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Dass wir Sonntagmittags zur besten Prime Time ohne Reservierung anklopfen, ist schon mutig. Vermutlich ergattern wir den letzten freien Zweiertisch in der urigen Gastwirtschaft – allerdings kaum einen Meter von einer nicht ganz coronakonformen Familienfeier entfernt. Wer mit ruhigerem Gewissen einkehren möchte, sollte besser zu weniger frequentierten Zeiten vorbeikommen. Der einzige Krone-Ruhetag ist übrigens der Dienstag. Montags wird gebacken und es werden von 17 Uhr 30 bis 22 Uhr ausschliesslich Vesper und Flammkuchen serviert. Ansonsten gilt die reizvolle, auf hochwertige Zutaten setzende, traditionelle Speisekarte mit derzeit 4 Vorspeisen, 6 Hauptgerichten und 3 Desserts. Das Angebot vereint schwäbische Klassiker wie Flädlesuppe, Zwiebelrostbraten, Maultaschen, Kässpätzle) mit trendigen Anleihen (Kürbissuppe, Ziegenfrischkäsetaler, Bulgur mit Mandeln und Datteln). Ist es meinen nostalgischen Erinnerungen geschuldet, dass ich die Preise in früheren Jahren oder Jahrzehnten etwas moderater im Gedächtnis hatte? Dafür wird heutzutage auf feinste Zutaten und Zubereitung geachtet. Schnitzel und Lendchen stammen vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein oder dem „Neckarschwein“ von Bauer Aberle. Sollten das die glücklichen Schweine sein, die ich einst auf einer sonnigen Terrasse mit Neckarblick gesehen habe?
Trotz vollem Haus am Sonntagmittag ist die Servicedame rasch zur Stelle: selbstbewusst, tatendurstig, mit klaren Ansagen. Wir wählen Schnitzel mit Spätzle und Soß (17,90 Euro) und Kässpätzle mit Salat im Glas (17,50 Euro), sowie ein Mineralwasser (3,10 Euro) und ein alkoholfreies Hefeweizen (4,00 Euro). Wer die üppigen, nahrhaften Krone-Portionen kennt, darf ruhig nach einer kleinen Portion fragen, auch wenn die Karte dies nicht explizit ausweist. In der Regel gibt’s für die abgespeckte Variante 2,00 Euro Preisabschlag. Die Spätzle sollte man unbedingt probieren, denn sie sind laut Karte handgedrückt. Noblesse oblige: immerhin ist der Krone-Küchenchef der Urenkel des Erfinders der Spätzlepresse. Es muss also nicht immer geschabt sein…
Nach etwas über 20 Minuten steht das Essen auf dem Tisch. Hübsch anzusehen, doch leider nur noch lauwarm. Als die Servicedame „Alles in Ordnung?“ fragt, weisen wir nur zaghaft darauf hin. Ohne Diskussion und Lamento werden unsere Teller abgetragen und schon nach wenigen Minuten durch neue ersetzt – mit komplett neuen Speisen, dieses Mal noch dampfend. Wer andernorts ein schnelles Aufpimpen in der Mikrowelle erlebt hat, weiss diesen Service zu schätzen! Beim Schnitzel erfreuen wir uns an zwei fein panierten Rückenstücken vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein, die Spätzle weisen dank Presse gleichmässige Konturen auf, sind von angeschmelzten Semmelbröseln gekrönt (klasse - das gehörte auch zu jedem Sonntagessen meiner Oma) und vermögen die leichte, angenehm pfeffrige Sauce gut aufnzunehmen. Die Kässpätzle haben die Anmutung eines Omeletts, sind in der Pfanne kross angebraten und duften herzhaft nach Bergkäse. Den Luxus von zweierlei Aggregatzuständen bei den Zwiebeln (soft-schlonzig gedämpft und knusprig-kross angebraten) erlebt man sonst selten. Leider sieht der Salat im Glas aparter aus, als er schmeckt – etwas mehr Gewürze und ein rezenteres Dressing hätten der Rohkost gut getan. Die knackigen Sprossen und die feinen Karotten- und Rettichstreifen sind okay – doch für den Kartoffelsalat ist entweder eine falsche Sorte oder ein ungeeignetes Dressing verwendet worden. Beide Speisen sättigen phänomenal und geben genügend Kraft für die nachfolgende Wanderung am Neckar entlang.
Bis auf den mangelnden Abstand zum Familiennachbartisch ist unser Besuch der reine Genuss. Wie wir beim Hinausgehen entdecken, kann man bei gutem Wetter aber auch noch auf der neckarseitigen Terrasse oder an den kleinen Zweiertischen vor dem Haus (mit inspirierendem Blick auf das Aussenantiquariat gegenüber) sitzen. Sauber und proper sind übrigens alle Räume, auch die Toilette.