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Einige Male war ich schon bei Roberto Carturan zu Gast (zuletzt mit meiner Frau im Juli 2020); aber immer nur mittags.
Berühmt bzw. besonders hingegen ist der Freitagabend; denn dann singt der Chef am Ende des Dinner. Roberto ist nämlich ein gelernter Bariton.
Da habe ich mir einen Platz gesichert.
Sein Vater Alfredo Carturan eröffnete 1973 das Restaurant neben der Kölner Oper (die Oper wird seit 2012 renoviert und die Arbeiten sollten 2015 abgeschlossen sein. Man schätzt aber heute 2020, dass es noch bis 2024 dauern könnte) und Roberto übernahm 1999 die Leitung.
YouDinner stellte nun in Aussicht: Ein Abend wie „die ganz große Oper“ - also Dinner und Konzert bzw. Soiree. Das Menü endet nicht mit Dessert und Espresso. Es folgt der Höhepunkt des Abends. Der Küchenchef singt zur Klavierbegleitung Arien und Lieder italienischen Meister, Mozart, Schumann und sogar Willi Ostermann.
Für das Vortragen musste sogar eine Genehmigung bei der Stadt eingeholt werden (wir sollten nicht mitsingen, erzählte Roberto Carturan mit einem Lächeln, weil nur eine Person vortragen durfte).
Über die Küchenleistung wird immer wieder gestritten. Die einen sagen, es ist gut, aber nicht viel besser als bei anderen italienischen Restaurants ohne Stern – so mein Nachbar zur Rechten. Doch links neben mir wurde viel gelobt.
Und ich muss sagen: Auch ich finde die Küche mindestens eine Stufe höher, als gute italienische Restaurants, die ich auch sehr schätze.
Es gibt jedoch auch ein Aber; denn die Portionen sind nicht besonders groß, die Weine nicht aus der Riege, der namhaften Winzer und so erscheinen die Preise insgesamt recht selbstbewusst kalkuliert.
Jedoch waren die Meinungen zum Gesang ungeteilt positiv. Ich fand die italienischen Arien sehr persönlich vorgetragen, die Mozart-Lieder großartig und bei der Zugabe seine Interpretation von „Wenn ich su an ming Heimat denke“ sogar rührend. Auch sein Vortrag eines Gedichtes von Heinrich Heine vertont von Robert Schumann (als „Gruß“ nach Düsseldorf) hat mich beeindruckt. Romantische Lieder, die von hochdramatischen Sopranistinnen interpretiert werden, kann ich meist kaum ertragen. Aber die sonore Baritonstimme war angenehm.
Für die gute halbe Stunde Musik – übrigens von Thomas Taliesin Weber am Piano kongenial begleitet – gab es auch viel Applaus.
Ambiente
Das Lokal ist sachlich und schlicht eingerichtet. Bei Besteck und Porzellan werden ausgesuchte Marken eingesetzt. Die klassischen Schwingstühle am Tisch sind bequem.
Sauberkeit
Alles ist perfekt gepflegt.
Sanitär
Die Toiletten sind im Keller untergebracht. Da muss man einige Stufen auf- und absteigen. Der eigentliche Raum ist zwar klein, aber gut gepflegt und hat genug Platz für eine angemessene Bewegungsfreiheit.
Service
Die Crew (bestehend aus der Gattin, dem Sohn und einigen jungen Damen) erledigte ihre Aufgaben geräuschlos und umsichtig.
Das Dinner
Es handelte sich um vier Gänge und die anschließende musikalische Darbietung.
Amuse Bouche: Zwei kleine Grüße zur kulinarischen Einstimmung
Auf einem Löffel war ein Bohnengericht angerichtet und das zweite Teil war eine dunkelgrüne Halbkugel, die innen fast flüssig war. Beides war angenehm im Mund. Hat aber auch keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.
Der Brotkorb mit mehreren Sorten Brot, kleinen Knusperstangen und knusprigen Croutons stand auch bereit und wurde auch im Laufe des Abends stets nachgefüllt.
Gang 1: Aquarium: Wilde, rote Garnele, Ricciola, Jakobsmuschel
Diesen Teller würde ich mir jederzeit wieder bestellen. Die Garnele war gerollt und mit Lachskaviar bekrönt. Das war sehr fein abgestimmt und machte mir große Freude. Das Fleisch der Großen Bernsteinmakrele war roh in dünne Tranchen geschnitten wurde wirkte auf mich wie Ceviche: Die Aromatik überzeugte mich durch die Puristik.
Aber am besten hat mir die Jakobsmuschel gemundet. Sie war für mich so perfekt gebraten, gewürzt und angerichtet wie lange nicht mehr. - Davon hätte ich bleich drei mehr bestellen können.
Gang 2: Risotto classico: mit frischen Steinpilzen
Dieser Teller sah – erwartungsgemäß – nicht besonders einladend aus. Außer den Reiskörnern und den Pilzstücken war nichts auf dem Teller zusätzlich untergebracht.
Der Reis war auf jeden Fall für mich optimal gegart; denn er war weich aber noch mit leichtem Biss. Die Pilze waren leicht gebraten und gaben den besonderen Geschmack der Edelsorte angenehm weiter. Mit Parmesan oder Zwiebel war auf jeden Fall sparsam bzw. umsichtig umgegangen worden; denn die Creme um den Reis und die Pilze herum gab eine gute Bindung, war aber nicht aufdringlich.
Somit war der Risotto nach meinem Geschmack.
Gang 3: Trilogie vom Ochsen
Links auf dem Teller war geschmortes Fleisch. Es war butterweich, saftig und würzig. Es erinnerte an Tafelspitz oder auch pulled beef im Geschmack. Es war das größte Stück auf dem Teller und war kalt angerichtet. Darunter war eine kräftige Sauce drapiert.
In der Mitte war ein kleiner Klecks Püree; sehr fein abgeschmeckt. Außer Kartoffel wohl noch Wurzelgemüse. Davon hätte ich auch einen zweiten Löffel aufgegessen.
Rechts außen war das Fleisch wie eine lange Scheibe Wurst aufgeschnitten worden und dan gerollt. Das war das kleinste Stück auf dem Teller; es erinnerte mich an einen Braten, der noch nicht weich geschmort ist, sondern noch eine feste Struktur hat. Das Fleisch war ebenfalls mit Kräutern verziert worden.
Unterhalb vom Püree lag das kurzgebratene Stück. Es könnte Filet gewesen sein; jedenfalls war es super zart, leicht rosa im Inneren und köstlich im Geschmack.
Dieser Teller war zurecht das Hauptgericht und der Höhepunkt.
Gang 4: Dolce: Zitrone, Basilikum, Pflaume
Rechts auf der langen Schale befand sich eine Art Küchlein (der Zitronen-Anteil wohl). Es war mit Pflaumenspalten, einer Creme und krossen Chipstücken oben abgeschlossen. Das schmeckte fruchtig und erfrischend.
Eine dünne grüne Spur reichte dann bis nach rechts außen zum Pflaumen-Eis bzw. Sorbet. Die „Schlange“ war wohl der Basilikum-Teil der Trilogie. Ich persönlich konnte jedoch den Geschmack nicht mit dem Kraut in Verbindung bringen. Es war für mich eine Creme, die wenig Eigengeschmack frei gab, aber auch keine störenden Aromen zeigte.
Das Eis hingegen war für mich das beste auf diesem Teller.
Optisch wirkte dieser Teller auf mich unharmonisch, weil er sehr lang und dabei schmal war. So war links relativ viel auf dem Geschirr, dann kam die lange dünne Spur zur anderen Seite und dort war eine kleine Nocke Sorbet. Ich hätte eine kleinere Form gewählt und die Hauptteile näher zusammen positioniert. Aber das ist eine Stilfrage und tut dem Geschmack keinen Abbruch. Positiv fand ich noch, dass der Nachtisch dezente Süße zeigte und sehr ausgeglichen war. Doch ich fand das Dessert insgesamt etwas schwächer als die anderen Gänge. Leider gab es dazu auch keinen passenden Wein, sondern weiterhin den Rotwein.
Abschluss
Zum Kaffee gab es noch kleine Nusspralinen; daher bekam ich dafür einen aufgeschlagenen Schaum, der cremig und aromatisch war. Das hat mir sehr gut geschmeckt.
Dann folgte der musikalische Teil.
Getränke
Mineralwasser
Borgoluce, „Rive di Collalto” Valdobbiadene Prosecco Superiore DOCG brut 2018
Cusumano Sicilia Grillo Shamaris 2019
Monte del Frà Custoza Superiore "Cà del Magro" 2018 DOC
(Rebsorte: Garganega, Trebbiano, Tocai, Cortese, Chardonnay)
Le Pupille Morellino di Scansano Riserva DOCG 2015
(Rebsorte: 90% Sangiovese, 10% Cabernet Sauvignon)
Die Weine waren jeweils gut temperiert und es wurde gerne nachgeschenkt. Am besten hat mir der Rotwein gefallen.
Espresso
Preis-Leistungs-Verhältnis
Hier werden sehr gute Produkte verwendet und aufwendig zubereitet; das hat seinen Preis. Aber sie sind schon recht hoch angesiedelt. Im Verhältnis zu einem guten italienischen Restaurant ohne Punkte in den bekannten Führern schon eine Hausnummer.
Fazit
4 – trotzdem: gerne wieder, weil die Gerichte mir zusagen. Und: Es wird wochentags jeden Mittag geöffnet (Samstag und Sonntag ist aber geschlossen – wer kann sich das leisten?)
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder – nach „Kuechenreise“)
Datum des Besuchs: 10.10.2020 – abends – 1 Person
Meine Genießer-Erlebnisse stehen auch bei http://kgsbus.beepworld.de/archiv.htm