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Mein Besuch Ende Februar fiel eher in eine Zeit der touristischen Flaute. Das Leonardo liegt weit ausserhalb auf einer Anhöhe, gegenüber des Schillerparks und in einer Umgebung, die offenbar von Krankenhäusern und Altenheimen geprägt ist. Die Anfahrt mit dem PKW dürfte am bequemsten sein, da das Leonardo über genügend kostenlose Parkplätze verfügt. Die Buslinie 184 hält aber auch nur wenige Schritte entfernt. Das gesamte Haus ist sehr modern eingerichtet, mit einigen leicht schrillen Eyecatchern. Sowohl die Lobby, als auch die Bar und das Restaurant liegen ebenerdig. Das Restaurant ist abends ab 18 Uhr geöffnet und dient vormittags als Frühstücksraum. Neben Hotelgästen essen hier gerne auch Tagungsteilnehmer oder Freundesgruppen. Für Hochzeiten und Familienfeiern bietet sich diese Location natürlich auch an.
Nach einem anstrengenden und langen Tag in der Völklinger Hütte war ich ganz froh über das ruhige, entspannte Ambiente des Restaurants. Vor mir Wände in Grünschattierungen mit großformatigen Food-Fotografien. Zwei silberfarbene Hirschgeweihe als gaggige Garderobehaken. Dunkle Sitzmöbel in unterschiedlichen Variationen, allesamt sehr hochwertig und überaus bequem. Fliesenboden in Aubergine- und Eierschale-Tönen. Lediglich das offensichtliche Holzimitat der Tische sieht etwas zu billig aus. Über diesen Anschein trösten die Teelichte in dickwandigen roten Gläsern auch kaum hinweg. Doch während es draussen gehörig stürmt und rumort, fühlt man sich hier irgendwie geborgen und gut aufgehoben.
Der abendliche Service wird komplett von einer jungen Dame geschaukelt, die freundliche Aufmerksamkeit mit offener Zugewandtheit vereint. Gegen 19 Uhr zähle ich etwa 25 Gäste; neben einer Gruppe von 10 Tagungs- oder Schulungsteilnehmern vor allem viele Singles und auch zwei ältere Paare. Kaum, dass ich Platz genommen und die Karte in Empfang genommen habe, werde ich auch nach meinem Getränkewunsch gefragt. Aber erst mal muss das Essensangebot gesichtet werden. Die Freunde hatten recht: hier herrscht offenbar eine durchaus gediegene, kreativ angereicherte, internationale Küche vor. Feine Fischgerichte (Zander, Rotbarbe, Shrimps), leichte Salate (mit Pute, mit Ei und Thunfisch), diverse Pastavariationen, zweierlei Suppen zur Auswahl, drei verschiedene vegetarische Gerichte, dazu eine Vielzahl gefälliger Fleischgerichte wie Cordon Bleu, Schnitzel, Rumpsteak. Alles zu durchaus angemessenen Preisen.
Da ich nichts Großes mehr essen möchte, schwanke ich lange zwische Suppe, Vorspeise oder einem kleinen Gericht. Neugierig macht mich Clafoutis mit frischem Marktgemüse für 10,50 Euro. Clafoutis kenne ich nur süß, vor allem als „Kirschenmichel“. Die hiesige Variante wird als Gemüse im Omeletteteig angepriesen. Kann man ja mal probieren, oder? Nach circa einer Viertelstunde kommt erst mal der Gruß aus der Küche: zwei Scheiben fein geräucherte Entenbrust mit etwas Grünzeug als Deko. Ein geschmacklich durchaus anregender Starter – nicht belastend, aber den Appetit anlockend. 10 Minuten später folgt dann das Clafoutis. Schon der Anblick und der erste Bissen offenbaren: leider eine komplette Fehlentscheidung. Das Clafoutis hat die Anmutung eines Hefekloßes, schmeckt schlichtweg nach gar nichts und lässt jegliches Aroma missen. Ich versuche eine Nachbesserung mit Salz und Pfeffer, was nur geringfügig hilft. Das „frische Marktgemüse“ ist mehr als al dente, genau genommen eigentlich noch roh. Dabei ahnt man schon noch die gute Qualität der verarbeiteten Möhren, Fenchel, Blumenkohl, Tomate, Brokkoli und Champignon-Teile. Allerdings ist das Gemüse teilweise noch so hart, dass ich fast mit dem Messer abrutsche. Der netten Servicedame, die sofort nachfragt, ob alles okay sei, mag ich meine Misere kaum gestehen. Falls diese Form des Clafoutis eine lokale Spezialität sein sollte, bitte ich um Verzeihung. Falls sie eine Erfindung des hiesigen Kochs ist, plädiere ich für sofortige Streichung von der Speisekarte. Dieses Gericht ist eine Katastrophe. Mit jedem Bissen quelle ich selbst auf wie ein Hefekloß. Neidisch blicke ich indes auf die Speisen am Nachbartisch. Sieht alles wundervoll aus. Eine lobende Erwähnung gilt noch dem schweren Porzellan und den ausladenden Weingläsern, die dennoch angenehm und elegant in der Hand liegen. Neben Weinen von der Mosel, der Nahe, der Pfalz und aus Frankreich findet man hier auch ein interessantes chilenisches Angebot. Eine schöne Gelegenheit, um seinen vinologischen Horizont zu erweitern.