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GastroGuide-User: Ehemalige User
Ehemalige User hat Bootshaus · Weissenhaus Grand Village Resort in 23758 Wangels bewertet.
vor 8 Jahren
"Ein Hauch von Sansibar am Weissenhäuser Strand"
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Geschrieben am 05.06.2017 | Aktualisiert am 05.06.2017
Besucht am 30.05.2017 Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 59 EUR
Seine Lage an der Hohwachter Bucht ist idyllisch. Seine Einrichtung paart kalifornische Lässigkeit mit nordischem Lebensgefühl. Der im Sommer 2012 direkt am Strand eröffnete, vom Gault-Millau mit 15 Punkten bewertete Holzbau gehört zum Hotel „Grand Village Resort & Spa“, einem der attraktivsten Adressen im hohen Norden. Dessen Hauptrestaurant heißt „Courtier“ und wurde bereits vier Monate nach seiner Eröffnung mit einem Stern vom Guide Michelin ausgezeichnet. Eine rekordverdächtige Sternenweihe, die mit dem ehemaligen Zwei-Sterne-Koch Christian Scharrer, der hier seit August 2016 das Küchenzepter schwingt, auch in diesem Jahr seine erfolgreiche Fortsetzung fand. Zusammen mit dem Restaurant 1797 im benachbarten Panker bildet das Courtier sozusagen einen spitzengastronomischen Gegenpol zum Feinschmeckermekka der Lübecker Bucht, wo im „Baiersbronn des Nordens“ (Travemünde) seit Jahren schon eine große Dichte an Gourmettempeln existiert.

Im kulinarischen Windschatten des Courtier schaut man im Bootshaus durch hohe Panoramafenster auf die in unmittelbarer Reichweite sich befindenden Dünen und genießt einen herrlichen Meerblick. Bei guten Sichtverhältnissen erkennt man sogar die Insel Fehmarn am Horizont. Auf der von Glasscheiben flankierten, windgeschützten Außenterrasse lässt es sich dabei genauso entspannt genießen wie im schicken Inneren der „Bretterbude“. Der Sansibar-Vergleich liegt nahe, da die moderne, in hellen Holztönen gehaltene Einrichtung mit ihrem bewusst verwittert anmutenden Mobiliar, dem offenen Kamin und den braunen Ledersofas den luxuriös-lässigen Sylt-Stil aus Rantum importiert zu haben scheint. Ich kann mir gut vorstellen, dass hier der Sonnenuntergang besonders intensiv erlebt werden kann. Da wir zur etwas späteren Mittagszeit im Bootshaus eintrafen, konnten wir uns davon leider kein Bild machen.

Wie gerne hätte ich mich auf den Lounge-Möbeln und Sitzsäcken des Beach-Bar-Bereiches geräkelt und dabei die einlullende Chill-out-Musik zum Flackern des Feuers aus der massiven Feuerschale über mich ergehen lassen. Mit einem Aperol Spritz, einem „Deconstructed Hugo“ oder einem knackigen Riesling aus der Pfalz wäre der passende Drink schnell gefunden worden. Doch das gaben weder die Umstände unseres Besuches noch die Tageszeit her. Stattdessen wurde mir von der charmanten jungen Dame im Service die Lunchkarte auf einem Klemmbrett gereicht. Nach ein paar Hinweisen zu nicht mehr verfügbaren Gerichten, ließ man uns genügend Zeit, um in aller Ruhe das übersichtliche Mittagsangebot zu studieren.

Mit vier Vorspeisen, sieben Hauptgerichten und zwei Desserts passte das vom Inhalt her auf eine Seite. Zusätzlich wurde ein dreigängiges Lunchmenü für 39 Euro angeboten. Unter den Hauptspeisen waren auch zwei vegetarische Teller (asiatische Gyoza-Teigtaschen und Gnocchis in Blauschimmelkäsesauce). Gebratener Wolfsbarsch, gegrillter Dorsch, geschmorte Ochsenbacke und Wiener Schnitzel künden mittags von unkomplizierter Kreativküche, die von Küchenchef Christopher Schlang aus frischen regionalen Zutaten zubereitet wird. Dabei bedient er sich der Bio-Qualität umliegender Demeter-Höfe aus der Region. Ein absolut lobenswerter Ansatz, der zum nachhaltig ausgerichteten Konzept des Grand Village Resorts passt.

Bei seiner mit internationalen Anleihen aufgepeppten Frischeküche geht es schmeckbar asiatisch-mediterran zu. Eine kulinarische Handschrift, die sich Chefkoch Schlang während seiner Zeit im Restaurant „Spices“ (A-ROSA-Resort) auf Sylt zugelegt haben könnte. Da wird die Ochsenbacke im Erdnuss-Curry-Sud (23 Euro) geschmort und die Pad Thai Reisnudeln kommen mit gegrillten Garnelen, Tofu und frisch gewoktem Marktgemüse (22 Euro) in die warmtönige Keramikschüssel. Burrata mit toskanischem Brotsalat, Caesar Salad und Spargelcrèmesuppe mit Lachs stillen den kleinen Hunger. Mittagsgäste können es sich hier aber auch mit einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen gut gehen lassen.

Ein Blick in die Dinnerkarte auf der Homepage verrät, dass hier abends um einiges ambitionierter und kontrastreicher aufgetischt wird. US-Rumpsteak (220g) mit Beilagen und Wunschsauce (35 Euro), gebratene Ente in Purple Curry mit Byrani-Reis und Papaya-Grapefruit-Salat (30 Euro) oder flambierter Heilbutt mit Rindermark-Parmesankruste und gegrilltem grünen Spargel (33 Euro) lassen Feinschmecker-Herzen höher schlagen. Dass die Preise oft jenseits der 30-Euro-Marke angesiedelt sind, ist sowohl den qualitativ hochwertigen, aufwendig verarbeiteten Produkten geschuldet, als auch der Tatsache, dass man sich diese einzigartige Umgebung – besonders am Abend – auch gerne bezahlen lässt. Auch hier grüßt sicherlich das Sylter-Vorbild mit dem Säbelwappen. Aber ganz ehrlich, wenn das Gesamtpaket so stimmig daher kommt, ist man doch als Gast auch bereit, dafür ein wenig mehr auszugeben. Schließlich is(s)t man an so einem traumhaften Ort nicht alle Tage.

Für den Durst musste ein frisch gezapftes Radeberger (0,5l für 6 Euro) herhalten. Meiner Kollegin war eher nach Kaffee und Kuchen zumute. Ihr stattliches Stück Heidelbeerstreusel (das Stück für 4,50 Euro) fiel leider etwas zu trocken aus. An der Tasse Cappuccino (5 Euro) hatte sie dagegen nichts auszusetzen. Es störte sie auch nicht, dass ich mit der Wahl des dreigängigen Mittagsmenüs nun etwas länger beschäftigt sein würde.

Schade, dass das Carpaccio vom Rind an jenem Mittag aus war. Aber die Burrata als alternative Vorspeise klang auch verlockend. Diese kam in einem tiefen Teller opulent portioniert auf den Tisch. Garniert mit etwas Pflücksalat und halbierten Cocktailtomaten, waren es vor allem die krossen, von Olivenöl durchtränkten Brotscheiben, die zusammen mit der würzig-aromatischen Balsamico-Crème diesem äußerst süffigen Gericht Geschmack verliehen. Die cremige Konsistenz der Burrata war ein Genuss, der lediglich vom – aus meiner Sicht – unnötigen Einsatz von Trüffelöl geschmälert wurde. Sein latent muffiger Geschmack ist mir schon immer ein Graus, aber da gehen die Meinungen anscheinend weit auseinander. Größter Kritikpunkt war aber nicht der Geschmack, sondern die überdimensionierte Vorspeisenportion, die den Umfang eines Hauptgerichtes hatte. Der Kuhmilchmozzarella ist ja bekanntermaßen schon recht üppig. Hier wäre die Hälfte an Masse voll ausreichend gewesen.

Gut, dass da der zweite Gang, die Tagliata vom heimischen Rind, etwas schlanker ausfiel. Die Roastbeefscheiben waren von ausgezeichneter Qualität und auf den Punkt gegrillt. Mit Cocktailtomaten, Rucola und Parmesan war das aufgeschnittene, saftige Rindfleisch ein handwerklich perfekt zubereitetes Beispiel dieses italienischen Klassikers, der für mich ein ideales Sommergericht darstellt. Und diesmal stimmte nicht nur das Produktniveau, sondern auch ihr Format. Kompliment!

Die sehr professionell agierenden Bedienungen ließen mir genügend Zeit zwischen den Gängen, fragten nach, ob denn das Dessert schon serviert werden könne und kümmerten sich während unseres Aufenthaltes vorbildlich um das Wohl ihrer Gäste, die hauptsächlich auf der sonnigen Außenterrasse Platz genommen hatten. Im Inneren des Bootshaus war zu dieser späten Mittagszeit dagegen kaum etwas los. Eine sehr entspannte Atmosphäre herrschte vor. Ein Ort des Wohlfühlens mit dem stetigen Rauschen der Ostseewellen im Hintergrund. Hier konnte es einem nur gut gehen.

Das abschließende Dessert stellte für mich das eigentliche Highlight des Menüs dar. Auf einer ansehnlichen Nocke hausgemachtem Erdbeersorbet thronte ein sündhaft leckerer, weil nicht zu süß geratener Mascarponeschaum, der mit Granola-Knusper on Top auch den richtigen Crunch-Anteil besaß. Ein paar saftige Erdbeerstücke ergänzten die sommerlich-frische Nachspeise subtil. Was für ein toller Menüausklang.

Fazit:

Die 39 Euro für das 3-Gang-Mittagsmenü waren gut angelegt. Abends wäre ich mit Sonnenuntergangszuschlag deutlich mehr Geld los geworden, dafür hätte aber die Umgebung noch mehr gewirkt. Der Standort des Bootshauses ist wirklich sensationell. Küche und Service rechtfertigten das höhere Preisniveau. Lediglich bei der Weinkarte wäre noch deutlich Luft nach oben. Weder die Auswahl, noch die Preispolitik (bei den Flaschenweinen ab 35 Euro aufwärts!) wussten da zu überzeugen. Da fehlt zum Sylter Original dann eben doch noch ein ganzes Stück.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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