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* Wir treten ein in eine Restaurant-Räumlichkeit, die geschätzt für 30 Gäste Platz bietet. Seit Jahren ein unverändertes Ambiente. Wer erstmalig hier aufschlägt ist vielleicht über die Bestuhlung erstaunt. Nörgler bezeichnen diese bestimmt als "zu eng". Coole Realisten sprechen wahrscheinlich von einer "Maximal-Bestuhlung". Für die vielen Stammgäste dürfte es eher kuschelig sein. Das Gastro-Mobiliar deckt ein Zeitfenster von vielleicht 50 Jahren ab. Hier findet man sehr verschiedene Stilrichtungen, sagen wir mal zirka von 1930 bis zum Jahre 1980. Dazu ein sehr umfangreicher Wandschmuck. Bilder, Fotos, Poster, Spiegel, Tücher, kleine Regale, Weinflaschen - alles was sich so angesammelt hat. Ob der Inhaber ein Jäger ist, wir wissen es nicht. In jedem Fall aber ein Sammler. Auch das Beleuchtungskonzept spiegelt diverse Epochen. Vom ältlichen Leuchter bis zum Halogenstrahler der 90er Jahre. LED-Spots sind noch nicht angekommen. Befinden wir uns in einem Restaurant ? In einer Tapas Bar ? In einer Hafen-Kneipe ? Oder in einer spanischen Bodega ? Sicherlich von allem etwas. Und genau das macht den Charme des Hauses aus. Kontinuität seit Jahren ! Warum etwas verändern, was sich seit Jahren bewährt hat ? Damit bindet man offensichtlich zahlreiche Stammgäste. Werbung, Aktionen, neue kulinarische Ideen - hier alles kein Thema. Offenbar mit Erfolg.
* Wir hatten reserviert, der freundliche Service zeigt uns den Tisch am Fenster. In direkter Nachbarschaft die anderen Gäste, man nickt sich freundlich zu. Ruck zuck, die schlichten Karten werden vom Service gebracht. Hasimausi dürstet es zur Einstimmung nach einem Cava. Ich reduziere mich auf ein Krombacher, auch wenn spanisches Bier angeboten wird. Natürlich aus der Flasche. Nachvollziehbar ! Schnell werden die Getränke gebracht. Die Kühlung stimmte, bueno ! Die Übersichtlichkeit in der Karte ist gut, dass Konzept klar erkennbar. Wenige Vorspeisen, dann geschätzt gute 20 und mehr Tapas, Hauptgerichte, Dessert. Wobei der Übergang von den Vorspeisen zu den Tapas fließend ist. - Wir hatten uns schnell entschieden. Vorab die Gambas in Weißweinsauce (9,- Euro) und diverse Vorspeisen von der iberischen Halbinsel (je 9,50 Euro). Danach das argentinische Rumpsteak (19,90 Euro) und das Filet vom Schwertfisch für 17,- Euro. Der Service fragte noch aufmerksam nach, in welcher Reihenfolge er die Vorspeisen/Tapas servieren sollte. - Kurz danach wurden ein Schälchen Oliven serviert - pur ! In meiner Großzügigkeit übereignete ich diesen für mich wenig attraktiven Gruß aus der Küche, zu 100% meiner lieben Dame, die bekanntlich solche Produkte gerne verzehrt. Während sich Hasimausi mit den Oliven beschäftigte, orderte ich ihr auf Wunsch einen Rioja, obwohl ich angemerkt hatte, dass ein spanischer Roter sich weder mit den Gambas noch dem Schwertfisch gut verträgt. Aber gut, sie wollte es so. Kurz danach wurde der Haus-Rioja in einer Keramik-Karaffe vom Type "Ibero-Bodega-Style" serviert. Dagegen wirkte mein Krombacher im "Rastal-Pils-Glas" unauffällig. Während man auf das Essen wartet, schaut man sich in Restaurants gerne um. Wegen der nahen Nachbarschaft zu den anderen Tischen, hat man hier im El Jamon die Gelegenheit sich umzuhören. Mein Dame kritisierte das und merkte daher an, dass ich hier die räumliche Nähe zu den anderen Gästen zwar bei jedem Besuch wieder ansprechen würde, es uns aber trotzdem nichts davon abhält, im El Jamon wiederholt zu essen.
* Die Vorspeisen/Tapas wurden serviert. Gambas in einer Weißweinsauce, Serrano-Schinken, spanische Wurst und Käse, natürlich Aioli und dazu einen mächtigen Korb mit Brot. Der Serrano so mild wie er sein sollte - Klasse. Ganz anders dagegen die Chorizo (Wurst). Keine Spur von Milde, kräftig und würzig im Geschmack, knoblauchlastig und verträglich scharf - sehr lecker, Spaß im Mund. Ebenso kräftig der spanische Hartkäse. Als excellenter Kontrast dazu die Gambas in der Weissweinsauce. Alles abgerundet mit einem wunderbar frischen Brot, mit einer festen Kruste. Dazu Aioli, das ganz sicher nicht aus dem grossen Metro-Eimer oder vom Gastro-Großhändler kam. - Inzwischen war auch der allerletzte Platz besetzt, Küche und Service hatten spür-und erkennbar alles im Griff. Die dezente spanische Musik übertönte keine Gespräche. Wir fühlten uns wohl. - Die Hauptgerichte wurden nach einem guten Abstand zu den Tapas-Vorspeisen serviert. Ein kurzer Blick auf den Teller meiner Dame löste bei mir kein "oh sieht Klasse aus" Ausruf aus. Das Schwertfischfilet wirkte optisch etwas wild, das Gemüse etwas verstreut. Ganz anders dagegen die Reaktion meiner Dame, nach der ersten konsumierten Gabel. Das Fleisch war offensichtlich fest, der Geschmack gut und frisch und die Abrundung durch die Sauce sehr passend. Zufriedenheit und Lob. Ähnlich bei meinem Rumpsteak. Den Garpunkt wie bestellt getroffen und die Kartoffelecken abseits jedes Convenience-Geschmacks. Untadelige Fleischqualität. Einzig die dazu servierte Kräuterbutter darf man als wenig kreative Begleiterscheinung bezeichnen. Alles in allem eine gute Leistung. Trotzdem sei ein wirklich lieb gemeinter Hinweis erlaubt, ein Hinweis den ich schon mal vor einigen Jahren in einer RK-Kritik ähnlich angebracht habe. Die Küche im El Jamon beweist immer wieder, dass der Chef am Herd sein (Koch) Handwerk versteht. Die Qualität ist gut, die Küche zeigt keine Schwankungen. Kontinuität heißt das Zauberwort. Nur bei der Präsentation, also bei der Optik der angerichteten Teller, bestehen noch Reserven. Gemeint ist nicht die Teller mit "Balsamico-Firlefanz" zu bemalen oder Tellerränder grün abzustreuen. Aber einfach die wirklich gut zubereiteten Produkte etwas aufmerksamer auf dem Teller platzieren.
* Dessert ? Nee passte nicht mehr, wegen der sehr umfangreichen Tapas-Vorspeisen. Was passt denn noch ? Spanischer Osborne-Brandy oder Veterano ? Ein "43" er Likör oder ein Orujo ? Bei meiner lieben Dame wie fast immer nur noch Espresso, den Spirituosen ist nicht ihre Welt. Für mich den Brandy. Tja und dann gab es noch zur Rechnung zwei Brandy auf's Haus. Beide für mich. Das war dann mindestens einer zuviel.
Fazit: Immer wieder gerne. Auch wenn man die Atmosphäre und das Ambiente als "Espana-Rustico'" bezeichnen kann oder gerade deswegen. Das Essen ist gut, der Service fix und aufmerksam. Daher für das Essen 4 Sterne, ebenso für den Service. Gleiches gilt für das PLV. Beim Ambiente scheiden sich (wie häufig) die Geister. Von uns 3 Sterne. Trotzdem kommen wir gerne immer wieder.
Ein spanisches Gracias + Ein türkisches Sagol