Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Als Vorzeigegasthaus macht die Traube immer mächtig Eindruck. Das historische Gebäude aus dem 14./15. Jahrhundert liegt sehr zentral direkt an der Tübinger Straße und nahe der Fussgängerzone. Gleich ums Eck kann man mit Parkscheibe für 2 Stunden kostenlos parken (reicht für ein genüssliches Mittagessen); vom Bahnhof ist man Fuss in knapp einer Viertelstunde vor Ort; als Wanderer steigt man beschwingt vom Schlossberg oder dem weit oben liegenden Schönbuchturm herab. Im Sommer ist die Häuserfront herrlich mit Wein und Efeu berankt und man sitzt auf Holzstühlen vor der Tür. Im Winter wärmt drinnen gleichermassen der grosse Kachelofen mit önologischen Motiven wie die oft drangvolle Enge an den Tischen.
Auch an einem Mittwochmittag gegen 12Uhr haben wir es unserem Charme und grossem Glück zuzuschreiben, noch einen freien Tisch ohne Reservierung zu ergattern. Das Lokal ist fast bis zum letzten Stühlchen besetzt (offenbar gibt es 75 Sitzplätze). Die beiden flinken, aufmerksamen Servicedamen sind rasch zur Stelle, nehmen bei Bedarf umgehend die Bestellung auf, kommen aber auch gerne in einigen Minuten wieder, wenn man noch Bedenkzeit braucht. Die Traube ist bekannt für ihre urschwäbische Küche (zertifiziert als „Schmeck den Süden“-Gastronomie), für seine Schnitzel vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein, seine Käsespätzle mit Bergkäse von der örtlichen Fromagerie Holzapfel und dem legendären Zwiebelrostbraten. Die Eigentümerfamilie Katz führt die Traube nun schon in vierter Generation – das spricht für Tradition und Beständigkeit, die die hauptsächlich einheimische Klientel besonders schätzt.
Trotz etlichen Kniefällen meinerseits sieht man sich ausserstande, während der mittäglichen Rush Hour ein Gericht von der Hauptkarte zu servieren. So beschränken wir uns auf die ausliegende Mittagskarte, die jede Woche leicht variiert, aber auch immer einige Traube-Klassiker aufweist. In dieser Woche sind im Angebot: Saure Nierchen mit Bratkartoffeln (10,90 Euro) / ein Flank-Steak vom Schwäbisch-Hällischen Weiderind (18,90 Euro) / Schnitzel wahlweise Schwäbischer oder Wiener Art (13,50 Euro) / Paniertes Seelachsfilet (10,50) , sowie eher unattraktive Schninkennudeln oder Spaghetti Pomodori. Über den allgemeinen Publikumshit, den Smokey-Mountain Burger, schreibe ich noch getrennt.
Wir wählen ganz profan Schnitzel und Seelachsfilet. Bei vollem Haus steht nach 20minütiger kurzweiliger Wartezeit das Essen auf dem Tisch. Das beeindruckende Schnitzel wird auf einem grossen Teller mit hochgezogenem Rand serviert, so dass auch nichts von der wertvollen Sauce überschwappt. Unter der würzig-knusprigen Panade liegt sehr zartes Fleisch, auch der grüne Blattsalat macht durchweg Freude, weil man darunter endlich mal wieder Endiviensalat findet und das feine Dressing nur leicht darübergesprenkelt wurde. Nur der Kartoffelsalat überzeugt geschmacklich nicht hundertprozentig: ich vermisse Zweibelwürfelchen und etwas mehr Aroma. Das Seelachsfilet trägt leider ein Convenience-Outfit, wird durch eine selbstgemachte Remoulade aber kräftig aufgepimpt. Auch hier sind die Blattsalate knackig-frisch. Um uns herum sorgen diverse Portionen der aktuellen Burger-Kreation für laute Aufschreie. Offiziell wird das Prachtstück auf der Karte folgendermaßen deklariert: Smokey Mountain -Burger vom Schwäbisch-Hällischen Weiderind mit geräuchertem und gebackenem Käse, Tomate, Bacon, Ahornsirup, Apfel-Ketchup, Senfmayo, Ackersalat, Spiegelei, dazu Pommes (14,90 Euro). Beim Anblick des beachtlichen Turmes kreischt neben uns eine ältere Dame: „Um Himmelswillen, wie soll ich das bloss essen?“. Tatsächlich können wir staunend bestimmte Zerlegungs- und Vertilgungstechniken beobachten. Sehr eigenwillig sind auch die riesigen Klötze von selbstgemachten Pommes.
Das helle Gutmann-Hefeweizen aus dem bayrischen Titting treibt gehörig, so dass wir gleich mehrfach unseren Lieblingsort aufsuchen. Dazu muss man sich wendig einmal quer durchs Gasthaus auf die etwas engen, aber sehr gepflegten Toiletten schlengeln. Hier sehr angenehm: keine schnöden Papierhandtücher, kein fieser Dyson Air-Blade, sondern für jeden Gast ein eigenes Frottee-Gästehandtuch.
Als wir gegen 13Uhr30 zum Zahlen ansetzen, ist das Lokal plötzlich wie leergefegt. Die Noch-Berufstätigen sind zum Schaffen zurückgekehrt, die Rentner zum Mittagsschlaf. Hier ist einfach noch die Welt in Ordnung.