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Ein junges Paar sitzt auf der Kachelofenbank, Weingläser in der Hand, rechts und links die Kinder. Das Foto wurde Anfang der 1990er aufgenommen und zeigt die Familie Schumann im neuen Gastraum ihrer Rabenauer Mühle. Aus der dumpfen, dunklen HO-Gaststätte hat das Paar ein schickes Hotel gemacht. Die nächsten Jahre werden sie noch mehrere Millionen in diesen Bau stecken. Woher der Mut? Darüber dachte man damals gar nicht nach, sagt Annett Schumann. Man wollte anpacken, was erreichen. "Wir haben einfach gesagt: Wir schaffen das!"
Und sie haben es geschafft. Die Schumanns haben ein halbes Leben mit dem Gasthaus verbracht. Sie haben alle Kredite zurückgezahlt und "viele liebe und nette Gäste" gewonnen, wie Annett Schumann sagt. "Sonst wären wir nie so weit gekommen". Die, die immer wieder kommen, sagt Frank Schumann, kommen auch der Wirtsleute wegen, ihretwegen. "Weil sie sich bei uns wohlfühlen."
Dieser Tage haben sich erneut treue Stammgäste angesagt, zum Beispiel aus dem Frankenland und aus Holstein. Manche kommen schon 25 Jahre her. Jetzt wollen sie noch einmal in der Mühle einkehren, das letzte Mal. Emotionale Besuche werden das sein, weiß Annett Schumann, "da kriegst du Gänsehaut." Ende Oktober wird das Hotel samt Gaststube, Saal, Sauna und Kegelbahn den Betrieb einstellen.
Frank Schumann wird dann 36 Jahre Wirt in der Rabenauer Mühle gewesen sein, seine Frau, die zur Wendezeit mit einstieg, 33. "Wir haben immer Spaß an der Arbeit gehabt", sagt der Chef. "Und wir lieben die Arbeit heute noch." Doch nur von Liebe kann man keine Wirtschaft unterhalten. Es muss sich rechnen. Und das, sagt Schumann, funktioniert immer weniger.
st recht jetzt nicht mehr, da die Corona-Katastrophe durch Krieg und Inflation abgelöst wurde. Seit Jahresbeginn sind die Preise für Küchenzutaten im Schnitt um dreißig Prozent gestiegen, sagt Schumann. Manche Sachen wie Schlagsahne, Käse oder spezielle Fleischsorten kosten das Doppelte oder sogar noch mehr. Den Gästen kann Schumannn die Erhöhungen nicht aufbürden. Die Schmerzgrenze beim Hauptgericht liege im Ländlichen nach wie vor bei 20 Euro. "Was teurer ist, wird kaum gegessen."
Es sind nicht nur die Rohstoffe. Alle Aufwendungen im Gastgewerbe gehen rauf. Auch und vor allem die für Energie. Als sein Gasversorger die neuen Konditionen schickte, hat sich Frank Schumann ausgerechnet, dass er 25.000 Euro mehr im Jahr würde bezahlen müssen. Die Mehrkosten für Strom - bislang erzeugte er die Hälfte seines Stroms in eigenen Blockheizkraftwerken, was wegen der Gas-Teuerung aber keinen Sinn mehr macht - kennt er noch nicht einmal.
Die Energiepreis-Explosion, selbst wenn die Gasumlage nun doch nicht kommt, war für die Schumanns der Tropfen, der das Fass überlaufen ließ. Noch mehr Ausgaben bei vermutlich weniger Gästen, dazu die noch immer nicht gebannte Corona-Gefahr - diese Nervenprobe will sich das Paar nicht mehr antun. All die Jahre voller 16-Stunden-Tage haben ohnehin Spuren hinterlassen. Frank Schumann ist jetzt 64, Annett 63. "Irgendwo bist du ausgepowert", sagt sie.
In Rabenau ist die Mühle nicht das einzige Lokal, wo Kraft und Hoffnung schwinden. Zugleich mit dem Haus im Rabenauer Grund macht quasi sein Gegenstück auf dem Berge, die König-Albert-Höhe, dicht, wie es vom Management heißt, ebenfalls Ende Oktober. Im Ortsteil Oelsa findet die Stadtverwaltung seit über drei Jahren keinen Pächter für den Oberen Gasthof. In Karsdorf hat das Naturhotel Heidemühle von zehn Zimmern auf vier abgerüstet. Die freien Räume werden zu Mietwohnungen umgebaut.
Maik Sellack, der Heidemühlenwirt, will sich nach den Jahren der Corona-Lockdowns absichern, mit vom Gastgewerbe unabhängigen Einnahmequellen. Nach seiner Einschätzung ist das ein Trend im Metier. "Viele suchen nach einem Plan B", sagt er. "Wir wissen nicht, was noch kommt."
Die Schumanns in der Mühle brauchen keinen Plan B. Der Rückzug aus der Gastronomie ist für sie schon länger beschlossene Sache. Nicht mehr das Geschäft soll an erster Stelle stehen, sondern die Familie. Bert und Madlen, die Kinder auf dem alten Foto, sind praktisch bei den Großeltern aufgewachsen. Die Schumanns, die jetzt vier Enkel haben, konnten diese Unterstützung nicht bieten, hatten immer zu tun. Auch für die eigenen Eltern war nie Zeit, sagt Annett Schumann. "Ich muss das jetzt einfach machen", sagt sie, "bevor es zu spät ist."
Interessenten gab es für das Haus, doch keine ernsthaften Verhandlungen. Für größere Ketten ist das Hotel mit seinen 21 Zimmern zu klein. Und Einzelkämpfer findet man für so ein Objekt nicht. "Arbeit kauft keiner", sagt Annett Schumann. Die beiden hätten auch nie "Chef spielen" können, hätten immer mit anpacken müssen. Hotellerie, das ist Berufung, sagt Frank Schumann. Das muss man lieben. "Man muss die Menschen lieben."
Es wäre denkbar für die Besitzer, wenn ihre Mühle, statt Gasthaus zu bleiben, ein Wohnpark würde. Raus ins Grüne ziehen sei doch der Trend, sagen sie. Wenn es nur einen Investor gäbe. Man habe auch eine Anfrage aus dem sozialen Bereich erhalten, wegen eines Jugendwohnprojekts. Aber auch dafür bräuchte es jemanden, der genug Geld mitbringt. Verschleudern werde man das Anwesen nicht, sagt Annett Schumann. "Dafür haben wir nicht all die Jahre gearbeitet."
o bleibt die Zukunft des Hauses in der Schwebe. "Wir lassen das auf uns zukommen", sagt Frank Schumann. Was fest steht, ist der letzte Arbeitstag, der 31. Oktober, normales Geschäft. Ein 80. Geburtstag ist auszurichten. Sicher wird es das eine oder andere Getränk geben, das aufs Haus geht, wegen des Abschieds. Aber eine große Sause? Nein. Es tut weh, sagt Annett Schumann, alles aufzugeben, was man aufgebaut hat. "Aber so wie es jetzt aussieht, ist es der richtige Schritt."
geffunden bei: https://www.saechsische.de/freital/gastronomie-freital/gaststaette-hotel-rabenauer-muehle-grund-energiekrise-corona-gastronomie-schliessung-5763814-plus.html?fbclid=IwAR1SQ76kOjaGlCV8MTnylaYYf6RAFxQC8fZR0ir5-0lDhxZAlf6Z9-Zngcw