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Zwei Tage lang legte sich eine brütende Hitze über die Pfalz. Temperaturen über 30 Grad zügeln den Appetit und geben dem Wein ausreichend Möglichkeit, seine Wirkung voll und zügig zu entfalten. Am dritten Tag gesellt sich eine drückende Feuchtigkeit zur Hitze. Es ist der Tag, den wir uns für unseren Gourmetabschluss ausgesucht haben. Perfekte Voraussetzungen...
Zum Glück entlädt sich der Himmel am Nachmittag mit einem gepflegten Wolkenbruch, die Temperaturen sinken etwas und meine Lust auf ein ausgiebiges Abendmahl steigt beträchtlich.
Das verstärkt sich noch, als wir das Restaurant im Ketschauer Hof betreten und ausgesprochen freundlich begrüßt werden. Der moderne und stylishe Speiseraum im Wintergarten ist angenehm klimatisiert, die Tische sind ausreichend großzügig gestellt. Sascha Schlömer und sein junges Team sorgen mit ihrer guten Laune von Anfang an für eine sehr entspannte Atmosphäre. Ich fühle mich wohl und bin neugierig auf die Küche von Daniel Schimkowitsch, die ich bisher nur aus Besprechungen kenne.
Interieur
Interieur
Zum Apéritif schickt die Küche zunächst ein Apfelröllchen mit Ingwer und Koriander, das neben einem säuerlich-frischen Ton eine prägnante Schärfe mitbringt. Als Muntermacher eine nette Petitesse.
Apéro: Apfelröllchen mit Ingwer und Koriander
Es folgt ein milderer, aber intensiver Kartoffelcracker mit Bärlauchcreme und gebeiztem Lachs.
Apéro: Kartoffelcracker mit Bärlauchcreme und gebeizter Lachs
Mit dem abschließenden Amuse Bouche geht es aromatisch schon in die Vollen. Zu buttrigem Eigelb, das man sich in der Konsistenz knapp schnittfest, aber eben nicht hart vorstellen muss und Pfifferlingen gesellt sich eine intensive Räucherfischessenz mit knackigen Brunoises. Das ist dicht und füllig, aber aufgrund der Kühle genau richtig angesichts der Außentemperaturen.
Amuse Bouche: Buttriges Eigelb, Pfifferlinge, Räucherfischessenz
Schon mit dem ersten Gang des Menüs wird die Küchenlinie etwas deutlicher. Thunfisch, in dünnen Scheiben zu einer Kugel geformt, mit gerösteter Edamame auf Kombualgen in einer grünen Gazpacho erscheint relativ minimalistisch in der Präsentation, erweist sich in Kombination aber als elegante und abwechslungsreiche Kreation, die einen dezenten asiatischen Einschlag nicht verhehlen kann.
Balfego Thunfisch, Kombualge, geröstete Edamame und grüne Gazpacho
Etwas kräftiger wird es mit „Bock drauf“. Auf Maibock-Rücken findet sich eine dünne Scheibe Gänseleber, der vor allem fermentierter Pfeffer den entscheidenden aromatischen Kick gibt. Gepuffter Reis steuert etwas Crisp bei, die rote Vinaigrette etwas erdiges.
"Bock drauf" / Gänseleber, fermentierter Pfeffer,´und Vinaigrette Rouge
Einen weiteren Gang legt die Küche mit dem Bayerischen Saibling zu, der nur als süß – sauer – scharf beschrieben ist. Tatsächlich ist dies eine relativ komplexe Kombination, in der der butterweich gegarte Saibling sich in einem Spannungsfeld aus Jalapenocreme, Melone und Kohlrabi behaupten muss. Der Sud ist von Hühnerfett dominiert, der dem ganzen eine mollige Reichhaltigkeit als verbindendes Element gibt. Ein ganz fabelhaftes, weil exakt austariertes Gericht.
Bayerischer Saibling / süß - sauer- scharf
Zwar nicht aromatisch kräftiger, aber insgesamt etwas fülliger wird es mit der Langoustine, die von LUMA-Bauch bedeckt ist. Dahinter verbirgt sich die Kreuzung aus einem spanischen Iberico und einer alten deutschen Hausschweinrasse, die anschließend einem besonderen Reifeprozess ausgesetzt ist. In der Tat ist die Kombination aus süßlichem, festen Kaisergranat und zartem Schweinebauch überaus reizvoll. Wasabi liefert eine dezente Schärfe und schlägt wieder einen kleinen Bogen nach Asien. Insgesamt ist aber auch dies wieder ein sehr harmonischer und stimmiger Gang.
Langoustine, LUMA-Bauch, Spinat und Wasabi
Mit der Felsenmeerbarbe bewegt sich die Küche in mediterrane Gefilde. Sie ist nach Escabeche-Art zubereitet und erhält eine Auflage aus Sobrassada und Savora-Senf. Der Fisch hat eine fabelhafte, feste Konsistenz und sehr viel konzentrierter kann man den Süden kaum auf den Teller bringen. Fabelhaft!
Felsenmeerbarbe / Savora Senf, Sobrassada, Escabeche
Im Hauptgang fusioniert Daniel Schimkowitsch Bayern mit Asien. Das Poltinger Lamm als Rücken und geschmortes Stück kombiniert er mit Palmherz und Pürree vom Thai-Basilikum. Die Jus vom Grünen Curry ist von sehr klassischer Art und ausgesprochen elegant.
Poltinger Lamm / Palmherz und Thai-Basilikum und Green Curryjus
Als Pré-Dessert folgt Passionsfruchtgranité mit Pandanschaum und Kokosnuss. Das ist an dieser Stelle in erster Linie erfrischend, aber eben auch nicht besonders komplex oder filigran.
Pré-Dessert: Passionsfrucht-Granité, Pandanschaum, Kokosnuss
Im abschließenden Dessert wird es noch einmal verhältnismäßig klassisch. 75% Original Beans als Mousse und Baby-Banane sind zusammen relativ mächtig. Das Mandelmilchsorbet liefert zwar einen erfrischenden Gegenpol, aber auch wenn alle Einzelkomponenten durchaus miteinander harmonieren und auch schmecken, hätte ich mir eher ein leichteres, vielleicht fruchtbetonteres Dessert und ein wenig mehr Raffinesse gewünscht.
Pure Peru / Original Beans Piura Malingas 75%, Mandemilch und Baby-Banane
Die Petits Fours zum Kaffee hingegen sind nicht nur ausgesprochen schön, sondern auch ebenso köstlich.
Petits Fours
Daniel Schimkowitsch hat uns an diesem Abend eine sehr solide und überzeugende Vorstellung geboten. Er versteht es, Gerichte zu kreieren, die mit sehr prägnanten Aromen punkten. Häufig, aber eben nicht nur, sind dies asiatische Einflüsse. Besonders stark fand ich das Amuse Bouche mit der großartigen Räucherfischessenz, den Saibling und die Meerbarbe. Und das waren überwiegend ganz andere Aromenwelten. Hatte ich im Vorfeld von einer asiatisch beeinflussten Küche gelesen, konnten wir ein deutlich weiteres Spektrum erleben. Und dennoch wirkte im Rahmen der sehr geschickt konzipierten Menüdramaturgie dieser Abwechslungsreichtum nicht beliebig, sondern durchaus stimmig. Etwas Spielraum nach oben sehe ich hingegen noch bei den Desserts, die in der geschmacklichen Komplexität ein wenig gegenüber den übrigen Gängen abfielen.
Dass man in einem zur Niederberger-Gruppe gehörenden Haus natürlich alle Weine von Bassermann-Jordan, Reichsrat von Buhl und von Winning in all ihrer Jahrgangstiefe bekommen kann, versteht sich fast von sebst. Aber Sascha Schlömer kann sich auch sonst aus einem beeindruckenden Keller bedienen und der Gast profitiert davon in Form von erfreulich moderaten Preisen.
Uns begleiteten die ersten Gänge zunächst mit einem Sauvignon Blanc Fumé von Bassermann-Jordan, der sehr gut mit den starken Aromen klar kam. Später schwenkten wir auf offene Weine um und waren mit einem 2014 Jurancon „La Canopée“ von der Domaine Cauhapé sowie zum Lamm mit dem wunderbar kräftigen 2011 Ikarus von Hensel bestens bedient.
In Deidesheim hat sich in den vergangenen Jahren eine Menge getan. Mit dem Ketschauer Hof und dem Kaisergarten haben sich anspruchsvolle Häuser etabliert und mit ihnen ebensolche Gastronomie. Das L.A.Jordan hält seit langem die Pole Position und Daniel Schimkowitsch macht nicht den Eindruck, als wolle er die so schnell wieder hergeben.