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Seit Rottweil mit dem Thyssenkrupp Testturm glänzen kann, kann sich die älteste Stadt Baden-Württembergs vor Touristenströmen nicht mehr retten. Bedauerlicherweise gibt es noch keinen rechten Masterplan, wie die im Industriegebiet liegende Attraktion mit der Innenstadt und deren gastronomischen und kulturellen Angeboten verquickt werden könnte. Und der Testturm selbst bietet lediglich einen schnöden Getränkeautomaten. So machen sich die meisten Besucher etwas desorientiert auf den Weg in die Altstadt und auf die Suche nach kulinarischer Stärkung. Auch wir schwirren an einem Februarfreitag kurz vor 14 Uhr etwas mutlos durch die Gassen, bis wir schon jenseits des Schwarzen Tors ein offenbar noch offenes Lokal erahnen. Zugegebenermaßen vermute ich hinter dem schon etwas angegrauten historischen Gebäude eher eine einfache Beiz als eine kulinarische Verlockung. Tatsächlich ist das Ambiente eher schlicht und etwas uninspiriert. So sahen die Dorfschenken meiner Jugend aus. Und später erfahren wir: hier war Herzog Carl Eugen schon 1789 zu Gast. Oh weh.
Doch schon beim Eintreten kann man die beeindruckenden Speiseplatten und Terrinen erspähen, die hier serviert werden. Die Speisekarte versetzt uns sofort in Entspanntheit: Flädle- und Klößlesuppe, Maultaschen, diverse Schnitzelvariationen, Wurstsalat mit Bratkartoffeln – hier muss man nicht vor Hunger darben. Eine jugendliche Servicekraft (vielleicht der Sohn der Wirtin?) schmeisst locker ganz allein das Lokal (das immerhin 60 Plätze aufweist), kommt nicht ins Schwitzen und lässt sich nicht beirren. Nach 20 Minuten steht das Essen auf dem Tisch. Und wir kommen aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Die Flädlesuppe (3,80 Euro) würde allein schon komplett satt machen: in einer überaus kräftigen, dunklen Fleischbrühe schwimmen gefühlt mehrere zu Streifen geschnittene, herzhafte Pfannkuchen, wie sie meine Mutter nicht besser ausgebacken hätte. Doch danach kommen noch: deftige Wildschwein-Bratwürste mit Kartoffelsalat (8,50 Euro), Kässpätzle mit grossem Beilagensalat (9,50 Euro) und Maultaschen mit Kartoffelsalat (7,50 Euro). Die Portionen sind beeindruckend riesig und fast etwas überwürzt. Mit reichlich blond angeschmälzten Zwiebeln (vermutlich Gemüsezwiebeln) und Petersiliendekoration wird absolut nicht gegeizt. Der Kartoffelsalat ist herrlich schlonzig und geschmacklich vermutlich mit Senf unterlegt. Die in der Pfanne leicht angebräunten Maultaschen haben eine perfekte Brät-Spinat-Füllung, hätten durch etwas Bratensauce jedoch noch an Geschmack gewonnen. Grandios hingegen die in einer ovalen Auflaufform servierten Käsespätzle mit gehörig viel Lindenberger Käse und sehr eierlastigen, goldgelben hausgemachten Spätzle. Der dazu servierte Beilagensalat würde allein schon satt machen: obenauf sind zwar erst mal nur grüne Blattsalate, fein gehobelte Gurkenscheiben und vollkommen überflüssige Maiskörner zu sehen, doch darunter verbergen sich prima Kartoffelsalat, herzhafter Krautsalat, feine Karotten- und Rettischstreifen. Leider ist das Dressing nach unserem Geschmack etwas zu sauer geraten.
Die Portionen sind so riesig, dass wir uns einen Teil davon einpacken lassen müssen. Kein Problem, wird sofort abgenickt – und wird hier vermutlich dauernd praktiziert. Zwischendrin kommt die überaus freundliche Rössle-Wirtin Frieda Zsuzsandor selbst an unseren Tisch, gibt gerne und offenherzig Auskunft zu Zutaten und Zubereitung, freut sich sichtlich über unseren Appetit und unser Lob. Wir kommen gerne wieder: das Rössle hat von Donnerstag bis Montag durchgehend von 10:30 - 23:30 Uhr geöffnet, also auch dann, wenn man andernorts schon vor verschlossener Tür steht. Am Nebentisch entdecken wir übrigens eine Familie, mit der wir uns auf der Aussichtsplattform des Testturms kurz unterhalten haben.