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Schon tausend Mal daran vorbeigefahren, aber nie halt gemacht. Das sollte sich an jenem Abend ändern. Die Lichter brannten, als wir den Wagen gegenüber abstellten und das von außen sehr einladend wirkende, an der Weinstraße Richtung Wissembourg (Elsass) gelegene Gasthaus betraten. Durch die Fenster erspähten wir noch ein paar freie Plätze im vorderen Gastraum. Da würde sicher auch ein freier Tisch für uns „herausspringen“.
Die Begrüßung fiel nicht unfreundlich, aber auch nicht besonders herzlich aus. Den beiden Service-Damen im Dirndl merkte man gleich an, dass sie alle Hände voll zu tun hatten. Von den fünf Tischen der holzvertäfelten, vorderen Gaststube waren drei bereits belegt und einer für eine größere Gruppe reserviert. Einer war noch frei – unser Glück! Erst später sahen wir immer mal wieder Gäste, die aus dem hinteren Bereich der Weinstube kamen und sich freundlich im Hinausgehen verabschiedeten. Da wären also auch noch ein paar Sitzgelegenheiten gewesen.
Im Inneren herrschte behagliches Gasthausambiente. Gefliester Boden, urige Holzdecke, Wandschränke hinter deren Glastüren Weinflaschen auf ihre Verkostung und polierte Bordeaux-Kelche auf ihre Befüllung warteten. Auch bei den Eckbänken und dem Mobiliar gab helles Holz den Ton an. Zünftige Wirtshausstühle standen mit herzförmig gelöcherter Rückenlehne und bequemem Sitzpolster um die nicht minder groben Holztische. Die Rustikalität des Gastraums wurde von der folkloristischen Aufmachung der beiden Service-Mädels noch unterstrichen. Das war in sich stimmig und passte zusammen. Auf den Tischen lag das Einfachbesteck auf roten Stoffsets. Die Servietten standen wie frisch gehisste Segel aufrecht. Pfeffer, Salz und etwas piefige Plastikdeko gesellten sich zum Aufsteller mit dem Dessertangebot und dem Lichtlein in der Mitte.
Zügig wurden uns die Speisekarten gereicht. Die Entscheidung fiel mir nicht leicht, da die Auswahl recht üppig daher kam. Zwei Suppen und sechs verschiedene Salate, letztere mit leckeren „Begleiterscheinungen“ wie beispielsweise Garnelenspieß und gebackenen Kartoffeltaschen, füllten allein die erste Seite des „Wälzers“. Es ging weiter mit dreimal Fisch (Schollenfilet, Zander und Bandnudeln mit Räucherlachs und Garnelenspieß) und zweimal vegetarisch. Der gastronomisch mittlerweile etablierte Nichtfleischesser durfte zwischen Kräuterpfannkuchen mit Rahmgemüsefüllung (10,90 Euro) und Tagliatelle in Champignonkräutersauce (11,50 Euro) aus dem Wok wählen. Das Herzstück der Karte oder besser gesagt ihr „Filet“ stellte die große Auswahl an Fleischgerichten dar. Zu den acht Hauptspeisen mit Carnivorenhintergrund (Schnitzel, Rumpsteak, Kalbstafelspitz & Co) gesellten sich noch sechs Pfalz-Klassiker (vom Leberknödelteller bis zur beschwipsten Winzerpfanne alles dabei!) hinzu.
Wie in so vielen Etablissements dieser Art mangelte es auch dieser beträchtlichen Ansammlung gutbürgerlicher Allerweltsgerichte an dem gewissen Etwas. Kulinarische Alleinstellungsmerkmale – leider Fehlanzeige! Als gäbe es zu Schweinemedaillons, Schnitzel Wiener Art und Wurstsalat keine Alternativen. Schade eigentlich, denn auch in solchen Lokalen würde sich der Gast über saisonale Angebote, die gerne auch das regionale Umfeld mit einbeziehen, freuen. Ehrenhalber seien die hausgemachte Riesling-Crèmesuppe mit Gemüsewürfeln (4,50 Euro) und die mit Blut- und Leberwurst verfeinerten Pellkartoffeln aus der Pfanne (10,80) erwähnt.
Das Tagesangebot lockte schon per Schiefertafel vor dem Eintritt in das Gasthaus. Gekochte Rinderbrust an deftiger Meerrettichsoße mit Petersilienkartoffeln und Beilagensalat (10,90 Euro) stand da in Kreide geschrieben. Meine Begleitung hatte sich schnell dafür entschieden. Mich sprach trotz großem Hunger das Angebot im „Haas“ nicht so recht an, also suchte ich mein Heil im
„angus nigrum“, wie der Rumpsteak-Lateiner zu sagen pflegt. Für nicht gerade schüchterne 21,90 Euro wurde es wahlweise mit Kräuterbutter oder Pfefferrahmsoße offeriert. Dazu gesellten sich je nach Gusto Pommes frites oder Kroketten sowie ein Beilagensalat. Zum Durstlöschen orderten wir eine Flasche Mineralwasser (0,75l für 3,90 Euro) und ein kleines Tannenzäpfle vom Fass (0,33l für 2,80 Euro).
Man sah uns den Appetit scheinbar an, denn die beiden Beilagensalate ließen nicht lange auf sich warten. Beide waren sie schmackig mit Essig und Öl angemacht. Die Verwendung frischer Zutaten war offensichtlich. Mild-süßliche Karottenraspel, rahmig abgeschmeckter Weißkohl, frisch gehobelte Gurkenscheibchen und ein farbenfroher Lolo-Rosso-Bianco-Mix obenauf. Na das begann doch schon einmal richtig gut! Ein wenig Weißbrot zum Auftunken des delikaten Dressings gab ich in Auftrag. Diesem wurde schnell entsprochen und der erste Hunger war gebannt.
Auch unsere beiden Hauptgerichte kamen zeitnah. Das freute uns, denn nach dem Sport ist die Esslust ja mitunter am größten. Das Rumpsteak kam wie bestellt medium rare auf den Teller. Schön anzusehen war es zwar, doch in einer Pfälzer Weinstube sollte so ein gutes Stück Fleisch auch von den Maßen her stimmen. Dies tat es leider nicht. Auch ohne die Fleischwaage vom Daueresser im Gepäck zu haben, schätzte ich sein Gewicht deutlich unter 200 Gramm. Es war schlichtweg zu dünn geschnitten.
Ein gutgemeinter Lady’s Cut, der mich in Anbetracht des kleinen Schälchens mit etwa fünf Kroketten nicht sattwerden ließ. Gut, der Altersdurchschnitt der Gäste liegt in einer Kurstadt wie Bad Bergzabern sicherlich etwas höher. Und die älteren Semester begnügen sich ja bekanntlich mit eher kleineren Portionen. Alles recht und gut, aber für 22 Euro war das Gebotene zwar geschmacklich und qualitativ einwandfrei aber schlichtweg zu wenig an diesem Abend. Die separat in einem kleinen Kännchen gereichte Sauce verlangte nach ein paar Extra-Scheiben Baguette. Diese erschienen später doch tatsächlich mit 50 Cent auf der Rechnung. Leute, so gewinnt man keine neuen Gäste!
Über die regelrecht lasche Meerrettichsauce, welche die zartgekochten Scheiben von der Rinderbrust überzog, war frischer Meerrettich gerieben worden. Ohne ihn hätte die Pampe nur nach Sahne geschmeckt. Die Petersilienkartoffeln waren dagegen tadellos.
Die Desserts sprachen uns allesamt nicht besonders an, so dass wir uns recht bald wieder auf den Weg machten. Schade, dass ein paar Kleinigkeiten die Empfehlung dieser an sich sehr gepflegten Weinstube unweit des Bergzaberner Zentrums etwas einschränken. Das nächste Mal geht’s dann eben wieder nach Kapellen-Drusweiler zu Marc Wendel in die Hopfestubb. Da schmeckt es nicht nur besser. Da wird man auch satt.