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So geschehen bei unserem Zwischenstopp im Werratal, wo wir während unserer Rückfahrt von Bremen für eine Nacht haltmachten. Genauer gesagt befanden wir uns im rund 200 Einwohner zählenden Kleinvach, einem direkt an einer Werraschleife gelegenen, ungemein idyllischen Ortsteil von Bad Sooden-Allendorf und damit in unmittelbarer Nähe zur hessisch-thüringischen Grenze.
Aus dem eigentlichen Plan, dem ersten Haus des Kurorts, dem beliebten Restaurant „Quitte“, einen Besuch abzustatten, wurde von vornherein nichts, da man dort nur von Mittwoch bis Sonntag Gäste empfängt. Unser Hunger war nach einer kleinen Wanderung auf dem Premiumweg P16 im hessisch-thüringischen Grenzgebiet bei Asbach-Sickenberg nicht gerade trivial, aber auch unser zweites Einkehrass im Ärmel, die Klosterschänke in Bad-Sooden, hatte an diesem Montag geschlossen, sprich ihren Ruhetag.
Nach McDöner und Co. war uns nicht, nach gutbürgerlicher deutscher Küche schon eher. Ich googelte die Gegend nach Essbarem ab und wurde auf der rechten Werraseite fündig. Im von Fachwerkhäusern und reichlich alter Bausubstanz dominierten, schmucken Ortsteil Allendorf hatte das Deutsche Haus geöffnet. Nach einem kurzen Telefonat und dem Hinweis auf ein Erscheinen mit Kleinkind machten wir uns auf den Weg dorthin.
Das Deutsche Haus befindet sich in der zentrumsnahen Ackerstraße, was die Suche nach einem geeigneten Parkplatz für des Volkes Wagen selbst an einem Montagabend nicht gerade leicht machte. Auch unser kleiner Wonneproppen war vom langen Aufenthalt im Maxi-Cosi nicht in allerbester Stimmung. Hungrige, von der anstrengenden Fahrt gestresste Eltern trafen auf ein quengeliges Töchterchen, die zwar müde der Fahrt, aber nicht müde genug zum Schlafen war. Keine guten Voraussetzungen für eine entspannte Einkehr, die es dann auch nicht wurde.
Das von Gisela Kienzl in vierter Generation geführte Traditionshaus, dem auch das außerhalb im Grünen gelegene Ausflugslokal Wilhelms-Höhe (nur in den wärmeren Monaten geöffnet) angehört, machte nicht nur von außen einen gepflegten Eindruck.
Außenansicht
Im Inneren herrschte eine aus dunklem Holz geschnitzte deutsche Gutbürgerlichkeit wie man sie in den 70er oder 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in nahezu jeder Dorfwirtschaft antraf.
Ein Gastraum wie vor 40 Jahren
Viel Stammtisch- und Tresenklientel tummelte sich in dem liebevoll anachronistisch eingerichteten Gastraum. Steingut, Zinnkrüge und Eingerahmtes mit Lokalbezug beherrschten den zwischen derbem Fliesenboden und schwerer Holzbalkendecke eingefangenen Gastrokosmos.
Unser Tisch - wahres Glück is(s)t hausgemacht!
Auf die Anwesenheit eines Babys hatte man sich eingestellt. Der fehlende Wickeltisch wurde durch zwei zusammengeschobene Tische im Nebenraum kompensiert. Kaum hatten wir uns hingesetzt, wurden wir umgehend darüber in Kenntnis gesetzt. Ehrlich gesagt hätte ich viel erwartet, aber dass man uns extra einen Wickelraum herrichtet, das war schon ein feiner Zug unserer Gastgeber.
Die freundlich-fürsorgliche Art, mit der man hier seine Gäste bedient, war für uns eine sehr positive Überraschung. Ja, auch die bürgerlichen Deftigkeiten aus der Küche gingen voll in Ordnung und waren dazu noch äußerst preisgünstig kalkuliert. Aber sie allein wären für mich kein Anlass gewesen, einen Bericht über dieses in der Tat sehr ehrenwerte Deutsche Haus zu verfassen.
Aber gegessen und getrunken haben wir natürlich auch. Zur Entspannung musste eine regional gebraute Hopfenkaltschale herhalten. Das Eschweger Klosterbräu (0,4l für 2,50 Euro) aus der nahegelegenen Kreisstadt kam mir da sehr gelegen. Meine Frau löschte den Durst dagegen mit einem kleinen Mineralwasser (0,2l für 1,70 Euro). Später bestellte sie noch einen warmen, selbstfabrizierten Apfelsaft (2,50 Euro), den sie über die grüne Streuobstwiese hinweg lobte.
Trotz der unfassbar günstigen Steak-Preise – die Rumpsteaks lagen inkl. Beilagen bei gerade mal 18,50 Euro – war mir an diesem Abend nach Schnitzel zumute. Ich studierte die reichhaltige Schnitzelkarte, die vor herzhaften Panadebeispielen nur so strotzte. Hier mal ein kleiner Streifzug durch die Paniermeile.
Unter dem Begriff „Hausschnitzel“ firmierte hier die mit Käse und Schinken gefüllte Variante. Mit glasierten Zwiebeln und Speck stattete man hingegen das „Bauernschnitzel“ aus. Das „Helvetia Schnitzel“ grüßte mit Spargel und Schinken und war dazu noch mit Käse überbacken. Das „Jägerschnitzel“ wurde hier nicht mit dunkler Bratensoße, sondern mit Champignonrahmsauce kredenzt, während beim „Pfefferschnitzel“ eine entsprechende Soße angegossen wurde.
Der namentliche Sinn des „Schweizer Schnitzels“, das ebenfalls gratiniert, aber mit Champignons und Ananas (!) verfremdet wurde, erschloss sich mir nicht. Das mit weißen Bohnen, Schmorpaprika und reichlich Zwiebeln gesegnete „Serbische Schnitzel“ klang zwar nicht minder skurril, aber in meiner Vorstellung auch irgendwie interessant.
Dass es dann letztlich das „Serbische“ wurde, war wohl dem Umstand geschuldet, dass die Grenze nach Thüringen nur einen Katzensprung entfernt lag und ich ein mit Letscho angereichertes Folklorestück bis dato noch nie auf dem Teller liegen hatte.
Die frisch der Pfanne enthobenen Bratkartoffeln waren mir den 1 Euro Aufpreis wert. Für insgesamt 12,50 Euro war das aber immer noch ein sehr günstiges Abendmahl und – wie sich bald herausstellen sollte – auch ein sehr sättigendes dazu.
Meine Gattin mochte es dagegen lieber vegetarisch. Ihre Wahl fiel auf die frittierten Champignons an üppiger Salatgarnitur, die mit 8 Euro zu Buch schlugen. Da uns die Laune der Jüngsten am Tisch gehörig in Wallung versetzte, vergaß ich während meiner Beruhigungs- und Bespaßungsversuche – auch auf Papas Arm wird es irgendwann langweilig – ein Bild vom ansehnlichen Pilzteller meiner Frau zu schießen. Man möge es dem zu diesem Zeitpunkt „leicht“ genervten Vater am Tisch verzeihen.
Dabei hatte der Service auf die sich anbahnende „Schlechte-Laune-Phase“ unserer Tochter toll reagiert und das Essen meiner Frau etwas vorgezogen serviert. So konnten wir wenigstens in Etappen unsere beiden Abendessen einnehmen. Der eine aß, der andere trug. Später dann umgekehrt.
Als das frisch der Pfanne entstiegene, unter einem dicken Letscho-Teppich versteckte Schnitzel dann vor mir landete, war meine bessere Hälfte nicht mehr zugegen. Sie hatte sich mit unserer kleinen „Beutelratte“ zu einem abendlichen Spaziergang durch das idyllische Allendorf aufgemacht. In der Trage findet unser Mädel nämlich so gut wie immer in den Schlaf.
Der „Novak Djokovic“ unter den Schnitzeln fiel angenehm saftig aus. Das Fleisch schön mürbe geklopft und sicherlich auch gut gewürzt, was man jedoch aufgrund der geschmacklichen Dominanz des süß-säuerlichen Bohnen-Paprika-Allerleis kaum herausschmecken konnte.
Letschoschnitzel mit Bratkartoffeln
Die Bratkartoffeln waren sehr gut gewürzt. Etwas weniger Zwiebeln hätten es meiner Meinung nach ruhig sein dürfen. Und etwas weniger Fett, denn meine „Gebreedelden“ troffen doch arg.
Das "Serbische Schnitzel"
Keine Ahnung, wie vieler Schnäpse es bedurft hätte, um diesen Rustikalteller in verdaulichere Magensaftbahnen zu katapultieren. Die Fahrt zurück zum Hotel nach Kleinvach verbot jedoch dergleichen, was mir für den Rest des Abends ein hartnäckiges Völlegefühl bescherte.
PS.: Übrigens fiel am nächsten Tag die Schlussetappe auf dem Weg zurück in die Heimat dank schlafendem Baby und einer gut gewählten Pause in einer sehr kinderfreundlichen Shopping-Mall (bei Weiterstadt) recht entspannt aus.