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GastroGuide-User: marcO74
marcO74 hat Osteria Romano in 76744 Wörth am Rhein bewertet.
vor 1 Jahr
"Wo solides Backwerk auf Sättigendes von der Nudel trifft"
Verifiziert

Geschrieben am 01.10.2023 | Aktualisiert am 01.10.2023
Besucht am 06.04.2023 Besuchszeit: Abendessen 4 Personen Rechnungsbetrag: 55 EUR
Lieber die Taube in der Hand – als den Spatz auf dem Dach! Diese leicht abgewandelte Redewendung passt exakt auf die im Clubhaus des FC Bavaria Wörth ansässige, von unserer Wohnung keine 500 Meter entfernte Osteria, die nach ihrem Inhaber Romano Critelli benannt ist. Die Taube soll dabei sinnbildlich für die recht üppigen Portionen stehen, die man hier in aller Regel serviert bekommt. Der Spatz darf bei entsprechendem (Spatzen-)Hunger ruhig auf seinem Dach sitzen bleiben.
 
Meine letzte Einschätzung der kulinarischen Lage bei unserem „Nachbarschaftsitaliener“ datiert aus dem Jahr 2021. In den vergangenen zwei Jahren besuchten wir die beliebte Clubhaus-Osteria immer mal wieder. Besonders dann, wenn wir das Auto stehen lassen wollten und wir spontan Lust auf eine kalkulierbare italienische Küche bei freundlichen Gastgebern hatten. Besonders wenn Motivation und Zeit für Selbstgekochtes gegen Null gehen, ist ein verlässliches Restaurant in fußläufiger Reichweite oft Gold wert.
 
Anfang April gastierten die Schwiegereltern aus Bremen bei uns in Wörth. Da die beiden auch gerne beim Italiener einkehren, reservierte ich einen Tisch für vier Personen plus Kinderstuhl. Die Osteria Romano öffnet ihre Pforten bereits um 17 Uhr. Für uns optimal, da wir wegen der Kleinen lieber etwas früher dran sind. Ihr Schlafrhythmus ist uns da wichtiger als spätes Tafeln.
 
Wie immer wurden wir von Servicechef Luca freundlich in Empfang genommen und zu unserem Tisch gebracht. Luca, der seine Ausschanktheke stets gut im Griff hat, versorgte uns rasch mit den Speisen- und Getränkekarten, die zwar keine kulinarischen Überraschungen listen, aber ein wohlsortiertes Standardrepertoire an bewährten Nudelgerichten und nicht minder erprobten Pizzen bereithalten. Auch Fleischesser kommen bei Romano mit Parmigiana, Rumpsteak und Scaloppina al Vino blanco auf ihre Kosten kommen – soviel sei verraten.
 
Das Fassbier kommt aus der Umgebung, nämlich von der namhaften Karlsruher Brauerei Hoepfner, aus deren Gär- und Lagertanks nun wahrlich keine schlechten Gerstensäfte fließen. Die dafür aufgerufenen Preise sind keineswegs überzogen. Mit 2,80 Euro für ein frisch gezapftes Pils in der 0,3-Liter-Version ist man vergleichsweise günstig dabei.
 
Mein Schwiegervater, der stets darauf bedacht ist, einer drohenden Unterhopfung flüssig entgegenzuwirken, sprach dem feinwürzigen Hoepfner-Pils an jenem Abend genauso gerne zu wie ich. Zwei kleine und ein großer „Hopfentee“ (0,4l für 3,50 Euro) waren die logische Folge. Außerdem delektierte sich meine Gattin an einer großen Johannisbeerschorle (0,4l für 3,50 Euro), von der sie auch das Töchterchen kosten ließ.
 
Auf Vorspeisen verzichteten wir an diesem Abend, wohlwissend dass die Bewältigung der üppigen Hauptgerichte für unseren Hunger völlig ausreichen würde. Erfahrungswerte, die uns vor drohender Übersättigung schützten. Was wurde also gegessen?
 
Die Bremer Verwandtschaft entschied sich für Rundgebackenes aus dem Pizzaofen. Die „Reinsortigste“ ihrer Zunft, die Pizza Margherita (8 Euro), ging an meine Schwiegermutter, während sich ihr Mann die mit Peperoni, Kapern, Knoblauch und Sardellen veredelte „Napolitano“ (10,50 Euro) gönnte.
 
Meine Frau blieb auch diesmal ihren Gnocchi „Sardi“ (12,50 Euro) treu. Ihre Lieblingsnocken werden im „Romano“ von einem aromatischen Sugo aus Kirschtomaten, Knoblauch, Zwiebeln, Spinat und Salsiccia begleitet. Mich als Freund der Meeresfrüchte – bei Sternzeichen Wassermann auch kein Wunder – gelüstete es nach den Spaghetti „Marinara“ (12 Euro).
 
Die ordentlich belegten Hefebackerzeugnisse werden hier schon „vorgeachtelt“ serviert. Das spart das leidige Säbeln und wer die Stücke noch kleiner mag, kann ja trotzdem zum Messer greifen. Der Herr Schwiegerpapa saß jedenfalls zufrieden vor seiner heißen „Napolitano“, die mit ihrer markigen Sardellen- und Kapernwürze das zweite Pils des Abends förmlich heraufbeschwor.
Die Napolitano - eine Deftscheibe par excellence
Mit zusätzlichen Peperoni ausgestattet, war diese Brachialscheibe nun wahrlich nichts für den sanften Gaumen. Doch der Capitano am Tisch blendete sämtliche Nachdurstgedanken aus und genoss seinen saftig-krossen Rundling italienischer Provenienz in vollen Zügen.
Die Napolitano für den Capitano
Recht hatte er, der Schwiegersohn lud schließlich ein.
 
Auch Schwiegermutti lobte ihre Margherita, die mir am Rand ein wenig zu hell vorkam. Egal, die eingebackenen Luftblasen machten das locker wieder wett. Generell gibt es an den Pizzaböden in der Wörther Osteria wenig auszusetzen. Ihre knusprige Textur gilt hier nicht als Ausnahme, sondern als veritable „Randerscheinung“.
Die Margherita der Schwiegermutti
Zum Zentrum hin wird der Untergrund jedoch immer weicher und süffiger. Die gehaltvolle Tomaten-Mozzarella-Landschaft gründet da auf einem nicht allzu dicken Fundament, was beim stückweisen Verzehr mit der Hand – übrigens die einzige Art eine Pizza mit Würde zu essen – zu Verlusten am Belag führen kann. Als ich mir vor ein paar Wochen eine mit Gorgonzola, Champignons und Peperoni-Salami belegte Pizza Pugliese (10,50 Euro) im Rahmen einer familiären Zusammenkunft einverleibte, hieß es öfter mal: „Pilz über Bord, Sir!“
Pizza Pugliese mit Champignons, Gorgonzola und Peperoniwurst
Meine Spaghetti mit Meeresfrüchten wurden auf einem ovalen Teller serviert. Die keine Minute zu lange im Salzwasser gekochten Nudeln entpuppten sich bei genauerer Betrachtung als Linguine, die mir jedoch genauso recht waren wie ihre „fadenscheinige“ Hartweizengrießverwandten, die auch Italo-Western aus den 60ern bezeichnen. 
Die Linguine Marinara
Eine ordentliche Portion Frutti-di-Mare-Pasta duftete mir da ausreichend knobliert und tomatisiert entgegen. Der Chef auf dem Porzellan war ganz klar der gut abgeschmeckte Tomatensugo, dem man sein langes Köcheln anmerkte.
Meine Meerespasta
Eine noch im Panzer steckende Garnele lag keck obenauf. Muscheln und Tintenfischstücke versteckten sich unter dem von reichlich Tomatensauce gesegneten Pastahügel. Das weiße Fleisch vom Kopffüßer hatte leider eine leicht gummiartige Konsistenz. Auch das restliche Meeresgezücht habe ich schon deutlich geschmacksintensiver erlebt. Gerade das feine, süßlich-jodige Aroma bleibt bei tiefgefrorener Ware leider auf der Strecke. Bei dem günstigen Preis meines Pastatellers war mir das natürlich von vornherein klar.
 
Klar ist auch, dass man einen solchen Teller in einem Hafen-Restaurant am Mittelmeer mit frischeren – und deshalb schmackhafteren – Produkten serviert bekommt. Aber für einen „Italiener um die Ecke“ war diese Meerespasta eine anständige Vertreterin ihrer Art. Da wurden Preis und Leistung auch keinesfalls zum Verhängnis.
 
Auf gleichem Niveau befanden sich übrigens auch die in Tomaten-Spinat-Sugo badenden Gnocchi, für die sich meine Frau entschieden hatte. An Soßenarmut litt ihre „Nockenpracht“ nun wahrlich nicht. 
Gnocchi Sardi
Auch mit geriebenem Parmesan ging man nicht gerade geizig um. Ein Napf voll kräftiger Aromen, die der geschmacklich unspektakulären Kartoffelpasta massiv auf die Sprünge halfen. „Uhh, Mami, schmeckt das lecker!“ hätte wohl unsere kleine Tochter gesagt…
Nochmal die Gnocchi Sardi
Als wir zusammen mit meiner Schwester und ihrer Familie an einem warmen Sonntagabend im September bei Romano aufschlugen saßen wir draußen auf der Terrasse und genossen die spätsommerliche Sonne, die noch ordentlich Kraft hatte. Mein Schwager – durchaus kein Feind großer Portionen – kannte die Osteria vom Hörensagen und verdrückte ohne mit der Wimper zu zucken seine deftig-knusprige Pizza Diavolo (10,50 Euro), um mir danach noch bei meiner „Pugliese“ auszuhelfen.
Pizza Diavolo
Meine Nichte lobte ihre überbackenen Tortellini „al Forno“ (10,50 Euro), die in mächtiger Tomaten-Sahne-Sauce schwammen. 
Tortellini Al Forno
Natürlich durfte ich probieren und musste gestehen, dass ich beim nächsten Besuch auch mal wieder zu einem Nudelgericht aus dem Ofen tendieren würde. Hätte die junge Dame nicht so reichlich vom Italia Salat (8,50 Euro) und der Bruschetta-Portion (5,50 Euro), 
Saftig-leckere Bruschetta
die wir uns gemeinsam vorweg teilten, bedient, hätte sie vielleicht eine faire Chance gehabt, ihre Tortellini-Portion zu schaffen. So aber ließ sie sich den Rest für den nächsten Tag einpacken, was ihr gar nicht mal unrecht war.
 
Noch eine kleine Anmerkung zum Italienischen Salat. Ein gutes Dressing kann einen solchen zum wahren Zungenschnalzer erheben. Zu viel der guten Tunke kann jedoch auch das genaue Gegenteil bewirken. Sei es drum, die mit reichlich Käse und Kochschinken garnierte Eisbergplatte mundete deutlich besser als es der vielfarbige Quetschflaschenmissbrauch anfänglich vermuten ließ. Das war zwar kein Fest für das mitessende Auge, konnte aber wenigstens mehr geschmackliche Wirkungstreffer landen als optische.
Farbenfrohe Salatplatte nach Romano-Art
Irgendwie beruhigend, eine solche Osteria in der Nachbarschaft zu haben, wo fern jeglicher Experimente und Innovationen Altbekanntes in konstant-solider Qualität auf den Tisch kommt. Das braucht man nicht täglich, aber ein paar Mal im Jahr freut sich hier die ganze Familie. Und das ist doch auch was wert.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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