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GastroGuide-User: AndiHa
AndiHa hat Calwer-Eck-Bräu in 70173 Stuttgart bewertet.
vor 8 Jahren
"Nix für Dorfkind"
Verifiziert

Geschrieben am 26.11.2016 | Aktualisiert am 27.11.2016
Besucht am 24.11.2016 Besuchszeit: Abendessen 1 Personen Rechnungsbetrag: 18 EUR
Vorweihnachtszeit.
Die Zeit um an liebe Menschen zu denken.
Die Zeit um sich nach Geschenken umzusehen (auch wenn es noch gefühlt 5 Monate bis Heilig Abend sind, aber der kommt ja immer so früh).
Die Zeit um auf unzähligen Weihnachtsmärkten teures Geld für billigen, erhitzten Fusel oder überteuerte und nutzlose Staubfänger auszugeben.
Und die Zeit um Kollegen zu malträtieren und sie zu nötigen wegen der guten Stimmung auf der Arbeit doch eine gemeinsame (Vor-) Weihnachtsrunde zu starten. Landauf landab ja eine wechselhaft beliebte Veranstaltung.
 
In einer solchen fand ich mich wieder und sie war wahrlich zweigeteilt.
 
Teil 1: Eine sehr humorvolle Stadtführung in Stuttgart Zentrum mit dem Titel „i han Kehrwoch’“ führte zu einer kurzweiligen und interessanten Reise in’s naheliegende Bohnenviertel (welches teilweise vom Krieg nicht gar so sehr beeinträchtigt wurde) und in die Vergangenheit. Dabei erfuhr so manch dahergelaufener Industrienomade aus dem hohen Norden der Republik, daß der schwäbischen Hausfrau liebstes Kompliment die Worte „Du siehsch aber abg’schafft aus“ sind.
Aber auch Anekdoten deren Authentizität in Zweifel gezogen werden darf wie diese hier:
Unsere Stadtführerin erzählte, daß sie mit ihrer Oma immer gerne gebacken habe.
So wurde im Backhäuschen im Vorort nach dem Brotbacken noch Kuchen eingeschossen. Ihre Oma habe dabei die besten Rezepte gehabt (die sie jetzt selbstverständlich auch wisse). In die Kuchen kamen immer viele Eier etc. Das machte einen wahren Sonntagskuchen aus.
Die Kuchen wurden auf den Blechen mit den bloßen Händen nach Hause getragen. Natürlich waren diese recht heiß und so musste sie sie kurzfristig nahe dem Kirchhof auf der Friedhofsmauer abstellen um die Hände zu kühlen und fortan besser zu schützen.
Natürlich passierte das Unglück. Einer der Kuchen fiel hinunter.
Was jammerte und dauerte sie. „Da liegt er nun, er war doch sooo ein Guter. Keinen besseren gab es je zuvor. Der Beste von…“
Dies hörte der Pfarrer der gerade auf der anderen Seite verweilte und meinte: „Mädel, beruhige Dich. Traurig aber so ist es. Hier liegen viele wie dieser“.
Darauf sie: „abor doch koiner mit 6 Eier“.
So kalauerte sie uns kurzweilig durch die 2 Stunden Stadtführung und der von Kollegen mitgebrachte Glühwein zeigte auch seine auflockernde Wirkung.
Sogar einen kleinen Teil der ehem. Stadtmauer gab es zu entdecken.
So weit, so humorvoll, so interessant und so weiter zu empfehlen. Selbst für Hiesige (Eingeborene).
 
 
Teil 2 lief eher unter dem Titel: Humor ist wenn man trotzdem lacht.
 
Anschließend sollte es in’s Calwer-Eck-Brauhaus zum gemeinsamen Essen gehen.
 
Und da es sich um eine lokale „Institution“ handelt wird es leider etwas länger.
 
Das Calwer Eck.
Damals vor 25 Jahren eine Institution und etwas richtig Neues. Die erste Lokalbrauerei/Hausbrauerei in Stuttgart und ein Anziehungspunkt für Jung und Alt.
Da musste man mal gewesen sein. Irgendwie. Damals.
Aber heute?
Der Laden brummt immer noch und erfreut sich großer Beliebtheit. Hier in der Calwer Straße in Stuttgart Mitte reiht sich Lokal an Lokal und Restaurant an Restaurant. Da muß man sein Haus erst mal voll bekommen. Das schafft dieses Haus auch an einem Donnerstagabend ganz gut.
Ok, das Platzangebot ist riesig, aber ich denke mehr als die Hälfte dürfte besetzt gewesen sein.
Ja die Räumlichkeiten. Schnuckelige Wirtshausatmosphäre mit verwinkelten und gut aufgeteilten Bereichen. Sehr viel Holz und dessen „Patina“ nach 25 Jahren sind zu sehen. Aber auch zu genießen. Hier kann man sich durchaus wohl fühlen.
Das Bild spiegelt nur einen kleinen Teilbereich wider.
Ein Ambiente zum Essen und anschließendem Verlieren im häuslichen Bier wie geschaffen.
 
Wir kamen also mit Mannschaftsstärke (17 Mann/Frau) an und wurden freundlich begrüßt. Im Reservierungsbuch mussten wir erst mal stöbern bis der Herr Reservator auch endlich aufschlug und erwiderte er habe nicht auf die Firma sondern auf Häberle* (*Name dem Rezensenten bekannt) reserviert.
Manch einer wähnte sich schon zufrieden als er die eine oder andere Bedieneuse sah, welche mit Herzausschnitt bekleidet und ordentlich Holz vor sich her tragend daherkam, erblickte.
Es kam aber ein ordentliches Mannsbild der uns an unseren Platz bzw. Bereich geleitete. D.h. ihn uns zuwies.
Wir fanden uns in einer abgeteilten und gemütlichen Ecke wieder welche ein angedeutetes Dach hatte und mit Säulen soweit zum restlichen Bereich optisch abgegrenzt war. Sehr schön!
Dort fand sich eine lange Bank mit Tischen davor und noch zwei 6er-Tische im Vorfeld.
Aber das Reservierungsschild stand nur auf dem Tisch vor der langen Bank.
Ein Geschiebe, Gewähle und Gerucke ging vor sich bis alle nahezu Schulter an Schulter saßen.
Wie minderbemittelt ist das denn?
Wir waren zu Beginn erst deren 16 und hatten gerade so noch Platz. Eine Person (#17) saß sogar über Eck gar nicht richtig am Tisch.


Wo gibt es eigentlich die Minussterne für kognitiv extremst benachteiligte Logistiker?
Nun war es ja nicht so, daß es keine weiteren Plätze im Haus, und speziell in unserem optisch abgetrennten Bereich, gegeben hätte. Da fragte der „Maximo Lider“ unter den Tischeindeckern „da passen alle hin, oder?
Ja klar doch! Vorne stehen 8 Stühle Lehne an Lehne. Logisch passen dann auf die gegenüber liegende Bank locker 10 Personen. Blöde Frage.
So nahm also der Spaß und der gemütliche Abend seinen Lauf.
Eines muß man Maximo Lider aber zugute halten: Er war schnell! Sehr schnell!
Zudem hatte er ein gutes Gedächtnis. Zumindest in dem Zusammenhang sich viele Speisen und Getränke passend zu merken und umgehend zu liefern. Zumindest die Getränke. Die Essen dauerten naturgemäß etwas länger.
Beim hellen Hefe (Calwer-Eck-Bräu) zu 4,80€ musste ich nicht nur wegen der 0,5 Liter etwas schlucken. Jepp, die Preise in Stuggi sind andere als Dorfkind es gewöhnt ist. Heftig Andere.
Aber das Bier welches nach sehr kurzer Zeit (hier weiß man wohl an was man verdient) war mild-süffig und hat geschmeckt. Ganz nett aber auch nichts Besonderes.
So manch unorthodoxes Gebräu fand an den Tisch und es war kein Maulen zu vernehmen. Eher eine steigende Heiterkeit. Glühwein brach sich langsam Bahn.
 
Aus den kartonierten Faltkarten im Format DIN A3 konnten die üblichen Verdächtigen der deutschen und schwäbischen Küche entnommen werden.
Alleine die Preisgestaltung bewirkte bei mir immer wieder ein kleines Wehleiden.
Nein, nicht, daß ich nicht bereit wäre in entsprechender Behausung entsprechende Preise zu bezahlen.
Nur hier hatte ich ein ganz komisches Bauchgefühl!
Der Laden war mir einfach zu hip und angesagt als daß ich der Küche was zugetraut hätte. Ich kann es im Nachhinein nicht mehr sagen an was es genau lag, aber der Mensch hat mehr Synapsen im Magen-Darm-Bereich als im Gehirn und sollte viel öfter auf sein Bauchgefühl hören.
Auf genau dieses hörte ich und bestellte die Borstentiervariante des Wiener Schnitzels (13.80 mit Pommes).
Geliebäugelt hatte ich auch mit der Kalbsvariante des besagten Schnitzels im Original zu 19,80 (hier als Original Wiener Schnitzel angepriesen).
 
Zwischendurch mal kurz auf die Toilette um besagtem Glühwein etwas weniger Druck auf die Blase gerieren zu lassen befand ich mich in einer Örtlichkeit wieder die Bahnhofstoilettencharakter hatte. Bäh! Manowars würden sich umdrehen und auswärts Druck ablassen! Mehr möchte ich dazu nicht mehr sagen.
 
Am Tisch war es weiterhin sehr eng aber auch sehr spaßig. So manch nicht jugendfreier Witz oder Scherz waberte durch den Raum.
Wie gesagt, es wäre alles bereit gewesen um den nächsten Tag mit hängenden Lidern zu begrüßen.
 
Dann kam das Essen.
Und die Ambivalenz des Abends setzte sich fort.
Ich hatte alles richtig gemacht und doch alles falsch.
Ich lag richtig in der Wahl das günstigere Schnitzel (Wiener Art) zu nehmen.
Ich lag aber falsch damit überhaupt ein Schnitzel zu bestellen.
 
Zwei Irgendwas, die entfernt an Schnitzel Wiener Art erinnerten lagen auf einem kleinen Berg Pommes welche sich wiederum auch nur an Frittiertes anlehnten.
Quasi Irgendwas auf warmen Kartoffeljulienne an, ja an, an Ketchup- und Majo-Portionsbeuteln. Hört sich doch hochklassig an. ;-)
War es aber mitnichten.
Das Schnitzel war ein Graus. Alleine schon optisch:
 
 
Die Pfanne hatte wohl Eile und der Grad der Bräunung war hochadelig. Fast nicht vorhanden. Nicht nur fast nicht sondern gar nicht vorhanden war eine irgendwie geartete Würzung des Schnitzels. Fehlanzeige oder meinem versauten Gaumen geschuldet ist mir egal. Es schmeckte nichts raus.
Die Panade war geschmacklich und von der Konsistenz her ein mehliges Etwas das krampfhaft am angenehm dünnen Fleisch haftete.
Das Fleisch an sich war soweit kein schlechtes. Soweit traue ich mir das zu. Ob es hochwertig war kann ich aber nicht sagen. Es war angenehm zu beissen und soweit sehnenfrei.
Normalerweise neige ich bei Pommes zu dem Urteil: Gut gemacht Fritteuse.
Hier aber nicht. Manche Pommes hatten eine leichte Kruste und waren heiß. Eine Vielzahl davon war aber schon/noch lapprig (obwohl ich die Schnitzel schnell von den Pommes herunter nahm) und punktuell sogar noch gar nicht durch.
 
Die positive Seite meiner Wahl war irgendwie also auch keine solche.
Kollegen nahmen das Wiener Schnitzel.
Das hätte mich vollends final angewiedert!
Leider habe ich keines fotografiert, aber die Farbgebung war analog zu meinem Schnitzel. Und das „Schönste“:  Es war teilweise über einen Zentimeter dick!
Dieses Schicksal war meinen gequälten Fleischfladen wenigstens nicht widerfahren.
 
Diese Schnitzel, ob Wiener Art oder „Original“ waren einfach eine Unverschämtheit!
 
Ein Kollege meinte, das Pfännchen wäre so weit ok gewesen und die Wurstsalatfraktion habe ich nicht gefragt.
Aber die Bratkartoffeln bei einem anderen Kollegen hatten auch eher Bleichgesicht- denn Indianerformat.
 
Ich war mit Kollegen unterwegs und hatte mir gerade so zwei Bilder genehmigt.
Ich befürchte, wenn ich keine Bilder gemacht hätte würde mir das in dieser (ehemals?) tollen In-Location hier in Stuggi fast keiner glauben.
Ist dieses Has doch so ein toller Treffpunkt und so angesagt. Wenn man der Frequention glauben mag.
 
Ich bin einfach nicht mehr hip(p) genug um mir so etwas anzutun.
Das Haus habe ich für alle Tage für mich gestrichen.
Verarschen kann ich mich selber! Auf einen entsprechenden Protest habe ich im Angesicht der Situation (ich muß im Nachhinein sagen: leider) verzichtet.
 
Am Tisch kreisten Pitcher, ich genehmigte mir noch ein Glas und zog dann alsbald von dannen.
 
Meine Empfehlung: Stuttgart ist nicht billig. Aber dieses Haus kann auch kein entsprechendes PLV. Aber es ist sehr schön und urig hier. Für Hipster mehr als geeignet.
AndiHa hat hier Flasche leer.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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