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Wieder Weihnachtsmarkt auf dem Bremer Marktplatz und am Weserufer und danach soll es ein zünftiges Essen geben. Nach den mäßigen Erfahrungen der letzten beiden Jahre in Traditionsgaststätten (Zur alten Gilde, Kleiner Ratskeller) fiel meine Wahl heuer auf das Schüttinger, das im Untertitel „Erste Bremer Gasthausbrauerei„ führt.
Das Schüttinger gibt es seit 1990. Und obwohl ich dem Bier zugetan bin, kann ich mich nur an den einen oder anderen Frühschoppen in der Frühphase erinnern. Also auch eine Risikowahl.
Reserviert habe ich Mitte September für den Abend des zweiten Adventssamstags, was sich als sehr klug erwies.
Dass es voll sein würde, war zu erwarten, aber die Massen, durch die wir uns hindurcharbeiten mussten, um unseren Bereich in den labyrinthischen Räumlichkeiten des Schüttingers zu erreichen, haben mich dann doch überrascht und mein erster Gedanke war, bloß keinen Tisch in den Hauptkampfzonen. Aber wir hatten Glück, wie noch weiter unten genauer zu beschreiben sein wird.
Ich weiß nicht, wie viele Menschen in dem unübersichtlichen Brauhaus Platz finden, aber es müssen 300 oder mehr gewesen sein, die das Schüttinger bis in den letzten Winkel füllten. Natürlich war man ausreserviert, was aber nicht verhinderte, dass viele Menschen nach einem freien Tisch Ausschau haltend, durch das ohnehin enge Gasthaus irrten. Das würde es in einer Hausbrauerei in Düsseldorf nicht geben: Wenn man voll besetzt ist, gibt es einen Einlass für Wartende erst, wenn Plätze frei werden; dafür sorgt ein Türsteher. Das habe ich vermisst. Der Druck war wegen des Weihnachtsmarktes und des Werder-Heimspiels sicherlich außergewöhnlich, aber das hätte auch außergewöhnliche Maßnahmen erfordert. Da an Freitagen und Samstagen ab 20:30 Uhr Partytime im untersten Bereich ist, wurde der Lärmpegel nach Ballermannart weiter erhöht.
Viel junges Volk in Gruppen zwängte sich auf dem schlichten Mobiliar in den Gewölben. Dazu natürlich die grünen Schals in unterschiedlichen Mannschaftsstärken.
Wer diese angedeutete Stimmung mag, dem ist das Schüttinger an solchen Tagen zu empfehlen, zumal mir spontan nur das Hofbräuhaus im Landgerichtsgebäude einfallen würde, was ein vergleichbares Remmidemmi bieten könnte. Allein wegen des Essens muss man das Schüttinger nicht aufsuchen.
Wer lärmende Gruppen und Gedränge meidet, der sollte das Schüttinger nicht besuchen oder sich einen Tisch in einem ruhigen Raum zusichern lassen.
Die Homepage des Schüttingers http://www.schuettinger.de/ bietet die Karten und eine kleine Fotogalerie. Leider gibt es keinen Lageplan mit Raumbezeichnungen.
Das Preis-Leistungsverhältnis bewerte ich mit 3,5 Sternen, die Happy-hour-Preise für die ersten Biere berücksichtigend (15:00 bis 19:00 Uhr).
Service:
Um solch einen Andrang zu bewältigen, braucht man ein eingespieltes Team. Mit hilfskellnernden Gymnasiasten würde man scheitern.
Die Kräfte sind leicht zu erkennen an den weißen Poloshirts mit Schüttingerlogo und den leuchtend roten Schürzen. Nach einem ersten Kontakt wurde uns bedeutet, wo wir nach unserem Tisch fragen sollten. Das war an einer Zapfstation. Dort wurde uns der Weg beschrieben, auf einem Lageplan der Tisch gezeigt und auf die zuständige junge Frau verwiesen, die uns gerne an unseren Tisch geleiten würde. Das war eindeutig und beruhigte ein wenig. Als unsere junge Kellnerin mit leicht osteuropäischem Akzent voranschritt und wir einen ruhigen Nebenraum mit richtigen Tischen und Stühlen betraten, beruhigte ich mich vollends, angesichts des unerwarteten Refugiums im ansonsten lärmenden Brauhaus.
Sie bediente uns den Abend über, ergänzt durch einen jüngeren Mann. Wohltuend die klare Zuständigkeit. Und auch die Getränke standen schnell auf dem Tisch und die Speisen kamen nach kommoden Wartezeiten. Sie war auch freundlich, gelassen und ging mit mir auf ihre Bitte hin am Ende jede Position des Bons durch, mit der Bemerkung, dass das an einem solchen Tag notwendig sei. Aber alles war korrekt. Einen solchen tadellosen Service hatten wir angesichts des Ansturms nicht erwartet. Deswegen vier Sterne.
Im Schüttinger trinkt man das im Haus gebraute Bier, schlicht nach Hell und Dunkel unterschieden. In der Happy hour kosten 0,4 l 2,50 €, danach werden 3,90 € fällig. Mit meinem Maßpreis von 6,30 € in der letzten halben happy Stunde hatte ich ein richtiges Schnäppchen geschossen! Das Bier selbst ist trinkbar, hat aber nicht den unverwechselbaren Geschmack der von mir zunehmend goutierten Craftbiere.
Neben dem Bierangebot ist die Getränkekare von der Auswahl her ein Witz: Ein Rotwein und ein Weißwein 0,2 l für 3,90 € und man gerade zwei Schnäpse findet man auf ihr. Hier wird offensichtlich jeder Aufwand vermieden, der mit einer üblichen Auswahl und der damit verbundenen Getränkepflege verbunden wäre.
Essen:
Im Vergleich zur Getränkekarte ist die Speisekarte geradezu üppig von der Auswahl her. Wie zu erwarten, bietet sie Klassiker der Brauhausküche wie die Grillhaxe oder Schnitzel, dem Norden angemessen auch Labskaus, Matjes oder Brathering und eine XXL-Currywurst mit 400 Gr. Kampfgewicht.
Auf dem Bon erscheinen zwei Schnitzel Friesenjäger, die auf der Karte als Bierkutscher Schnitzel ausgewiesen sind. Da mir schon am Abend auffiel, dass eine Tür unseres Raums direkt in den nebenan liegenden Friesenhof führt, habe ich die Karten abgeglichen und festgestellt, dass die Schüttingerkarte einen Auszug aus der Karte des Friesenhofs bildet. Aufgrund dieser investigativen Erkenntnis steht fest, dass ich nachfolgend die Küche des Friesenhofes kritisiere.
Zwei Suppen wurden geordert: Die Kartoffelsuppe mit Räucherspeck (4,50 €) und die Maronensuppe von der Monatskarte (4,90 €).
Meine Kartoffelsuppe kam nur warm auf den Tisch. Der Räucherspeck entpuppte sich als ein Esslöffel gleichmäßiger kleiner Würfel eines nur entfernt an Räucherspeck erinnernden mageren Schinkens. Die Suppe von der Konsistenz her schon leicht pampig, aber vom Grundgeschmack her gut. Schade, denn mit kleinen Verbesserungen hätte es eine richtig gute Suppe sein können. Die Terrinengröße fand ich in Ordnung.
Die Maronensuppe mit Sahnehaube gegenüber recht sahnig, passender von der Konsistenz her und im Geschmack eindeutig. Also durchaus gelungen.
Dann zweimal das Bierkutscher Schnitzel alias Friesenjäger Schnitzel mit Rahmchampignons und Bratkartoffeln resp. Pommes als Sonderwunsch (13,90 €). Die Schnitzel waren unerwartet paniert, aber nur zur Hälfte ertränkt in der reichlichen Champignonsoße. Die Portionsgrößen angemessen. Die Champignons in der Rahmsoße gut essbar. Das panierte Schnitzel von üblicher Dicke und etwas trocken, aber das ist nun mal nicht anders zu erwarten. Auf der Karte sollte man das Schnitzel genauer beschreiben, denn wir hatten eine deftigere Variante (unpaniertes Nackensteak) erwartet.
Ich wählte die Bratheringe mit Bratkartoffeln (12,50 €). Zwei mittelgroße, mild-säuerliche Bratheringe waren geschmacklich gut. Sie hätten aber zarter sein dürfen, denn das Filettieren erforderte schon etwas Arbeit.
Das vierte Gericht war der Nordische Backfisch mit Bratkartoffeln und zwei Dips (Remoulade und asiatisch, sehr currylastig). Der Fisch wurde als saftig und grätenfrei gelobt, verborgen allerdings hinter dicker Panade.
Die Bratkartoffeln waren als „deftig mit Speck und Zwiebeln“ angekündigt worden. Das Versprechen hielten sie nicht. Angesichts der Mengen, die die Küche an dem Abend für beide Häuser an Bratkartoffeln „raushauen“ musste, war auch nicht mehr zu erwarten. Es waren Bratkartoffeln der schnell auf der heißen Platte gespachtelten Sorte, also überwiegend blond, mit Conveniencespeckwürfelchen und noch recht roher Zwiebel. Gut gefielen die rustikalen, großen Pommes.
Summa summarum ein Essen ohne besondere Höhen und Tiefen. Meine drei Mittesser ließen ein „gut“ vernehmen. Ich nenne es ordentlich. In milder Adventsstimmung werden daraus 3,5 Sterne.
Ambiente:
Das Schüttinger verbirgt sich, nah am Marktplatz in einer Seitengasse gelegen, in Räumlichkeiten ohne Tageslicht. Der tunnelartige Haupteingang wirkt nicht einladend, weil man keine Vorstellung von dem hat, was einen erwartet. Natürlich sieht man schnell die beiden schönen Kupferkessel des Braumeisters. Ansonsten ist alles auf rustikal getrimmt und macht einen düsteren Eindruck. Er wird verstärkt durch die sehr niedrigen Deckenhöhen, die teilweise Gewölbeform haben. In diesen Hauptbereichen sitzt man auf Bänken ohne Rückenlehnen und Polstern oder an Hochtischchen auf Hockern. Über schmale Treppen sind mehrere Bereiche miteinander verbunden. Die Tische sind eng gestellt und die Laufwege im Evakuierungsfall sicherlich spannend. Sitzt man am anderen Ende, ist der Weg bis zu den Feuchträumen schon etliche Meter lang und man sollte ihn sich gut merken.
Dass ich mich in den beschriebenen Bereichen des Schüttingers nicht sehr wohl fühlen würde, ist deutlich geworden. Wir saßen in einer größeren Stube, die einen freundlich-hellen Eindruck machte. Auf richtigen Stühlen an gut bemessenen Tischen kann man es dort gut aushalten, wenn nicht der lange Weg zur Entsorgung bei nachlassender Kontinenz wäre. Die Fliesen nach Delfter Art an der einen Wand lassen die Vermutung aufkommen, dass unser Raum eher dem Friesenhof zuzuordnen ist. Für Reservierungen in diesem ruhigen Raum: Unser Tisch hatte die Nummer 690.
Sauberkeit:
Trotz des hohen Andrangs konnte ich nichts Unangenehmes entdecken. Unsere Kellnerin wischte auch fleißig frei gewordene Tische und im entfernten Feuchtraum sah es auch noch zivilisiert aus; eine Klofrau sorgte dafür..