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Die neuen Betreiber positionieren sich als – wie mir auf Nachfrage vor Eröffnung von diesen auf Facebook mitgeteilt wurde – „gehobenes Steakhaus“, was in mir angesichts der in dieser Hinsicht fehlenden Angebote (sieht man von den Düsseldoofer Fantasiepreis-Schuppen mit Bockwurstlippen-Publikum ab…) in der Region einiges an Vorfreude weckte.
Über den Margarethenhof als Heimstatt und dessen Historie hatte ich in meiner Rezension des „plan B im Margarethenhof“ (der Vorgänger-Betrieb bzw. Pächter) seinerzeit schon viel geschrieben, deshalb hier nur die Essenz:
Wenn man so will war er in den Nachkriegs- bzw. Wirtschaftswunderjahren Hildens gute Stube. Hier ging man hin, wenn man etwas zu feiern hatte, es „fein“ sein sollte oder die Erbtante angemessen bewirtet werden musste. Das Haus wurde vor etwa 10 Jahren verkleinert und umfassend renoviert, im Außenbild hat der Glanz der Vergangenheit leider nicht überlebt, ich dachte viele Jahre, auch noch zu Zeiten des „plan B“, das hier schon seit Jahren Leerstand herrschen würde. Nicht etwa, weil es im Ansatz verfallen oder ungepflegt aussieht, sondern einfach nur unglaublich unscheinbar, Außenwerbung schien den Pächtern anscheinend als eine verpönte Disziplin derer vorzukommen, die es nötiger haben.
Hier hat man nun klugerweise nachgebessert, das „Meat & Mind“ ist nun auch nach Anbruch der Dunkelheit klar als geöffnetes Restaurant zu erkennen, ich finde das Ergebnis recht gelungen, was man über mein schlecht belichtetes Handy-Foto leider nicht sagen kann:
Anlass des Essens war das vorläufige Ende meiner Tätigkeit als Leibeigener für Don Thomas I. (mehr dazu im „Epilog“), der solvente Manchego-Fürst hatte in seiner Eigenschaft als Leibherr zu einem gepflegten Abendessen geladen, gegen viertel vor Sieben waren wir gut gelaunt vor Ort.
Die Parksituation ist übrigens traumhaft, nicht zuletzt bedingt durch den ständig geöffneten Parkplatz eines angrenzenden Supermarktes.
Reservieren schien mir an einem Montagabend im Februar für zwei Personen angesichts der Größe des Restaurants nicht wirklich nötig zu sein, nach dem Eintreten begrüßte uns ein gepflegter Mittdreißiger mit auffallend kurzen Haaren, dessen anfängliche, leicht unterkühlt gespielte rheinische Jovialitäts-Nummer im Laufe des Abends noch eine äußerst positive Wandlung erfahren sollte.
Wir wurden in den linken der beiden Gasträume gelotst, da meine ansonsten stets geschätzten Ecktische alle reserviert bzw. belegt waren, blieb uns ein Zweiertisch an einer genretypischen, in voller Wandbreite ausgeführten Lederwandbank; da uns weder die Jacken abgenommen wurden, noch auf eine Garderobe hingewiesen wurde, diente diese gezwungenermaßen auch als Garderobenersatz, das geht schöner…
Bequem war die Bank ohne Frage, nur der Tisch selbst wäre in Sachen Größe einem Bistro angemessener gewesen, als einem Restaurant.
Die Farb- und die Materialwahl empfinde ich in beiden Gasträumen als sehr gelungen, obwohl die Renovierung schon einige Jahre her ist, herrscht eine gewisse zeitlose Noblesse: unten schönes Parkett, viel dunkles Holz, die Decken in Weiß mit offenen dunklen Balken, sehr angenehme Lichtstimmung.
Die Ausstattung (ich vermeide den schönen Begriff „Tischkultur“ mal ganz bewusst…) der Tische dagegen leider spartanisch, eingedeckt wird nicht, ein paar Kunst-Blümchen, ein Brotteller mit Messer pro Platz und der unvermeidliche Aufsteller mit Image-Pflege-Flyern, auf denen der Begriff „Dry Aging“ nochmals all denen erklärt wird, die die letzten zehn Jahre unter einem Stein gelebt haben
.
Unnötig zu erwähnen, dass in diesem Text „Dry Aging“ als spektakulärste Avantgarde dargestellt wird und der hiesige Besitz eines eigenen Reifeschrankes quasi eine Weltsensation, die man doch bitte gerne in devoter Haltung in Augenschein nehmen sollte: Trend-Vulkan Margarethenhof!!
In Zeiten, in denen jeder Dorfmetzger der etwas auf sich hält mittlerweile einen solchen Schrank besitzt, wirkt so etwas doch leicht provinziell. Ich musste spontan an einen Imbiss in der Nähe von Büsum denken, in dem um 2001 noch ein vergilbtes Schild an der Wand hing, das unter dem Titel „Was ist Gyros?“ den exotischen Helenen-Spieß dem nordfriesischen Fachpublikum näher bringen sollte.
Vielleicht möchte man aber auch nur ein deutliches, modernes Gegengewicht gegen ein anderes, ebenfalls prominent mit Superlativen offeriertes Angebot des „Meat & Mind“ setzen, die Herrschaften bitte Haltung annehmen, Trommelwirbel, mehr 80er-Jahre geht nicht: „Fleisch vom heißen Stein“ – aber leider nur im Sommer in der Außengastronomie…
Falls ich ein hippes Revival dieses Trends verschlafen habe möge man mich gerne korrigieren, ansonsten sind meine ersten Assoziationen bei „Fleisch vom heißen Stein“: Leder-Mokassins mit weißen Socken, Herrenhandtaschen, Schulterpolster und der Golf 2.
Während ich diese Zeilen schon milde lächelnd gedanklich vorformulierte überreichte Til Schweigers jüngerer Bruder die Karten und erfragte erste Getränkewünsche. Thomas entschied sich für ein Füchschen Alt, ich Trottel hatte nicht auf die Karte geschaut, bestellte blind ein kleines Pils und endete mit einem Bitburger (an dieser Stelle bitte ein gewisses grünes Emoji denken…).
Bitburger und Veltins sind für mich die schlimmsten Industrieplörren die es gibt, sie schmecken und riechen so wie gutes Bier schmeckt, das man gezapft im Glas über Nacht im Partykeller vergessen hat - und es reicht eine Flasche, um am nächsten Morgen mehr Kopfschmerzen zu haben als nach einer halben Flasche selbstgebrannten Sliwowitz unbekannten Ursprungs vom netten Balkan-Nachbarn.
Maximal unbegeistert nippte ich folglich während der Speisenwahl an meinem Glas, die Karten sind recht nett gestaltet, ein stabiler Holzeinband mit Ringbindung zum schnellen Austausch des Inhaltes, das geht schlechter.
Die Karte ist momentan unter https://www.meatandmind.de/speisekarte_meatandmind.pdf
zu finden und wird noch von einer kleinen Saisonkarte ergänzt.
Ich empfinde den Aufbau und den Umfang des Angebotes als ansprechend, auch wenn ich mir bei den Steaks doch etwas mehr abseits des Mainstreams gewünscht hätte, da habe ich mehr „Mind“ erwartet: Spidersteak, Picanha, Teres Major… es gibt so viel mehr zu „entdecken“ als Rumpsteak, Entrecote und Hüftsteak.
Schön finde ich die Nennung der Herkunft des Fleisches, beim Rind wählt man zwischen einer hochklassigen irischen Zucht und einer ebenfalls für ihre herausragende Qualität bekannten australischen, beim Schwein zwischen Durcoc und Iberico, ebenfalls mit genauer Herkunftsbezeichnung, beim Geflügel prangt das „Supreme“ Label an den Angeboten und der Fisch sei generell aus Wildfang.
Nachdem wir unsere Bestellungen loswurden fiel mir auf, dass wir soeben überhaupt nicht nach dem Gargrad der Steaks gefragt wurden, unser Kellner kam jedoch innerhalb von Sekunden wieder an den Tisch zurück um das Besteck für die Vorspeise aufzulegen. Ich teilte unsere Wünsche mit und war doch etwas verdutzt daraufhin zu hören „Wenn der Gast nichts sagt machen wir es generell medium!“. Das wiederum geht in einem „gehobenen Steakhaus“ meiner Meinung nach überhaupt nicht, da sollte doch etwas mehr „mindfulness“ an die Tagesordnung, den gewünschten Gargrad zu erfragen ist Pflicht und keine Kür.
Wenige Augenblicke später wurde mein persönlicher „Amuse“ Albtraum serviert, für mich persönlich verdient Brot mit geschmacksneutralem Mystery-Pamp diese Bezeichnung auch gar nicht, wurde aber in diesem Fall tatsächlich mit einem selbstbewussten „hier schon mal ein kleiner Gruß vorab“ auf den Tisch gedengelt.
Ein Baguette, das schon optisch nach Kamps oder Discounter aussah, dazu die nach verbindlichen DEHOGA-Richtlinien (ich vermute da seit Jahren ein Komplott) komponierte Dip-Sensation, auf einer Stoffserviette in einem kleinen Korb.
Peinlich: Was ich im Schummerlicht zunächst noch für ein Designelement des Servietten-Stoffes hielt identifizierte mein Gegenüber sofort als roten Saucenfleck in Daumennagelgröße; der Kellner war noch in der Nähe, unter Entschuldigungen wurde sofort Ersatz gebracht.
Ich kann und möchte zum Geschmack nicht viel sagen, ich bin einfach nur müde was das angeht, man schaue sich das Bild an, mehr muss man hier glaube ich nicht wissen.
Traurig, da man hier auch Tapas serviert, ein kleiner Teller mit ein paar Oliven, ein wenig gutes Öl zum Dippen, ein Klecks hausgemachte Aioli, etwas Focaccia: das alles kostet nicht die Welt, hinterlässt aber mit Sicherheit mehr Eindrücke und Zufriedenheit als diese lieblose Unverschämtheit.
Nur gut, das der erste Gang in Rekordzeit heranrauschte…
| Vorspeisen |
Thunfisch Tatar „Sashimi Qualität“ – 13,90 €
Gebratene Jakobsmuscheln – 13,90 €
2017 Riesling, Weingut Robert Weil, Kiedrich, Rheingau – 0,1l zu 4,40 €
Beim Servieren meines Tatars wunderte ich mich bereits sehr darüber, warum man es unter einem Haufen Pflücksalat und Rote Bete Sprossen begrub, anstatt den appetitlich rot glänzenden Protagonisten schön in Szene zu setzen – ich sollte es sehr schnell verstehen…
Aber zunächst seien noch die Sprossen erwähnt, die derart erdig-muffig rochen, dass eine regelrechte „Feuchter-Keller-Dunstglocke“ über dem Gericht hing, diese landeten sofort am Tellerrand.
Unter dem Gestrüpp fand ich dann das in einem Servierring auf das Porzellan gezimmerte Häuflein Elend, auf das ich mich so gefreut hatte, das Ganze auf einem großzügigen Fundament leicht säuerlich marinierter Wakame-Algen.
Dass der Fisch nur in einer sehr, sehr überschaubaren Portion vorhanden war und die Schneidetechnik völlig lieblos sei an dieser Stelle geschenkt, Genuss ist mir wichtiger als Völlegefühl und vollendete Optik, ABER: Der Fisch war völlig grau, zwar frisch und von guter Qualität, aber kalt und grau.
Um zu wissen, was da passiert war, muss man kein Profi sein, der Fisch wurde Stunden vorher zubereitet, dabei war (Zitronen-)Säure im Spiel und genau wie bei einer Ceviche denaturiert das Eiweiß, der Fisch gart quasi im kalten Zustand.
Was bei der Ceviche gewollt ist kann bei Thunfisch-Tatar in „Sashimi Qualität“ – wie die Karte stolz verkündet – wohl kaum wünschenswert sein. Wäre ich alleine gewesen, wäre der Teller an dieser Stelle zurückgegangen, in Begleitung und angesichts netter Gespräche habe ich dann oft Hemmungen, will die Stimmung nicht kaputtmachen oder sehe es in diesem Moment einfach mal nicht so eng – und ärgere mich später regelmäßig über mich…
Geschmacklich folglich nicht in Genussregionen zu verorten, der Fisch wurde mit Zitronensaft und einem „Worceister-Jus“ angemacht, geschmeckt hat man zarte Soja-Töne und eine milde Säure, dazu die reichlich vorhandenen, säuerlichen Wakame, die ich persönlich schon wegen ihrer Textur nicht wirklich mag.
Dazu dann noch dieser deplatzierte Pflücksalat und die muffigen Sprotten, ich war mittlerweile froh über die kleine Portion und der gut temperierte, einfache Weilsche Gutsriesling mit seinen sortentypischen Fruchtnoten und erfrischendem Säuregerüst war kulinarisch gesehen der Höhepunkt des Gangs, was schon viel sagen dürfte.
Meine Begleitung war auch alles andere als zufrieden, ich probierte und konnte ihn verstehen, die Muscheln waren untergart, besaßen eine unangenehme Konsistenz und das Mango-Avocado-Tatar schmeckte unangenehm bitter und flach.
Dann folgte aus Gastsicht der Tiefpunkt des Abends. Beim Abräumen fragte der Kellner (diesmal ein sehr bemühter, netter südländischer Kollege mit begrenzten Deutschkenntnissen) ob es geschmeckt habe und ich bemängelte die Optik des Fisches aus obigen Gründen.
Da er nicht ganz verstand, was ich ihm mitteilen wollte, holte er den (mutmaßlichen) Koch hinzu, ein Herr um die fünfzig, gepflegtes Auftreten in Küchenkluft, leicht unwirsche Miene ohne den Hauch eines Lächelns.
„Es gab ein Problem?“ „Ja, ich finde es schade, dass Sie das Tatar nicht à la minute zubereiten, weil es farblich durch die Säure einfach nicht schöner wird wenn man es…“ (weiter kam ich nicht) „Wir machen das à la minute!“ Ich schaute ihn kurz ungläubig an und erwiderte „Aber das kann nicht sein, wieso ist der Fisch komplett durchweg grau wie bei einer Ceviche, sie müssen das mindestens einige Stunden vorher gemacht haben!“ Jetzt wurde er fast schon ungehalten: „Nein, wir machen das immer ganz frisch, der Fisch wird durch den Worceister-Jus eingefärbt!“
An dieser Stelle merkte ich, dass das Gespräch wenig zielführend war und bedankte mich ebenfalls leicht unterkühlt für die „Erklärung“.
An diesem Punkt muss ich nun vorweggreifen: Nach dem Bezahlen kam Kellner Nr1. nochmal zu uns an den Tisch um mir zu sagen, dass er es gut fände, das ich den Fisch reklamiert habe, er hatte es am Rande mitbekommen. Nicht mitbekommen hatte er hingegen das Gespräch mit dem Koch, sein nächster Satz lautete dann wörtlich „Ich habe denen nämlich auch schon ein paar Mal gesagt, dass sie das Tatar nicht immer einen Abend vorher (!) machen sollen, weil es optisch furchtbar ist, bin da völlig ihrer Meinung.“
Das rechne ich dem Kellner natürlich hoch an, was für ein Licht es auf den Laden wirft, wenn man seine Gäste derart plump und frech für dumm verkaufen möchte, möge jeder Leser selbst entscheiden, ich schildere nur die Begebenheiten…
Mittlerweile hatte sich der Gastraum gut gefüllt, viele Angestellte einer naheliegenden Niederlassung eines amerikanischen Bio-Tech-Konzerns, mit Geschäftsfreunden. Um uns herum teilweise radebrechendes Englisch mit diesem ganz speziellen, Monty-Python-kompatiblen, ultraharten deutschen Akzent.
Es ist die sprachgewordene Version einer Manfred Deix Karikatur, Kostprobe von diesem Abend:
Dame1: „Mei sister leiks hör schteaks also very thru only!“
Herr (Japaner, top Englisch): „Oh, what a sin, a good piece of meat deserves a better treatment!“
Dame2: “Oh sis is so right, in Dschermän we call it a “Schuhsohle” (laute, raumfüllende Bühnenlache folgte).
Ich hätte Dame2 gerne mit den übrig gebliebenen Wakame Algen beworfen, in dankbarer "Würdigung" von Sprachgewandtheit und Wortwitz...
| Hauptgang |
Ribeye 300 Gramm, Jack´s Creek Black Angus (Australien) – 34,90 €
Rumpsteak 300 Gramm, Jack´s Creek Black Angus – 29,90 €
Shiraz, Niel Joubert Wine Estate, Paarl, Südafrika – 0,2l zu 7,80 €
Wir waren uns einig, es konnte nur besser werden, ein kleines Menetekel sprach jedoch dagegen: Wie bereits bei der Vorspeise wurde der Wein vergessen und erst nach dem Servieren der Speisen nachgereicht.
Ebenfalls vergessen wurde der Wildkräutersalat zum Rumpsteak, dieser wurde nach Mitteilung zwar in Nanosekunden geliefert, Thomas stocherte allerdings auf der Suche nach echten Wildkräutern enttäuscht darin herum, immerhin ließ sich ein Blättchen roter Mangold erspähen; Donnerwetter, die pure Wildnis.
Mein Ribeye war optisch eine einzige Enttäuschung, statt einer schönen, dunklen Röstschicht regierte auch hier wieder grau – vielleicht war es ja auch ein Themen-Menü, 50 Shades of Grey – das durch wenige dunkle, dünne Grillstreifen aufgelockert wurde. Dazu kam, dass es ein recht breites Stück eines kräftigen Tieres war, was bei lediglich 300 Gramm zu einer für den perfekten Gargrad gefährlichen „Dünne“ des Steaks führt.
Dazu unfassbar moderner, bahnbrechender Crema de Balsamico Dadaismus mit etwas grobem Steakpfeffer, als Beilagen hatte ich eine Folienkartoffel und Blattspinat geordert.
Da ich das Fleisch möglichst pur genießen wollte, verzichtete ich auf eine der drei zur Auswahl stehenden, im Preis inkludierten Saucen zu Gunsten einer hausgemachten Kräuterbutter.
Da der Kellner gerade in der Nähe war, fragte ich nach etwas von dem Steakpfeffer, der auf dem Balsamico Kunstwerk vorhanden war und nach etwas Tischsalz, insgeheim hoffte ich auf etwas Murray River Salz zum australischen Vorzeige-Fleisch.
Der nette Herr aus Südeuropa entschuldigte sich und deutete auf die Mühlen auf dem Tisch, man hätte nur das als Steakpfeffer. Aha, dann frage ich mich wo das Zeug auf dem Teller herkam, auch hier ist das Ziel „gehobenes Steakhaus“ wohl eher ein frommer Wunsch als gelebte Praxis.
Dazu kam, das beide Mühlen auf dem Tisch Salz enthielten, ich organisierte flugs eine Pfeffermühle vom Nebentisch, diese war defekt, immerhin bemerkt vom Service, eine neue Mühle wurde gereicht, endlich konnte es losgehen, ich war kurz vor dem Verhungern.
Ein beherzter Mittelschnitt brachte weitere Ernüchterung, der gewünschte Gargrad medium rare war m.E. überschritten, das war aber noch durchaus akzeptabel. Der breite graue Rand jedoch, der auf zu langes Garen bei zu niedriger Temperatur schließen lässt, das hatte Hausfrauen-Niveau (wobei ich hiermit den vielen, toll kochenden Hausfrauen nicht zu nahe treten will), dafür gehe ich nicht in ein spezialisiertes Restaurant.
Das Fleisch selbst rettete ein wenig den kulinarischen Abend, der Eigengeschmack war wie zu erwarten hervorragend, intensive, auch ohne dry-aging leicht nussige Noten, auch wenn es mit mehr Röstaromen (insbesondere am Fett) noch wesentlich besser gewesen wäre, was man zum fehlenden Steakpfeffer und –salz auch sagen kann.
Den geschmacklichen Höhepunkt des Abends – abseits des Steaks- sollte dann aber der Blattspinat bilden, auf den Punkt gegart, schöner Biss, gut gewürzt, köstlich.
Die Folienkartoffel war eine Folienkartoffel, der Schmand-Sour-Creme Dip bewirkte ein kleines Déjà-vu, er schmeckte exakt so wie die Begleitung zum Brot, ich denke es war der gleiche, auch die Kräuterbutter blieb geschmacklich unauffällig.
Das Steak von Gegenüber reüssierte ähnlich, mehr Röstaromen wären schön gewesen, Qualität aber über jeden Zweifel erhaben, da waren wir uns beide einig.
Der Shiraz entpuppte sich als Barrique-Bombe, beim ersten Schluck hatte ich das Gefühl ich hätte eine halbe Stunde auf einem Stück Fasseiche herumgekaut, die gerade dem südafrikanischen und australischen Shiraz so eigenen, komplexen Aromenspiele dunkler Beerenfrüchte ließen sich hier nur erahnen. Ein sehr einfacher aber akzeptabler Wein, der aber der Mehrheit in dieser Preisregion sicher schmecken dürfte und ich habe in jener schon wesentlich Schlechteres trinken müssen.
Auf einen Nachtisch verzichteten wir, da nach den vorangegangenen Erfahrungen nicht unbedingt die ultimative Genuss-Ekstase zu erwarten war und baten um die Rechnung, diese ließ dann über zehn Minuten auf sich warten, der dann erbetene Bewirtungsbeleg allerdings kam umgehend.
Es folgte noch das vorweggenommene, grundehrliche Gespräch mit unserem Kellner, in dem wir einige der obig aufgeführten Punkte ansprachen, sei es das Tatar, das „Amuse“ oder die fehlenden Röstaromen. Sein Umgang damit war vorbildlich, nicht etwa, weil er uns nach dem Mund geredet hätte, sondern weil er vom Fach war (er hat früher in einem anderen von mir bewerteten Restaurant den Service geleitet wie sich zeigte) und glaubhaft darlegte, einige dieser Punkte selbst schon mehrfach angesprochen zu haben.
Von seiner Art könnten sich die Betreiber eine dicke Scheibe abschneiden, insofern der mürrische Koch als Küchenchef zu den Pächtern gehören sollte…
Fazit
Ein guter Blattspinat und Premium-Fleisch machen ein „gehobenes Steakhaus“ sicher nicht alleine aus, aufgrund der Summe der obig angesprochenen Kritikpunkte vergebe ich 2 Sterne für die Küche, ohne Spinat wären es 1,5.
Der Service machte einen ambivalenten Eindruck, etwas Licht mit vielen schattigen Momenten, den unwirschen Koch beziehe ich hier nicht mit ein, komme aber in Summe nicht über 2 Sterne, nicht nur die fehlenden Finishing Tischgewürze empfand ich als Unding.
Das Ambiente sehr angenehm, das Umfeld natürlich schmucklos aber ich komme auf 4 Sterne, die Sauberkeit tadellos, 5 Sterne hierfür.
Das Preis-Leistungsverhältnis sehe ich trotz allem alleine wegen der guten Steakware bei 2,5 Sternen.
Werde ich wiederkommen? Nein, es sei denn ich lese hier oder auf anderen Plattformen glaubhafte Berichte über wesentliche Verbesserungen, für das am Montag gebotene gehe ich nicht essen, zumal bei einer Rechnung von immerhin fast 130 Euro für zwei Personen – und darauf basiert auch meine Gesamtbewertung von lediglich 2 Sternen.