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Unser erster Fehler: da uns am Eingang niemand wahrnimmt, wählen wir selbst einen freien Tisch (von denen es genau noch zwei gibt). Der Sechspersonentisch im hinteren Bereich des weitläufigen Lokals wirkt ausladend und großzügig, mit genügend Platz für unsere warmen Winterjacken, Mützen und Rucksäcke. Zwar werden wir ultraschnell mit einer Ladung Speisekarten versorgt, doch dann lange Zeit hartnäckig ignoriert. So haben wir Muße genug, um die kunstvolle Lüftlmalerei, die rustikale Holzvertäfelung und das zünftige Ambiente zu studieren. Ein Lob dem Innenarchitekten!
Als wir endlich eine (etwas unwirsche) Bedienung zu fassen kriegen, werden wir ganz schnell an den zweiten freien Tisch des Lokals zwangsversetzt: das ist ein kleines Zweiertischlein, gerade so hineingepresst in eine Reihe weiterer enger Katzentische und zudem von den Nachbarn links und rechts schon zum Teile okkupiert. Egal: hier ist ein anderes Servicemädel zuständig und mit ihr haben wir sensationelles Glück. Auf der Rechnung steht nachher „Aushilfe“ – ich vermute mal eine agile, mehrsprachige Sportstudentin im höheren Semester. Super! Das Starkbier schwappt sofort heran, beim angefragten Rotweinschorle sauer (auf der Karte ist tatsächlich nur „Roséwein + Orangenlimonade“ zu finden) muss allerdings erstmal der Barkeeper befragt werden. Große Güte: in Bayern wäre einem problemlos schon vom Azubi im ersten Lehrjahr ein Halbliterhumpen hingestellt worden…
Das Essen gestaltet sich weniger problematisch. Die Schweinshaxe (würzig, knusprig, mächtig) wird mit 1a Serviettenknödeln, einer aromatischen Biersauce und reichlich Sauerkraut serviert (15,50 Euro). Auf Wunsch kann dazu noch der Haussenf im schmucken Steinguttopf geordert werden. Die Allgäuer Kässpätzle (9,50 Euro) entpuppen sich als riesige Portion in einem tiefen Teller – nicht zu wenig Bergkäse und Emmentaler sorgen für kräftigen Geschmack, leider wurde auch mit der Sahne nicht gegeizt, was das Ganze etwas zu suppig schmecken lässt. Auch der Beilagensalat (Blattsalat, Möhre, Tomate, Mais) wird leider in einem Sahnedressing ertränkt. Soll vermutlich den Bierkonsum erhöhen! Die sympathische Speisekarte weist noch etliche andere Schmankerln auf, denen ich durchaus nicht abgeneigt wäre, z.B. ein Brotzeitbrettl mit Leberkäs, Fleischpflanzerl, Schweinsbraten (SHL*) Emmentaler, Obatzda, Kräuterquark, Essiggurkerl, Radieserl, Senf, Butter, Brezn und Brot für 12,90 €. SHL steht übrigens für Schwäbisch-Hällisches Landschwein, das noch in zig anderen attraktiven Variationen angeboten wird. Alle Portionen sind immens und könnten garantiert jeden Holzhauer satt machen. Die Dame rechts von mir schafft es jedoch erfolgreich, nur eine kleine Bulette ohne Brot zu bestellen (schließlich befinden wir uns in der Fastenzeit!). Vielversprechend und unglaublich günstig scheint der wechselnde Mittagstisch zu sein. Für ganze 5 Euro wird z.B. angeboten: Himmel und Äd mit Püree und Zwiebeln / Balkangeschnetzeltes mit Reis / Frikadelle mit Möhrengemüse und Kartoffeln.
Wer kann, sollte unbedingt der urigen, höchst kommunikativen Toilettenfrau – samt akribisch gepflegter Anlage – einen Besuch abstatten. In einer Art gut bestücktem „Bauchladen“ werden u.a. Salzletten (offen und einzeln), bunte Klümpschen, diverse Drogerieartikel und Erste-Hilfe-Produkte angeboten. Ein kleines Zubrot? Von den Besuchern zurückgelassene Fundstücke? Eine rheinische Besonderheit? Keine Ahnung, aber sehr skurril.
Das Wirtshaus Salvator liegt inmitten der Bonner Fussgängerzone, nur wenige Schritte vom Hauptbahnhof und vom Busbahnhof entfernt. Doch Vorsicht: derzeit wird das sogenannte „Bonner Loch“ großartig umgebaut und umgestaltet, so dass die Wegeführung teilweise einem Hindernislauf gleicht. Ob dadurch die Problemzonen beseitigt werden, ist fraglich. Wir wurden auf dem Heimweg auf jeden Fall mehrfach von Bettlern umlagert – ein Glück, dass wir nicht allzu sehr dem Alkohol zugesprochen haben. Parkplätze dürfte das Salvator auch keine haben und das ist gut so.
Mein abschließendes Lob gilt der sportlichen Aushilfsbedienung: freundlich, bemüht, konzentriert, korrekt und gedanklich gut sortiert. Das restliche (sichtbare) Personal scheint offen zur Schau gestellte Schnoddrigkeit und Unhöflichkeit mit originellem bayrischem Habitus zu verwechseln. Weit gefehlt!