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Ambiente / Sauberkeit
Der überschaubare Gastraum im Erdgeschoss ist stimmig eingerichtet mit einer Handvoll Tischen und Stühlen, einer großen Theke und geräumigen Weinregalen an der Wand. Der Wein ist das vorherrschende Dekorationselement im Raum und lässt keinen Zweifel aufkommen, worin die Kernkompetenz des Hauses liegt. Im Untergeschoss befindet sich ein kleiner Gewölbekeller, der ebenfalls an einer Seite von Weinregalen beherrscht wird. Es wirkt rustikal gemütlich und die sich angeregt auch auf Italienisch unterhaltenden Gäste verbreiten eine ungezwungene Atmosphäre.
Im Sommer kann man in der angrenzenden Fußgängerzone draußen sitzen und dem südländischen „dolce far niente“ frönen.
Der Gastraum und die Toiletten wirkten soweit gepflegt und sauber.
Bedienung
Im „En Ville“ wird man vom Chef selbst bedient. Man kommt schnell ins Gespräch über die Tageskarte und die Gestaltung des Menüs. Wir lassen ihm bei der Auswahl der Weine für jedes Gericht freie Hand, was sogleich ein Aufleuchten in seinen Augen hervorruft. Da fühlt sich jemand in seinem Element. Als ich schließlich noch durchblicken lasse, dass ich des Italienischen auch ein wenig mächtig bin, ist der Damm ganz gebrochen. Es wird ein wunderbarer Abend, an dem wir rundum mit Begeisterung umsorgt werden, auch wenn ich nicht immer alles verstehe.
Hier ist wirklich ein Gastronom von Herzen am Werk, nur weiter so.
Essen / Trinken
Eine Karte gibt es in dem Sinne nicht. Alle aktuell angebotenen Gerichte sind auf einer Schiefertafel aufgelistet, die auf der Theke steht und zur Bestellung an den Tisch gebracht wird. Das Angebot ist klein aber fein, folgt dem Rahmen der klassisch italienischen Menüfolge und orientiert sich am saisonal verfügbaren Lebensmittelangebot. Es klingt so verführerisch, dass wir uns hinreißen lassen, antipasto, primo piatto, secondo piatto und dolci zu bestellen.
Wir entschieden uns für:
Antipasto fantasia
Carpaccio di manzo
Spaghetti alio, olio e ricotta
Tonno con crema di asparagi e patate
Panna cotta con fragole
Zu Beginn gönnten wir uns zunächst ein Gläschen feinherben Prosecco, der hier auch in rosé angeboten wird. Dann ging es auch schon los mit den Vorspeisen. Die Antipasto fantasia waren bereits ein besonderer Leckerbissen. Neben sehr würzigem Parmaschinken, einer überraschend pikanten salsiccia und Mozzarella mit Tomate fanden sich auch lauwarmer Blumenkohl, ein schmackhafter Spinatkuchen sowie eine Art gebackene Roulade aus Aubergine, Schinken und Käse auf dem Teller. Daneben war das carpaccio fast schon Standard, obwohl es ebenfalls erstklassig war. Dazu bekamen wir einen sanften, sehr harmonischen Rosé aus Ligurien ausgeschenkt, der ein ganz leichtes Aroma von Salz und Meer verströmte.
Als nächsten Gang teilten wir uns eine Portion Spaghetti zu zweit um nicht schon frühzeitig satt zu werden. Die Spaghetti waren knoblauchwürzig und leicht scharf, mit einem Hauch kräftigem altem Käse, der nach meinem Geschmack noch etwas stärker hätte sein können. Trotzdem eine gelungene, nicht alltägliche Pasta. Diesmal schenkte uns der Chef einen roten Negroamaro aus Apulien aus, der angenehm zurückhaltend mit einer leichten Gewürznote die Nudeln begleitete. Ein wunderbar ausgewogener eher halbtrockener Rotwein wie ich ihn aus Italien noch gar nicht kannte.
Als Hauptspeise hatten wir den gebratenen Thunfisch mit Spargel und Rosmarinkartoffeln gewählt. Dieser erwies sich als fest und nicht zu trocken mit einer würzigen Weißweinsauce überzogen. Der grüne Spargel als Beilage war zwar ganz weich so dass er fast zerfiel, hatte aber durch das Grillen eine wunderbare Röstnote erhalten. Als Begleitwein gab es diesmal einen Weißwein aus roten Trauben gekeltert mit kräftigem Aroma von Zitronen, rosa Grapefruit, und Holunder. Die Abstimmung von Gericht und dazu passendem Wein wird hier wirklich bis zur Vollendung zelebriert. Und die vorherrschende Meinung, dass man erst mit Weißwein beginnt um dann auf Rotwein umzusteigen wurde so ganz nebenbei sehr gekonnt über den Haufen geschmissen.
Auch die abschließende Panna cotta mit Erdbeeren und Kirschsauce wurde wiederum von einem Ausnahmewein begleitet. Der rote sizilianische Süßwein wartete mit einem kräftigen Aroma zwischen Erdbeerlikör und Amarenakirschen auf und hätte kaum besser dazu passen können.
Nach all diesen Genüssen mussten wir zum Espresso einfach auch noch probieren, wie hier der Grappa schmeckt. Unsere Wahl fiel auf einen hellbraunen im Barrique gereiften Grappa di Barolo der in beeindruckend hohen Stielgläsern serviert wurde. Ein krönender Abschluss.
Eine solch perfekte Harmonie zwischen schmackhaften, frisch zubereiteten Gerichten und damit harmonierenden außergewöhnlichen Weinen habe ich bis jetzt nur in deutlich teureren Restaurants erlebt. Respekt für diese wirklich reife Leistung. Ich kann jedem nur empfehlen, hier ein mehrgängiges Menü zu genießen und dem Chef bei der Auswahl der Weine freie Hand zu lassen. Eine wahre Freude! Und keine Angst, die vier Gänge sind von der Menge her gut zu schaffen. Ich bereue fast, dass wir so viele Jahre gebraucht haben um endlich einmal hinter die Tür dieses unauffälligen aber besonderen Restaurants zu blicken.