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GastroGuide-User: marcO74
marcO74 hat Restaurant Pfälzer Genuss Fraktion in 76833 Frankweiler bewertet.
vor 1 Jahr
"Ob Frankweiler oder Hainfeld, Hauptsache Frankreich…kommt auf dem Teller nicht zu kurz!"
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Geschrieben am 30.08.2023 | Aktualisiert am 31.08.2023
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Besucht am 03.02.2023 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 90 EUR
Anfang Dezember letzten Jahres ist der an einkehrenswerten Adressen – Robichon, Weinstube Brand und Weinbar Müller – nicht gerade unterversorgte Weinort Frankweiler um eine kulinarische Attraktion reicher geworden.
 
Kathrin Hoffmann (Küche) und Dominic Theobald (Service und Küche), die beiden „Vorsitzenden“ der Pfälzer Genuss Fraktion, haben ihrer alten Heimat Hainfeld den Rücken gekehrt und sind nun in die Räumlichkeiten der ehemaligen Weinstube zur Traube in der Frankenburgstraße – direkt neben dem Weingut Lidy – eingezogen.
 
Von außen sieht man dem schlichten Wohnhaus seine inneren Genusswerte überhaupt nicht an. Aber spätestens, wenn man es sich in dem wohnzimmerhaft wirkenden Gastraum neben dem alten Kachelofen gemütlich gemacht hat und man seinen Blick über die Schiefertafel mit den „Specials“ schweifen lässt, wird klar, dass es sich hier um ein sympathisches Refugium für aufgeschlossene Regionalkostgänger mit Hang zur französischen Bistroküche handelt.   
Die Empfehlungstafel
Anfang Februar stattete ich zusammen mit einer guten Bekannten „Domme“ und Kathrin einen ersten Besuch in ihrer neuen Wirkungsstätte ab. Es war ein kalter Freitagabend, der uns nach Frankweiler führte. Aber umso wärmer fiel der Empfang vom stets gut aufgelegten Schankprinzen und Spitzenkoch Dominic Theobald aus, der uns auch gleich an unseren ein paar Tage zuvor reservierten Tisch führte.
 
Schnell kamen wir mit dem gestandenen Wirtsmann ins Gespräch. Der dialektgefärbte Plausch gehört hier quasi zum guten Pfälzer Ton. In Hainfeld musste man an der Theke bestellen und bezahlen, hier in Frankweiler wird man vom Padron des Hauses bedient. Dieser versorgte uns auch gleich mit der Speisen- und Weinliteratur.
 
Bei letzterer war an diesem Abend „högschde Fraktionsdisziplin“ gefragt, lockte sie doch mit edlen Rebsäften aus der heimischen Pfalz, Italien und unserem Nachbarland Frankreich. Etliche GGs (= Große Gewächse) aus der Heimat, aber auch Trouvaillen aus den bekanntesten französischen Anbaugebieten (Burgund, Bordeaux, Loire und Rhône) lagen im wohlsortierten Flaschenweinkeller bereit. Und diese zu äußerst fair kalkulierten Preisen. Wie schade, dass ich mit dem Auto zurückfahren musste.
 
Beim offenen Weinangebot bediente man sich aus der direkten Nachbarschaft, was uns im Laufe des Abends einen trockenen Auxerrois, einen ebenfalls trocken ausgebauten Weißburgunder und einen St. Laurent vom Weingut Lidy – alle großzügig eingeschenkten Achtel schlugen mit jeweils 4,50 Euro zu Buche – bescherte.
 
Die beiden Weißen aus dem Lidy’schen Gutsweinkatalog hatten ein ausgeprägtes Fruchtaroma, eine angenehme Säure und einen moderaten Alkoholgehalt gemein. Dem körperreichen Roten aus der Burgunderfamilie fehlte es trotz kräftiger Tanninausstattung nicht an Finesse.
 
Neben den erwähnten drei Achteln Wein fanden noch zwei Flaschen Mineralwasser (0,75l für 4,50 Euro) als Durstlöscher Verwendung. Soweit unsere Nachfrage nach Flüssigem an diesem Abend. Wobei nicht ganz, gönnte sich doch meine Begleiterin vorweg eine Kartoffel-Meerrettich-Suppe mit Rehklößchen (8,50 Euro) aus dem kleinen, aber fein zusammengebastelten Vorwegprogramm.
 
Klar, hätte ich auch dieser mit wilder Einlage versehenen, pfiffig zubereiteten Pfalzterrine anheimfallen können, aber mich gelüstete es nach Meer. Das zu meinen All-Time-Favourites zählende Thunfisch Tartar „Asia-Style“ mit mariniertem Gemüse und eingelegtem Ingwer (Gari) klang da schon sehr verlockend, aber letztlich machten die gebratenen Jakobsmuscheln auf Erbsenpüree und Safranschaum (17,50 Euro) das Vorspeisenrennen.
 
Die Wahl der Hauptspeise war keine leichte Aufgabe, denn die auf einer Schiefertafel angekreideten Empfehlungen klangen durchweg sehr begehrenswert. Der Hahn aus dem Rieslingbad („Coq au vin“) mit Nudeln und Marktgemüse wäre durchaus eine Option gewesen.
 
Oder das englisch gebratene – ein anderer Gargrad wird von der Küche verständlicherweise nicht akzeptiert –, besonders bei BBQ-Fetischisten und Grillgourmets geschätzte „Metzgerstück“ (= Teres Major Muskel aus dem hinteren Teil der Rinderschulter, Anm.) mit Perigord-Trüffelbutter, Pommes und Salat?
 
Aber halt, in der Standardkarte war ein rosa gebratener Kalbsrücken mit der gleichen Ausstattung (26,50 Euro) gelistet. Bingo! Meine Entscheidung für eben jenen war gefallen. Zumal auch hier die in Kalbsnierenfett frittierten Pommes Frites als Beilage fungierten. Und selbst ich als „Trüffel-Muffel“ würde bei der Perigord-Trüffelbutter aus dem Hause Theobald bestimmt mit der Zunge schnalzen.
 
Meiner Begleiterin sagte die Pasta „Alla Putenesca“ (15,50 Euro) von der Empfehlungstafel am meisten zu. Gerade im tristen Winter kann bereits ein mit Tomaten, Thunfisch, Kapern und Chili angereicherter Nudelteller mediterrane Gefühle wecken und somit die Erinnerung an wärmere bzw. hellere Tage beflügeln.
Makkaroni "alla Putanesca"

Doch zuerst betrat die in tiefem Porzellan ruhende, mit frisch geriebenen Krenfäden versehene Kartoffelsuppe unsere von weißem Leinen überzogene Verzehrbühne. Das Aroma des frischen Meerrettichs dominierte eindeutig den Inhalt des Tellers, das konnte ich bis zu mir herüber riechen.
Kartoffel-Meerrettichsuppe mit Rehklößchen drin
Laut Aussage meiner Begleitung harmonierte das angenehm scharfe Wurzelgemüse mit der sämigen Erdapfeltunke ganz vortrefflich. Die beherzt gewürzten „Bambibällchen“ fielen von ihrer Konsistenz her wunderbar „luck“ aus. Von diesen kleinen „Wonnewildproppen“ hätten ruhig noch ein paar mehr im Suppenteller schwimmen dürfen. Zur Not hätte ich meiner Tischkollegin auch ganz selbstlos bei deren Verzehr geholfen.
 
Was nicht heißen soll, dass meine Vorspeise von mickriger Natur war. Ganz im Gegenteil: auf drei üppig bemessenen Erbsenpüreehügeln thronte jeweils eine zuvor in der Pfanne gebratene Jakobsmuschel samt Corail. 
Gebratene Jakobsmuscheln auf Erbsenpüree an Safransauce
Das weiße, innen noch leicht glasige Muschelfleisch war lediglich mit etwas Piment D’Espelette, dem besonders aromatischen Chili-Gewürz aus dem Südwesten Frankreichs, und Fleur de Sel bestreut.
 
Die drei stattlichen Türme aus leicht süßlich schmeckendem Erbsenpamps und den zart-nussigen Preziosen aus dem Meer kamen mit einem leuchtend gelben Safranspiegel sauciert aufs Porzellan. 
Jacob's Towers...
In der Summe ergab das ein sehr feines, von zurückhaltender Aromatik geprägtes Geschmacksbild, von dem ich mir lediglich etwas mehr „Wumms“ versprochen hätte. Vielleicht hätten eine glasig gebratene Scheibe Lardo oder ein salzig-knuspriger Coppa-Chip als Gegenpart zur dominierenden Süße gut funktioniert.
 
In der PGF sollte man immer mit gutem Hunger aufschlagen. Das war schon früher in Hainfeld so. Auch diesmal hatten wir es bei den Vorspeisen mit veritablen Sattmachern zu tun. Gut, dass uns da die Küche ein wenig Zeit zum Verschnaufen (und Verdauen) gab.  
 
Aufgeschoben war jedoch nicht aufgehoben und bald durften wir uns auch die georderten Hauptspeisen schmecken lassen. Während sich meine Begleiterin an bissfesten Makkaroni mit Thunfisch-Tomaten-Sugo delektierte, durfte ich mich über einen Fleischgang von Format freuen.
Der Kalbsrücken mit ordentlich Trüffel drauf
Ein gut 250 Gramm schwerer, perfekt rosa gebratener Quader vom Kalbsrücken, der von einem stattlichen Klotz hausgemachter Trüffelbutter gekrönt wurde, belegte stolz die eine Hälfte meines Tellers, während sich das aus Blumenkohl, Karotten und Schnippelbohnen rekrutierte, auf Biss gegarte Marktgemüse den restlichen Platz auf der Platte teilen musste. 
Kalbsrücken mit Marktgemüse und tiefgründiger Rotweinsauce
Die dazu gereichten Knusper-Pommes aus dem Kalbsnierenfett kamen separat in einem Frittierkörbchen. Ehe ich mich versah, zückte der umsichtige Padron den Trüffelhobel und übernobelte meinen Fleischteller mit frischer, schwarzer Winterware, dass es noch drei Tische weiter nach dem süßlich-würzigen Knollenpilz duftete.
Ein Traum von Kalb...
...perfekt rosa gebraten
Neben dem wunderbar saftig ausfallenden Protagonisten vom Kalb, war es die mit opulenter Rotweinmenge gekochte, geradezu fantastisch schmeckende Sauce, die diesen molligen Winterteller adelte. Dass Meister Theobald sein Soßenhandwerk versteht, hat er mir schon mehrfach bei seinem formidablen Boeuf Bourgignon unter Beweis gestellt. Dieser profunde Beiguss arrangierte sich gut mit den Trüffeleien und sorgte so für die kräftigen Töne auf dem weißen Rund.
 
Noch ein paar Worte zu den wirklich sehr gelungenen, da unfassbar knusprigen Pommes frites. 
Fritten Deluxe
In Belgien werden sie ja heute noch traditionell in Rinder- oder Kalbsnierenfett frittiert. Und was im Mutterland der Kartoffelstäbchen funktioniert, kann auch in der Pfalz nicht schaden, so jedenfalls die Ansage des redseligen Servierfürsten, als ich ihn darauf ansprach.
 
Dass die wohlfrittierten Freudenspender aus des Pfälzers liebster Knolle – zusammen mit der kräftigen Rotweinsauce genossen – einen ganz besonderen Gaumenschmaus boten, sollte an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Auch sei angemerkt, dass uns die beiden Gänge derart sättigten, dass an einen Nachtisch nicht mehr zu denken war.
 
Fazit:
 
Auch in Frankweiler wird ein abwechslungsreiches, durchaus nicht alltägliches Programm an französisch inspirierten Bistrogerichten und regionalen Deftigkeiten geboten. Die handwerklich tadellos auf die Platte gebrachten Gerichte zeugen von Produktqualität und Frische.
 
Und dies zu wirklich äußerst fairen Preisen. Die Auswahl an hochwertigen Flaschenweinen ist aber das stärkste Alleinstellungsmerkmal dieser außergewöhnlichen Einkehradresse. Denn in diesem Metier kennt sich Maître Theobald nicht nur besonders gut aus, er lebt es auch.
 
Also, liebe Wein- und Feinschmecker, beugt euch dem kulinarischen „Fraktionszwang“ und macht euch auf ins frankophile Frankweiler! Es lohnt sich.   
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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