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Noch sind die Stühle und Tische auf der Terrasse der Vierradenmühle an der Görlitzer Altstadtbrücke in Folie gepackt, und deutsche und polnische Handwerker wuseln im Hintergrund herum. Auch im Restaurant, in den Kühlräumen und im Veranstaltungssaal wird fleißig gewerkelt. Denn bis zum Ende der Woche muss alles fertig sein. Dann nämlich will die neue Pächterin Anna Cerobska aus Zgorzelec das Görlitzer Traditionslokal, das nach der plötzlichen Schließung im Oktober über zehn Monate leer stand, wiedereröffnen.
Jedoch ohne großen Pompon. „Unsere offizielle Eröffnungsfeier wird es erst im Herbst geben. Zuerst müssen wir uns selbst erst mal mit dem Restaurant vertraut machen“, erzählt die Polin. Erst vor vier Wochen hatte sie die Schlüssel vom Vermieter, den Stadtwerken Görlitz (SWG), übergeben bekommen. „Der Bewerbungsprozess zog sich etwas länger hin als gedacht, was unseren Zeitplan etwas durcheinanderbrachte. Nun müssen wir uns sputen, um noch den Rest des Sommers nutzen zu können.“
Gansgericht mit Zertifikat
Denn dass die warme Jahreszeit die meisten Gäste und damit Einnahmen bringt, weiß die Mittfünfzigerin aus Erfahrungen mit ihrem zweiten Lokal, dem Restaurant „Zum gebratenen Storch“ am Görlitzer Tierpark. Das betreibt sie seit mittlerweile zweieinhalb Jahren erfolgreich und will das dortige Konzept etwas abgewandelt nun auch auf die Vierradenmühle übertragen. „Wir bieten frische regionale Küche nach Oberlausitzer und schlesischen Rezepten.“ Auch eine Spezialität des Hauses ist geplant. „Es wird ein Gansgericht mit Zertifikat geben. Mehr will ich aber noch nicht verraten.“
Um den Gästen neben dem einmaligen Blick auf Altstadtbrücke und Peterskirche auch im Inneren etwas für das Auge zu bieten, wurde das gesamte Restaurant komplett neu eingerichtet. Während hierfür die SWG den Großteil der Investitionen trägt, steuerte Anna Cerobska die Elektrik und die Ideen bei. „Wir wollten eine Mischung aus dem alten Gebäude und neuen Stilelementen.“ Wenn alles fertig ist, werden etwa 100 Gäste auf der Terrasse und circa 60 Gäste im Restaurant Platz finden. „Und im Veranstaltungssaal können bis zu 120 Menschen feiern“, so die Pächterin.
Die ersten Buchungen für Familienfeiern hat sie bereits vorliegen. Und die sind wichtig, um über die kalte Jahreszeit zu kommen, die bereits vielen Restaurantbesitzern in Görlitz das Genick gebrochen hat. Denn dass die exquisite Lage am Neißeufer kein Garant für Erfolg ist, zeigt der mittlerweile vierte Inhaberwechsel in den vergangenen zwanzig Jahren. Vor allem der letzte Pächter, Frank Lachmann, kämpfte immer wieder mit finanziellen Problemen, nicht nur aufgrund der beiden Neißefluten in 2010 und 2013. So war bei schönem Wetter im Sommer die Terrasse mit Blick auf Altstadtbrücke und Peterskirche oft brechend voll, während an Regentagen und vor allem in den Wintermonaten die Besucher fernblieben.
Familien- sowie Firmenfeiern
Doch Anna Cerobska ist optimistisch. „Wir setzen stark auf Familien- sowie Firmenfeiern und wollen dann irgendwann selbst regelmäßige Veranstaltungen präsentieren.“ Auch die Internationalität ist ihr wichtig. „Alle meine Angestellten sprechen Deutsch, Englisch und Polnisch, und in spätestens drei Wochen wird ebenfalls unsere Speisekarte dreisprachig sein.“ Einen weiteren Vorteil sieht sie in der Kombination ihrer beiden Restaurants. „Während wir im Gebratenen Storch eine große Küche haben, bietet die Vierradenmühle einen großen Veranstaltungssaal.“ Zusätzlich könnte das Personal an den zwei Arbeitsstätten flexibler eingesetzt werden.
Flexibel wird in den kommenden Wochen aber auch die Pächterin selbst sein müssen. „Es wird erst mal viel Fahrerei zwischen den beiden Lokalen auf mich zukommen.“ Unterstützung bekommt die dreifache Mutter jedoch von zwei ihrer Söhne und einer Schwiegertochter, die in der Küche und im Service mitarbeiten.
Anna Cerobska selbst hat die Gastronomie erst im zweiten Anlauf für sich entdeckt. Denn eigentlich ist sie gelernte Elektrikerin. „Es gab damals zu wenig Kinderbetreuung, und ich musste zu Hause bleiben. Als meine Kinder größer waren, bekam ich keine Stelle mehr.“ Seit 1993 arbeitet Anna Cerobska in Deutschland. Als Küchenchefin oder Betriebsleiterin war sie vor allem in Bayern tätig. Nun hat sie wieder in ihrer Heimat Zgorzelec Fuß gefasst. „Ich wohne jetzt in der westlichsten Stadt Polens und betreibe das östlichste Restaurant Deutschlands“, so Anna Cerobska.
Quelle: Sächsische Zeitung Ausgabe Görlitz