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Am ersten Juliwochenende hatte es gepasst, und ich hatte ein Zimmer und einen Tisch im Rats Hotel in Haltern gebucht. Mit viel Vorfreude ging es nach Süden, dem Ruhrgebiet entgegen. Nach einer guten Tagesetappe kamen wir in Haltern am See an. Haltern lebt von seinem Stausee, in dem Gelsenwasser einen beträchtlichen Teil des Trinkwassers für das nördliche Ruhrgebiet erzeugt und der durch seine Größe und die umliegenden Wälder, welche das Trinkwasser schützen, ein wunderschönes Naherholungsgebiet für das Ruhrgebiet ist.
In der Innenstadt direkt an der Kirche erblickt man das Ratshotel sofort, man hat das Gebäude saniert und es fällt in Auge.
Parkplatz vor der Tür
Unkompliziert wurde eingecheckt und wir nahmen Quartier in frisch renovierten Zimmern. Die Übernachtung würde bequem sein, soviel stand fest. Es war noch ein bisschen Zeit für frisch machen, ausruhen, ein kleines bisschen Haltern City erkunden, bevor wir uns um kurz vor 19 Uhr im Restaurant einfanden. Maitre Thomas Heyer nahm uns in Empfang und wies uns die Richtung zu dem für uns vorgesehenen Tisch. Die Gaststube selber ist zweigeteilt. Zur Straße hin ein etwas rustikalerer Bereich für das a la carte Geschäft. Wir wurden in den rückwärtigen Gastraum dirigiert.
Hier erwartete uns gediegen elegantes Ambiente. Es war Platz für vielleicht knapp 30 Personen. Bequeme Stühle, ausreichend große Tische, Porzellan, Gläser und Besteck waren von hoher Qualität. Alles zusammen ging es Sachen Ambiente in Richtung sehr ambitionierter Gourmetküche.
Wir nahmen beeindruckt und zufrieden Platz. Schon bei der Reservierung hatte ich Kund getan, dass meine Frau und ich das Gourmetmenü für unseren Besuchsabend bestellen würden. Das Gourmetmenü wird angeboten in einer Spanne von 3 Gang 49€ │ 4 Gang 59€ │ 5 Gang 69€ │ 6 Gang 79€ │ 7 Gang 89€ │ 8 Gang 99€ │ 9 Gang 109€. Dabei kann fast frei gewählt werden, ein paar Gänge erfordern bei Bestellung einen Aufpreis zum jeweiligen Ganganzahlpreis. Eine alkoholfreie und eine Weinbegleitung passend zur Ganganzahl werden natürlich auch angeboten.
Herr Heyer fragte nach einem Aperitif und wir bestellten einen Sekt für meine Frau und einen Martini für mich. Mit diesen kam dann auch die Karte an den Tisch. Während wir versuchten aus den maximal 9 Gängen, mit dem alternativen Fisch- oder Fleisch-Hauptgang waren es 10 Alternativen, eine Auswahl zu treffen, servierte der Service Brot.
Angekündigt wurde Vinschgauer Sauerteigbrot, mit einer Salzbutter und einer Bärlauchcreme. Das Brot war frisch aus dem Ofen und noch sehr heiß! Das ist bei Sauerteigbrot nicht unbedingt das Beste, denn es macht ein Roggenbrot nicht unbedingt schmackhafter, wir ließen es noch etwas abkühlen. Auf Nachfrage erläuterte der Service, dass das Brot vor Ort gebacken wurde nach österreichischem Rezept. Schmackhaft war es nach etwas Abkühlung sowohl mit der Blüten gekrönten Salzbutter als auch der Bärlauchcreme. Wir hatten inzwischen dann auch unsere Wahl getroffen, 6 Gänge für meine Frau, ich ging fast d'accord, bestellte mir aber vor unserem ersten gemeinsamen Gang noch ein kleines Extra, bei mir also 7 Gänge. Und weil wir eine fast völlig gleiche Auswahl getroffen hatten, folgten wir nicht der Weinbegleitung sondern orderten Flaschen aus der gut sortierten Weinkarte (siehe HP). Über die ersten Gänge sollte uns ein französischer Weißwein begleiten. Ein 2014 Sancerre la Bourgeoise, Henri Bourgeois.
Die Küche begrüßte uns noch beim Aperitif mit einem kleinen Amuse Gueule.
Gurke, mariniert, leicht und sommerlich, Lachs, ebenfalls ganz leicht mariniert, fast roh und japanisch ein Stück Maki Sushi, gefüllt wieder mit Gurke. Klarer Favorit meiner Frau und auch von mir auf diesem Teller der Fisch. Nach diesem Gruß aus der Küche mein exklusiver „Extra“Gang, zu dem ich mir ein Glas Sekt servieren lies.
Gillardeau Auster mit Kalamansi / Kaviar / Safran-Kräcker / Mayonnaise. Gillardeau Austern sind mir die Liebsten. Die Fleischigkeit von Gillardeau Austern lässt zu, dass ab und zu sogar meine Frau die roh verzerrt. Deutlichen Beitrag zum Gesamtgeschmack leistete die Kalamansi mit ihrer Säure, die von der Mayonnaise gut eingebunden wurde. Kräcker und Kaviar waren Beiwerk, dass ich nicht vermisst hätte, wären sie nicht dabei gewesen. Vielleicht hatte Herr Georgiev einfach ein bisschen Angst das Gericht zu schlicht zu gestellten, wenn es bei drei Komponenten geblieben wäre. Trotzdem, einfach ein gutes Austerngericht, genossen mit einem Glas kaltem Sekt, feiner Auftakt. Es folgte unser erster gemeinsamer Gang.
Gelbflossen Thunfisch mit Kapern / Tomaten / Artischocke / Tartar / Sud. Thun der besten Qualität wurde serviert, roh als Tartar, und ganz leicht angebraten, aber noch kalt und roh im Inneren. Zusammen mit den Gemüsen eine bunte Sommeraugenweide. Der arme Azubi in der Küche, der diese Minitomaten präparieren musste, er hatte mein Mitgefühl. Lecker die Artischocke, wie immer mein Favorit bei den Gemüsen. Gut dosiert der frische Estragon und die Kapern. Woraus der Schaum war, Konsistenz wie eine Götterspeise, dass weiß ich immer noch nicht. Leichte Sommerküche in hoher Qualität. Während dieses Tellers ein sehr guter Service durch Herrn Yasin Aktas, den Sommelier des Hauses, er stellte uns einen Ausdruck unseres persönlichen Menüs auf den Tisch, damit wir die Menüfolge immer Blick behalten würden. Fast so gut wie die individuellen Gang-Visiten-Karten beim Menü im Apicius in Bad Zwischenahn 2018. Wir blieben in Sachen Menü im Meer.
Rote Garnele mit Melone / Kokos / Enoki Pilze / Passepierre. Die Garnele war von einer unglaublich guten Qualität, süßlich, ganz leicht gegart, aus dem Panzer serviert. In der Bretagne hatte ich die vor 2 Wochen in rohen Mengen nur mit ein bisschen Mayonnaise und Brot gegessen. Geht in einem Sternerestaurant natürlich nicht. Deswegen begleitet von Pilzen (Enoki), Queller, Melone und ein ganz bisschen Sellerie, perfekt zur Garnele war aber die angegossene Kokossauce.
Das machte aus einem Teller mit sehr guten Zutaten ein äußerst harmonisches Gericht. Die Küche bog jetzt von der Küste ab aufs Land und servierte uns Zutaten aus Afrika. Roh mariniertes Botswana Beef mit Kohlrabi / Rübchen / Kresse / Miso-Sud
Das war mein Gericht. Rohes, ganz zart mariniertes Rindfleisch, muss nicht unbedingt aus Afrika sein, aber wenn man es in dieser Qualität in der Küche hat, schadet es sicher nicht. Das Fleisch war gerollt wie eine Roulade und gefüllt mit zartem, rohem Kohlrabi. Dazu weitere rohe Gemüse und eine sehr gute Mayonnaise, die dann auch durch die Menge auf dem Teller dafür sorgte, dass meine Frau an diesem Teller etwas litt, sie mag keine Mayonnaise. Passend war ganz wenig Umami durch den Miso Sud. Jetzt war auch der Sancerre leer, und weil es in Richtung Fleisch und dunkle Sauce ging, hatten wir Herrn Aktas schon vorher beauftragt eine Flasche 2005 Merlot & Cabernet Sauvignon, Karl-Heinz Johner zu öffnen und atmen zu lassen. Bedauerlicherweise war da jemand schneller als wir gewesen und hatte sich die letzte Flasche servieren lassen, meine Frau war aber auch sehr glücklich über die Alternative aus dem Piemont, ein 2011 Barolo, Paolo Scavino. Nachdem der Wein gekostet war, serviert die Küche 36 Stunden Schweinebauch & Pulpo mit Kimchi / Oktopus / Chili / Rettich / Sud
Herr Heyer hatte verraten, dass der Chef vor kurzem kulinarische Inspiration in Asien gesucht hatte, und mit diesem Teller war das außerordentlich gut umgesetzt. Tadellos gegart und dann geröstet das Fleisch und der Oktopus. Äußerst lecker der fermentierte Weißkohl, der ja nicht jedermanns Sache ist wegen seines Fischsaucen-Aromas. Perfekt dosierte Schärfe durch Kimchi, Rettich und Chili. Großartig dieser Gang und klarer Favorit des Abends von Herrn und Frau Carsten1972. Aus den beiden Hauptgängen zur Wahl hatten wir uns gegen kurzgebratener Ostsee Wildlachs mit Pfifferlinge / Holunder / Feldsalat / Sellerie entschieden und ließen uns 24 Stunden Iberico Schulter mit Graupen / Paprika / Chorizo / grüne Bohnen servieren.
Mit Parika, Chorizo, Bohnen und Graupen hatte die Küche ein Risotto hergestellt, das in seiner Güte an jedes Risotto aus Reis heran reichte. Schlotzig, Biss, Aroma, dass wäre auch ohne das Fleisch ein selig machender Hauptgang gewesen. Hier lag dann aber noch ein hervorragend geschmortes Stück Schwein mit auf dem Teller, dass zusammen mit seiner Sauce auch ohne Fehl und Tadel war. Nach diesen beiden Aromenbomben mit Fleisch servierte die Küche vor dem eigentlichen Dessert einen weiteren kleinen Gruß als Predessert.
Joghurt mit Maracuja und Nüssen sollte uns erfrischend auf das Dessert einstimmen. Die Küche servierte uns
Zartbitter Schokolade & Blaubeeren Karamell / Nusscrumbles / Toffee. Der finale Gang war süß, möglichen Käse (der Borgi mag uns verzeihen) ließen wir an dem Abend nicht servieren. Insbesondere die Mousse aus der Zartbitterschokolade machte glücklich mit ihrer herben Note. Das Karamelleis und Beeren harmonierten gut mit der Mousse. Als Abschluss noch ein Espresso
Hausgemachte petit fous gab es zum Kaffee, dann war Schluss mit dem Genuss. Die Küche von Daniel Georgiev ist klassisch gehoben ausgerichtet. Edle Zutaten bestimmen die Gerichte, der Kochstil ist international ausgerichtet. Die Küche würde überall auf der Welt gut ankommen, ich bin froh, dass sie in Haltern zu finden ist.
Der Service in Gestalt von Herrn Heyer, Herrn Aktas und nicht zu vergessen Frau Georgieva und einem weiteren Kollegen verrichtet seinen Job ohne Mängel. Auch hier steht ein klassisches Verständnis von Servicequalität an erster Stelle. Keine „originellen“ Outfits, kein Duzen, tadelloses eindecken des Tisches zu jedem Gang, äußerste Freundlichkeit bestimmten den Abend! Chapeau! Sehr gut!
Kann ich also zum Fazit kommen. Sternküche ist im Bereich MS und OS rar gesät, und nach dem Verlust des La Vie in OS und kommend des Keilings in Bentheim wird es noch lichter in der Auswahl der gehobenen Restaurants. Es gibt Lichtblicke in OS und MS selber, vielleicht werden dort in den nächsten Jahren neue Sterne aufgehen, aber ich bin froh dass ich in Haltern einen Stern zur Auswahl habe. Wir kommen sicher wieder, dass hat meine Frau verkündet und wenn das passiert, dann ist für ein Restaurant die allerhöchste Hürde schon überwunden!