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Seit September 2017 führt Haas dieses kleine Fleckchen „Savoir vivre“ in der Quadratestadt. Dabei besann er sich bei der Namensfindung auf seine kulinarischen Wurzeln. Sein Großvater Hans war Bäckermeister und leidenschaftlicher Anhänger einer klassisch deutschen Küche, während sein weltoffener Opa Walter in Frankreich kochen gelernt und lange an der badisch-elsässischen Grenze als Küchenmeister gearbeitet hatte. Und so stehen heute die Namen Hans und Walter sinnbildlich für den deutsch-französischen Küchenmix des Bistros an der Meerfeldstraße.
Schon von außen hieß uns die gemütliche Beleuchtung des Restaurants durch seine hohe Fensterfront wärmstens willkommen. Der geschmackvoll eingerichtete Gastraum hatte mächtig viel französisches Flair zu bieten. Das etwas rustikal wirkende Bistromobiliar kam dabei ganz locker ohne Tischdecken aus. Dafür glänzten uns polierte Weingläser von zünftigen Tischplatten aus Naturholz entgegen. Die dunklen Wände und die auf dem Fliesenboden ausliegenden Teppiche sorgten zusätzlich für stimmungsvolle Behaglichkeit.
In die Decke eingelassene Strahler, dezente Wandleuchten und ein paar freihängende Retro-Lampen zeichneten sich für die angenehmen Lichtverhältnisse verantwortlich. Flackerndes Kerzenlicht drang aus gläsernen Windlichtern, gedämpfte Klaviermusik trug zur akustischen Entspannung bei. Wäre da nicht das Restaurantlogo mit den beiden urdeutschen Namen gewesen, wir hätten die männliche Servicekraft glatt mit einem freundlichen „Bonsoir“ begrüßt.
Der Schriftzug „Straße des Handwerks“ leuchtete nicht zufällig über dem Eingang zur Küche, denn für den Pfälzer Küchenchef Florian Haas hat Hausgemachtes oberste Priorität. Der gelernte Koch und Konditor, der vorher im Mannheimer Sternerestaurant Marly gearbeitet hat, zeigte uns schon auf der Schiefertafel mit den Empfehlungen, wie er die deutsch-französische Freundschaft kulinarisch aufzuarbeiten gedachte.
Rinderkraftbrühe (6,90 Euro), Tête de Veau (Kalbskopf) mit Meerrettich-Vinaigrette (9,90 Euro), Kalbsrahmbraten mit Spätzle (21,90 Euro) und Moules Frites (18,70 Euro) standen da in Kreide einträchtig untereinander geschrieben. Für Süßmäuler wartete Mousse au chocolat mit diversen Sorbets (9,90 Euro) sowie das beschwipste Hefekuchendessert namens Baba au Rhum (8,20 Euro).
Auch die Speiseauswahl von der Standardkarte suggerierte franko-germanische Gutbürgerlichkeit. Deftiges aus der heimischen Fleischküche, wie das panierte Schnitzel „Wiener Art“ (14,80 Euro) oder die Rinderroulade à la Opa Walter (17,90 Euro), wechselte sich mit klassischer französischer Hausmannskost ab. Gebackene Boudin noir mit Apfel-Zwiebel-Sauce und Kartoffelpüree (17,80 Euro), Kabeljau auf Rahmkraut (21,90 Euro), Coq au vin „classique“ vom Schwarzfederhuhn (16,70 Euro) sowie das mit Café-de-Paris-Butter und selbstgemachten Fritten servierte Entrecôte (26,90 Euro) durften da natürlich nicht fehlen.
Das Drei-Gang-Menü, bestehend aus einem halben Dutzend Weinbergschnecken in Knoblauch-Gewürzbutter, Schweinemedaillons in Champignonrahmsauce sowie ein paar Kugeln Sorbet kam gerade mal auf 28 Euro. Preislich bewegte man sich bei den Hauptgerichten meist zwischen 15 und 20, bei den Vorspeisen knapp über oder unter 10 Euro.
Für den Männerdurst hatte man sogar ein Helles Augustiner vom Fass (0,5l für 5,10 Euro) auf Lager. Außerdem standen zwei preisgünstige Hausweine vom Weingut Pflüger aus Bad Dürkheim sowie acht verschiedene Weine im offenen Ausschank zur Verfügung. Flaschenweine außer der Reihe gab es wahrscheinlich auf Anfrage, so meine Vermutung.
Doch der Mannheimer Weizenbiertrinker präferierte eine Erdinger Urweisse aus der Halbliterflasche für sportliche 5,10 Euro. Meine Entscheidung fiel zunächst auf einen trockenen Roten aus dem Languedoc von Hecht & Bannier (8,90 Euro für 0,2l). Später gesellte sich noch ein etwas flacherer Côte du Rhône namens „Quatre Cépages“ (7,20 Euro für 0,2l) von Laudun Chusclan Vignerons dazu. Bei den Getränkepreisen ging es also schon wesentlich städtischer zu. Die 0,75l-Flasche Mineralwasser der Marke Selters lag bei gerade noch akzeptablen 5,50 Euro.
Die Rebsorten Carignan und Syrah sorgten bei der ersten, recht vollmundigen Cuvée für kraftvolle Eleganz im Glas. Kräftig ging es auch bei unseren Vorspeisen zu. Meine Rinderkraftbrühe (6,90 Euro) punktete mit üppigem Fleischgeschmack, angenehmer Säure und fluffigen Markklößchen, die vielleicht eine Spur zu sehr nach Knochenmark schmeckten. Spätestens bei den Pfälzer Tapas „neuinterpretiert“ lagen wir jedoch goldrichtig. Hier präsentierte uns Florian Haas Pfälzer Leibspeisen im Kleinformat. Das Material dafür stammte von seinem Hausmetzger aus Mutterstadt. Die Hausmacher Leberwurst hatte Format. Er rollte sie zu einer von krossem Zwiebelcrunch ummantelten Praline. Diese schmierten wir auf das hausgebackene Graubrot, das in seiner Tüte aus Butterbrotpapier an alte Schultage erinnerte.
Fein abgeschmeckt war auch das Häufchen Weinsauerkraut, auf dem ein angebratener Mini-Saumagen thronte. Die Blutwurst packte Haas in eine kross frittierte Wan-Tan-Hülle, während er das mit Essig-Öl angemachte Schwartenmagen-Carpaccio mit Kapern, getrockneten Tomaten, gereiftem Parmesan und Oliven in Richtung Mittelmeer verschob. Die jeweils 8,20 Euro waren für das komplette, vierteilige Tapas-Sortiment sehr gut angelegt.
Bei unseren beiden Hauptgängen gaben wir den deutschen Hausmannskostklassikern den Vorzug. Die mürbe geschmorte, nach Hausfrauenart mit Gurke gefüllte Rinderroulade (17,90 Euro) kam als stattliche Portion mit selbstgemachten Eierspätzle und einer kräftigen Sauce auf den Teller. Separat dazu wurde noch ein Schälchen mit aromatisch duftendem Rotkraut gereicht. Die fluffige Schwabenbeilage wurde kurz vor dem Servieren noch einmal in Butter geschwenkt, was für zusätzlichen Kick am Gaumen sorgte.
Beim Kalbsrahmbraten (21,90 Euro) wurde der ursprünglich geplante Blumenkohlsalat problemlos in einen mit delikatem Kartoffel-Preiselbeer-Dressing angemachten Feldsalat umgewandelt. Auch hier überzeugte die nicht zu helle Rahmsauce auf ganzer Linie. Die beiden beachtlichen Fleischscheiben wiesen eine saftig-mürbe Konsistenz auf. Ihr delikater Kalbsgeschmack erfuhr durch die kräftige Jus kongeniale Unterstützung. Mit deskriptiven Floskeln wie „ehrlich gekocht“ oder „traumhaft“ bis hin zu „sagenhaft geil“ huldigten die beiden Schmortopfenthusiasten dem Soßengott, den sie hier Florian nannten. Zusammen mit den herrlich zarten Butterspätzle war das ein Leib- und Seelengericht im bestbürgerlichen Sinne, welches uns hochzufrieden die Stoffservietten in das leergefutterte Porzellan legen ließ. So geht schmackhafte Hausmannskost mit Anspruch.
Fazit:
Man sollte schon ein geübter Esser sein, denn hungrig geht aus dem „Hans Walter“ keiner raus. Selbst auf das Dessert mussten wir aufgrund der Portionsgrößen verzichten. Service und Ambiente empfanden wir als äußerst angenehm. Die legere Umgebung fand auf den unprätentiös angerichteten Tellern ihre passende Fortsetzung. Ohne viel Chi-Chi, aber mit ganz viel Geschmack bot Florian Haas herzerwärmendes Soulfood, das den französisch-deutschen Brückenschlag stimmig vollzog. Kochlegende Paul Bocuse, der von einem großformatigen Foto in der Küche dem Chefkoch Haas tagtäglich auf die Finger schaut, sagte einmal: „Ein saftiges Bohnenkraut ist besser als ein trockener Hummer!“ Recht hatte er.