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Mit einem befreundeten Ehepaar haben wir uns für den Abend vorm Frühlingsanfang zum Schlemmen in der Niederpleiser Mühle in Sankt Augustin verabredet, einer ehemaligen Getreidemühle am Pleisbach, die im vorigen Jahrhundert um Wohn- und Stallgebäude erweitert wurde. Die heute unter Denkmalschutz stehenden Gebäude beherbergen den Restaurationsbetrieb der Niederpleiser Mühle und eine Zweigstelle des Standesamtes der Stadt Sankt Augustin. "Ja"-Sagen und festlich Tafeln liegen hier nur wenige Meter auseinander.
Das Ambiente ****
Mitten in Feldern um Niederpleis, einem Ortsteil von Sankt Augustin, liegt die in U-Form gebaute Hofanlage mit ihren hellgelb getünchten zweistöckigen Gebäuden. Im linken Schenkel der U-Form residiert der Restaurantbetrieb mit mehreren Gasträumen, unter anderen mit der Mühlenstube, dem Wintergarten und der Tenne. Im Sommer lädt ein Biergarten zum Verweilen ein.
Wir werden den Abend im Wintergarten verbringen, einem rustikal wirkenden Raum mit großen gelb-braunen Bodenfliesen, einer von dunkelbraunen Balken und Ständern getragenen Holzpaneel-Decke, von der weiß-gelbe Zylinder stattlichen Durchmessers herabhängen und den Raum eher schummrig als hell beleuchten. Zwei Fensterfronten mit weißen Rahmen und Raffrollos geben den Blick frei in die Höfe der Anlage.
Dunkelbraune Balken unterteilen auch die in blassen Ockertönen gehaltenen Wände. Kein Pferd auf dem Flur – nein, hier hängt ein Fahrrad von anno dunnemals an der Wand.
Farblich zu den Brauntönen der Balken passen die mit weißen Tischläufern, frischen Blumen und Kerzen eingedeckten braunen Tische, die mit Stühlen unter roten Hussen umstellt sind.
Es gefällt uns zwei Paaren hier, ein gefälliges, trotz der Größe des Raumes noch gemütliches Ambiente. Genügend Platz ist vorhanden, um die Tische in diskretem Abstand zu halten.
Eine Bewertung mit "gut" und vier Sternen für das Ambiente ist für uns gerechtfertigt.
Der Service *****
Schon vor unserem Besuch hatten wir die Speisekarte auf den Webseiten des Restaurants studiert. Mir hatte es sofort die Kaninchenkeule mit Tagliatelle und Oliven-Chorizo-Sauce angetan. Erinnerungen an meine Jugend wurden wach – an das Karnickel in dunkler Sauce im "Kaströllchen" zur weihnachtlichen Mittagszeit. "Kaströllchen" - eine bergisch-rheinische Mutation der Casserole, die mit Napoleon ins Rheinland kam.
Wir reservieren kurzerhand, und wenige Stunden vor Frühlingsanfang empfängt uns ein junger Mann im Entree zum Restaurant und weist uns den Weg zum reservierten Tisch. Zuvorkommend nimmt er uns die noch gar nicht frühlingshafte Garderobe ab. Er wird uns den Abend über bedienen, unterstützt von einem etwas älteren Kollegen.
Der Service ist vorbildlich, unaufdringlich, bei unseren Nachfragen erweist er sich als kompetent, er ist freundlich und schnell. Nicht nur, daß unser junger Servicemann nach unserer Zufriedenheit mit den Speisen fragt, nein auch die Chefin fragt danach.
Das mag als selbstverständlich erscheinen. Aber selbstverständlich ist nicht mehr das Bemühen unseres Serviceherrn, mir wieder zum verschwundenen Karnickel zu verhelfen.
Wie erzählt: Ich freute mich auf die Batzen des in der virtuellen Speisekarte annoncierten Kaninchens. Doch in der Wochenkarte, die unser junger Mann uns direkt nach dem Platznehmen reicht, ist das Kaninchen verschwunden. Mit nicht nur gespielter trauriger Miene erzähle ich dem jungen Mann von meiner Vorfreude auf das "Laufwerk" des Kanins, unterstützt von den mitfühlenden Schilderungen meiner Angetrauten. Das einfache "Ist ausgegangen!" kommt dem jungen Mann nicht über die Lippen, nein, er zeigt Mitleid: "Mal sehen , ob sich was machen läßt!". Strammen Schrittes geht er in Richtung Küche, und wenig später läßt er mich wissen, daß da noch was gehe. Ob ich denn die Kaninchenkeulen so haben wolle, wie sie im Netz angepriesen worden waren.
Simsalabim, das Karnickel ist wieder da! Mit Freude bejahe ich die Frage unseres Serviceherrn: "Ja, mit Tagliatelle, Gemüse und Oliven-Chorizo-Sauce!".
Das wieder hervorgezauberte Karnickel läßt uns für den Service schließlich volle fünf Sterne vergeben: Ausgezeichnet, wie sich der Service und die Küche bemühen, Gastwünsche zu erfüllen.
Das Essen ****/*****
Die Speisekarte gibt sich kurz und bündig. Eine Wochenkarte bietet rund eine Handvoll Vorspeisen vorwiegend mediterraner Ausrichtung, eine knappe Handvoll Fischgerichte, eine Handvoll gegrillter oder geschmorter Fleischgerichte und wenige Pasta-Gerichte an. Die Mühlenküche preist sich selber als „kreative leichte Feinschmeckerküche“ mit frischen und saisonalen Produkten an. Die Wochenkarte findet sich übrigens auf den Webseiten der Niederpleiser Mühle.
Unser Servicemann läßt uns die gewünschte Zeit zur Auswahl. Schließlich wählt meine Frau
• Irischer Lammrücken rosa gebraten, Chorizo, Bohnen und Bärlauch-Kartoffeln zu 23.- €, ich, wie bereits erzählt,
• Kaninchenkeule mit Tagliatelle, Gemüse und Oliven-Chorizo-Sauce zu 17.- €.
Unser befreundetes Ehepaar wählt
• Filet vom Fjord-Lachs unter der Kartoffelkruste auf Lauchrahmgemüse (20.- €) und
• Rumpsteak vom Angus-Rind ca. 230g, Pfeffersauce, Bratkartoffeln und Gemüse (20.- €).
Als erste Getränke wählt meine Frau, die turnusgemäß die Chauffeuse geben muß, eine Dreiviertelliterflasche Selters zu 5,90 €, ich einen Grauburgunder vom Ihringer Weingut Dr. Heger (0,2 l zu 6,50 €), und unsere Freunde wählen Bitter Lemon (0,2 l zu 2,70 €) und ein alkoholfreies Weizenbier zu 4.- €.
Detailliert werde ich über die Gerichte meiner Frau und meines berichten, eher pauschaliert über die des befreundeten Paares.
Kaum haben wir unsere Essens- und Getränkewünsche dem Service mitgeteilt, bringt der junge Mann die Getränke, allesamt gut temperiert, wie es sein soll. Mein Hegerscher Grauburgunder wird am Tisch aus der Flasche eingeschenkt.
Wenig später dann eine Enttäuschung. Ganze sechs Scheiben Baguette und ein verpacktes Röllchen französischer, leicht gesalzener Butter – meiner Erinnerung nach war es ein Röllchen der Marke "Les Conviettes, Beurre demi-sel extra fin AOP Charentes-Poitou" von vielleicht 15 oder 20 Gramm – soll für vier Personen den Gruß aus der Küche hergeben.
Das Brot ist zwar frisch, außen knusprig, die Butter geschmackvoll, und sie hat sicherlich ihren Preis, aber diese einfallslose Miniportion von "Amuse gueule" stört eher den noch zu beschreibenden positiven Gesamteindruck des Essens, als daß sie ihn unterstützt. Weglassen wäre besser gewesen als präsentieren.
In der Hoffnung, daß es besser wird, harren wir unserer Hauptspeisen. Die werden dann auch nach angemessener Wartezeit von unserem jungen Serviceherrn und dessen älterem Kollegen serviert.
Auf dem Teller meiner Liebsten liegt ein gut gebräuntes Lammkarree, umrahmt von dunkelbrauner Sauce. Unter den hervorlugenden dünnen Knochen sind die Bärlauch-Kartoffeln versteckt. Bohnen und Mini-Tomaten sind unter die Chorizo-Sauce gehoben.
Meine Frau hätte zwar lieber ausgelösten Rücken gehabt, aber sie ist dennoch mit dem irischen Lammrücken sehr zufrieden. Das Fleisch ist rosa gebraten, saftig und zart, die Bärlauchkartoffeln sind eine gut gelungene Alternative zu den üblichen Rosmarinkartoffeln. Daß die Bohnen und Tomaten mit der Chorizo-Sauce vermengt sind, stört sie zwar ein wenig. Doch sie lobt das auf den Punkt gegarte Gemüse und die schmackhafte Sauce.
Meine Frau ist mit ihrem Gericht sehr zufrieden. Die Zubereitung und der hervorragende Geschmack lassen die kleinen Unzulänglichkeiten in der Präsentation vergessen.
Ich bekomme zwei mit Sauce übergossene Kaninchenkeulen präsentiert, umgeben von einem Häufchen Tagliatelle und einem kleinen Gemüsehügel, bestehend u.a. aus klein gewürfelten Möhren, Zucchini, Zwiebeln und Staudensellerie. Die Kaninchenkeulen sind fachgerecht gegart, das Fleisch ist zart und fällt fast vom Knochen ab. Die Tagliatelle sind wie das Gemüse al dente gegart. Den besonderen Geschmack verleiht die Oliven-Chorizo-Sauce. Grüne Olivenstücke und etliche kleine Chorizo-Scheiben finden sich in ihr und geben Würze.
Auch ich bin sehr zufrieden mit meiner Wahl. Von mir gibt es nichts zu mäkeln.
Unsere Freundin bekommt ein ordentliches Stück Lachsfilet unter einer schön gerösteten Kruste geraspelten, ansprechend gewürzten Kartoffeln. Das Fisch-Kartoffelarrangement ruht auf einem grünen Bett von Lauchgemüse in Rahmsoße. Unsere Freundin bewertet das Gericht mit "sehr gut".
Bleibt das Rumpsteak unseres Freundes: Schön gebräunte Kartoffeln und das gleiche Gemüse wie bei den Kaninchenkeulen umrahmen das Steak. Das Fleisch ist wie bestellt gegart, unser Freund ist zufrieden und wertet sein Gericht mit "gut".
So aufmerksam, wie der Service nachgefragt hat, ob alles recht sei und es uns schmecke, so aufmerksam fragt er nach einer Weile nach etwaigen Dessertwünschen. Insbesondere die Damen sind einem süßen Abschluß nicht abgeneigt, und unser Serviceherr übergibt uns die Dessertkarten. Die beiden Damen entscheiden sich für eine
• warme Apfeltarte mit Vanilleeis zu 7.- €. Ich wähle die
• Käsevariation mit Feigensenf zu 9.- €.
Die Apfeltarte ist ein Törtchen-Rundling, offensichtlich frisch gebacken mit dicken Apfelscheiben in einer Vanillecreme, garniert mit zwei Erdbeerhälften. An eine Vanilleeiskugel ist ein Gebäckröllchen angelehnt. Vanillesaucenstreifen und Cassistupfer dienen nicht nur der visuellen Aufwertung, sondern auch der geschmacklichen.
Die Damen schwärmen von der süßen Verführung und sind vollauf zufrieden.
Meine Käsevariation wird auf einer schwarzen Schieferplatte serviert: Drei kleine Schnittkäse-Ecken, drei Weichkäse-Dreiecke und zwei Dreiecke von Feigenkuchen mit Nüssen. Der Feigensenf wird in einem kleinen Töpfchen serviert. Zwei Erdbeerhälften dienen als Dekoration. Zum Käse werden Baguettescheiben werden gereicht.
Der Käse schmeckt in Verbindung mit dem leicht süßlichen, doch scharfen Feigensenf ausgezeichnet. Nach einem Stückchen verzehrten Feigenkuchens wird der Geschmack des Käses besonders betont. Die Variation schmeckt und ist ein passender Abschluß in der Speisenfolge – allerdings nicht, ohne daß ich mir noch einen italienischen Kräuterbitter genehmige, den ich dann beim Schreiben dieser Rezension auf der Rechnung vermisse.
Das Essen ist in der Gesamtbewertung nahe an fünf Sternen und einem "ausgezeichnet". Aber der mickrige Gruß aus der Küche und das gute, aber eben nicht sehr gute Rumpsteak-Gericht bringen Abstriche, so daß uns viereinhalb Sterne als gerechtfertigt erscheinen.
Die Sauberkeit *****
Hier gibt es absolut nichts zu bemängeln. Nicht nur im Gastraum und auf den Tischen ist alles blitzsauber, sondern auch auf den Toiletten. Meine Frau berichtet von ansprechender Dekoration im Toilettenraum mit Topfpflanzen und Teelichten. Als Angebot des Hauses wird ein Körbchen mit Hygiene-, Körperpflegemitteln und Haarspray vorgehalten.
Die Sauberkeit ist ihre fünf Sterne wert.
Das Preis-/Leistungverhältnis ****
Die Preise gehen im Vergleich zur gebotenen Qualität voll in Ordnung. Die Speisen sind den Preis wert, so daß vier Sterne für das Preis-/Leistungsverhältnis angemessen sind.
Das Fazit ****/*****
Der Abend mit unseren Freunden war ein Erfolg. Wir gehen zufrieden nach Hause und behalten die Niederpleiser Mühle in guter Erinnerung – wie auch schon bei unseren früheren Besuchen. Und eins steht fest: Wir empfehlen das Restaurant und kommen gerne wieder.