocker mit drei Kerlen, denen die rosa Plattenhülle gefallen hätte. Insgesamt bestimmt 40 Gäste. Dann kamen die Hauptgänge. Zuvor wurde den Steakessern noch ein original Laguiole Messer an den Tisch gebracht, serviert in einer edlen Holzbox.
Mädelsburger (8€)
150 Gramm Burger mit Salat, Cocktailtomate und Gurke. Fräulein wollte hier die Diabolo-Variante, zusätzlich mit Peperoni und Chimichurrie. Gab es ohne Aufpreis. Und der Burger hatte es in sich. Das Pattie war eigentlich eine Frikadelle, gut drei Zentimeter dick und saftig. Wenn auch nicht rosa. Aber äußerst schmackhaft. Und die Peperonis und die Soße hatten ordentlich Bums und brennten ordentlich. Leckerer Burger zu einem fairen Preis. Die weiteren Zutaten waren ohne Zweifel und frisch. 4,5*. Dazu wählte mein Fräulein handgeschnitzte Pommes die ich erst unten eingehen werde.
Dry Aged Ribeye 300 gr (36,60€)
Welch ein geiles Stück Kuh! Bestellt hatte ich es medium-rare. So kam es auch an den Tisch. Und es roch schon so speicheltreibend. Hier wird das Fleisch über offener Flamme gegrillt, was man auch schon mal sieht, wenn man in die Küche blickt und dort die Flammen gen Himmel schlagen. Dann riechst du das brennende Fett. Und so roch es auch am Tisch. Die Gerüche, die sich in meine Nase brannten, waren allerliebst. Das Fleisch war butterzart, saftig und so würzig im Geschmack, ich kam aus dem sabbern nicht mehr raus (apropos – wer sabbert hier gerade mit?? ;-)) Die dazu gereichte Chimichurrie hätte es nicht wirklich gebraucht, war aber auch nicht schlecht dazu. Brachte eine fruchtige Komponente ins Spiel. Aber das Fleisch! War mein erstes „ganzes DA Steak“. Sicher sind 36,60€ viel Geld, aber mir in dem Moment wirklich wert. Kein besseres Stück Rind je gegessen. Perfekt! Die Röstaromen, das Fettauge, einfach alles. 5*
Leider konnten die Fritten (3,60€) da nicht mithalten. Werden diese zwar nach belgischem Vorbild von Hand geschnitten und doppelt frittiert, konnten sie mich aber nicht wirklich begeistern. Zu fettig, und wohl auch etwas zu lange im Öl gebadet, daher etwas zu dunkel. Und schnell lapprig, was mir aber so auch immer passiert. Immerhin es war ordentliches Fett, waren gut gesalzen und bitter war auch nix. Das nächste Mal bitte besser! 3* Dazu wurden drei verschieden Soßen serviert, von denen ich aber nur die Ketchup-Variante versuchte.
Ich war satt, den drei anderen war noch nach Süßem. Für mich durfte es dann noch ein kleines Glas Rotwein sein. Fräulein bestellte sich ein Ben & Jerry’s Eiskübel Fairly Nuts (3,50€), Karamell-Eiscreme durchzogen von einem Karamellstrudel und Crispies mit Mandeln. Ob man sowas im Restaurant servieren muss? Immerhin in einer passenden Porzellanschale und richtigem Löffel. Lecker war es auch, aber wie ich bei meiner Schwester sehen konnte, können die hier auch Dessert selbst und gut machen. Daher sehe ich von einer Bewertung ab.
Die Bezahlung ging problemlos über die Bühne, mittels Tab wurden die einzelnen Gerichte den Parteien zugeordnet und wir bekamen jeder einen eigenen Bon. Wir wurden noch freundlich verabschiedet und von draußen sah ich dass unser Platz auch schon gleich wieder besetzt wurde. Ohne Reservieren hat man hier (zumindest am Wochenende) kaum ne Chance auf einen Tisch.
Fazit:
Hier muss ich wieder hin. Auch wenn ich dann wohl zu 10€ günstigeren Gras-fed-Variante greifen werde. Die wäre nämlich auch sehr ordentlich laut meinem Schwager. Immerhin haben wir für je zwei Personen über 90€ hingelegt. Das machst du nicht alle Tage!
Das Essen (besonders das Fleisch) ist qualitativ super und ordentlich zubereitet. Allein die Fritten haben mich enttäuscht. Dennoch 4,5* für das Essen.
Der Service hat hier allerhand zu tun, macht aber nicht mehr als nötig und eine Beziehung zum Gast baut sich auch nie auf. Nicht schlecht aber auch nicht überragend. Daher 3,5*
Das Ambiente habe ich oben ja ausführlich beschrieben. Mir gefällt es jetzt nicht wirklich, muss man mögen. 3*
Für die Sauberkeit auch nicht mehr als 3*, die Toiletten gehörten mal von Grund auf saniert. Im Innenraum akzeptabel, hier und da ein paar Spinnweben, aber auch nicht wirklich aufregendes.
PLV ist hier so ne Sache. Der Burger war sicher sein Geld wert, 36,60 für ein Stück Fleisch tut erst mal weh. Aber einmal so ein Stück im Mund…. 4*
Ich komme wieder!
4,5 – wenn es sich ergibt, unbedingt wieder
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder - nach "Kuechenreise")