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GastroGuide-User: marcO74
marcO74 hat Logels Quartier in 76835 Hainfeld bewertet.
vor 5 Jahren
"Ich war (doch) wieder hier…in Logels Quartier…und diesmal hat alles gepasst!"

Geschrieben am 21.10.2019
Besucht am 17.10.2019 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 56 EUR
ǀ Prolog ǀ
 
Ende des letzten Jahres, genauer gesagt am 29.12.2018, kam es zu einem verheerenden Brand im Ortskern des direkt an der Weinstraße gelegenen Hainfeld. Davon betroffen war das Restaurant „Zum Logel“, ein gutbürgerliches Kleinod aus Sandstein und Fachwerkgebälk, dessen gutes Preis-Leistungs-Verhältnis vor allem Freunde deftiger Hausmannskost anlockte.
 
Seine traditionelle Bauweise beschleunigte leider die Feuerentwicklung, was die nahezu komplette Zerstörung des von Inhaber Helmut Götz in fünf Jahren mühevoller Arbeit sanierten Winzerhauses zur Folge hatte. In der Regionalpresse wurde der Schaden auf über eine halbe Million Euro beziffert. Das Gasthaus „Zum Logel“, das 2011 eröffnet wurde und sich seitdem einer wachsenden Beliebtheit erfreute, stand nach über sieben Jahren kurz vor dem Ende.
 
Für viele Gastronomen bedeutet eine solche Katastrophe das sichere Aus. Nicht so jedoch für den 63-jährigen Wirt Helmut Götz und sein Team. Der handwerklich talentierte Küchenmeister setzt seit dem Unglück alles daran, das einst so schmucke Anwesen wieder aufzubauen.
 
Dass dies nicht von heute auf morgen geschieht, ist klar. Bis zur Wiedereröffnung im nächsten Jahr hätte sich wohl ein Großteil des Logel-Teams Arbeit in anderen Gastronomien der Region gesucht. In den aktuell vorherrschenden Zeiten des grassierenden Personalmangels wäre das wohl das endgültige Aus für das Lokal des emsigen Helmut Götz gewesen.
 
Doch Not macht ja bekanntlich erfinderisch. Da kam die Idee für ein Ausweich-„Quartier“ gerade Recht. Vor den Toren von Hainfeld, an der Landstraße in Richtung Roschbach, standen die Räumlichkeiten einer ehemaligen Wein- und Straußwirtschaft leer. Diese boten sich als Übergangslösung an.
 
Dauergourmets und andere Gernesser der Region erinnern sich sicherlich an das hervorragende „Arens Restaurant“, das just in diesem Anwesen seinen gastronomischen Aufstieg erlebte. Seit dem Weggang von Philipp Arens in Richtung Sankt Martin (Haus am Weinberg) im Jahr 2016, war es in dem Gemäuer der ehemaligen Weinstube „Zum Räwehäsel“ jedoch still geworden.
 
Als Gastro-Nostalgiker hat es mich umso mehr gefreut, als ich davon erfuhr, dass in der Roschbacher Straße 3 seit dem 10. April 2019 wieder Töpfe und Pfannen auf dem Herd stehen. Keine Gourmetküche wie bei dem Vorgänger, aber zumindest eine grundsolide Regionalkost wird seitdem offeriert. Helmut Götz und seine getreuen „Logelisten“ hatten ihr neues Quartier bezogen. Der Name „Logels Quartier“ hätte nicht treffender gewählt werden können.
 
Jetzt fragt sich der geneigte Leser vielleicht, was denn bitteschön ein „Logel“ ist. Nun, der Begriff kommt – ganz typisch für die Pfalz – aus dem Bereich des kontrollierten Weinkonsums. Ein Logel ist nämlich ein kleines Holzfässchen, das die Winzer früher mit Rebsaft oder anderem füllten, damit sie während ihrer Arbeit draußen im Weinberg nicht verdursteten.
 
ǀ 1.Besuch ǀ
 
An einem warmen Samstagabend Ende Juli rief ich in Logels Quartier an, um mich nach einem Tisch für zwei Personen zu erkundigen. Überraschenderweise erhielt ich für meine Spontananfrage eine Zusage für denselben Abend. Also machten wir uns auf den Weg nach Hainfeld.
 
Dort angekommen ließ schon der überfüllte Parkplatz auf ein trubeliges Inneres schließen. Und tatsächlich, sowohl auf der hübsch angelegten Außenterrasse mit Pfälzerwaldblick als auch im Gastraum war mächtig viel los. Man setzte uns an einen suboptimalen Tisch direkt im Gewusel, an dem noch ein anderes Pärchen saß. Dazusetzen ist ja in vielen Pfälzer Weinstuben gängige Praxis.
 
Wir hatten Zeit das Geschehen intensiv zu beobachten, denn anscheinend blieb den gestresst wirkenden Servicedamen noch nicht einmal von jener, um uns mit Speisenkarten zu versorgen. Wir bekamen im Laufe des Abends mit, dass die Logel-Mannschaft einen Ausfall im Service zu verkraften hatte und das ausgerechnet bei der hohen Auslastung.
 
Eigentlich wollten wir schon wieder gehen, als uns dann doch noch das Götz’sche Köchelverzeichnis gereicht wurde und kurze Zeit später unsere Bestellungen an die Frau (vom Service) gebracht werden konnten. Vorneweg hatten wir uns auf das geräucherte Forellenfilet aus Eußerthal (Pfälzerwald) entschieden (11,90 Euro). Dieses wurde in Gefolgschaft eines mit gebratenen Pfifferlingen verfeinerten Blattsalates angeboten und stand neben Scampispießen und hausgebeiztem Gravedlachs in der auf leichte Sommergerichte abzielenden Saisonkarte.
 
Meine Frau wählte aus dem vegetarischen Angebot die in Salbeibutter gebratenen Gnocchi auf buntem Antipasti-Gemüse in Tomaten-Kräutersud (9,50 Euro), während ich trotz der warmen Witterung Lust auf das panierte Volksgericht schlechthin hatte. Zwei elegisch gebutterte Schnitzel vom Schweinerücken (10,80 Euro) sollten von Champignonrahmsoße süffig unterfüttert - und von hausgemachten Spätzle auf gutbürgerliches Sättigungsniveau gehoben - den Weg zum hungrigen Kostgänger finden.
 
Die Flasche Mineralwasser der Marke „Bellaris“ bekommt man hier für faire 3,80 Euro gereicht. Außerdem stehen viele offene Kreszenzen von Winzern aus dem Ort bereit. Früher kamen diese zumeist vom Weingut Ludwig Graßmück (Birkweiler), da dessen Besitzer zur Verwandtschaft des Logel-Chefs gehört.
 
Nach all der Unterstützung, die man von vielen Hainfeldern nach dem Brand erhalten hatte, ist der offene Ausschank einiger Hainfelder Gewächse vielleicht auch als kleines Dankeschön an die Winzer des Ortes zu sehen.
 
Wir bestellten ein Viertel vom trocken ausgebauten Grauburgunder Kabinett vom Weingut Matthias Glaser (5,40 Euro). Keine falsche Entscheidung, wie wir bald feststellten. Dass es mit dem Essen an diesem Abend länger dauere, hat man uns schon bei der Bestellung mitgeteilt. Aufgrund unseres Hungers dehnte sich die Zeitspanne bis zum Servieren der Vorspeise natürlich noch aus.
 
Uns grüßte die Küche mit einer dünnen Scheibe kaltem Rieslingschinken (schön durchwachsen!) an sauer angemachter Rohkostbrunoise und pikanter Meerrettichcreme. In einer Weinstube sind solche Aufmerksamkeiten eher die Ausnahme. Der deftig-frische Appetizer wurde mit ein paar Scheiben Baguette schnell verputzt. Der Auftakt war geglückt.
 
Es folgte ein ansehnlich bestückter Salatteller, dessen kurz angebratene Pfifferlinge eine tolle Qualität hatten. Auch das leicht von der Haut lösbare Forellenfilet aus dem Pfälzerwald überzeugte mit seinem saftig-rauchigen Fleisch. Zu dem Salat mit hochwertigem Zuchtfisch aus der Region gesellten sich noch Cocktailtomaten in verschiedenen Rottönen, Frühlingszwiebeln, Knuspercroutons, leicht angeröstete Sonnenblumenkerne und etwas „Radieschenklein“.
 
Kiwi, Orange und Honigmelone steuerten ein paar zusätzliche Fruchtakzente bei. Auf dem dekorativen Glasteller war also geschmacklich und texturell für reichlich Abwechslung gesorgt. Wie sich später noch herausstellen sollte, war diese Salatvorspeise unser „Dish of the day“. Da konnten unsere beiden Hauptgänge leider nicht mithalten.
 
Wie sagte einst ein großer Rezensent der Berliner Küche: „Das Gebratene ist nichts als des Verkohlten Anfang“. Nun etwas krosser gebraten hätten meine beiden panierten Folklorestücke schon die Pfanne verlassen dürfen. Die Panade löste sich ja schon beim Hingucken vom spärlich gewürzten Schweinerücken. Die hausgemachten Spätzle waren nicht übertrieben portioniert und bedeckten als ein mit frischer Petersilie bestreuter Sättigungshügel nur einen kleinen Teil des Porzellans. Die mit Pilzrahmsauce prall gefüllte Sauciere stand vorsorglich gleich mit auf dem Teller. Nun das Schweinchen schien seine saftigsten Stunden schon hinter sich gehabt zu haben. Für mich fiel diese Art panierter Volkstümlichkeit schlichtweg zu trocken aus. Nur mit reichlich Beiguss aus der Saucenkanone war da beizukommen. Ohne diese hätte sich die Gaumeninformation doch arg in Grenzen gehalten.
 
Auch meine Gattin war mit ihrem vegetarischen Gnocchi-Teller nicht rundum zufrieden. Die mit Käse überbackenen Kartoffelteignocken schwammen förmlich in Salbeibutter. Das mit frischen Kräutern (Thymian, Salbei) garnierte Tellergericht fiel eindeutig zu fettig aus.
 
Etwas enttäuscht verließen wir das Götz’sche Übergangsquartier am Ortsrand von Roschbach und waren doch ein wenig verwundert über die vielen positiven Berichte, die auf anderen Plattformen über das „Logel“ kursierten. Schon damals war mir klar, dass wir wohl einen schlechten Tag erwischt hatten und dass sowohl der Service als auch die Küche unter „Normalbedingungen“ noch deutlich würde zulegen können. Ein zweiter Besuch sollte Klarheit schaffen.
 
ǀ 2.Besuch ǀ
 
Es dauerte dann doch bis Mitte Oktober, ehe ich zusammen mit einem Kollegen, der erst kürzlich in Schnitzialkunde promoviert hatte, an einem herbstlich verregneten Donnerstagabend den Weg nach Hainfeld antrat. An diesem Abend war bedeutend weniger los als bei unserem Besuch im Juli.
 
Ich hatte kurz vorher angerufen und nach freundlicher Begrüßung wurden wir von Frau Teuer, der Servicechefin, an einen großen Tisch geführt, an dessen anderem Ende sich bereits ein älteres Paar über Rumpsteak mit Zwiebeln und Bratkartoffeln (er) sowie einen Fischteller (sie) hermachte.
 
Ein Blick in die Runde und alte Erinnerungen an selige Arens-Zeiten kamen bei mir auf. Damals wirkte der Gastraum jedoch um einiges gemütlicher. Mir schien, dies war in erster Linie der Beleuchtung geschuldet. Die Deckenfluter tauchten das „Logel-Quartier“ in viel zu helles Licht. Die lauschige Weinstubenatmosphäre vergangener Tage suchte ich vergebens, auch wenn der betagte Kachelofen von früher noch genauso trotzig die Blicke der Gäste auf sich zog wie vor vielen Jahren.
 
Keine weißen Tischdecken störten die Holzoptik, die in Form von massiven Wirtshausstühlen, blanken Tischplatten, rustikaler Wandverkleidung und einer Holzdecke im Fassdaubenstil allgegenwärtig war. Das in Papierservietten eingebundene Besteck lag auf einem Holzbrettchen gestabelt in Greifweite.
 
Im Vergleich zum Erstbesuch ging es an diesem Abend recht beschaulich zu. Ein paar Tische waren belegt. Die meisten der Gäste hatten schon gegessen oder waren gerade dabei. Mein Blick fiel auf zwei kleine, an der Wand hängende Holzfässchen. Gleich zwei Exemplare des Namensgebers hatte man zu Deko-Zwecken oder für Begriffsstutzige aufgehängt.
 
Erst jetzt fiel mit auf, dass der Thekenbereich komplett neugestaltet war. Die beiden umsichtigen Damen, die an diesem Abend den Service unter sich aufteilten, waren gerade mit der Bereitstellung von Getränken beschäftigt.
 
Kaum saßen wir, hielten wir schon die Klemmbrettkarten in den Händen. Der Herbst hatte auch hier bereits kulinarisch Einzug gehalten. Ihm huldigte man mit Kürbiscremesuppe, Feldsalat (mit Speck und Croutons) sowie Gambas auf gegrillten Kürbisspalten. Zu diesen drei Vorspeisen gesellten sich noch Steak und Braten von der Hirschkalbkeule und zwei Fischteller als saisonale Empfehlungen bei den Hauptgerichten.
 
Das klang doch schon sehr vielversprechend. Mein Kollege wollte vorweg die Kürbissuppe (4,20 Euro) mal austesten, während ich mich für den Feldsalat (6,80 Euro) begeistern konnte. Zum Sattessen sollte es für ihn ein großer bunter Salatteller mit in Pfefferbutter gebratenen Roastbeefstreifen (13,90 Euro) und für mich die Hacksteaks mit Spätzle (waren ja beim ersten Besuch schon genehm) und Champignonrahmsoße (9,50 Euro) sein.
 
Die rote Cuvée „Konstantin“ vom Hainfelder Weingut Bernhard Koch (Viertel für 5,50 Euro) geleitete mich auf Samt-Tanninen gefällig durch den Abend. Diesmal kam als kleiner Küchengruß ein aus Chorizo, kaltem Braten und Birne zubereiteter Fleischsalat, dessen delikates Essig-Öl-Dressing meine Freude auf den Feldsalat noch steigerte.
 
Dieser präsentierte sich nicht minder lecker angemacht. Angebratener Speck verlieh den eher geschmacksneutralen Rapunzelblättern die nötige Würze. Croutons und Sonnenblumenkerne päppelten meine Vorspeise texturell auf. Knackfrischen Biss verkündeten die Radieschen-Scheiben. Etwas Orange, Kiwi und Erdbeere brachten etwas Fruchtsüße auf den essigsauren Salatteller. In der Summe war das ein sehr erfreulicher Auftakt.
 
Hatte mein Kollege anfänglich noch seine Bedenken, da die Sahnehaube auf seiner Kürbissuppe etwas mächtig ausfiel, waren diese nach dem ersten Probieren wie weggelöffelt. Der renommierte „Bachelor of Schweins“ kniff an diesem Abend bei der Bestellung des Logel’schen Panierstücks und verleibte sich lieber einen Salatteller ein. Gut, ein paar medium gebratene Roastbeefstreifen argentinischer Provenienz ließ sich der ausgewiesene Fleischkenner dann doch nicht nehmen. Ein wenig beherzter hätte man diese allerdings würzen dürfen.
 
Mir dagegen setzte man ganz nonchalant die fluffigsten Hacksteaks ever vor. Zusammen mit der Champignonrahmsauce und den Spätzle war das ein veritabler Wohlfühlteller für einen verregneten Herbstabend. Die Soße war keine schnöde Tütenware, sondern fußte schmeckbar auf kräftiger Jus-Basis. Mit frischen Pilzen und dem richtigen Händchen beim Abschmecken konnte da wenig schiefgehen. Insgesamt war dieser Teller kein Vergleich zu den beiden traurigen Panade-Exemplaren, die mir im Sommer aufgetischt wurden.
 
Von der über dem Kachelofen platzierten Schiefertafel mit den Desserts des Tages entschieden wir uns für die Mousse von Pfälzer-Maronen (7,20 Euro), die mit Baileys und Vollmilchschokolade verfeinert war und in Begleitung von Weintraubengelee geliefert wurde. Mein Kollege ließ mich in Anbetracht der beiden üppig portionierten Nocken nicht im Stich. Etwas mehr nach Kastanie hätte das fluffige Hüftgold schon schmecken dürfen, aber zusammen mit dem Gelee hat auch der süße Abschluss hingehauen.
 
Nach einem sehr angenehmen Plausch mit der Serviceleiterin Frau Teuer, die meine investigative Neugier geduldig ertrug und bereitwillig „auf ein paar Fragen…“ einging, verließen wir rundum zufrieden das gutbürgerliche (Übergangs-)quartier. Im Vergleich zur ersten Einkehr im Sommer, lief es wesentlich runder (und auch entspannter) ab. Die schmackige Hausmannskost mit Hang zu üppigen Saucen lässt mit saisonalen Einsprengseln keine Langeweile aufkommen. Nächstes Jahr sieht man sich bestimmt in den neuen alten Räumlichkeiten wieder. Wir sind gespannt.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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