Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Damals betrieben die Toias das „Tutti Frutti“ auf der Lennestraße in Ohligs, eine kleine, solide Trattoria, in der ich gerne mit Kollegen aus einer bekannten, stilvoll in Hackhausen residierenden Werbe- und PR-Agentur, in der ich damals zusammen mit dem netten Sohnemann unseres amtierenden Bundestagspräsidenten meine erste Ausbildung absolvierte, mittags einkehrte.
Das taten wir in trauter Regelmäßigkeit tendenziell gerne am Anfang des Monats, da das Tutti Frutti die von der Agentur ausgegeben Sodexo Essensgutscheine akzeptierte, die jeder Mitarbeiter als steuerbegünstigten Verpflegungsbonus am Montatsanfang erhielt.
Filippo ist mir aus dieser schönen Zeit noch lebhaft in Erinnerung, oft kam er aus der Küche für einen kleinen Plausch und auch die Eltern standen noch mit im Laden, Kinder wie die Zeit vergeht.
Seit dem Umzug in die Solinger Nordstadt hat sich die Klientel durch die – im Vergleich zum Angebot in den Ohligser Jahren - neue Ausrichtung der Karte und der leicht gehobenen Selbstdarstellung des Restaurants leicht gewandelt und stets vergrößert, ohne dabei auffallend unangenehm völlig zum operettenhaften Bussi-Bussi-Italiener zu verkommen.
Bis ich 2014 nach langen Jahren den Arbeitgeber wechselte, arbeitete ich noch geraume Zeit direkt neben dem Di Vino vis-à-vis des Stadt-Theaters; diverse Geschäftsessen, neben natürlich auch aus eigener Tasche finanzierten Mittagspausen, fanden hier statt und ich kenne die Küche noch sehr gut aus diesen Zeiten.
Die Meinungen zum Di Vino waren und sind in der Stadt meist sehr positiv konnotiert, wenn auch nicht wenige meinen Einwand teilen, dass es zu spürbaren „Tagesformen“ neigt; an manchen Tagen summte man verträumt die italienische Nationalhymne wenn man den Laden verließ, an anderen hatte man den Eindruck, dass da jemand vor dem Herd heute so gar keine Lust hatte; ich war daher gespannt auf die Leistung im Lieferservice.
„Lust“ auf Italien sollten wir aber am vergangenen Freitag nun schon zum zweiten Mal in Folge haben, viel Spaß nun mit farbenfrohen, appetitlichen Speisen und einem weiteren empfehlenswerten Solinger Dolce Vita Express….
| Bestellung & Lieferung |
Am Freitag war ich beruflich sehr eingebunden, gerne hätte ich wie im Mille Gusti einige Dinge vorab geklärt, kam aber erst gegen 17:30 dazu, im Restaurant anzurufen, eine ausnehmend freundliche junge Dame war am anderen Ende der Leitung.
Zugewandt gab man bereitwillig Auskunft zum Vorspeisenteller und erfragte gerne beim Chef, ob man die Antipasti auch auf Porzellan liefern könne, was man freundlichst bejahte.
Fast auf die Minute pünktlich sollte es dann um 20:45 Uhr klingeln, ein nicht minder zuvorkommender Fahrer brachte dampfend heiße, perfekt verpackte Speisen; lediglich das Vitello hatte wohl etwas ungünstige Schlagseite bekommen und daher stark optisch gelitten, was dem Geschmack aber letztendlich keinen Abbruch tat:
Brot & stark verunfalltes Vitello
Einen Pfand für den Teller habe ich wie beim Mille Gusti nicht zahlen müssen, der nette Herr fragte gar, ob er ihn in den nächsten Tagen auf einer Tour wieder abholen solle, was wir natürlich leicht beschämt ablehnten; wir kommen ohnehin oft am Di Vino vorbei, Parken ist direkt am Lokal ein tiefenentspanntes Thema und die Rückgabe für uns eine Selbstverständlichkeit.
Eine Flasche Weißwein gab es vom Haus dazu, eine schöne Geste, die ich nicht unerwähnt lassen möchte, aber auf die Wertung keinen Einfluss hat. Ich tat mich selten schwer, diesen Wein im Netz zu finden, aber ein kleines Lebensmittelgeschäft in der Lombardei bietet ihn für 5,50€ an und wer weiß, wie Flaschenwein in der Gastronomie im "In-Haus-Geschäft" kalkuliert wird, stimmt sicher zu wenn ich sage, dass dies im Verhältnis zum Gesamtpreis des Bestellten eine wirklich nette Geste war, zumal im Rahmen des Lieferservices ohne jeden Aufpreis.
Wein vom Haus
Die freitagabendliche Tablett-Karawane zum Esstisch setzte sich vorfreudig in Bewegung, insbesondere die Antipasti machten optisch schon viel Spaß….
| Antipasti |
Antipasto misto „klein“ – 10,50€
Vitello Tonnato – 11,50€
Insalata di Contorno – 3,50€
Die Antipasto misto sind ein gutes Beispiel dafür, was ich an der italienischen Küche so schätze: Vielfalt und die Tradition, mit einfachen Rezepten das Beste aus guten Grundprodukten herauszuholen.
Antipasto misto „klein“
Auch wenn der Ansatz hier ein anderer war, als der kleinteilig elegante Teller des Mille Gusti, zeigte man auch hier, was sich u.a. aus Zucchini- und Auberginenscheiben so alles zaubern lässt.
Die Melanzane kamen sogar in gleich vier Varianten, u.a. in feiner Panierung frittiert, klassisch mit Sugo und Parmesan und in einer sehr üppigen Spielart: mit Ragù alla bolognese und Mozzarella gratiniert.
Schön auch die kleinen Röllchen von gegrillter Zucchini, man rollte ein hauchdünnes Scheibchen Käse – kann Fontina gewesen sein – mit ein nebst angemachtem Rucola, sehr ansprechend.
Auch gut gefielen die herrlich anzuschauenden frittierten Zwiebelringe, der Teig war wunderbar blasig aufgegangen und sie sollten mit ihrer schönen Süße fast schon an Cipolle di tropea erinnern, die legendären, aromatischen roten Zwiebeln aus Kalabrien.
Für mich aber das Highlight auf dem Teller: die in Balsamico eingelegten Borettane-Zwiebeln, die ich aus dem Glas oft furchtbar finde. Unglaublich köstlich, schmeckten auch am nächsten Abend (es gab wieder diverse Reste) mit etwas gereiftem Parma DOP und frischem Brot noch fantastisch, diese feine Balance von Süße und Säure mit dem perfekten Biss der Zwiebel; großes Kino von kleiner Komponente.
Die anderen Dinge mitunter etwas fad am ersten Abend, wohlwissend darum, dass man in Italien nicht alles mit Gewürzen zuschüttet weil man die – hoffentlich guten - Zutaten in den Mittelpunkt stellt.
Das lag aber zum Großteil an der Temperatur, die Speisen lagen diesbezüglich unter Zimmertemperatur, waren aber auch nicht „kalt“ im Sinne von „aus der Kühlung“. Am nächsten Abend erwärmten wir -mit Ausnahme der eingelegten Zwiebeln natürlich – beim Reste-Fest die Platte ganz leicht vor dem Servieren und siehe da: plötzlich schmeckte man feine Nuancen und Tiefe, wo am Abend vorher etwas Ödnis auf dem Gaumen herrschte. Ein „heißer“ Tipp für Nachahmer!
Das Vitello Tonnato wurde dann zunächst einmal notoperiert und so gut es ging auf einen Teller verpflanzt, aber bei einem Gericht, dass in den meisten Fällen optisch so sexy daherkommt, wie ein frisch gegossener Epoxidharzboden mit aufgesetzten Kapern, bin ich eher im „Form follows function“ Modus, wenn es denn gut schmeckt.
Vitello Tonnato
Und ja, es sollte gut schmecken, sehr gut sogar, auch wenn man optisch den Eindruck haben könnte, das zarte Kalb sei etwas grau und trocken geraten, dem war mitnichten so und auch die meisterhaft ausbalancierte Sauce machte viel Freude.
Für diesen Preis vielleicht einen Hauch übersichtlich, aber irgendwie wollen vinophile Aufmerksamkeiten schließlich auch re-finanziert werden.
Apropos Wein, ich hatte noch einen schönen italienischen Weißwein in der Kühlung, merkte aber eine Stunde vor dem Essen, dass ich den falschen dort hineingelegt hatte, statt des geplanten Pinot Grigiots hatte ich eine Cuvée von Procanico und Viognier erwischt, viel zu säurearm und fruchtig, ein Geschenk aus dem Sommer das wohl auch bis zu diesem warten muss, bis der Korken sich hebt oder es vielleicht mal im Kochtopf landet. Daher landete ich wieder beim Eisquell Riesling von Battenfeld-Spanier, ein drittes Foto erspare ich Euch, aber es war wieder eine gute und sichere Bank.
Den Beilagensalat haben wir bereits zu den Vorspeisen gegessen, zu diesem Preis in Sachen Qualität, (bemerkenswerter!)Frische, Zusammenstellung und Menge eine sehr erfreuliche Angelegenheit.
Insalata di Contorno
Das Balsamico-Dressing war etwas dickflüssig geraten, sodass wir es mit etwas gutem Condimento Bianco streckten, die Menge Salat so groß, dass wir es in einer Schüssel unterheben mussten, das Foto entstand hernach.
Die Frau am Tisch lobte in ekstatischer Begeisterung gefühlte ein Dutzend Mal das Chicorée mit an Bord war, den mag ich roh leider gar nicht, sondern nur gebraten, weil er dann seine Bitterkeit verliert.
| Primi |
Tagliatelle al Salmone – 11,50€
Spaghetti Gamberoni Aglio Olio Peperoncini – 12,50€
Bei der hausgemachten Pasta fresca kann man zwischen Casarecci, Rigatoni, Spaghetti und Tagliatelle wählen, die Karte bietet aber auch Gerichte, in denen die Pasta-Art vorgegeben ist, wie z.B. bei meinen Spaghetti Gamberoni.
Spaghetti Gamberoni Aglio Olio Peperoncini
Neben einer fulminanten Menge (sicher 15 Stück…) von Garnelen einer ansprechenden Sortierung hatte man noch Datteltomaten in der Pfanne mit sautiert, was ich immer sehr gerne mag in diesem Gericht.
Auch die Pasta mochte ich sehr, ich mag Spaghetti eher auf der dünnen Seite des Pasta-Lebens und bei Pici könnte ich schreiend davonlaufen.
Der in der Pfanne nicht bitter geratene Knoblauch wurde eher sparsam verwendet und auch vom „P“ der Spaghetti AOP war leider fast gar nichts zu spüren, das Olivenöl war von guter Qualität und eher gefällig, ich mag Öle mit Charakter etwas lieber.
Aber hier hatte man es mit dem Purismus etwas zu weit getrieben, das hatte die Bezeichnung AOP in dieser Form nicht verdient, alles was man schmeckte war das Öl, die leicht süßlichen Tomaten und die - perfekt gegarten! - Garnelen, die zwar gut waren allerdings auch nicht unbedingt eine derartige Qualität besaßen, dass man dankbar für den großen Spielraum war, den man ihnen geschmacklich ließ.
Das war schade und führt auch zu dem halben Punkt Abzug für die Küche, wäre das Dessert nicht derart gut gewesen, ich hätte glatt einen ganzen Punkt abgezogen, ich hatte mich sehr auf das Gericht gefreut.
Auch beschreibt die Karte hier als „Gambas an Weißwein mit Olivenöl, frischem Knoblauch und Peperoncino“ und auch den Wein habe ich leider nicht vernommen, vielleicht meinte man ja auch den mitgelieferten Flaschenwein.
Die Tagliatelle al Salmone meiner Freundin (ich erwarte jetzt mal ein Lob für diese zur Abwechslung politisch korrekte, anbiedernde Bezeichnung!) können mit Tomatensugo oder mit einer leichten Béchamel-Sahnesoße bestellt werden, wobei sie sich für Letzteres entschied.
Tagliatelle al Salmone
Sie lobte den beherzt angebratenen frischen Fisch und war sehr angetan, ich klagte mein Leid und auch sie bezeichnete ihre Soße als eher mild, aber in diesem Fall stimmig und gut, die Portionsgröße war auch bei ihrem Gericht sehr generös geraten. Ich probierte und konnte ihre Zufriedenheit nachvollziehen, auch wenn ich mir selbst niemals Pasta mit einer Sahnesoße bestellen würde, es ist einfach nicht mein Geschmack.
Zu Pasta esse ich gerne mal ein Stück Brot wenn es mit dem Sugo Sinn ergibt, das bislang noch nicht erwähnte Ciabatta war frisch und sollte schmecken, nur die Kruste hätte ich mir etwas knuspriger gewünscht, sie war aber trotzdem weit entfernt von dem Weißbrot, das man gerne beim Griechen erhält.
Auf Secondi im Rahmen der klassischen italienischen Menüfolge verzichteten wir heute, weil es keine Menüangebote gibt und die à la carte Portionen damit einfach zu groß, auch klangen die schönen Angebote in Sachen Carne e Pesce allesamt nicht so, dass ihnen längeres Warmhalten im Ofen gut tun würde. Vor Ort hätte ich sicher eine Tagliata gegessen, auch wenn ich deren Preis von 26 Euro bei einem in Sachen Zucht und Ware nicht näher beschriebenen „Rumpsteak“ doch etwas happig finde und ich glaube nicht gerade, dass man hier Fassona Piemontese verwendet…….
| Dolci |
Tiramisu – 4,50€
Panna Cotta – 3,50€
Bei den Desserts macht man auch hier keine Experimente neben zwei Mousse au Chocolat Variationen bietet man lediglich die beiden Evergreens Panna Cotta und – oh Wunder – Tiramisu.
Schon die Präsentation in den Lieferschalen sollte Freude bereiten, es ist schon bemerkenswert was eine olle Physalis und ein paar Heidelbeeren ausmachen können, insbesondere bei der Panna Cotta auf ihrem kleinen Saucen-Spiegel.
Wir hatten diese Desserts ja bereits mehrfach in den letzten Wochen und um es kurz zu machen: beide mit Abstand die besten Vertreter ihrer Art bislang seit Beginn meiner wöchentlichen Lieferdienst-Kritiken Anfang November.
Tiramisu
Das Tiramisu mit einer herrlich schweren Mascarpone-Creme, jeder Löffel die pure Sünde, nicht zu süß und das wohlgetränkte Biscuit mit köstlichen Noten eines guten Kaffees. Die alkoholische Note dabei könnte auch von einem Kaffee-Likör gekommen sein, Amaretto war nicht zu schmecken aber den mag ich auch gar nicht gerne. Die frischen Beeren waren ein willkommener Säurespender und auch hier freute ich mich darüber, dass es als eigenständiges Tellergericht ausgeführt wurde und nicht nur ein kleiner, vom Blech geschnittener Quader, wie in vielen Fällen. Das sind eben die kleinen Unterschiede, die oft viel ausmachen!
Panna Cotta
Die Panna Cotta auch wunderbar, mehr bodenständiges, gutes italienisches Dessert-Handwerk geht nicht. Auch wenn ich in der letzten Woche schon sehr angetan war, dies war nochmals eine kleine Steigerung: perfekt in ihrer cremig anmutenden Konsistenz, alles andere als ein vor Gelatine strotzender fader Glibberklumpen (ich bin entsetzt, Word kennt „Glibberklumpen“ nicht, direkt mal zum Wörterbuch hinzugefügt, unfassbar dummes Programm….) und auch die Erdbeersauce setzte nochmals einen drauf. Dieses Dessert auf einem entsprechenden Angeberteller bei einem Oberkasseler „Haute Volaute“-Italiener: Grazie mille für 12 Euro, Dottore!
Zufrieden mit der Lieferdienst-Welt nahm der Abend seinen weiteren Lauf und ich freute mich schon auf den heutigen Sonntag und dieses Pamphlet, denn gelungene Anlässe sind doch ein schöner Motivator für ein paar nette Zeilen, die den Restaurants ja letztendlich helfen sollen und dies funktioniert nur, wenn die Leistung auch passt.
Fazit
Vielleicht einen Hauch sonnige aber verdiente 4,5 Sterne für eine durchweg ansprechende Küchenleistung. Hätte meine Pasta ihren AOP-Titel wirklich verdient gehabt, wäre die volle Punktzahl fast Pflicht gewesen, diese führt aber zu diesem kleinen Abzug - übrigens peppte ich einen Rest am nächsten Tag mit einer guten all’arrabbiata Gewürzmischung auf und Ta-Da; da war sie weitestgehend, die Pasta die ich mir erhofft hatte…
Der Lieferservice so wie beschrieben auch hervorragend, das Vitello sollte man allerdings dringend transportsicherer verpacken, 4,5 Sterne für die Gesamtleistung.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis sehe ich bei guten vier Sternen und damit einer Schulnoten-Zwei; wie immer wenn man weder beschenkt wird aber trotzdem einen sehr guten Gegenwert für sein Geld erhält.
Und damit komme ich auf knappe 4,5 Sterne in der Gesamtwertung, ob man dies als 1- oder 2+ interpretiert bleibt jedem selbst überlassen, für mich eine klare Empfehlung in der Reihe der italienischen Solinger Gastronomie und auch die Di Vino Pizza hat zu Recht eine Menge Freunde!