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Im Frühjahr 2016 hatte das Adost in den Räumen des früheren Sailor`s Inn im Schulschiffhaus eröffnet. „An der Lesummündung mit dem Schulschiff Deutschland (Dreimaster und zu besichtigen) vor der großen Front mit Terrasse und Balkon und Blick auf die Weser hat das Adost die wohl prominenteste maritime Lage Bremens.“ So schrieb ich in meiner Kritik über das nobel gestaltete türkische Restaurant. Das Adost reüssierte nicht und am 02.08.2018 hat das Rodeo nun in den großzügigen Räumlichkeiten eröffnet. 240 Gäste finden im Restaurant Platz. Dazu gibt es Nebengelasse und Außenbereiche direkt gegenüber vom Schulschiff Deutschland, ein beeindruckender Dreimaster, der dort als maritimes Denkmal seinen festen Liegeplatz hat.
Im Weser-Kurier war (muss eine Anzeige gewesen sein) zu lesen:
„Die Spezialisten-Marke Rodeo steht für den authentischen Steak-Moment in Ranch Quality. Rodeo Ranch Quality schmeckt nach Fleischgenuss mit authentischem Lebensgefühl: Riesige Ranches mit unendlichen Weiden, zünftige Gauchos und der Duft von deftigem Grillfleisch in der Nase – für Kenner und Genießer ein absolutes Muss“, erläutert Geschäftsführer und Küchenchef Vedat Karakaya: „Probieren Sie es aus!“ Was nun die Marke „Rodeo“ genau sein soll, also Lieferant, Erzeugergemeinschaft oder Franchising, bleibt offen (Google zeigt sechs Treffer mit „Rodeos“ in unterschiedlichen Städten).
Nun wäre eine solche Anzeige mit Marketing-Sprechblase noch kein Grund für uns gewesen, einmal in die Ranch einzukehren. Aber die überaus prominente Lage in meinem Kernsprengel und die interessante Karte mit einer Lehmofenrubrik aus den früheren Adost-Tagen ließen uns an einem Sonntagabend das Rodeo aufsuchen.
In dem großen Restaurant waren zwischen 18:00 und knapp 20:00 Uhr vielleicht sechs Tische besetzt. Das Publikum gemischt, darunter auch türkische Landsleute, was ansonsten in türkischen Restaurants in Bremen eher die Ausnahme ist. Aber eindeutig zu wenig Zuspruch für ein Restaurant dieser räumlichen Dimension.
Leider fiel der Abend nicht so aus, dass ich für das Rodeo werben möchte. Das resultiert aus mäßigen Benotungen für den Service und das Essen und auch das Preis-Leistungsverhältnis kommt bei mir nicht über knappe drei Sterne hinaus.
Das Rodeo bietet auf seiner Homepage (https://rodeo-bremen.de) die Karten (ausgenommen Weinkarte), also die wichtigsten Informationen; leider nicht in allen Positionen mit den Preisen der Restaurantkarte übereinstimmend (Antipasti Tapas Teller: Homepage 15,90 €, Restaurant 18,90 €). Eine Bildergalerie sucht man vergebens, obwohl doch Ansehnliches und Beeindruckendes zu zeigen wäre.
Service:
An dem Abend mit geringem Betrieb konnten zwei freizeitmäßig schwarz gekleidete junge Frauen Tresen und Tisch locker schaffen. Sie verrichteten ihren Dienst zurückhaltend, eine offene und freundliche Ansprache gehört nicht zu ihrem Repertoire. Die Getränkeorders wurden zügig erledigt.
Wir häufig, erbaten wir uns ausdrücklich eine Pause zwischen der Vorspeise und den Hauptgerichten. Das wurde nicht beachtet. Wir waren noch mit unserem Tapasteller beschäftigt, als mein Grillgericht gebracht wurde. Wir ließen es mit dem Hinweis auf unseren Pausenwunsch zurückgehen, was kommentarlos befolgt wurde. Später bekam ich den Teller aber wieder serviert, also mit den warm gehaltenen Grilladen.
Das Filetsteak meiner ständigen Begleiterin hätte laut Karte mit Pimientos serviert werden sollen. Sie fehlten. Auf Nachfrage wurde uns bedeutet, dass sie „aus“ seien. Wohlgemerkt auf Nachfrage und ohne ein Angebot, alternativ eine andere Gemüsebeilage wählen zu dürfen, den Preis zu reduzieren oder einen Schnaps als Kompensation zu spendieren. Diese Sprachlosigkeit grenzt schon an Dreistigkeit. Eine solche will ich der Bedienung aber gar nicht einmal unterstellen, eher eine Gleichgültigkeit, die von einer mangelnden Gastorientierung zeugt. Ich mag deswegen nur 2,5 Sterne für den Service geben.
Die Getränkepreise recht happig: Für die Bremer Konzernbiere muss man 3,20 € für 0,3 l berappen und eine Flasche Wasser 0,75 l kommt auf stolze 6,90 €. Die offenen „Hausweine“ 0,2 l liegen bei 5,50 €. Die separate Weinkarte bietet acht weitere offene Weine, eher unambitioniert in der Zusammenstellung. Bei den Flaschenweinen zumindest ein Bezug zur „Ranch“, denn sie stammen aus Nord- und Südamerika. Zudem viele Cocktails, Schorlen usw.
Mein australischer Cabernet Sauvignon war gut trinkbar. Leider am Glas kein Eichstrich und es war nicht üppig eingeschenkt worden. Diese Unsitte hatte ich rechtsbelehrend schon in meiner Kritik über Tim Mälzers Bullerei gegeißelt, die ich hier für alle Wirte und Esser gerne noch einmal zum Besten gebe:
Eine Kennzeichnung (CE-Eiche) mit einem Eichstrich muss nach deutschem Mess- und Eichrecht zwingend auf jedem Glas (rechtlich = Messgerät für ein Ausschankmaß) vorhanden sein!
Ausgegeben wird im Rodeo nichts.
Essen:
Die Karte liest sich interessant und reicht rauf bis zum Dry aged Tomahawk Steak mit stolzen 1000 Gramm für 79,50 €.
Statt der türkentypischen Auswahl an pastösen Vorspeisen liest sich die Auswahl im Rodeo eher italienisch-spanisch. Wir orderten den Antipasti Tapas Teller für 18,90 € auf dem laut Karte vorfindlich sein sollten: „Bresaola (Rinder-Schinken) Rucola-Röllchen, grüne Peperoni & rote Paprika gefüllt mit Thymian-Frischkäse. Dazu hausgemachte Teigröllchen mit Weichkäse-Füllung, Pimentes, Falafeln und hausgemachtes Brot.“ Vorenthalten hat man uns Bresaola und die Teigröllchen. Stattdessen viele Scheiben Auberginen und Zucchini und Champignons. Dieses gebratene Gemüse war zwar saftig und geschmacklich gelungen, rechtfertigt aber nicht annähernd den Preis. Die Falafel sehr trocken und ich sah mal wieder mein Vorurteil bestätigt, dass Falafel schmecken wie paniertes Sägemehl mit Kreuzkümmel.
Das Brot wie schon im Adost völlig abweichend vom üblichen Fladenbrot der Lehmofentürken: Sehr weiche, dichtporige Brötchen mit einer leicht fettigen und sesambestreuten Oberfläche, die frisch waren und zu gefallen wussten. Das Schälchen mit festem, ordentlichem Tsatsiki bildete einen guten Dip für die Brötchen.
Also eine recht simple und billige Zusammenstellung, die mit den gemischten Vorspeisen unseres Stammtürken Shelale oder anspruchsvollen Antipastitellern beim Italiener nicht mithalten kann. Da aber geschmacklich, bis auf die Falafel, gut essbar, sollen es drei Sterne sein.
Ich bekam dann die warm gehaltene Lamm Platte für 18,90 € aus dem Lehmofen. Laut Karte: „2x Lammkotelett, 1x Lammspieß, 1x Frikadelle Tomaten & Paprika überbacken, dazu Zwiebeln, Pommes und Tzatziki“. Auf der Platte eine heiße Cocktailtomate und wenige Stückchen Paprika unter der Grillade, arg zusammengeschrumpft. Nichts Überbackenes und Zwiebeln waren vielleicht auch „aus“. Nun wäre das zu verschmerzen gewesen, wenn die Grillladen überzeugt hätten. Gelungen von der Würzung her die kleine Frikadelle. Ohne Pfiff die Lammstücken auf dem Spieß und die beiden Koteletts. Frisch und heißt die sehr überschaubare Menge Pommes.
In Schälchen gab es drei Soßen/Dips: Das schon angesprochene Tsatsiki, eine Currymayo und eine 08/15-BBQ-Soße. Die Currymayo fanden wir beide unpassend. Zusätzlich hatte ich für 2,50 € Aioli geordert und ich komme zum einzigen richtigen Highlight des Abends: Ein selbst gemachtes, steifes, kräftig geknobtes Aioli, dass es in meiner Aioli-Tabelle ins obere Tabellendrittel schafft.
Gegenüber gab es für 29,90 € ein Filetsteak 200 Gramm mit wenigen Pommes und der unpassenden Currymayo; die Pimientos waren ja „aus“. Das sah schon spartanisch aus auf der großen Platte.
Das Steak war mit dem Garzustand „medium well“ erbeten worden, einer von fünf angebotenen Garzuständen. Ein breiter Rand wies diesen Wunschzustand auch auf, zur Mitte hin noch deutlich medium. Gewürzt worden war küchenseitig mit grobem Salz. Auf den Tischen gut funktionierende elektrische Pfeffer- und Salzmühlen. Das Steak, dessen Innenteil auf meinen Teller im Tausch gegen ein Lammkotelett wanderte, war gut essbar, aber auch nicht mehr. Diese nüchterne Beschreibung ist auch der Tatsache geschuldet, dass ich kein großer Steakesser bin und hier hinzukam, dass der Grillmeister keinerlei Anstalten gemacht hat, dem Steak irgendeinen Würzpfiff mit auf den Weg zu geben.
Die Hauptspeisen können auch nicht mehr als eine Dreisternehürde nehmen.
Ambiente:
Über dem Eingang eine Leuchtreklame, die nur teilweise beleuchtet war und der rechte Stierkopf schon lädiert.
Vom prunkigen Adost-Eindruck geblieben ist der große Lüster, der an der oberen Decke im offenen Tresenbereich hängt und einen Hingucker bildet.
Ansonsten ist das Interieur einschließlich Deko bis an die Grenze zur Kitschigkeit auf Ranch getrimmt.
Im Eingangsbereich eine Spielzeug-Kinderranch, auf einer halbhohen Trennwand große Cowboy- und Indianerfiguren, ein Riesenbulle Richtung Lehmofen, Wildwest-Accessoires an den Wänden usw. zieren den unteren Restaurantbereich. Eine halbhohe dunkle Holztäfelung, bestehend aus groben Brettern mit „verwitterten“ Werbeaufdrucken hat die frühere Sitzbank im Adost gegenüber der Fensterfront verdrängt. Wichtig aber das nach wie vor großzügige Platzangebot auf den Tischen und zwischen den Tischen. Man sitzt auf bequemen braunen Sesseln. Die Tischplatten bestehen aus rustikalen, in Acryl eingegossenen Baumscheiben und als Tischbeine dienen Metallfüße in Eifelturmminiatur. Leider führt diese Konstruktion, zumindest an unserem Tisch, zur merklichen Wackeligkeit der Tischplatte.
Sanfte Popmusik berschallt zurückhaltend.
Punkten kann das Rodeo mit dem für Bremen einmaligen Blick auf das Schulschiff aus allen Bereichen, gleich ob aus dem Restaurant heraus oder von den vielfältigen und großzügigen Terrassen- und Balkonbereichen.
Die Toilette wurde bei der Neugestaltung wiederum ausgespart und ist schlichter, in die Jahre gekommener Standard.
Sauberkeit:
Uns fiel nichts Negatives auf. Das Besteck sollte aber nach Gebrauch für die Vorspeise getauscht werden.