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"Panierte Erinnerungsküche in einer dunklen Zeit"
Geschrieben am 20.04.2023 2023-04-20 | Aktualisiert am 20.04.2023

"Gutbürgerliches Kleinod auf der Neupotzer „Paniermeile“ neu entdeckt"
Geschrieben am 19.02.2022 2022-02-19 | Aktualisiert am 19.02.2022

"Super Fleisch und exzellente Beilagen"
Geschrieben am 19.01.2019 2019-01-19

Über die alteingesessene Dorfwirtschaft im Herzen des ehemaligen Fischerdorfes habe ich in meinem Bericht vom Februar letzten Jahres bereits ausführlich berichtet, weshalb ich mich diesmal etwas kürzer fasse.
Auch dass der im Ganzen panierte und frittierte Zander zum kulinarischen Kulturgut des in unmittelbarer Nähe zum Altrhein gelegenen Örtchens zählt, habe ich da hinlänglich erläutert. Aber – um es gleich vorweg zu nehmen – auch diesmal wagte ich mich nicht an solch einen „Kaventsmann“ heran.
Das Traditionslokal an der Hauptstraße erfreut sich nach wie vor einer sehr großen Beliebtheit. Ein paar Tage vorher sollte man schon anrufen, um sich einen der begehrten Tische zu sichern. Zumal sich die Öffnungszeiten nach Corona auf drei Tage dezimiert haben.
Inflations- bzw. energiebedingt wurden die Preise seit meinem letzten Besuch Ende Januar 2022 leicht angehoben, zumindest beim Essen noch im verträglichen Rahmen. Mein Neffe freute sich sichtlich über die Einladung seines Onkels. Der ehemalige Jugend-Spieler des 1.FC Kaiserslautern, der auch mit seinen 24 Jahren noch viel Spaß am Kicken hat, ist nicht nur in unserer Familie als guter Esser bekannt. Ich war also gespannt, wie er sich an diesem Abend schlagen würde.
Als ich die gute, vertraut wirkende Wirthausstube um 19 Uhr betrat, waren die meisten Tische bereits besetzt. Schade nur, dass mein ehemaliger Kollege Hugo, der hier als pensionierter Lehrer im Unruhestand öfter mal den Schankprinzen gibt, an diesem Abend nicht mit von der Partie war. Er wäre unserer Stimmung sicher zuträglich gewesen.
Stattdessen wuppte ein freundlicher junger Mann den Service nahezu alleine, was zu etwas längeren Wartezeiten führte, da dieser logischerweise nicht gleichzeitig Gäste bedienen und Bier zapfen konnte. Die fleißigen Damen in der Küche gaben sich jedoch alle Mühe, den „Slow-Food-Anspruch“ des Hauses nicht überzustrapazieren oder gar zu wörtlich zu nehmen.
Aber egal, wir hatten ja Zeit und nach den für uns wohl traurigsten Wochen des vergangenen Jahres auch einiges zu erzählen bzw. aufzuarbeiten. Am Speisenangebot hatte sich wenig geändert. Das mir bekannte, laminierte DIN-A4-Blatt mit den Standardgerichten wurde lediglich um eine auf Herbst gepolte Empfehlungskarte erweitert. Rehbraten, Kalbszunge und natürlich die obligatorische Gänsekeule aus dem Ofen versprachen einen mit der Jahreszeit konformgehenden Fleischgenuss.
Doch zuerst kümmerten wir uns um die Flüssigkeitsaufnahme, der die Bestellung einer Flasche Mineralwasser (0,7l für 4,60 Euro), eines Radlers (0,4l für 3,60 Euro) und eines Viertels vom Grauburgunder Kabinett (5,90 Euro) vom Weingut Bruno Leiner aus Landau-Wollmesheim vorausging. Später erhöhte ich noch um einen weiteren Radler, um auch ja die Fahrtüchtigkeit nicht zu gefährden. Mein Neffe kippte zum Digestiv noch einen Espresso (2,40 Euro). Mir fiel auf, dass man bei den Getränkepreisen doch kräftiger angezogen hatte als das beim Essen der Fall war. Man bewegt sich zwar nach wie vor nicht auf unverschämtem Niveau, aber für ein gutbürgerliches Landgasthaus sind die Preise schon am oberen Rand kalkuliert.
Von der Empfehlungskarte orderten wir zweimal den Feldsalat mit Speck und Croutons (jeweils 9,50 Euro) als Vorspeise. Den mit mir verwandten Fleischvertrauten zu meiner Linken gelüstete es nach den Ochsenfetzen mit Paprika (23,50 Euro). Später wurden auf der Rechnung bei seinem Gericht 1,50 Euro subtrahiert, da er auf die Salatbeilage infolge der bestellten Vorspeise verzichtet hatte.
Warum man meine Hauptspeise nicht auch vergünstigte, entzieht sich bis heute meiner Kenntnis. Ich hatte nämlich den Salatteller zu meinem panierten Zanderfilet (20,50 Euro) aus den gleichen Gründen abbestellt. Sei es drum. Dafür dachte man wenigstens an die 2 Euro Aufpreis für die hausgemachte Remouladensauce, die meinem Backfisch gut zu Gericht stand.
Mein Neffe wählte als Beilage zu seinem in Fetzen geschnittenen Fleisch aus der Rinderhüfte die Nudeln vom Band, während mir die Pommes frites zum Dippen in die Remouladensauce am geeignetsten erschienen.
Das panierte Zanderfilet war übrigens eine kulinarische Hommage an meine verstorbene Mutter. Wenn wir früher zusammen bei Martin Gehrlein im nicht weit entfernten Restaurant Hardtwald essen waren, war der gebackene Rheinfisch bei ihr meistens gesetzt. In dieser Panadedisziplin war sie ganz in ihrem Element, denn in der „neupotztypischen“ – für manche Feingaumen wahrscheinlich zu rustikalen – Art der Zubereitung war ihr der Zander immer am liebsten.
Was soll ich sagen? Dieses „Paniergehabe“ wurde wohl an ihren Sohn weitervererbt. Nur so ist es zu erklären, dass ich mich jedes Mal freue wie ein kleines Kind, wenn mir solch ein „Fischstäbchen Deluxe“ unter Fischmesser und Gabel kommt. Aber noch war es nicht soweit, denn wir hatten ja noch etwas Grünes für vorweg bestellt.
Unsere beiden Salate vom Feld waren mit 9,50 Euro nicht gerade schüchtern kalkuliert. Insofern wunderten wir uns schon ein wenig über ihre geringe Portionsgröße. Auch zeigte sich Rapunzel an jenem Abend ziemlich kleinblättrig, hatte dafür aber umso mehr Schmackes beim Dressing in petto. Kollege Knoblauch verlieh der auf Essig-Öl-Basis angerührten, mit einem Schluck Sahne verfeinerten Tunke ihr pikantes Aroma.
Zusätzliche Würze steuerte der angebratene Speck bei. Die in seinem ausgelassenen Fett geschwenkten Croutons lieferten zusätzlichen Knusper. Ein vom Geschmack her gelungener Einstieg. Nur hätten es gerne noch paar Blätter mehr auf der Platte sein dürfen. Für Pfalzverhältnisse war die Portion nämlich definitiv zu mickrig. Und zu dem Preis allemal.
Nun gut, dann sollten eben unsere Hauptgerichte über den Sättigungsgrad urteilen. Diese ließen zwar etwas auf sich warten, aber bei hausgemachter Kost bin ich da eher nachsichtig. Die in Streifen geschnittenen, kurz durch die Pfanne geschleusten Ochsenfetzen thronten über einem großflächigen Soßenspiegel.
Auch ein paar wenige Paprikastücke hatte man unter den Fleischhügel geschmuggelt. Die Bandnudeln wurden meinem Neffen à part in einer kleinen Schüssel gereicht.
Er ließ mich von seinem Rindfleischklassiker kosten. Der Kleinschnitt von der Rinderhüfte hatte durchaus Charakter und fiel – zur Freude meines Patenkindes – auch schön saftig aus. Nichts Schlimmeres wie totgebratene Rinderstreifen, wie man sie leider viel zu häufig als Salatbeigabe oder auf sogenannten „Fitnesstellern“ – allein der Begriff entbehrt meist jeglicher Seriosität – antrifft. Dem Saucensee in des Neffen Teller fehlte es ein wenig an geschmacklicher Intensität. Aber es war immerhin keine homöopathische Dosis, was wiederum seiner Bandnudelbewältigung zuträglich war.
Vor mir lag – zugegeben etwas schmucklos – das panierte Gold des Altrheins in dreifacher Ausführung auf einer etwas altbacken wirkenden Verzehrplatte von anno dazumal. Fritten und Remouladensoße wurden separat mitgeliefert.
Nun, es war sicherlich nicht alles Fett, was auf meinem Teller glänzte, aber es hätte den drei Backfischfilets auch nicht geschadet, wenn sie nach dem Frittieren mit etwas Küchenpapier „trockengelegt“ worden wären.
Aber auf den Fettfaktor ist ja bekanntlich als Geschmacksträger immer Verlass. An der Würzung und der Panade gab es jedenfalls nichts auszusetzen. Das weiße Fischfleisch zerging förmlich auf der Zunge. In Kombination mit einem Spritzer Zitrone und der hausgemachten Remouladensauce war das ein veritables Soulfood für einen angeschlagenen „Captain Iglo“, der in seinem kulinarischen Heimathafen auf bessere Zeiten wartete.
Bis sich diese einstellen sollten, floss noch einiges an Wasser den Vater Rhein hinunter. Und so standen die Monate November und Dezember ganz im Zeichen kleinerer kulinarischer Ablenkungsmanöver, die mich entweder alleine oder mit meinem Wörther Kollegen vom Futterclub in gutbürgerlichen Adressen der näheren Umgebung einkehren ließen. Nach anspruchsvolleren Genusserlebnissen stand mir zu dieser Zeit einfach nicht der Sinn, was sich im neuen Jahr dann aber Gott sei Dank wieder änderte.