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Für manche ist der ganze frisch gewolfte Hype ums kreativ aufgepeppte Frikadellenbrötchen ein Gastrotrend mit bescheidener Halbwertzeit. Andere sehen darin eine delikate Alternative zu den beiden großen Ketten aus den Staaten. Doch auch dieser Markt zeigt erste Sättigungserscheinungen und man hat auch schon von Schließungen im Nobelbulettensektor (z.B. das Liebesbeef in Karlsruhe) gehört. Da muss man schon den eigenen Einfallsreichtum bemühen oder eine ausgefallene Idee haben, um patty-affine Essgenossen um die sperrigen Palettentische im Urban-Shabby-Look zu scharen. Bio und regional sind zwar nicht gerade die allerneuesten Food-Trends, die der kulinarische Zeitgeist einschlägt, aber in der Provinz noch längst nicht so etabliert wie in den hippen Metropolen der Nation.
So gesehen haben Patricia und Pascal eine Lücke geschlossen ohne das Burgertum neu erfinden zu müssen. Mit „Pälzer Grumbeere“ vom Kartoffelhof Böhm aus Bellheim stellt man vor Ort leckere Pommes her. Von dort bezieht man übrigens auch das Gemüse und den Salat. Das Bio-Fleisch stammt ebenfalls aus der Region und wird mehrmals am Tag im Lokal frisch gewolft. Beim Angushof im Nonnenhorst (Minfeld bei Kandel) bzw. im Goldgrund (Wörth am Rhein) ernähren sich die Pfälzer Rindviecher ausschließlich von Gras, so Inhaber Pascal Rohr, der an jenem Donnerstagmittag bereitwillig über die Philosophie des Ladens Auskunft gab. Mit gerahmten Bildern ihrer Fleisch- und Kartoffelerzeuger wirkt man der Zutatenanonymität etwas entgegen, indem man die Herkunft der Viktualien so transparent wie möglich gestaltet.
Am Anfang haben sie die Brötchen noch selbst gebacken, was aber aufgrund der großen Nachfrage und der eingeschränkten Personaldecke nicht mehr aufrechtzuerhalten war. Nun lässt man sich die Buns von Bio-Bäcker Stefan Dümler aus Wörth aus hochwertigem Getreide anfertigen. Die Soßen und Dressings tragen alle das Prädikat „selfmade“. Genau wie die in Gläser abgefüllten Desserts. Daneben achtet man auf biologisch abbaubare Verpackungen und Tüten. In unserer plastikverseuchten Welt kein gering zu schätzender Umstand.
Pascal Rohr hat das Bäckerhandwerk gelernt und auch eine Ausbildung zum Koch absolviert. Insofern bringt er wichtige (Vor-)Erfahrungen mit, um genau zu wissen, worauf er sich da zusammen mit seiner Frau Patricia eingelassen hat. Nach ca. zehnjähriger Tätigkeit in der Automobilbranche ist er wieder in den kulinarischen Dienst am hungrigen Kunden zurückgekehrt. Eine mutige Entscheidung, die er in Zeiten abnehmender Gastbetriebe bzw. zunehmender Vorschriften sicherlich lange abgewogen hat.
Meine Einkehr war eine spontane Idee. Die Parkplatzsituation an der viel befahrenen Weißenburger Straße ist nicht gerade optimal. Glücklicherweise war jedoch direkt gegenüber noch eine Lücke, um das Gefährt einen Bioburger lang kostenfrei abstellen zu können. Schon am Eingang hatte der „Burger des Monats“ mein Interesse geweckt. Der „Dreikäsehoch“ hatte neben Cheddar und Gouda auch noch würzigen Parmesan zwischen Brioche-Bun und medium gebratenen 160-Gramm-Patty zu bieten. Klang doch schon einmal alles sehr vernünftig.
Durch die hohe Glasfront konnte ich schon von außen einen ersten Eindruck vom zeitgemäß-schlichten Interieur des Ladens bekommen. Drinnen saß man leidlich bequem auf Hockern, umgedrehten Bierkisten oder wie ich auf einer mit Filzdecke „gepolsterten“ Wandbank, die sich die Fensterfront entlang zog. Drei massive, sicher selbst abgebeizte Holztische standen nebeneinander auf rustikalem Dielenboden. Natürlich baumelten nackte Glühbirnen von der Decke. Die nüchterne Ausstattung suggerierte Funktionalität und Minimalismus. Da sind natürlich Lampenschirme sowas von obsolet. Ach, hier hätte es mir als Student so richtig gut gefallen. Wenn, ja wenn es nicht nur alkoholfreies Bier gegeben hätte.
Heute ist mir die Limo von der angesagten Berliner Fruchtmanufaktur „Proviant“ eine willkommene, da nicht ganz so überzuckerte Alternative zu Coca-Cola, Fanta und Sprite. Die 0,33l-Flasche Orangenlimonade belief sich auf 2,70 Euro und bestand laut Etikettinformation lediglich aus frisch gepresstem Orangensaft, Rohrzucker, Zitronensaft und Wasser. Ich durfte mir mein Fläschchen selbst aus dem gut gefüllten Kühlschrank holen. Bezahlt wurde an der kreativ designten, aus der Vorderverkleidung eines Automobils gebastelten Bestelltheke. Mein aus der fernen Hauptstadt Berlin geliefertes Orangengetränk blieb der einzige Wermutstropfen im ansonsten sehr konsequent umgesetzten Regionalkonzept der Rohrs.
An der weiter oben angebrachten Wandtafel konnte ich mich über das übersichtlich angelegte Speisen- und Getränkeprogramm informieren. Zusätzlich lag auch eine aufklappbare Speisenkarte auf dem Tisch. Unter den fünf angebotenen Burgervarianten, deren amerikanische Namen (z.B. „Oceanside“ oder „Newport BBQ“) vom letzten Kalifornien-Aufenthalt des Betreiberpärchens inspiriert wurden, waren mit dem „Vegetarier“ und dem „Veganer“ auch zwei fleischlose Ausführungen im Repertoire. Die Preise lagen bei den „Komplettpaketen“ zwischen 8 und 9 Euro.
Außerdem gab es die Möglichkeiten, seinen Burger via Baukastensystem selbst zusammenzupuzzeln. Neben diversen Brötchen-, Patty- und Soßenoptionen, die zur Grundausstattung (6,50 Euro) gehörten, standen noch jede Menge Extras gegen einen geringen Aufpreis zur Verfügung. Ein paar Salate sowie hausgemachte Fritten (2,90 Euro) und Soßen rundeten das Angebot auf der Klappkarte ab. In der Kühlvitrine neben der Theke warteten noch Chiapudding mit Obst, Bananenbrot und Schokokuchen (jeweils 3 Euro) auf vegan angehauchte „Desserteure“.
Und dann bekam ich den von einem Holzstift in der Mitte zusammengehaltenen „Spießburger“ serviert. Er lag bzw. stand auf einem mit Balsamico-Crème-Muster verzierten Teller. Die knusprigen Pommes wurden à part gereicht. Als kleines Versucherle durfte ich die pinkfarbene Aioli, die sie neu im Programm hatten, testen. Auch ein Schälchen von der hausgemachten BBQ-Sauce landete ohne auf der Rechnung zu erscheinen auf meinem Tisch. Beide Saucen erfüllten ihre Funktion als Pommes-Tunken souverän. Und sieh an, eine BBQ-Salsa muss nicht zwangsläufig eine rote Zuckerpampe sein.
Das Fleisch kam perfekt medium gebraten und daher noch schön saftig in die Brioche. Die darauf befindlichen Röstzwiebeln hatten neben einer leichten Rauchnote auch eine angenehme Süße durch das Karamellisieren erhalten. Salat und Tomate steuerten knackige Frische bei, während die drei Käsesorten für ordentlich Schmelz und Würze sorgten. Die Brioche hatte man auf den Innenseiten leicht angeröstet. Herrlich fluffig und definitiv keine Massenware, die da verwendet wurde. Ich musste kurz an die französische Prinzessin Marie Antoinette denken, die nachdem sie erfahren hatte, dass das einfache Volk kein Brot mehr zu essen hatte, gesagt haben soll: „Wenn sie kein Brot mehr haben, sollen sie doch Brioches essen!“
Hab ich an diesem Mittag auch gemacht. Und hat funktioniert. Weil nämlich das, was sich dazwischen befand handwerklich gut zubereitet und von hoher Produktqualität war. Ein neuer Burgerladen, dem man für die Zukunft alles Gute wünschen darf und der sich, trotz des aus meiner Sicht eher suboptimalen Standorts, sicherlich behaupten wird. Zur Not wird es dann eben der Lieferdienst richten.