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Wir machen einen Zeitsprung, ein ehemaliger Arbeitskollege, mittlerweile wieder in meinem „Werks-Team“ am Hockenheimring, möchte sich auf seine Art und Weise bedanken. Ich soll ein Lokal heraussuchen, wo man „gediegen“ sitzt, wir uns nett was einschmeißen können (wer denkt da nicht gleich an Uhrwerk Orange?), vielleicht ein, zwei Weinchen hinunter kippen, etwas Brot dazu und fertig. Da fiel mir doch glatt Gregor R. ein und sein im Jungbusch liegendes Marly Quartier.
In den letzten Tagen bereitete ich meinen Zimmerkollegen etwas auf den „Lunsch“ ein. Schön, im Marly hatte man2 Wochen Betriebsferien, letzten Mittwoch die Mittags- und Abendkarte aktualisiert, es sollten uns keine allzu großen negativen Überraschungen erwarten.
Das Lokal mit malerischer Kaiterrasse und Designerflair bietet frankophile Gourmetmenüs nach eigenen Rezepten - so beschreibt "google" das. Die Rede ist von Gregor Ruppenthals Kreativküche, im ehemaligen Speicher direkt am Rhein. Er ist ein „Pälzer Bub“ wie aus dem Bilderbuch, der an der Weinstraße geboren wurde und sein Handwerk im Sternelokal des „Deidesheimer Hofes“ gelernt hat. Vor einem Jahrzehnt war er noch in Ludwigshafen gegenüber, wo er ebenfalls schon ambitionierte, französisch angehauchte mediterrane Küche, „ohne Fußfesseln“ wie es ein Inspektor im Michelin Guide beschreibt, angeboten hat.
Ich werde von der Inhaberin mit Handschlag begrüßt, das fängt ja schon mal gut an. Bernardo Romero muss sich auf die Lippen beißen, er fragt, ob ich in allen guten Mannheimern Lokale so begrüßt werde. Wir sind die ersten Gäste, allerdings sind alle Tische schön eingedeckt. Etwas unglücklich dann die Platzzuweisung der nächsten Gäste. Direkt neben dran, die beiden etwas älteren Damen, rochen nach einer Stunde leicht nach Glimmstengel, mussten sie nach jedem Gang raus und sich eine „anstecken“. Sie sollten extra aus München angereist sein, bezüglich des Gourmet Festivals am heutigen Sonntagnachmittag im Kaufhaus des BASF Mitgründers. Sie ließen es krachen, bestellten die kompletten 6 Gänge inklusive der Weinbegleitung, Herr Ruppenthal gab noch einen Schnell-Workshop bezüglich einer unangemeldeten Polizeikontrolle „Haben sie was getrunken ? Ah, Sie waren im Marly ? Ah ja,… und weiter geht`s …“
Bei uns sollten es erst mal 4 Gänge sein (jeweils 50 Euro) dazu nahmen wir die Weinbegleitung (jeweils 22 Euro) sowie eine Flasche Wasser 0,7 für 7,50. Das Wasser ist neuerdings nicht mehr in der Weinreise inkludiert, wussten wir nicht, jetzt wissen wir es. Insgesamt saßen wir über 3 Stunden am Tisch, hatten bis zu 10 Gänge bekommen (kleinere und größere), am Ende zahlte(n) (wir) der Kleinste an unserem Tisch 160 Euro, nicht wenig, aber absolut fair und im Rahmen, sollten wir doch noch drei Mal das leckere Kartoffelbrot nachbestellen.
Es ging los, ala James Bond (das Intro ist fast immer ein Meilenstein) mit einem Eis von der roten Zwiebel mit einem rote Zwiebel Crunch:
Creme Eis von der roten Schalotte
Das Eis fantastisch cremig, eine schöne Abkühlung und Einstimmung auf die maritim gehaltene Menüfolge. Danach ging es weiter mit einer lauwarm aufgeschlagenen Kartoffelsuppe, von gesammelten Erdäpfeln aus der Bretagne, als Crunch gab es eine frittierte Tentakel vom Tintenfisch. Abschließend servierte man uns Blutwurst > wenn nicht jetzt< „Wan Tan“ auf glasierten Meeresalgen und einem süßsauren Chillijus. War echt klasse.
Danach gab es Brot, das bekannte Marly Kartoffelbrot vom Bäcker Kapp, mit einer famos schmeckenden geräucherten Creme Butter, nebst der bekannten Marly-Butter mit dem Logo.
Brot und Butter hilft dem Vadder uff die Mudder
Hier werfe ich ein, dass ich gerne Wein gehabt hätte, aber erst als ich meinem Tischnachbarn zuflüsterte „ich glaube die haben unseren Wein vergessen“, kam Herr Ruppenthal persönlich, als ob er ein Mikrofon unter dem Tisch platziert hätte um mitzubekommen, was der eine oder andere „flüstert“. Er stellte uns den Wein vor, ein nicht auszusprechender und für mich niemals zu merkende Weißwein (noch nie gehört), hat aber wunderbar zum ersten Gang gepasst:
Gnocchi in GEIL
Gnocchi von Mona Lisa Kartoffeln (aus der Bretagne, natürlich wurde das mehrmals am Tisch vorgetragen, wobei die originalen natürlich aus den Niederlanden kommen) / Steinpilze und Karottenjus. Ein Volltreffer !! Hammer !! Fluffig, aber dennoch mit leichtem Biss. Die Steinpilze klein geschnippselt, ebenfalls mit leichtem Biss, hervorragend abgeschmeckt. Die Karottenjus erinnerte nach Honig und leichter Schärfe, dazu das Erdige aus der Bretagne (natürlich), da fehlte nur noch ein erdiges Erdinger …. Auch von der Menge super, sollten ab dann außer dem Brot nicht mehr allzu viel „Nahrhaftes“ folgen.
Gang zwei: Rotbarbe aus dem bretonischen Meer (wenn ich mir das richtig gemerkt habe),
Rotbarbe aus Bretonien
dazu Rote Beete, gewürfelt, dazu noch als Chip auf einem schönen Zwiebelsud mit Knusper Buchweizen. Eine kleine Schüssel Bratkartoffeln, gerne aus der Bretagne, hätten der Barbe gut zu Gesicht gestanden. Der Fisch knusprig, innen glasig, muss bestimmt so sein. Erinnernd nach Meersalz, Fischen und Wellen, das schmeckte man mit jedem Biss. Die Barbe, umgeben von weiß-roten Rote Beete Blüten, auf Würfeln von Roter Beete gebettet. Herr Ruppenthal kam dann nochmal an den Tisch und erklärte uns, dass das eine Bretonische Rotbarbe sei und dass er deutschlandweit der Einzige ist, der diesen Fisch als Direktlieferung bekommen würde. Als Begleitung gab es ein Chardonnay Cuvee „Vinn oh wäähh“ oder so, die Trauben auf Vulkanstein gezogen (hab ich mir gemerkt), gab dem Wein das „geräucherte holzige“, passte wie die „Faust“ auf die Nase. Als Begleitung gab es dann wieder nettes Kartoffelbrot dazu.
Danach sicher ein Highlight, ein Schlückchen vom Rotwein, ein Cuvee aus Cabernet, Merlot und noch irgendwas. Ausgeschenkt mit einem 50 cm langen Schnabel (WeinAusSchenker).
Ich hatte richtig Bock auf knuspriges Kartoffelgratin,
Knusper knusper knäuschen, wer knuspert an meinem .....
Couscous vom Blumenkohl und geschmorter Lammschulter. Fangen wir mit dem Gratin an. Das wurde perfekt vorab gegart, dann wohl in Würfelform ausgestochen, eingewickelt in einer längeren rohen Kartoffelfaden, das ganze wohl in brauner Butter ausgebacken. Beim Anschneiden knusperte das Gratin regelrecht, es fehlte nur noch die Hexe „wer knuspert denn an meinem Häuschen...“, dazu gesellte sich famos schmeckender Couscous vom Blumenkohl. Keine Ahnung wie der Blumenkohl die Couscous Kügelchenform bekommen hat, aber die Blätter wurden in Couscousform mit vermengt. Das ganze abgeschmeckt, hat es nach frisch gemähtem Rasen erinnert. Kein Witz, das schmeckte wirklich so, sogar mein Tischnachbar meinte, das schmeckt irgendwie nach frisch gemähtem Rasen. Mal was anderes. Das war großes Kino. Pech hatte ich mit dem geschmorten Lammfleisch. Was heißt Pech ? Wäre ich der Koch gewesen, hätte ich das nicht raus gegeben. Ich reklamierte das dann, aber meine Kritik stieß auf taube Ohren. Ich hatte 4/5 nur Fett und zerfetztes Schulterfleisch, welches an Knorpel erinnerte. Ich weiß nicht, ob das so sein muss. Mein Nachbar meinte auch“ziemlich viel Fett“, aber klar, die Schulter ist ja immer in Bewegung, dennoch, ein wenig mehr Fleisch wäre schön gewesen.
Was dann kam, ja, dass machte alles wieder weg. Käse von Jean Ives Bordier.
Käse vom Nachbar
Natürlich musste man uns das am Tisch nochmal mitteilen, dass der Käse auf direktem Weg vom Erzeuger kommt, das Marly zahle pro Lieferung knapp 40 Euro Transportkosten, andere Restaurants mussten wohl über Lieferanten mehrere hundert Euro pro Lieferung nur für die Transportkosten berappen. Bei uns in der Straße wohnt übrigens ein Herr Ives Bordier, vielleicht klingele ich mal dort und frage ob es Käse gibt. Kleiner Scherz, der Herr heißt Yves Sant Laurent. Der fährt Zeitungen aus. Meine Frau meinte aber mal zu mir, der würde sie nur zum Container fahren. Ich weiß es nicht.
Der Käse war klasse, wir mussten mittig anfangen und dann im Uhrzeigersinn weiter essen. Als Wein gab es ein über 20 Jahre alter Muskateller Süßwein.
do kann man nidd meckre
Er kam wieder an unseren Platz und erzählte ... er weilte in Urlaub und wollte nebenbei einen alten Bauernhof kaufen und da standen so zufälligerweise alte Fässer rum. Die wollten die Damen und Herren schon wegschmeißen, aber der Zufall wollte es, dass man(n) dann den Wein da drin fand, der dann 2018 in Flaschen abgefüllt worden ist. Da der Sternekoch den kompletten Bauernhof übernommen hatte, war er auch im stolzen Besitz von knapp 2000 Flaschen und wir bekamen zwei Süßweingläser voll davon. Der war echt gut, hatte ne feine süße Note und harmonierte ganz fantastisch, besonders zu dem Schimmelkäse. Sachen gibt’s …. Ich war so begeistert von dem Wein, dass wir uns danach den Wein beim „kaufhof“ für 11,99 mitgenommen haben (zufällig entdeckt), und der reifte sogar laut Etikett 40 Jahre im Fass und anschließend in unseren Mägen.
Die beiden netten Damen aus München hatten wohl Mitleid mit uns und gaben ihr Dessert ab.
Tarte mit Karamelleis und Creme Fraiche
Gesalzenes Karamell Eis, mit Creme Fraiche und Äpfeln in Form einer frisch gebackenen Tarte aus dem heimischen Garten, da wo die Weinfässer her sind. Der Urvater des Weines ist übrigens ein Herr Villeneuve, der lebte im 13 Jahrhundert und machte die Dessertwein Erzeugung bekannt. (hat mir der Verkäufer beim Kaufhof erzählt)
Als Abschluss gab es dann final ein Espresso (war in der Weinreise inkludiert), sowie ein Stein mit nettem Bauwerk.
Letzter Gruß
Links sitzend eine Schoko-Mouse Praline, rechts davon eine lauwarme Zitronen-Tarte mit kitzelndem Zitronenabrieb am Gaumen
Fazit:
Für mich war das heute ein Tick „too much“. Hat dennoch sehr viel Spaß gemacht (besonders danach mit dem 11,99 Wein auf der Mannheimer Kerwe), da mein Freund (laut seiner eigenen Aussage) selten so gut gegessen hat, ein absolutes Highlight für ihn und letzten Endes auch für mich. Aber „ich bin der schönste und beste“, das muss ich jetzt eine Zeit lang nicht mehr haben.
Beim letzten Besuch habe ich noch in Erinnerung, als Herr Ruppenthal zufälligerweise mit seiner Frau ein Bauernhof in der Normandie entdeckt hat und er sich sofort mit dem Bauer angefreundet, er dann mit seinen Händen die Milch von den Schafen und Kühen gemolken, woraus dann das Eis von seinem angebotenen Dessert entstanden ist … Das wäre das gleiche, wenn ich meinen Gästen beim nächsten Mal erzähle, beim letzten Urlaub habe ich mir im Germersheimer Spar-Markt ein Schnorchelset gekauft, mit dem bin ich dann im Baggersee in "Sunnre" schnorcheln gegangen, hab zufälligerweise ein paar Jakobsmuscheln in mein Netz mit der Hand gefangen und biete diese jetzt an meinem Geburtstag auf Seccoschaum und gebranntem Christstollen an. (wenn ich mir das richtig überlege, habe ich meinen Gästen genau davon berichtet … bin halt auch der Beste und Schönste, hab sogar auf meiner Kochschürze 5 goldene Sterne, bätschi bätsch )
Empfehlung !! Klasse Küche (auch mit nur einem Stern), klasse Weine !! Klasse Ambiente !!