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Tja, eigentlich dachte ich an diesem Sonntag wieder in meinen sonnendurchfluteten Urlaubserinnerungen schwelgen zu können, denn es warten noch einige Garmisch-Highlights auf ihre angemessene Aufarbeitung auf dieser illustren Bühne.
Erinnerungen, für die ich vor dem Hintergrund der jetzigen Corona-Lage gleich doppelt dankbar bin, es scheint als haben wir nicht nur in Sachen Wetter einen absoluten Sweet-Spot erwischt mit unserem Aufenthalt Anfang September.
Aber diese laufen so schnell nicht davon und daher glaube ich, dass es heute aus aktuellem Anlass sinnvoller ist, auf ein am Freitagabend erstmalig genutztes Lieferangebot eines meines Wissens schon seit fast zehn Jahren existierenden türkischen Restaurants am Neumarkt einzugehen; das des „Fasil“.
So möchte auch ich heute erstmalig einen Abhol- und Lieferservice bewerten und meinen kleinen Teil dazu beitragen, dass engagierte, fleißige Gastronomen sich mit diesem Angebot zumindest so gut es geht über Wasser halten können, auch wenn u.v.a. die fehlenden Getränkeumsätze natürlich extrem wehtun.
Meine RK-Erstbewertung des Fasil datiert zurück in den Frühling von 2014 wie ich beim Blick in meinen Archiv-Ordner feststellte; ein kleines Mittagessen, draußen verspeist. In diesen Zeiten muten Text und Bild aus heutiger Sicht beinahe an wie ein Rückblick auf vergangene, paradiesische Zustände – es ist schon seltsam, wie die Entwicklungen in diesem Jahr die Perspektiven beeinflussen.
Aber wie schrieb ich so verlässlich pseudo-weise in meiner kürzlich abgelieferten Kritik des Royal Punjab: Es solle eben nicht der wehmütige Blick in den Rückspiegel unser gemeinsames Hobby bestimmen sondern vielmehr Zuversicht im Glauben daran, dass die guten, „normalen“ gastronomischen Zeiten bald wieder kommen.
In diesem Sinne viel Freude an überraschend guten türkischen Delivery-Gaumenfreuden, die einem kalten November-Abend in Solingen Höhscheid ein wenig beglückende kulinarische Wärme des Orients einhauchen sollten…
Kritik
Der Freitagabend ist seit vielen Jahren ein Zeitpunkt, an dem wir – obwohl ansonsten täglich stets gerne selber und weitgehend Convenience-frei kochend – es uns meist zu Hause gut gehen lassen und der heimische Herd kalt bleibt.
Das griechische Restaurant Mykonos an der nächsten Straßen-Ecke, quasi mein persönliches Pendant zum legendären Akropolis der Lindenstraße (RIP), ist hierbei oft die erste Wahl, denn ein Fußmarsch von ca. einer Minute bei Abholung garantiert in der Regel absolut heißes und dabei dort in der Regel perfekt verpacktes Essen.
Leider ist die Qualität dort in den letzten 18 Monaten abermals spürbar „unsteter“ geworden, worauf ich hier nicht im Detail eingehen möchte, zudem schließt man momentan schon um 20:30h die Türen, was wir zu Beginn des neuen Lockdowns nicht wussten. Als wir vor zwei Wochen dann in etwa um diese Zeit dort bestellten ließ man uns wissen, dass wir uns sehr beeilen müssten, die Küche sei fast schon zu aber man mache noch schnell unsere Bestellung fertig. Nur so viel: Das was meine Mitbewohnerin dann kurz darauf dort abholte war kalt und in Teilen fast ungenießbar, höchste Zeit also für überfällige Alternativen.
Auf der Seite www.solingen-liefert.de hatte ich Anfang letzter Woche den Eintrag des Fasil gesehen und verirrte mich auf die Website des Restaurants nebst seiner Facebook-Seite. Die Kombination des sich seit 2014 in Teilen spürbar veränderten Angebotes in der Lieferkarte mit den Facebook-Fotos von sehr appetitlichen, sorgfältig zur Lieferung verpackten Speisen verfing und ich verkündete schon am Dienstag vorfreudig, hier am Freitag bestellen zu wollen.
Das Restaurant liegt in Sachen Liefer-Logistik ideal zentral am Solinger Neumarkt und war übrigens einer der ersten dort ansässigen gastronomischen Betriebe, der dem drohenden Abriss (die Sparkasse planiert in Kürze das halbe traditionsreiche Quartier um einen protzigen Neubau ihrer Hauptstelle zu ermöglichen) der Häuserzeile am C&A vorauseilte. (Anmerkung: das hiesige Foto zeigt den alten Standort vor Urzeiten noch in seiner damaligen ersten Version.)
Betreiber Ali Ates suchte sich bereits im Sommer 2019 nur wenige Meter entfernt von der einstigen Heimstatt in den Räumen des ehemaligen kleinen Edekas gegenüber des „Hofgarten“ EKZs eine neue, mit viel Aufwand renovierte Bleibe.
Ich frage vorab via Facebook an, wie lange man an einem Freitagabend in etwa warten müsse, was prompt freundlich wie ehrlich u.a. mit „An einem Freitagabend empfehlen wir ca. 1 1/2 Stunden vorher zu bestellen wenn sie zu einer bestimmt Uhrzeit essen möchten.“ beantwortet wurde.
Prima, darauf kann man sich einstellen, ich erinnere mich an ein desaströses Erlebnis mit einer ebenfalls von mir hier bewerteten Osteria, die uns – es war dann auch die letzte Bestellung dort… - einst fast 2,5 Stunden warten ließ bis dann gegen 22:30h lauwarmes Essen eintrudelte.
Um in dieser Hinsicht auf Nummer Sicher zu gehen, rief ich bereits um 17 Uhr im Fasil an und der positive Eindruck der Social-Media-Antwort sollte sich fortsetzen:
„Restaurant Fasil guten Tag!“ … „Hallo, K. mein Name ich würde gerne etwas für heute 21 Uhr zur Lieferung vorbestellen.“ … „Hallo Herr K. sehr gerne, bitte haben Sie einen kleinen Moment Geduld, ich habe gerade meinen Block verlegt, ah, da ist er ja, bitteschön, was wünschen Sie mein Herr?“ hörte ich in denkbar freundlichem, akzentfreien Hochdeutsch.
Ich gab meine Bestellung durch, der sympathische junge Mann wiederholte alles akribisch, bedankte sich und schloss mit einem motivierten „dann bis nachher Herr K.!“
„Herr K.“ war da schon sehr angetan, wer schon am Telefon so mit seinen Gästen umgeht würde sie das hoffentlich auch in positiver Weise mit seinem Lieferservice spüren lassen.
Und das begann dann auch schon mit dem Lieferzeitpunkt, exakt fünf vor Minuten vor neun sollte es klingeln, unser dicker Kater flüchtete wie immer hinters Sofa (er hasst die Klingel…) und Madame eilte zur Türe während ich den Tisch deckte. Den Ofen hatten wir zwecks Warmhaltens meines Hauptgerichtes während der Vertilgung der Vorspeisen bereits vorgewärmt.
Ich habe den Fahrer nicht erlebt und hörte nur Fetzen eines freundlichen Gespräches, Madame war allerdings sehr angetan von Höflichkeit wie gepflegtem Auftreten und lobte beides in höchsten Tönen.
Die Verpackung der Gerichte habe ich leider nicht nach Lieferung abgelichtet, alles war brüllend heiß, die kalten Komponenten sauber separiert und entsprechend kühl und die akribisch mit Frischhaltefolie quasi perfekt hermetisch abgedichtete Vorspeisenplatte ließ erahnen, dass Catering auch vor Corona ein festes Standbein des Fasil darstellte.
Wir sortierten die gefühlten tausend und eine Schälchen, ich verfrachtete den Wein in den Kühler, klemmte mir eine kalte Flasche Wasser unter den Arm und mit knurrendem Magen ging es zum Esstisch…
| Vorspeisen |
Tavada Karides – 9,90€
Karisik Soguk Meze (gemischte kalte Mezze Platte f. zwei Personen) – 12,90€
Ich liebe die orientalische Mezze-Kultur, dieses Meer von dutzenden Schüsselchen auf dem Tisch, eine Gaumenfreude jagd im besten Fall die nächste, diese herrliche Vielfalt von Aromen und Farben.
Daher war eine kalte Vorspeisenplatte für zwei Personen Pflicht - und diese sollte optisch im Rahmen eines Lieferdienstes sehr ansprechend auf den Profi-Catering-Kunststoff gezimmert werden wie wir befanden und zerstörten das Bild nicht durch – durch die Dips ohnehin quasi unmögliches -Verfrachten auf Porzellan.
Mittig fanden sich mit Dill, Paprika, Olivenöl, Zitrone und Oregano marinierte Artischockenherzen nebst Yaprak Sarma: mit Reis und diversen Kräutern gefüllte Weinblätter die man ja gemeinhin als Dolmades aus der griechischen Küche kennt – beides köstlich.
Links unten ein recht braver aber sehr „dillig“-erfrischender Cacik, rechts daneben ein wunderbar ausbalancierter Hummus in Nachbarschaft von Antep Ezme, einer leicht pikanten Salsa aus Paprika, Petersilie, Chili, Knoblauch, Zwiebeln und Tomatenmark – für mich das Highlight, gerade zum Fleisch später ein Hochgenuss.
Oben links ein weitere Klassiker, Havuc Ezmesi, den türkischen Karotten Salat auf Joghurt oder Schmand Basis hatte ich bereits in 2014 als „fein gearbeiteten Cole-Slaw“ bezeichnet und das kommt der milden Aromatik sicher nah.
Oben mittig gebratene Auberginen in Joghurt, für mich als nicht unbedingt größten Auberginen-Fan der Welt die schwächste Komponente aufgrund persönlicher Vorlieben, Madame hat sie geliebt.
Auf ein Uhr dann schließlich „Pasa Meze“, geriebener Schafskäse mit Walnuss, Dill, Paprika und Joghurt, hätte vielleicht noch etwas mehr Würze vertragen können, dennoch eine überaus leckere Angelegenheit.
Aber da waren ja noch meine „Tavada Karide“, bei den Garnelen kann man sich zwischen „in Knoblauch-Rahmsauce oder in Knoblauch-Chili-Butter geschwenkt“ entscheiden, ich wählte letztere Option.
Auf einem Bett von in rustikale Streifen geschnittener milder roter und grüner Spitzpaprika ca. 10 Garnelen, durch die Lieferung vielleicht ein µ übergart aber das ist wirklich spitzfindig, ist doch selbstverständlich, dass die etwas nachziehen und roh möchte ich meine Garnelen dann in diesem Gericht auch nicht unbedingt.
Die Butter eleganter und milder als erwartet, recht zurückhaltend mit Knoblauch, Paprika, Zitronensaft und Petersilie aromatisiert ließ sie den Meeresbewohnern genügend Raum zur geschmacklichen Entfaltung. Zur Ware kann ich nichts sagen, allerdings gefielen sie mit einer leichten Süße gut, mit geschmacksneutralem Plankton aus dem Antibiotika-Tümpel vom Asia AYCE Buffet hatte dies nichts zu tun.
Zu all dem schmeckte fluffig-frisches, warm angeliefertes Fladenbrot und ein eiskalter gepflegter Verdejo, den ich in erster Linie zu den Garnelen wählte und dabei etwas Bedenken wegen des Cumins im Hummus hatte – völlig zu Unrecht wie sich zeigen sollte.
Hochzufrieden hantierten wir mit all den farbenfrohen Leckereien, der Wein passte gut, ein schönes Essen soweit!
| Hauptgerichte |
Tavuk Salata – 12,90€
Karisik Izgara – 17,90€
Bei den Hauptspeisen hebt sich das Fasil für Solinger Verhältnisse sehr positiv vom Falafel- und Döner-Allerlei (den es hier im Übrigen auch nicht gibt) der orientalischen Alltagsgastronomie ab.
So bietet man bspw. Dinge wie:
· in Butter geschwenkte Lammfiletstreifen auf lauwarmen Auberginen Joghurt-Püree, Tomatensauce, Paprika und Tomate.
· einen ganzen Wolfsbarsch vom Grill mit Spinatbeilage und Kartoffelchips
· gefülltes Lammrückensteak mit Pinienkernen, Pistazien und Walnüssen an einer Mandel-Rotwein Sauce
Das klang zugegeben sehr ansprechend, aber mir sollte der Sinn mal wieder nach sonniger Lebensfreude vom Grill stehen, eine gemischte kleine Platte war genau das richtige für den nasskalten Herbstabend.
Bei 70 Grad im Ofen warmgehalten war das Fleisch noch wunderbar heiß und da ich den Deckel nur leicht öffnete war es auch nicht trocken geworden in dieser Zeit.
Herrlich der kräuterlastige Duft, der dem kleinen Aluminium-Behältnis entströmte, optisch nicht so ein Highlight wie die Vorspeisen, was aber nachvollziehbar ist. Denn wie will man ansprechend auf einer größeren Platte verteiltes Fleisch bei der Lieferung warmhalten? Der Behälter war daher die ideale Wahl und das Grillgut sah trotzdem sehr appetitlich aus, ich würzte Kartoffeln und Fleisch noch mit etwas Fleur de sel.
Das Lammkotelett war zwar etwas dünn geraten und daher nicht mehr so rosé, wie ich es optisch schätze, dennoch war es denkbar zart, Zähne waren nur bedingt vonnöten.
Zu diesem gesellte sich neben der obligatorischen Grilltomate und ebenfalls gegrillten grünen Spitzpaprika eine illustre Reise quer über den Lavasteingrill des Fasil in Person von Köfte, einem Adana Kebab und jeweils einem Lamm- und Hühnchen-Spieß.
Die in den Hackmassen und Marinaden verwendeten Gewürze versetzten einen, wie auch schon in Teilen der Vorspeise – gedanklich sofort in den mittleren Osten, auffällig zudem bei allen Komponenten die herausragende Saftigkeit des Fleisches, so gefällt mir ein ansonsten oft langweiliges Huhn vom Grill doch gleich doppelt so gut:
Auf dem Foto völlig banal und bei flüchtiger Betrachtung fast schon nach Convenience aussehend die begleitenden Kartoffelchips:
ABER: Bitte nicht lachen aber diese Dinger waren unfassbar lecker. Sei es die Textur, die bemerkenswerte Knusprigkeit zumindest bei den dickeren Exemplaren mit einem wunderbar „cremigen“ Inneren verband oder die köstliche Gewürzmischung in der sie nach dem Frittieren anscheinend geschwenkt werden: hausgemachte Herzensküche!
Zur Grillplatte reichte man – for good measure - noch eine Portion Cacik, sowie einen eher milden Paprika-Joghurt Dip mit einer stark an Liebstöckel erinnernden Primär-Aromatik, der vor allem Madame sehr mit den auch von ihr sehr gelobten Chips mundete.
Sie erfreute sich derweil an einem Salat mit gegrillter Hähnchenbrust und zeigte sich begeistert von den Lavasteingrill-Noten des Fleisches (leider keine Holzkohle aber das tut dem Geschmack keinen Abbruch) sowie einem stark an eine klassische Vinaigrette erinnerndes, großzügig bemessenes Dressing (wie alles separat verpackt), das auch ich zu meinem Beilagensalat erhielt.
Die Salate waren nicht nur in Sachen Frische bemerkenswert, der Pflücksalat-Mix hatte neben Baby-Spinat-Blättern auch Wildkräuter zu bieten, obenauf in meinem Falle noch frischer Dill und einige wenige, hauchzart geschnittene kleine Halbringe von ausgeprägt süßer roter Zwiebel.
Trotz einer leichten, an Granatapfel-Sirup erinnernden Süße trug das Dressing noch genügend Säure in sich, damit es zu den opulenten Grillgenüssen willkommene Frische auf den Gaumen zaubern konnte, gottlob keine überwürzte „wir zaubern den halben Orient ins Dressing“ Geschichte, etwas Sumach hätte man vielleicht noch erwägen können aber das habe ich zur Not auch selbst im Regal stehen.
Wir hatten noch einige Reste der Vorspeisenplatte am nächsten Abend zu unserer traditionellen Samstag-Abend Tapas-Sause und waren uns einig: hier haben wir nicht zum letzten Mal bestellt, unser lieber Eck-Grieche muss sich zukünftig warm anziehen wie es aussieht.
Fazit
Selten so zufrieden mit einem Lieferdienst gewesen. Klar ist: Wer suchet der findet, alles in allem bin ich trotzdem bei vollen fünf Sternen für die Küchenleistung, wirklich alles hat uns beiden hervorragend geschmeckt und die Anrichtung in den Lieferbehältern geschah soweit möglich liebevoll appetitlich.
Eine Bewertung für den Service erübrigt sich eigentlich, dennoch möchte ich das hier tun, die Pünktlichkeit der Lieferung, das Auftreten - sei es online, am Telefon oder bei der Lieferung selbst - war bemerkenswert höflich und angenehm: Fünf Sterne für den „Lieferservice“ als solchen mit all seinen Aspekten.
Der Vor-Ort-Service meiner Mitbewohnerin hingegen gewohnt fahrig und wortkarg, trotz mehrfacher Erinnerung wurde mein Weinkühler in der Küche vergessen, die Tücken ungelernten Personals.
Das Ambiente in unserem Wohn-Essbereich alleine durch meine Anwesenheit und meine maßgebliche Mitbestimmung des medialen Unterhaltungsprogrammes herausragend niveauvoll und angenehm, heute jedoch ohne Wertung.
Das PLV sehe ich bei sehr guten 4,5 Sternen und damit einer Schulnoten eins minus bis zwei plus, faire Preise für gutes Essen welche den Gesamteindruck zusätzlich abrunden!
2014 war ich noch etwas verhalten in meinem Fazit, es hat sich anscheinend viel getan, mir bleibt heute in Ermangelung jeglicher Türkisch-Kenntnisse somit nur zu stammeln: Çok güzel! Güle güle!! :-)