Geschrieben am 18.12.2022 2022-12-18| Aktualisiert am
18.12.2022
Auch dieser Text ist kürzlich in der bereits erwähnten Solinger Facebookgruppe erschienen und stieß auf große Resonanz, wie auch u.v.a. im Falle der Burgerschmette, wurde der kleine Laden in den folgenden Tagen völlig überrannt, was mich sehr freute (wundert Euch daher nicht über den vielleicht leicht ungewohnten Duktus, das Lokalkolorit, das "handliche" - die Vorlese-App von NoTeaForMe dürfte sich unterfordert zeigen :)) - Format, sowie das Foto der netten Köchin; aber die Leute lieben es eben, Gesichter zu solchen Betrieben zu sehen).
Daher habe ich den Betrieb soeben hier angelegt und möchte Euch auch daran teilhaben lassen, allen die dies noch heute lesen wünsche ich von Herzen einen schönen 4. Advent, "wir" (räusper) schmücken gerade den Baum und freuen uns auf ein zünftiges Käsefondue heute Abend, passend zur frostigen Witterung.
Original-Post aus Dezember 2022:
Zu behaupten, in Solingen sei es schwierig, gut oder gar authentisch asiatisch zu essen, ist leider eine Untertreibung sondergleichen.
Es sei denn, man hat das Konzept „Crispy Mystery Meat auf fettigen Bratnudeln“ für sich als die ultimative Quintessens panasiatischer Küchenkultur erkoren, dann ist man hier natürlich goldrichtig.
Gleiches gilt für Fans preiswerter All You Can Eat Buffets, die bei deren Anblick verzückt „Oh köstlicher Zauber des Fernen Ostens!“ ausrufen und sich zum Abschluss den Bauch mit einem halben Pfund matschiger, lauwarmer gebackener Bananen aus der XXL-Bain-Marie vollschlagen.
Übrigens – noch kürzlich von einer erfolgreichen, jungen chinesischen Gastronomin erfahren - kennt man dieses spezielle Dessert in China genauso wenig wie Glückskekse: Was mitnichten nicht nur in Solingen angeboten wird, ist in den allermeisten Fällen mehr oder weniger gelungener europäisierter Mainstream, in dessen Wettbewerb dank der „Geiz ist geil Mentalität“ zudem viel über den Preis geregelt wird, und weniger über die Qualität.
Auch bei Sushi habe ich hier selten Gutes gesehen, rein optisch machte das Sushi Intermezzo von Fisch Schälte und eine Sonderaktion des Jordan Foodtruck hier bislang mit großem Abstand den besten Eindruck. Ich bin beileibe kein Sushi Experte, habe aber schon erlebt und erschmeckt, was wirklich gutes Sushi ausmacht und dann ist es schwierig, etwaigen Murks zu akzeptieren, vor allem in einer kulinarischen Kultur, die sich so brutal über die Produktqualität definiert wie Sushi.
Und wer sich jetzt denkt „Was faselt der dicke Mann da? Die 56b bei Asia Ding Dong ist doch immer mega, schweige er für immer!!!1!1!“ hat natürlich auch recht, wenn es ihm denn schmeckt.
Aber ich kenne nicht wenige Solinger, die asiatische Küche lieben und regelmäßig nach Düsseldorf pilgern, um ihren diesbezüglichen Gelüsten nachzugehen, und das ein oder andere vermisse auch ich hier schmerzlich.
Und keine Angst, ich erliege hier keinen irren gastronomischen Fieberträumen nach dem Motto „die Immermannstraße muss hier neu erfunden werden, her mit der Nagaya Dependance in Nümmen!“ sondern mir geht es um alltagstaugliche Angebote, die kleine Ramen-Bar, koreanisches oder vietnamesisches Streetfood bspw.
So freute ich mich also, als ich kürzlich erfuhr, dass ich seit fast drei Jahren verpennt habe, dass in der Fußgängerzone – bzw. dem, was davon noch übrig ist… - ein kleines vietnamesisches Restaurant existiert, eine kleine Bude, die man gemeinhin im englischen Sprachraum als „hole in the wall“ bezeichnen würde.
Bei den guten Google Bewertungen fand sich sogar eine in Vietnamesisch, die sich sehr angetan zeigte. Das klang doch gar nicht übel und so stand ich gestern an einem bitterkalten Strohwitwer-Abend – Madame weilte auf der Abteilungs-Weihnachtsfeier – gegen 19:30 Uhr vor dem kleinen Lokal in der oberen Fußgängerzone, nachdem ich die fast unlösbare Aufgabe gemeistert hatte, in der Nähe einen Parkplatz zu ergattern.
BTW: Gab es hier nicht mal in grauer Vorzeit ein Parkhaus? Anderes Thema….
Ich kam dort auch in den Genuss, die unfassbar stimmungsvolle Atmosphäre des „Weihnachtsmarktes“ an den Clemens Galerien erfahren zu dürfen.
Dessen Geschäftsmodell scheint so einfach wie perfide: man beschalle alle Anwesenden solange gnadenlos mit aller- allerfinstersten deutschen Partyschlagern, bis jeder davon überzeugt ist, diese Situation nur mit drei Litern Glühwein und Eierpunsch intus überstehen zu können. Oder aber genau deshalb dort war, die Grenzen schienen fließend.
Von außen sah man ein Köchin und eine Aushilfe geschäftig in der Küche wirbeln, Woks flogen hin und her, es dampfte munter vor sich hin, die Szene hätte so auch in Saigon stattfinden können.
Ich trat ein und schon der appetitliche Geruch, der mich empfing, unterschied sich deutlich von den fettgeschwängerten Wolken, die man sonst aus kleinen Asis-Imbissen hierzulande kennt.
Man strahlte mich an bei der Begrüßung, natürlich könne ich auch gerne vor Ort essen, es sei nur gerade etwas unaufgeräumt entschuldigte man sich leicht errötend, aufgrund von Personalmangel sei die Situation momentan etwas schwierig.
Hao Nguyen heißt die sympathische Betreiberin, die in Leverkusen lebt und Anfang 2020 in Solingen ihre Pforten öffnete.
Die emsige Mittvierzigerin tat mir leid bei meinem Besuch, sie konnte sich vor Online-Bestellungen kaum retten und als kurz darauf ihre Küchenhilfe mitten im dicksten Trubel auch noch gehen musste, ging sie fast völlig unter.
Man bietet Sushi, Vorspeisen und verschiedene Reis- und Nudelgerichte, die zwar nicht durchgehend rein vietnamesisch geprägt sind, aber bspw. mit dem Reisnudelsalat Bún oder Com th?t xá xiú, vietnamesichem „BBQ“-Schweinefleisch mit Gemüse und gekochtem Reis doch spürbar die Fahne des Lande hochhalten.
Wenn es zwei Gerichte gibt, die sinnbildlich für die Soul- bzw. Streetfood Kultur des Landes stehen sind es sicher Ph? und Bánh mì.
Ich hatte eine Ph? bò(kleine Portion für 5,50€) mit Rindfleisch, das hauchdünn geschnittene Fleisch gart erst in der heißen, kräftigen Brühe der traditionellen Nudelsuppe, deren aufwändige Herstellung mit Rindermarkknochen, Suppenfleisch, frischem Ingwer und vielen, vielen Gewürzen mir von Frau Nguyen mit Leidenschaft und Stolz beschrieben wurde. Mir geht immer das Herz auf, wenn klar wird, dass jemand Freude an seinem Tun in der Küche hat.
Ich glaube eine perfektere Suppe für diese Witterung gibt es kaum, wer gerade erkältet ist sollte mal eine Schüssel davon schlürfen, mir hat sie sehr gut geschmeckt.
Die Frühlingsrollen(4,00€) mit Gemüse und Hühnerfleisch hatte ich in erster Linie nur deshalb bestellt, weil sie hausgemacht sind und ich kann mich nicht daran erinnern, dies jemals in Solingen gesehen zu haben.
Sie sehen unspektakulär aus und natürlich ist die Sweet Chili Sauce zugekauft – andere Soßen aber nicht, die Saté Soße zum Beispiel! – aber es macht sich nicht nur in der Textur des dünnen frittierten Reispapiers bemerkbar, dass diese Dinger niemals die Bekanntschaft mit einem Tiefkühler machen mussten. Sehr lecker, auch in dippender Liaison mit der Hoisin Sauce, die man neben Chili Sauce mit der Suppe reichte.
Beim Bánh mì (5,50€) macht sich das koloniale Erbe Frankreichs gleich zweifach bemerkbar, einerseits mit dem in Vietnam so beliebten Baguette wie auch der Leberpaté, die neben guter Butter auf die Brothälften kommt. Dazu süß-sauer eingelegte Karotten, frischer Koriander und Gurke sowie dem bereits erwähnten „BBQ Pork“: dünne Scheiben vom Schweinenacken, lange mariniert, dann angebraten und lange in einer hausgemachten vietnamesischen BBQ Sauce geschmort.
Es gibt unzählige Bánh mì Varianten und es ist überall anders, mir hat es gut geschmeckt, nur bei dem herrlichen Schweinefleisch hätte man etwas großzügiger sein dürfen.
Bedingt durch das hohe Bestellaufkommen musste ein offenkundiger Stammgast ca. eine Viertelstunde auf sein Essen warten, das er abholen wollte; man kannte und duzte sich, ein herzliches Verhältnis. Frau Nguyen spricht übrigens perfekt Deutsch, das sei an dieser Stelle am Rande angemerkt, da dies in diesen Betrieben ja weiß Gott nicht immer der Fall ist, um es vorsichtig zu umschreiben.
Was mich auch freute in Sachen „weltoffenes Solingen“: dieser Stammgast war kein 29jähriger Hipster-Foodie oder eine flippige Alt-Hippie Dame, die mit dem Essen ihre Aussteigerzeit in den späten Siebzigern hochleben lässt.
Nein, ein älterer Herr, konservativ gepflegt gekleidet, eher der Typ öffentlicher Dienst mit unverkennbaren Solinger Wurzeln: meine Vorurteilsmaschinerie hätte ihn eher regelmäßig beim gutbürgerlichen Schnitzel verortet.
Dort vor Ort zu essen ist u.a. aufgrund der beengten Situation sicher eher etwas für jüngere Leute oder schmerzbefreite Überzeugungstäter wie mich, und man sollte generell Geduld mitbringen, das gilt auch für den Lieferdienst.
Aber wer diese Küche schätzt oder mal etwas Authentisches probieren möchte und generell neugierig ist, sollte sich das Ganze mal anschauen. Ich jedenfalls habe es nicht bereut, auch auf menschlicher Ebene, Frau Nguyen ist einfach unfassbar herzlich.
Auch dieser Text ist kürzlich in der bereits erwähnten Solinger Facebookgruppe erschienen und stieß auf große Resonanz, wie auch u.v.a. im Falle der Burgerschmette, wurde der kleine Laden in den folgenden Tagen völlig überrannt, was mich sehr freute (wundert Euch daher nicht über den vielleicht leicht ungewohnten Duktus, das Lokalkolorit, das "handliche" - die Vorlese-App von NoTeaForMe dürfte sich unterfordert zeigen :)) - Format, sowie das Foto der netten Köchin; aber die Leute lieben es eben, Gesichter zu solchen Betrieben... mehr lesen
Restaurant Sumix An Nhien
Restaurant Sumix An Nhien€-€€€Restaurant, Lieferdienst, Take Away021222456077Hauptstraße 86, 42651 Solingen
4.5 stars -
"Sumix An Nhiên – über ein kleines, buntes Loch in der Wand" ShaneymacAuch dieser Text ist kürzlich in der bereits erwähnten Solinger Facebookgruppe erschienen und stieß auf große Resonanz, wie auch u.v.a. im Falle der Burgerschmette, wurde der kleine Laden in den folgenden Tagen völlig überrannt, was mich sehr freute (wundert Euch daher nicht über den vielleicht leicht ungewohnten Duktus, das Lokalkolorit, das "handliche" - die Vorlese-App von NoTeaForMe dürfte sich unterfordert zeigen :)) - Format, sowie das Foto der netten Köchin; aber die Leute lieben es eben, Gesichter zu solchen Betrieben
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Daher habe ich den Betrieb soeben hier angelegt und möchte Euch auch daran teilhaben lassen, allen die dies noch heute lesen wünsche ich von Herzen einen schönen 4. Advent, "wir" (räusper) schmücken gerade den Baum und freuen uns auf ein zünftiges Käsefondue heute Abend, passend zur frostigen Witterung.
Original-Post aus Dezember 2022:
Zu behaupten, in Solingen sei es schwierig, gut oder gar authentisch asiatisch zu essen, ist leider eine Untertreibung sondergleichen.
Es sei denn, man hat das Konzept „Crispy Mystery Meat auf fettigen Bratnudeln“ für sich als die ultimative Quintessens panasiatischer Küchenkultur erkoren, dann ist man hier natürlich goldrichtig.
Gleiches gilt für Fans preiswerter All You Can Eat Buffets, die bei deren Anblick verzückt „Oh köstlicher Zauber des Fernen Ostens!“ ausrufen und sich zum Abschluss den Bauch mit einem halben Pfund matschiger, lauwarmer gebackener Bananen aus der XXL-Bain-Marie vollschlagen.
Übrigens – noch kürzlich von einer erfolgreichen, jungen chinesischen Gastronomin erfahren - kennt man dieses spezielle Dessert in China genauso wenig wie Glückskekse: Was mitnichten nicht nur in Solingen angeboten wird, ist in den allermeisten Fällen mehr oder weniger gelungener europäisierter Mainstream, in dessen Wettbewerb dank der „Geiz ist geil Mentalität“ zudem viel über den Preis geregelt wird, und weniger über die Qualität.
Auch bei Sushi habe ich hier selten Gutes gesehen, rein optisch machte das Sushi Intermezzo von Fisch Schälte und eine Sonderaktion des Jordan Foodtruck hier bislang mit großem Abstand den besten Eindruck. Ich bin beileibe kein Sushi Experte, habe aber schon erlebt und erschmeckt, was wirklich gutes Sushi ausmacht und dann ist es schwierig, etwaigen Murks zu akzeptieren, vor allem in einer kulinarischen Kultur, die sich so brutal über die Produktqualität definiert wie Sushi.
Und wer sich jetzt denkt „Was faselt der dicke Mann da? Die 56b bei Asia Ding Dong ist doch immer mega, schweige er für immer!!!1!1!“ hat natürlich auch recht, wenn es ihm denn schmeckt.
Aber ich kenne nicht wenige Solinger, die asiatische Küche lieben und regelmäßig nach Düsseldorf pilgern, um ihren diesbezüglichen Gelüsten nachzugehen, und das ein oder andere vermisse auch ich hier schmerzlich.
Und keine Angst, ich erliege hier keinen irren gastronomischen Fieberträumen nach dem Motto „die Immermannstraße muss hier neu erfunden werden, her mit der Nagaya Dependance in Nümmen!“ sondern mir geht es um alltagstaugliche Angebote, die kleine Ramen-Bar, koreanisches oder vietnamesisches Streetfood bspw.
So freute ich mich also, als ich kürzlich erfuhr, dass ich seit fast drei Jahren verpennt habe, dass in der Fußgängerzone – bzw. dem, was davon noch übrig ist… - ein kleines vietnamesisches Restaurant existiert, eine kleine Bude, die man gemeinhin im englischen Sprachraum als „hole in the wall“ bezeichnen würde.
Bei den guten Google Bewertungen fand sich sogar eine in Vietnamesisch, die sich sehr angetan zeigte. Das klang doch gar nicht übel und so stand ich gestern an einem bitterkalten Strohwitwer-Abend – Madame weilte auf der Abteilungs-Weihnachtsfeier – gegen 19:30 Uhr vor dem kleinen Lokal in der oberen Fußgängerzone, nachdem ich die fast unlösbare Aufgabe gemeistert hatte, in der Nähe einen Parkplatz zu ergattern.
BTW: Gab es hier nicht mal in grauer Vorzeit ein Parkhaus? Anderes Thema….
Ich kam dort auch in den Genuss, die unfassbar stimmungsvolle Atmosphäre des „Weihnachtsmarktes“ an den Clemens Galerien erfahren zu dürfen.
Dessen Geschäftsmodell scheint so einfach wie perfide: man beschalle alle Anwesenden solange gnadenlos mit aller- allerfinstersten deutschen Partyschlagern, bis jeder davon überzeugt ist, diese Situation nur mit drei Litern Glühwein und Eierpunsch intus überstehen zu können. Oder aber genau deshalb dort war, die Grenzen schienen fließend.
Von außen sah man ein Köchin und eine Aushilfe geschäftig in der Küche wirbeln, Woks flogen hin und her, es dampfte munter vor sich hin, die Szene hätte so auch in Saigon stattfinden können.
Ich trat ein und schon der appetitliche Geruch, der mich empfing, unterschied sich deutlich von den fettgeschwängerten Wolken, die man sonst aus kleinen Asis-Imbissen hierzulande kennt.
Man strahlte mich an bei der Begrüßung, natürlich könne ich auch gerne vor Ort essen, es sei nur gerade etwas unaufgeräumt entschuldigte man sich leicht errötend, aufgrund von Personalmangel sei die Situation momentan etwas schwierig.
Hao Nguyen heißt die sympathische Betreiberin, die in Leverkusen lebt und Anfang 2020 in Solingen ihre Pforten öffnete.
Die emsige Mittvierzigerin tat mir leid bei meinem Besuch, sie konnte sich vor Online-Bestellungen kaum retten und als kurz darauf ihre Küchenhilfe mitten im dicksten Trubel auch noch gehen musste, ging sie fast völlig unter.
Man bietet Sushi, Vorspeisen und verschiedene Reis- und Nudelgerichte, die zwar nicht durchgehend rein vietnamesisch geprägt sind, aber bspw. mit dem Reisnudelsalat Bún oder Com th?t xá xiú, vietnamesichem „BBQ“-Schweinefleisch mit Gemüse und gekochtem Reis doch spürbar die Fahne des Lande hochhalten.
Wenn es zwei Gerichte gibt, die sinnbildlich für die Soul- bzw. Streetfood Kultur des Landes stehen sind es sicher Ph? und Bánh mì.
Ich hatte eine Ph? bò (kleine Portion für 5,50€) mit Rindfleisch, das hauchdünn geschnittene Fleisch gart erst in der heißen, kräftigen Brühe der traditionellen Nudelsuppe, deren aufwändige Herstellung mit Rindermarkknochen, Suppenfleisch, frischem Ingwer und vielen, vielen Gewürzen mir von Frau Nguyen mit Leidenschaft und Stolz beschrieben wurde. Mir geht immer das Herz auf, wenn klar wird, dass jemand Freude an seinem Tun in der Küche hat.
Ph? bò
Ich glaube eine perfektere Suppe für diese Witterung gibt es kaum, wer gerade erkältet ist sollte mal eine Schüssel davon schlürfen, mir hat sie sehr gut geschmeckt.
Die Frühlingsrollen (4,00€) mit Gemüse und Hühnerfleisch hatte ich in erster Linie nur deshalb bestellt, weil sie hausgemacht sind und ich kann mich nicht daran erinnern, dies jemals in Solingen gesehen zu haben.
hausgemachte Frühlingsrollen
Sie sehen unspektakulär aus und natürlich ist die Sweet Chili Sauce zugekauft – andere Soßen aber nicht, die Saté Soße zum Beispiel! – aber es macht sich nicht nur in der Textur des dünnen frittierten Reispapiers bemerkbar, dass diese Dinger niemals die Bekanntschaft mit einem Tiefkühler machen mussten. Sehr lecker, auch in dippender Liaison mit der Hoisin Sauce, die man neben Chili Sauce mit der Suppe reichte.
Beim Bánh mì (5,50€) macht sich das koloniale Erbe Frankreichs gleich zweifach bemerkbar, einerseits mit dem in Vietnam so beliebten Baguette wie auch der Leberpaté, die neben guter Butter auf die Brothälften kommt. Dazu süß-sauer eingelegte Karotten, frischer Koriander und Gurke sowie dem bereits erwähnten „BBQ Pork“: dünne Scheiben vom Schweinenacken, lange mariniert, dann angebraten und lange in einer hausgemachten vietnamesischen BBQ Sauce geschmort.
Bánh mì
Es gibt unzählige Bánh mì Varianten und es ist überall anders, mir hat es gut geschmeckt, nur bei dem herrlichen Schweinefleisch hätte man etwas großzügiger sein dürfen.
Bedingt durch das hohe Bestellaufkommen musste ein offenkundiger Stammgast ca. eine Viertelstunde auf sein Essen warten, das er abholen wollte; man kannte und duzte sich, ein herzliches Verhältnis. Frau Nguyen spricht übrigens perfekt Deutsch, das sei an dieser Stelle am Rande angemerkt, da dies in diesen Betrieben ja weiß Gott nicht immer der Fall ist, um es vorsichtig zu umschreiben.
Was mich auch freute in Sachen „weltoffenes Solingen“: dieser Stammgast war kein 29jähriger Hipster-Foodie oder eine flippige Alt-Hippie Dame, die mit dem Essen ihre Aussteigerzeit in den späten Siebzigern hochleben lässt.
Nein, ein älterer Herr, konservativ gepflegt gekleidet, eher der Typ öffentlicher Dienst mit unverkennbaren Solinger Wurzeln: meine Vorurteilsmaschinerie hätte ihn eher regelmäßig beim gutbürgerlichen Schnitzel verortet.
Dort vor Ort zu essen ist u.a. aufgrund der beengten Situation sicher eher etwas für jüngere Leute oder schmerzbefreite Überzeugungstäter wie mich, und man sollte generell Geduld mitbringen, das gilt auch für den Lieferdienst.
Aber wer diese Küche schätzt oder mal etwas Authentisches probieren möchte und generell neugierig ist, sollte sich das Ganze mal anschauen. Ich jedenfalls habe es nicht bereut, auch auf menschlicher Ebene, Frau Nguyen ist einfach unfassbar herzlich.
kocht mit Leidenschaft: Hoa Nguyen