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And the winner is......Regensburg!
Immerhin bei meiner kleinen unbeabsichtigten Tour de France (Bonapart, Delice, Orphée) und jedenfalls beim Essen.
Aber auch beim Ambiente.
Dem seit 1977 der französischen Brasserie-Küche gewidmeten Orphée sieht man das bayerische Wirtshaus noch an. Eingang von der Hofdurchfahrt in die rustikalere Gaststube mit der großen Theke und hinten ein ruhigerer Raum mit eingedeckten Tischen. Die Innenausstattung stammt aus dem Jahr 1896, dementsprechend viel dunkles Eichenholz auf Wänden, Fußboden und Theke. Über den Hof war die Hausbrauerei, inzwischen ein spanisches Restaurant. Und im Obergeschoss die Fremdenzimmer inzwischen ein - den Bildern nach zu urteilen - feines, individuelles Privathotel. Eine besondere Leidenschaft scheint in Hotel und Restaurant für Kunst und Künstler zu bestehen, in der Hofdurchfahrt und an der Tür werden Vernissagen, Projekte etc, auch im Hause angekündigt. Im Gastraum sind die Wände mit vielen, vielen Bildern, Zeichnungen, Karten, Postern bedeckt, sehr unterschiedlich, aber mit Niveau und Verstand. Ich empfand es nicht als wüstes Durcheinander, sondern als kreative Lebendigkeit. Das passt auch zur Stimmung. Als ich am Donnerstag Abend ohne Reservierung eintrat, schlug mir bereits fröhliches Stimmengewirr entgegen. Fast alle Marmor-Tische, die klassisch an den Wänden entlang sehr eng stehen, dahinter mit rotem Samt bezogene Sessel, davor die unbequemen Holzstühle, waren mit (Freundes-)Pärchen und wenigen Grüppchen besetzt. Die Empfehlung für das Orphée habe ich noch mit einem schmachtendem Hinweis auf die schönen Uni-Zeiten erhalten und mir scheint das Publikum in der Tat seit Studententagen mit gealtert zu sein. Sehr wenige (erkennbare) Touristen. Nur der Stadtplan (Papier! Gibt's noch!!) auf einem Tisch und eine einsame Bremen-Kappe zeugte von auswärtigem Besuch. Offenbar ist das Orphée der Klassiker, um sich mit netten Leuten zu treffen. Meine Schritte in Richtung des Restaurantteils unterband die Chefin mit einem resoluten "Ja, kann man Ihnen helfen?" und dem Hinweis, dass nur noch vorne etwas frei sei. Und außerdem wurde mir gleich beschieden: "Das Essen schmeckt überall!" Madame sollte Recht behalten.
Zunächst hatte ich von meinem Katzentisch vor den großen Fenstern zur Gasse einen guten Ausblick auf das Gewusel und die Bemühungen des Service. Während im Restaurant junge Männer klassisch in schwarzer Hose und Schürze, weißem Hemd (und Fliege, oder geht da die Fantasie mit mir durch?) den Garçon geben, war der Bistrobereich zwei schwarz gekleideten Damen vorbehalten, von denen eine, leider seltener gesehene, Auskunft über die offenen Weine geben konnte. Ihre Kollegin war vom "Typus Studentin in der Gastro" also mäßig flott, mäßig freundlich (besserte sich), übermäßig vergesslich, stets mit dem Blick durchs Restaurant, aber nie zu den Gästen und trotz bescheidener Produktkenntnisse mit der beneidenswerten Selbstgewissheit der Jugend. Schockiert war ich nur, als sie mir eröffnete, dass sie seit einem Jahr in Vollzeit (!) im Lokal arbeite. Ich sag nur: Augen auf bei der Berufswahl! Nicht jeder ist für den Service geboren...
Auf der im Internet einsehbaren Karte viele Klassiker der kleinen Küche. Ich wählte als Vorspeise Boudin noir mit Zwiebeln und Apfel für 9,8€ und das Bifteck mit kleinen weißen Bohnen und selbst gemachten Pommes frites zu 16,8€.
Für den ersten Hunger gab's vom Haus einfaches, knuspriges Baguette. Ich wählte dazu einen in der Speise-Karte nicht näher bezeichneten, auf Nachfrage als "Pfalz" eingegrenzten typischen Riesling Sekt, 3,8€ für 0,1l. Zum Essen aus der guten Weinkarte die zeitweilige Empfehlung Tapada de Villar eine mir bis dato unbekannte rote(!) Alentejo-Cuvee aus dem Barrique, aber mit weichen Tanninen, harmonisch, etwas süffig. Alle Weine auch im 0,1-Glas ab 2,5€, hier für 3,7€. Statt Dessert gönnte ich mir ein Gläschen Rivesaltes aus Grenache-Trauben für 4,9€. Mehr noch, als der runde, traubige Abschluss sorgte für gute Laune, dass neben Adelholzener Mineralwasser (3€/0,25l. Grrrr) - endlich, endlich - ein einigermaßen erschwinglicher Durstlöscher in Form eines Tafelwassers für 5,8€ den Liter zur Verfügung stand. Wer das auch für sehr teuer hält, möge sich damit trösten, dass es sich um Grander-Wasser handelt, den Gläubigen wird dies einiges Wert sein.
Beide Gänge waren rundherum überzeugend, allerdings auch keine Schnäppchen.
Von der Blutwurst vier dünne Scheiben, außen knusprig, innen leicht schmelzend, kräftig, aber nicht übersalzen. Dazu ganz geduldig geschmorte weiße Zwiebeln, genau richtig im Biss für die Süße und ein Apfelkompott, das genau die richtige Säure beisteuerte. Perfekt, auch mit dem Wein.
Das Minutensteak war ebenfalls genau die richtige Zeit in der Pfanne, gerade nicht durch, sehr saftig, im ganz leicht gebundenen, pikanten Fleischsaft und mit einer Zitronenscheibe. Mmmh.... Mehr brauch ich nicht. "Schlimm" waren die kleinen weißen Bohnen auch nicht, kräftig gesalzen, aber nicht unangenehm, weich ohne mehlig zu sein, auch ein Hauch Zitrone. Die dicken, handgeschnitten Pommes hätten einen Tick dunkler sein dürfen und waren auch nicht sehr kartoffelig im Geschmack. Trotzdem eine schmackhafte Beilage.
Rundum glücklich mit dem Essen!
Über die Tische wurde gründlich gewischt, allerdings kam der Lappen auch aus und wieder in den großem Eimer. Wenn das Wasser zeitnah gewechselt wird... Ansonsten alles o.k, ohne die Sanitäreinrichtungen besucht zu haben.