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Die kleine, aufgebockte Holzveranda mit unbequem aussehendem Alurohrmobiliar wartet auf wärmere Tage. Ruhigere werden nicht kommen, aber Straßenlärm gehört ja zum mediterranen Stadtflair.
Der große viereckige Raum ist durch eine Bar mit vielen Koch- und Weinbüchern getrennt, links die Weinhandlung, rechts das Restaurant, das zunächst keine italienische Assoziationen weckt, außer vielleicht etlichen Geschirrhandtüchern, die von der Decke hängen. Die Hommage an Wäsche über engen Gassen des Mezzogiorno wird mir indes erst jetzt bewusst. Bei meinem Besuch fand ich es erst befremdlich, dann witzig. Denn, wie auf einem anderen Portal jemand schrieb: "Da hat sich ein Innenarchitekt ausgetobt." Mitteldunkler Holzfußboden und durable Vollholztische auf Chrommittelfuß. Man nimmt Platz auf angenehm zu besitzenden Holzstühlen mit entweder schwarzen Sitzflächen und Rückenlehnen oder Plastiksitzschalen in Quietschfarben, grasgrün ist vorherrschend. Auch einige Raumtrenner und ein breiter Streifen Wand leuchten ähnlich frühlingshaft. Dadurch wird der trotz großer Lampen mit Metallschirmen und einiger Strahler nach hinten doch recht dunkel wirkende Raum farblich sehr aufgehellt. An der Fensterfront fällt sowieso das Licht der tief stehenden Sonne schön ins Lokal. An den Wänden über einer umlaufenden Bank mit schwarzem Kunstleder Bilder mit unterschiedlichen Motiven, die mehr oder minder Bezug zu Italien haben und Regale mit italienischen Produkten, die noch nicht jeder Supermarkt führt. Die Hardware auf den Tischen einschließlich der festen Vliesservietten ist einfach, aber passend und, wie alles, sauber. Die Nassräume habe ich nicht besucht.
Ein ungewöhnliches Ambiente, das ich angenehm empfand und das dem Auge viele interessante Kleinigkeiten anbot.
Das Publikum um die Mittagsstunde gemischt, eine alte Dame, Vater und Sohn, ein Handwerker. Wie geschrieben, normal, angenehm.
Der Service wird durch einen schon lebenserfahrenen Herrn erledigt, der das Klischee des nicht eben hünenhaft gewachsenen Italieners, in diesem Fall wohl Sarden, voll erfüllt. Die Deutschkenntnisse sind für das Übliche hinreichend, aber für fachliche Fragen zum Wein holte er den Betreiber, der sich als sein Sohn herausstellte und mehr als kompetent ist. Beide waren ehrlich an der Zufriedenheit des Gastes interessiert, freundlich, zuvorkommend, zu Auskünften gern bereit. Auch ein Probeschluck eines anderen Weines wurde angeboten. In diesem Ambiente sehr, sehr gut.
Die Speisekarte ist klein, aber eigenständig. Klasse statt Masse.
Mein Mahl beginnt mit einem Coperto - natürlich nicht die eigentümliche italienische Gepflogenheit, schon das nackte Gedeck, manchmal mit langweiligem Brot, gesondert zu berechnen. Hier gab es dagegen ein Tellerchen mit je zwei Scheiben/Stücken Salami, Pecorino, gegrillte Zucchini mit Olivenöl, große grüne Oliven und Ruccola. Dazu scharfe Paprika-Tapenade und etwas (langweiliges;-)) Brot. Ein sehr leckerer Auftakt, der einen gleich auf den Stiefel versetzte. Dafür zahlte ich gern schmale 3€, statt einen fehlenden Appetithappen auf Kosten des Hauses zu beklagen, den ich hier so oder so nicht erwartet hatte.
Wer mehr anlegen will, ordert das Tagliere, also ein "Brettl" mit gemischten Aufschnitt, Käse und toskanischem Honig.
Die weitere Wartezeit verkürzte mir eine 11Freunde-Ausgabe über deutsche "Legionäre" in der Seria A. Auf dem Cover der damals in erster Ehe verheiratete Lothar Matthäus, im Inter-Dress ins noch unbedachte San Siro einlaufend. Etliche Jahre später durfte ich mit meinem Sohn in ebenjenem Stadion jubeln, als mein Heimatverein noch einen Pausenrückstand (gegen die Rosso-Neri) egalisierte. Tempi passati, Werder-Erfolge wie Matthäus-Ehen, nur der Torschütze von damals, ein gewisser Claudio P. spielt, trifft und grinst wie damals.
Als primo piatto kommen Tagliatelle mit Fenchel-Salsiccia von der Tageskarte. Für die kleine Portion werden 4,5€ berechnet, ebenfalls sehr kundenfreundlich kalkuliert.
Was gemessen an Bremer Gastronomiepreisen auch absolut für die 5,8€ gilt, die auf der Rechnung für ein Viertel(!) Cannonau erscheinen. Mal abgesehen, dass fast nur noch 0,2l, teilweise schon 0,15l Fingerhüte ausgeschenkt werden, sind da Preise jenseits der 7€ für ordentliche Standardware keine Seltenheit. Der sardische Rote aus der Grenachetraube hatte einiges an Sangiovese mitbekommen, was mir als Tanninverschmäher nicht so recht war.
Die Teigwaren dagegen nach meinem Geschmack leicht über al dente. In einem kräftigen Sugo, das gut an den Nudeln haftete, mit reichlich Wurstscheiben durchmischt und etwas Olivenöl beträufelt. Gewürzt mit groben Pfeffer, Salzkristallen, Petersilie und reichlich Thymianzweiglein, die sich malerisch in der Wintersonne räkelten. Wunderbar kräftiges, klassisches Pastagericht in exzellenter Ausführung.
Ebenfalls von der Tageskarte ganz gegen meine üblichen Vorliebe als Hauptgang ein Burger. Aber die Kombination BBQ-Rindfleisch, Kalbsbraten, Grillgemüse und Guacamole versprach einiges. Und hielt viel mehr. In einem Sesambun, vorbildlich gehalten von einem Holzstäbchen, wurde der Burger auf einem reichlichen, hochwertigen Salatbett und begleitet von gebräunten Kartoffelspalten mit gebratenen Rosmarinzweigen präsentiert. Nachdem ich die obere Brötchenhälfte abgenommen hatte, ließ sich das Gericht problemlos mit Messer und Gabel essen. Das Rindfleisch war kräftig gebräunt, aber im Kern noch schön rosa. Sehr saftig. Was ebenso für die drei Scheiben Kalbsbraten galt. Zusammen mit gegrillter Aubergine, Zucchino, Champgignon und Tomate sowie natürlich der Avocadocreme war dies ein kräftig-harmonisches Meisterwerk. Der helle Industrie-Bun hat nicht gestört, die Kartoffeln waren tadellos, wurden aber von mir nicht sehr beachtet. Ich war im Hackfleisch-Himmel. Der beste Burger, den ich je gegessen habe? Das hieße zwar nicht viel, da ich dieser Fleischzubereitung eigentlich eher wenig abgewinnen kann. Für mich allerdings ein Aha-Erlebnis,nach dem ich den Fleischklops zukünftig wieder etwas freundlicher betrachten werde. Allemal, wenn das PLV so positiv ist, wie im La Calma mit aufgerufenen 10 Euro.
Was schon fast selbstredend für den Espresso galt, der gerade mal 1,5€ kostete und natürlich in der vorgewärmten Tasse serviert wurde.
Ein vermeintlich einfacheres Lokal entpuppte sich als gastronomische (und optische) Überraschung. Man muss vielleicht keinen Umweg in Kauf nehmen, aber für Einheimische, die in der Nähe sind, durchaus einen Besuch wert. Wir werden sicher demnächst am Abend vorbeischauen.