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Ich hätte es wissen müssen, aber nicht darauf wetten wollen. Der Spätsommer macht eine kurze Pause und ruht sich noch ein wenig am schönsten Zipfel Rheinhessens aus. Der Herbst ist genügsam und Gentleman zugleich und gönnt dieser Landschaft nochmals den spätsommerlichen Farbenrausch und ein kunterbuntes Seelenspiel. Hier in Rheinhessen ist einiges intensiver als anderswo. Und! Man darf völlig ungeniert darauf wetten: Wer am letzten Zipfel der Hauptstraße in Flonheim-Uffhofen mitten im Landschaftsschutzgebiet Rheinhessischer Schweiz logiert, bekommt eine herzliche Portion an ländlichem Flair und eine liebenswerte Servicekultur.
Besonders viel Werbung braucht Familie Espenschied für seine Weine, Hotel und Restaurant nicht zu machen. Die Werbung liegt vorzüglich im Glas und auf dem Teller: hochwertig-regionale Produkte gepaart mit einer sehr ehrlichen, authentischen Weinqualität.
In den letzten Jahren hat Familie Espenschied seinen Anspruch an Qualität nicht nur im Wein sondern auch im Hotelbereich ausgebaut. Das neue Designhotel mit offenem Raumkonzept in ökologischer Bauweise am Ende der Hauptstraße ergänzt gelungen und stilsicher die gastliche Produktlinie eines modern-unkonventionellen Weinbaubetriebes. Sorgsam haben die Espenschieds in enger Verbundenheit mit geliebter Tradition und mit viel Liebe zum Detail eine fein-wohlige Urlaubswelt in einer romantischen Naturlandschaft geschaffen. So ist sie eben, die Rheinhessische Gemütlichkeit, die von Herzen kommt.
Hier leben sie, hier brennen sie auch, wenn es manchmal zu still ist im Tal: Küchenchef Tobias Datow mit seinem Küchenteam rund um Marco Kaschke & Silvia Simon bringen ihre schiere Leidenschaft bereichert mit hochwertig-regionalen Produkten auf den Teller und in die Sinne ihrer Gäste.
Auf Genuss in seiner gesamten Spannbreite darf sich der Gast beim Menü mit einer ausgiebigen Weinreise freuen: Am Start ein 2013 Riesling brut Lena-Marie Jahrgangssekt. Man schmeckt geradezu die Zeit, die man diesem Sekt ließ um seine Qualität auf der Hefe zu entfalten. Prachtvoll intensiv. So darf die Eröffnung eines Genussabends sein. Es folgt ein zart-feines Beef Tatar mit dreierlei Pfefferremoulade und einen geschmacksintensiven, knackig-frischen Wildkräutersalat. Obwohl ich den ehrlich-authentischen Geschmack von Fleisch kenne, finde ich immer wieder erstaunlich, wie viel geschmackreicher schon das rohe Fleisch eines Tieres aus reiner Weidehaltung ist. Ich bin dankbar für eine solch perfekte Inszenierung von Beef Tatar. Dazu zweierlei Weingenuss: eine 2015 Scheurebe trocken mag nicht alleine sein und lässt noch etwas Raum für einen 2015 Grau- Burgunder trocken. Die Scheurebe verzückt die Nase mit einer feinen Note Cassis und Grapefrucht gefolgt von einer Spur Kalkstein, welcher sich im Gaumen sogleich in rassig-reife Beerenfrüchte wandelt. Hingegen der kernig-erdige Graue Burgunder mit einer sehr fruchtigen Birnennote daherkommt und den Gaumen schmelzig umschmeichelt und seine feine Mineralik vom Muschelkalk offenbart.
Der zweite Gang setzt dem Gaumenspiel ein kurzes jedoch ein sehr harmonisches Ende: Auf dem Teller bzw. im Suppenglas ein schönes Schauspiel für Gaumen und Augen. Das Duo von der Petersilienwurzel mit einem Enten-Sate ist ein kleines Wunderwerk feiner Kochkunst, denn alle Aromen finden im Gaumen ihren Wiederhall. Kein Mischmasch, keine Unklarheit.
Vor dem Hauptgang stellt uns das Team nochmals auf den Kopf und kühlt unseren Gaumen ab. Ein Fruchtsorbet in Begleitung eines 2015 Riesling feinherb gefolgt von einem 2015 Merlot Blanc, welcher in die Nase sofort feinste Aromen von Melonen, Weinbergpfirsich und hellen Süßkirschen streut. Dank dieses Rose’s gelingt es dem Somelier vorzüglich uns auf den Hauptgang vorzubereiten, denn er wirkt zart am Gaumen und lässt gleichzeitig seinen saftigen Merlot-Körper erkennen.
Der Hauptgang kommt völlig unspektakulär daher: Wildschweingulasch mit böhmischen Knödel und Rotkraut. Nun ja… kenne ich reichlich aus meiner Jugend und es ist eine große Herausforderung für die Küche, erinnert mich dieser Menüpunkt an die Kochkunst meiner Mutter. Respekt! Das Fleisch schmeckt köstlich, wild-würzig und ist anders als erwartet von magerer und fester Struktur. Das Rotkraut sanft in vorweihnachtlichen Aromen gekleidet lassen keine Zweifel erkennen: Die Küche arbeitet und spielt nicht mit Aromen und Gewürzen.
Passend dazu ein 2012 Cabernet Sauvignon gepaart mit dem 2013 Stammbaum 415, welcher ganz vorzüglich zum Wildschwein passt: Saftig und fein strukturiert mit feinen Noten von tief dunklen Früchten, Wachholder und Pfeffer. Am Gaumen gefällt ein weiches Traubentanin mit einem Touch Pfeffer und Gewürzen.
Das Finale bereitet die Dessertvariation „Quittentrilogie“. Für mich sind Quitten die Urmütter der Marmelade. In dieser Variation begeistert das Fruchtfleisch der Quitte mit einem intensiv fruchtigen, „zitronigen“ Aroma und zaubert sogleich wieder viel Leichtigkeit in Sinn und Magen. Sie lässt uns einen schönen Raum über das Gaumenspiel zu sinnen und die Weine nochmals nachspüren. Der Wein vom Espenhof schmeckt wie er ist und nicht wie er sein könnte. Die Espenschieds arbeiten nur mit dem, was Ihnen die Natur schenkt. Sie leben damit und lassen es ihre Gäste nachspüren.
Die Küche hat mich nicht zu sehr belastet, meinem Körper und mein Gedankenspiel funktioniert noch recht ordentlich, somit gönne ich mir zum harmonischen Zwiegespräch mit meiner Begleitung noch einen 2015 Kalkstein Rose’ trocken’, welcher zugleich ein inniger Freund wird, denn ich mag diese feinsten Aromen von Melonen und Weinbergpfirsich. Mein Gaumen meldet: zart willkommen
der saftige Körper des Merlots. Dieser Wein ist die schönste Seite des Merlots!
So schließt sie sich an, die ganz banale Entscheidung ob man geht oder bleibt. Ganz tief-sicher ist die Lust auf Wiederkommen in der Genusslandschaft der Espenschieds.
53,00 Euro für dieses umfangreich gestaltete Weinmenue darf als Top Preis-Leistungsverhältnis gewertet werden.