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Morgens zeitig aufstehen, damit die Gäste nicht auf ihr Frühstück verzichten müssen. Und dann noch die riesigen Kochtöpfe und Pfannen bedienen, um am Mittag die benötigten Essensportionen fertig zu haben. Dieser Stress ist für Joachim Gaumer bald vorbei. Einen Tag vor Weihnachten steht er zum letzten Mal in der Küche. Danach wird ausgeräumt, denn die Herdplatten bleiben künftig kalt. Mit seinen 69 Jahren hat er sich den Ruhestand redlich verdient. Obwohl: "Leichtgefallen ist mir der Entschluss, aufzuhören, nicht."
Damit verlieren die Kodersdorfer ihr beliebtes Schlachtfest-Lokal. Jahrelang pilgerten die Fans der rustikalen Hausmannskost zur "Speisegaststätte Gaumer", wenn der Buschfunk meldete, dass der Chef wieder seine Spezialitäten auftischen würde. "Dafür Werbung machen, brauchte ich wirklich nicht", freut er sich über den Zuspruch bei den Gourmets im Ort.
Dabei hätte alles auch ganz anders laufen können. Joachim Gaumer hatte Fleischer gelernt und als junger Mann in Wiesa den damaligen Gerichtskretscham übernommen. "Irgendwann wollte ich nicht mehr. In eine andere Gaststätte wechseln kam für mich nicht infrage", erinnert er sich. Doch als in der Küche der früheren Kodersdorfer LPG Pflanzenproduktion ein neuer Leiter gesucht wurde, ließ er sich umstimmen. 1985 fing er dort als Küchenchef an. Rund 700 Mittagsportionen waren damals völlig normal. "Das lief wie am Schnürchen." Sämtliche Bauern rund um Kodersdorf ließen sich mittags von Joachim Gaumers Kochkünsten verwöhnen.
Erst mit der Wende änderte sich die Situation. Die entscheidende Frage: Dicht machen oder selbst übernehmen. "Ich musste da nicht lange überlegen", erzählt Gaumer, der die Räume pachtete und seit Oktober 1991 den Laden eigenverantwortlich führt. Mit fünf Mitarbeitern startete er in die neue Ära. "Unser Hauptgeschäft blieb natürlich die Mittagsversorgung." Neben Landwirten und Arbeitern gehörten auch Schulen und Kitas zu den regelmäßigen Abnehmern. Zudem "Essen auf Rädern" für Senioren in Kodersdorf und Umgebung. "Zeitweise haben wir auch die Firmen im Gewerbegebiet versorgt."
arallel dazu nahmen Buffets und Familienfeiern immer mehr zu, natürlich auch die Schlachtfeste. "Da waren zu Beginn vielleicht 50 Leute da. Später gab es so viele Anfragen, dass wir bei 80 Personen bremsen mussten." Die Kodersdorfer Vereine trafen sich in der Speisegaststätte gern zu ihren monatlichen Zusammenkünften und wurden natürlich ausgiebig bewirtet. Von Zeit zu Zeit konnte Joachim Gaumer auch einen seiner Kollegen begrüßen. "Wir sind ja vier Gaststätten in Kodersdorf. Und dazu noch ein paar Imbisse." In die Quere gekommen sei man sich jedoch nie. Denn: "Jeder fährt seine ganz eigene Schiene."
An bestimmte Momente erinnert sich der Küchenchef ganz besonders gern. "Als der Tunnel durch die Königshainer Berge gebaut wurde, waren die Bauleute regelmäßig bei uns - man kann schon sagen: über Jahre." Manchmal rückten da Kolonnen von bis zu 120 Männern an. "Die brachten ordentlichen Appetit mit", erzählt Gaumer, der sein Können auch bei den von der Baugesellschaft anberaumten offiziellen Veranstaltungen beweisen durfte. "Da haben wir zum Beispiel die Biedenkopfs bekocht." Oder bei einem Tag der offenen Tür so viele Bratwürste über den Grill geschoben, "dass der Kollegin regelrecht die Hände glühten."
Mit Corona hat sein Schlussstrich vordergründig nichts zu tun, auch wenn er die aktuellen Einschränkungen für die Gastronomie nicht in Ordnung findet. "Wir hätten durchaus noch Anfragen annehmen können. Aber nur bis 20 Uhr öffnen? Das lohnt sich doch nicht." Wenigstens bis zehn am Abend müsste es schon sein. Mit 3G-Regel - so wäre es auszuhalten. Darüber jedoch muss sich der angehende Rentner bald nicht mehr den Kopf zerbrechen. Seine beiden verbliebenen Mitarbeiterinnen finden etwas Neues, ist er überzeugt. "Köche werden ja überall gesucht." Und auch er selbst geht noch nicht völlig in den Ruhestand. Als Meister seines Fachs sitzt er weiter in der Prüfungskommission, die Kochlehrlinge zu bewerten hat.
Und wieder gibts eine Dorfkneipe weniger......