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Etwas abseits gelegen, sind wir am Restaurant Neptun sicherlich im Laufe der Jahre schon zigfach vorbeigelaufen und es hat auf uns immer den Eindruck gemacht, dass im Neptun die Senioren brav ihren Nordseefisch essen. Für den Pfingstmontag hatte ich nach den beiden Italienern Al Dente und Da Sergio und dem Gegrillten bei Scheerer`s einen Fischabend eingeplant und war bei heimischer Recherche auf das Neptun gestoßen, das seit Dezember 2017 unter neuer Wirtschaft frischen Wind versprach. Auf der Homepage liest man die von mir so geschätzten Floskeln wie „Food made with Love“ oder „`Das Neptun` den (sic!) Platz den sie nie verlassen wollen..“. Aber das darf ja kein Ausschlusskriterium sein, sind solche Sprüche doch mittlerweile üblich.
Im Ergebnis waren es nahezu ausschließlich ältere Paare, die das Restaurant mittelprächtig füllten. Wir hatten vormittags einen der am Restaurant bereitgehaltenen Flyer mit der Karte mitgenommen und schon mal studiert, mussten aber feststellen, dass die Karte im Restaurant anders lautete und die Auswahl geringer war. Auf der Homepage https://www.neptun-ney.de ist sie korrekt wiedergegeben. Die Flyer stammen wohl aus der Eröffnungsphase.
Analog zum Restaurant „Zweite Heimat“, das im letzten Jahr mit großen Sprüchen aufwartete und sich als biedere Fischkombüse herausstellte, ist der frische Wind im Neptun auch nur eine laue Brise. Auf dem Teller geht es sehr bieder zu, nach meinem Geschmack zu bieder.
Das Peis-Leistungsverhältnis sehe ich bei soliden drei Sternen.
Service
Im Restaurant vermutlich der Wirt (Fritz Janßen?) und eine junge Bedienerin; beide im hellblau mit Neptunkragenaufdruck auf Bluse und Hemd. Erst dachten wir schon, dass sich der Wirt auf das Platzieren der Gäste beschränken würde, was etwas umständlich von statten ging, aber er stieg dann in die Arbeit mit ein und kümmerte sich um die Getränke, was dann auch gut klappte. Den Friesengeist servierte er bereits mit Flamme und las den Spruch vom Löschpfännchen ab.
Die junge Frau war freundlich, offen und hatte durchaus einen Sinn für Humor.
Der Wirt ist ein ruhiger Zeitgenosse mit einer angenehmen, unaufgeregten Art. Ich schätze das, aber in der Gastronomie ist etwas Exaltiertheit in der Gästeansprache aber durchaus von Nutzen und eine persönliche Ansprache gerade bei älteren Gästen ein guter Schlüssel, sich Stammgäste zu erschließen.
Es lief also reibungslos ab und das sind solide drei Sterne auf meiner Skala.
Die Getränkepreise nicht ganz so happig wie in der Zweiten Heimat: 0,75 l Wasser stehen mit 5,50 € auf der Karte, 0,25 l Krombacher mit 2,70 € (= 3,24 €/0,3 l) und die neun offenen Weine starten bei 5,60 € für 0,2 l.
Essen
Vor dem Fisch kommt bei uns die Krabbensuppe, hier laut Karte als „Friesische Krabbensuppe mit Kernöl“ (7,90 €). Sie wurde in einer futuristischen Suppentasse mit zwei guten Scheiben Stangenweißbrot serviert. Etliche Löffel machten den Inhalt aus, jedoch mit einer sehr sparsamen Krabbeneinlage. Gegenüber der schon pampigen Variante in der Zweiten Heimat war diese Suppe sehr flüssig gehalten und noch heiß, was mir besser gefiel. Obenauf das dunkle Kernöl, das einen kleinen Geschmackskick gab. Mir gefiel die Zubereitung insgesamt gut, meine ständige Inselbegleiterin bevorzugt lieber die dickflüssige Ausführung.
Dann einmal Schollenfilet mit Speck, Zwiebeln, Gurkensalat und Röstkartoffeln (17,90 €) und der Neptun-Teller mit drei Fischfilets auf Rahmwirsing und dazu ebenfalls Röstkartoffeln (18,90 €).
Mein Schollenfilet war knusprig gebraten worden, aber reichlich bedeckt mit vornehmlich kleinen Convenience-Speckwürfeln, die dem ganzen Gericht einen Speckgeschmack gaben; die Nordseekrabben hatten keine Chance dagegen und nur freigelegtes Schollenfilet ließ den feinen Fischgeschmack durchdringen. Die Röstkartoffeln für uns beide wurden separat in einer kleinen Schüssel serviert und waren kräftig gebraten worden. Der Gurkensalat bestand aus Scheiben einer kleinen Gurkensorte mit Schale und war mit Joghurt erfrischend angemacht. Auf den Hauptgerichten und dem Gurkensalat Kresse und Ringe vom Zwieblauch.
Die Fischfilets (nicht ausgewiesen aber Lachs, Rotbarsch und wohl Kabeljau) von guter, absolut grätenfreier Qualität. Die leicht schaumige Soße geschmacklich eine Hummersoße und recht süßlich. Deftig der Rahmwirsing mit Speckwürfeln. Ich war ja gespannt, ob Wirsing und Fischfilets zusammenpassen würden und muss im Nachhinein sagen, dass Spinat oder Mangold zum Fisch doch die bessere Wahl sind.
Die Portionen waren von akzeptabler Größe.
Der Küche gebe ich 3,5 Sterne.
Außer der Krabbensuppe und dem Gurkensalat konnte ich keinen frischen Wind entdecken. Die Fischgerichte von der Zubereitung her traditionell und eher deftig. Die Beschränkung auf Nordseefisch (plus Lachs) und Nordseekrabben engt kulinarisch stark ein, zumal, wenn kein Räucherfisch und keine Marinaden (z. B. Brathering) auf die Karte genommen werden. Die mediterrane Küche kann mit Kraken aller Arten, Garnelen, Muscheln und ganzen Fischen mehr Vielfalt und mehr für das Auge bieten.
Auf den Tischen gute Salz- und Pfeffermühlen.
Ambiente
Das Lokal ist komplett neu eingerichtet. Vom Stil her kontrastreich. Dunkler Steinboden und dunkles Holz werden aufgehellt durch die beigen Hochlehnerstühle mit Lederpolstern, wie sie seit einiger Zeit stark verbreitet sind. Die Tische auch dunkel und quadratisch, so dass sie sich leicht zu größeren Tafeln zusammenschieben lassen. Auf dem Tisch kann man noch arbeiten, aber die Zweiertische sind eng gestellt, so dass man Nähe auferlegt bekommt. Nur links gibt es einen Podestbereich mit drei abgetrennten Tischen mit Lederbänken, die großzügiger dimensioniert sind. Links hinter einem Mauervorsprung eine intime Nische mit einem größeren Tisch, der an dem Abend wohl als „Familientisch“ diente.
Die Decke weiß und Licht spenden Deckenleuchten aus Messing mit Glasschirmen. Die maritime Deko beschränkt sich auf ein paar Segelschiffsmodelle über der Theke.
Zu hören waren eher Singer/Songwriter statt Shantys.
Sauberkeit
Alles sehr gepflegt; die Toiletten wurden nicht besucht.